Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(4): 168
DOI: 10.1055/s-0032-1318823
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Universitätsklinik Greifswald – Die Implementierung der Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach

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Publication Date:
19 July 2012 (online)

Die Aufwertung der Palliativmedizin in der studentischen Lehre als Pflichtfach war längst überfällig und ist auch in Greifswald freudig begrüßt worden. Schnell wurde allerdings deutlich, dass eine suffiziente Umsetzung dieser Gesetzesänderung an einer kleinen medizinischen Fakultät ohne Lehrstuhl für Palliativmedizin nicht unproblematisch ist. Sie kann nur durch persönliches Engagement der Universitätsmitglieder, der Mitarbeiter des Klinikums und anderer Institutionen vonstattengehen.

Anfang des Jahres 2010 begannen die Planungen für die Implementierung der Palliativmedizin als studentisches Lehr- und Prüfungsfach. Das organisierende Gremium rekrutierte sich aus der „Arbeitsgemeinschaft Palliativmedizin Greifswald“, einem Zusammenschluss aller in der Region Greifswald palliativmedizinisch tätigen Personen mit dem Ziel der besseren Vernetzung und Koordination in der Patientenversorgung sowie der Fort- und Weiterbildung. Damals gab es noch keine Palliativstation und auch keine SAPV in Greifswald.

Es wurde schnell deutlich, dass dieses Projekt nur unter der Berücksichtigung arbeitsökonomischer Aspekte zu realisieren war, natürlich immer mit dem übergeordneten Ziel einer qualitativ hochwertigen Studentenausbildung. Zuerst wurde ein Lernzielkatalog erstellt, der sich am Schweizer Lernzielkatalog für das Studium der Humanmedizin [1] orientiert. In diesem werden Wissensinhalte und Fertigkeiten aufgeführt und in definierten Bereichen wie z. B. „Diagnose“ oder „Therapie“ mit einem Kompetenz-Level versehen. Als Orientierung diente dabei das Curriculum „Grundlagen der Palliativmedizin“ der DGP. Entsprechend diesem Curriculum sollen den Studierenden in der Palliativmedizin nicht nur Wissen, sondern auch Haltungen vermittelt werden. Da diese sich schlecht messen und nicht mittels Kompetenzstufen quantifizieren lassen, aber dennoch einen integralen Bestandteil der Ausbildung ausmachen, wurden sie ohne Angabe einer Kompetenzstufe in Gestalt eines formlosen Textes aufgeführt.

In der Veranstaltungsordnung wurde festgelegt, dass 14 von 20 Veranstaltungsstunden als Vorlesung und 6 als Seminar abgehalten werden. Hier offenbarte sich das größte Problem bei der Implementierung der Palliativmedizin, denn den ca. 180 Studierenden, die den Studiengang Medizin pro Jahr belegen, standen anfangs nur eine Handvoll an Lehrenden gegenüber, die diese neue Aufgabe in der Regel zusätzlich zu Ihren bisherigen Verpflichtungen bewältigen müssen. Insbesondere für die Seminare, von denen jedes, bei einer avisierten Teilnehmerzahl von maximal 20, mindestens 9-mal hätte durchgeführt werden müssen, fand sich keine ausreichende Zahl an Dozenten. Dieses Dilemma wurde gelöst, indem der Seminarteil auf 2 Themenkomplexe aufgeteilt wurde, benannt in „Symptomkontrolle“ und „Kommunikation und Ethik“. In jedem dieser Komplexe werden 35 bzw. 20 Seminarthemen je nach Belastbarkeit des Dozenten durchschnittlich zweimal angeboten. Die Studierenden können ihre Seminarthemen nach Interesse frei wählen, mit der Einschränkung, dass aus jedem Komplex mindesten 2 Stunden absolviert werden müssen. Für die Seminare wurden fakultätsübergreifend potentielle Lehrende angefragt, und die Resonanz war überwältigend positiv. Dieses führen wir darauf zurück, dass jeder Dozent nicht nur das Thema (in Absprache) selbst wählen konnte, sondern auch die Teilnehmerzahl (1–20), die Dauer (45 oder 90 min) und die Anzahl der Wiederholungen des Seminars (1–10). Von diesem Konzept versprechen wir uns, zum einen durch die freie Wahl der Seminarthemen die Motivation der Studenten zu steigern, zum anderen das Interesse an der Veranstaltung bei den potentiellen Lehrenden zu erhöhen, die den Tätigkeitsumfang ihren weiteren Verpflichtungen anpassen können, größtmögliche Freiheiten bei der Gestaltung ihres Seminars haben und dieselbe Veranstaltung nicht unendlich oft wiederholen müssen. Ein Nachteil dieses Konzeptes ist, dass die uneinheitlichen Seminarinhalte nicht Bestandteil der Prüfung sein können. Weiterhin bedauern wir, dass wir dem Wunsch der Studierenden, die Prüfung als OSCE („Objective Structured Clinical Examination“) durchzuführen, aufgrund der eingeschränkten Kapazität zur Zeit nicht nachkommen können. Möglicherweise ändert sich dieses zukünftig, wenn durch die Realisation eines „Lehr- und Lernzentrums“ an unserer Fakultät neben den OSCE beispielsweise Video-kontrolliert die Kommunikationsfähigkeiten und mittels „Schauspielern“ die Interaktion mit schwerkranken Patienten geübt werden.

Literatur

Bürgi H, Rindlisbacher, Bader Ch et al. Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training. Working Group under a Mandate of the Joint Commission of the Swiss Medical Schools 2008. Im Internet: http://www.smifk.ch (Stand Mail 2012)

Projektbeteiligte

Dr. A. Klenner, Dr. A. Busemann, Dr. A. Jülich, Dr. K. Bartz, P. Meinhardt, J. Hildebrandt, Prof. Dr. K.-J. Klebingat, Prof. Dr. W. Krüger, Prof. Dr. C.-D. Heidecke, Dr. C. Busemann

Korrespondenz:
Dr. C. Busemann
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin C
Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin
Universitätsmedizin Greifswald

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