Rehabilitation (Stuttg) 2012; 51(03): 141
DOI: 10.1055/s-0032-1314846
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychologische Interventionen in der medizinischen Rehabilitation

Psychological Interventions in Medical Rehabilitation
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Publication Date:
11 June 2012 (online)

Inhaltliche und strukturelle Grundlage in der medizinischen Rehabilitation sind seit langem bio-psycho-soziale Behandlungskonzepte und multiprofessionelle Behandlungsteams. Eine wichtige Säule des Behandlungsspektrums in der Rehabilitation stellen in nahezu allen Indikationen – wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung und Bedeutung – psychologische Interventionen (Diagnostik, Therapie, Edukation) dar. Entsprechend sind klinisch ausgebildete Psychologinnen und Psychologen neben anderen Berufsgruppen ein fester Bestandteil der Behandlungsteams in Rehabilitationseinrichtungen. Dies gilt besonders für die Behandlung von psychischen Erkrankungen einschließlich Abhängigkeitserkrankungen. Aber auch in der neurologischen Rehabilitation und in den „somatischen“ Fachgebieten wie Orthopädie/Rheumatologie oder Kardiologie sind Psychologinnen und Psychologen in der Versorgung von Rehabilitanden mit psychosozialen Belastungen und komorbiden psychischen Störungen tätig.

Indikationsspezifische Leitlinien enthalten bisher meistens nur sehr allgemeine Empfehlungen zu psychologischen Interventionen, sodass handlungsanleitende Therapiestandards in den „somatischen“ Fachgebieten häufig noch nicht ausreichend konkret vorliegen. Deshalb war es Ziel eines von der Rentenversicherung geförderten und am Universitätsklinikum Freiburg durchgeführten Projektes, Praxisempfehlungen für psychologische Interventionen in der Rehabilitation am Beispiel der Indikationen „chronischer Rückenschmerz“ und „koronare Herzkrankheit“ zu entwickeln. Mittlerweile liegen die Praxisempfehlungen zu beiden Indikationen vor und können auf der Homepage www.aqms.de unter Menüpunkt „Praxisempfehlungen“ als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Im vorliegenden Heft stellen Reese, Mittag und Jäckel Ergebnisse aus dem genannten Forschungsvorhaben vor, die aus einer bundesweiten Befragung von stationären orthopädischen und kardiologischen Rehabilitationseinrichtungen entstanden. Die Ergebnisse bieten einen Einblick in die Strukturen von Einrichtungen der genannten Indikationen und zeigen Entwicklungsbedarf für psychologische Interventionen auf. Bei grundsätzlicher Vergleichbarkeit der Situation in den beiden Indikationsbereichen wurde eine große Heterogenität sowie zugleich geringe Standardisierung psychologischer Interventionen festgestellt. In den nachfolgenden Heften 2012 werden weitere Ergebnisse zu beiden Indikationen publiziert werden, die die Evidenz psychologischer Interventionen unter Berücksichtigung internationaler Leitlinien darstellen und erläutern. Es darf erwartet werden, dass die entwickelten Praxisempfehlungen zu einer Optimierung der Versorgungssituation beitragen.

Weitere Themen in diesem Heft betreffen einen Vergleich verschiedener Methoden der Ergebnismessung (Meffert et al.), die Untersuchung von psychosozialen Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme der Rehabilitation bei Prostatakrebs (Lehmann et al.) und die Weiterentwicklung von Visitationsverfahren zur Qualitätssicherung (Neuderth et al.) sowie zur ambulanten beruflichen Rehabilitation bei psychisch kranken Menschen (Eichert). Besonders hingewiesen sei darüber hinaus auf die Empfehlungen zur Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation im Rahmen der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Initiative RehaFutur (siehe dazu bereits frühere Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift). Neben einer Reihe von konkreten Entwicklungsvorschlägen wird auch empfohlen, die Forschung zur beruflichen Rehabilitation zu intensivieren. Von einem Diskussionsbeitrag in diesem Heft, der sich auf die Frührehabilitation in der neurologischen Rehabilitation bezieht, erhoffen wir eine Belebung der Diskussion. Der abschließende Bericht informiert über eine Tagung zur medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR).

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