Gesundheitswesen 2001; 63(Suppl. 1): 2-5
DOI: 10.1055/s-2001-12104
Laudatio
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Arbeitsleben für die Förderung der Sozialmedizin

R. Brennecke
  • Institut für Soziale Medizin und Medizinische Psychologie
  • , Freie Universität Berlin
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Betrachtet man den Werdegang von Johannes Gostomzyk, so erscheint dieser zunächst ganz unspektakulär und gradlinig. In seiner bescheidenen Art führt er in seinem Curriculum Vitae auch nur die wichtigsten Daten an: Geboren am 25.1.1936 studierte er ab 1955 Medizin in Berlin, Freiburg/Breisgau und in München. 1961 legte er das Staatsexamen ab und vollendete gleichzeitig seine Promotion. 1972 habilitierte er sich im Fachgebiet Rechtsmedizin an der Universität Mainz und wurde dort auch 1973 zum apl-Professor ernannt. Gostomzyk arbeitete von 1972 bis 1975 am Department für klinische Chemie in der Universität Ulm als Oberassistent und besuchte die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in München in den Jahren 1975 bis 1976. Aus diesen Tätigkeiten resultierten seine beiden Gebietsbezeichnungen: Arzt für Laboratoriumsmedizin und Arzt für öffentliches Gesundheitswesen. 1976 wurde er als Leiter des Gesundheitsamtes der Stadt Augsburg zum Leitenden Medizinaldirektor berufen und nimmt diese Aufgabe bis heute wahr.

Aufschlussreich in Bezug auf seine beruflichen Aktivitäten ist seine Mitarbeit in Gremien. 1977 wurde er Mitglied der Schriftleitung der Zeitschrift „Das öffentliche Gesundheitswesen”, seit 1989 ist er deren verantwortlicher Hauptschriftleiter. Ebenfalls 1989 wurde er in den geschäftsführenden Vorstand des Collegium Medicum Augstanum des Ärztlichen Kreisverbandes Augsburg berufen. Weitere Berufungen umfassen das Kuratorium der Bayerischen Akademie für Arbeits- und Sozial- und Umweltmedizin in München durch den bayerischen Staatsminister für Arbeit- und Sozialordnung, Berufung in die Vorstandskommission „Methadon-Substitutionsbehandlung bei i. v. Herionabhängigen” der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und in den Ausschuss „Qualitätssicherung” der Bayerischen Landesärztekammer, in den Fachbeirat der Akademie für Sozialmedizin Mecklenburg-Vorpommern, in den Fachbeirat zum Postgraduierten-Studiengang „Öffentliche Gesundheit und Epidemiologie” des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultur, Wissenschaft und Kunst sowie für 3 Jahre in den Gutachterkreis des BMFT-Förderschwerpunktes Public Health. Außerdem ist er Sprecher des Regionalforums „Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg” (KORA).

Neben diesen Tätigkeiten zählen für Gostomzyk die jeweiligen Fachgesellschaften zu den wichtigsten Institutionen wissenschaftlicher Disziplinen. Davon zeugt auch seine breite Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Naturforscher und Ärzte, der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie, um nur einige zu nennen. In solchen Fachgesellschaften trifft man sich, es werden Kontakte geknüpft, Neuigkeiten ausgetauscht, Informationen verbreitet und fast alle wissenschaftlichen Gesellschaften legen Wert darauf, mindestens einmal pro Jahr eine wissenschaftliche Fachtagung bzw. einen Kongress zu veranstalten, um „The State of the Art” darstellen zu können, dem Nachwuchs Gelegenheit zu geben, seine Arbeiten zu präsentieren und schließlich um durch Diskussionen und Hinweise zu einer Weiterentwicklung der Disziplin insgesamt beizutragen. Auch die Vertretung des Faches in der Öffentlichkeit, besonders in politischen Zusammenhängen bzw. Gremien, gehört zu den zentralen Aufgaben einer Gesellschaft.

Die in der Medizin tätigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften sind in der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) zusammengeschlossen. Zu diesen Gesellschaften zählt auch die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), die seit 1963, gegründet von Hans Schaefer, Maria Blohmke und anderen, die medizinische Disziplin „Sozialmedizin” vertritt. „Sozialmedizin beschreibt und analysiert die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Krankheit, ihren Risiken und protektiven Faktoren einerseits und gesellschaftlichen Tatbeständen andererseits unter ätiologischer, präventiver, rehabilitativer, gutachterlicher, versorgungsrechtlicher und ökonomischer Perspektive. Sie befasst sich dazu wissenschaftlich und praktisch mit dem Gesundheitszustand der Bevölkerung und seinen Determinanten, der Organisation des Gesundheitswesens und der sozialen Sicherung sowie den Wirkungen und Kosten der medizinischen Versorgung” [1].

In dieser Gesellschaft wurde J. Gostomzyk 1987 von der Mitgliederversammlung in den Vorstand gewählt. Präsident war damals Prof. Viefhues, Vizepräsident Prof. Keil und Geschäftsführerin Frau Prof. Griefahn. In den Vorstandssitzungen der folgenden 3 Jahre fielen uns die persönlichen, hervorstechenden Eigenschaften von Johannes Gostomzyk auf: eine immerwährende, gewinnende Freundlichkeit, die auch bei harten inhaltlichen Auseinandersetzungen stets gleich blieb, seine Gründlichkeit, die nicht die große unverwaschene Linie liebt, sondern in der Linie die Detailtreue, seine Beharrlichkeit - diese Eigenschaft wird jüngst politisch unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit als neue Tugend propagiert - und seine Zielstrebigkeit. Obwohl die DGSMP und ihre 1987 rund 320 Mitglieder wissenschaftlich sehr aktiv waren, was sich zum Beispiel in verschiedenen Buchpublikationen niederschlug [2] [3] [4] [5] [6], verdeutlichte er uns, dass wir trotz allem nur auf einem Bein stünden, da uns die Praxis fehlen würde.

Seine herausragenden Eigenschaften so wie seine Intention, die Basis der DGSMP zu erweitern, führten anlässlich der Vorstandswahlen im Herbst 1990 in Bielefeld dazu, dass der bis dahin amtierende Vorstand Johannes Gostomzyk als neuen Präsidenten vorschlug. Die Mitgliederversammlung folgte dem Vorschlag und Gostomzyk begann seine Tätigkeit als Präsident der DGSMP im Oktober 1990. 1993 wurde er mit großem Erfolg wieder gewählt, 1995 und 1998 ebenfalls.

In dieser Zeit hat Gostomzyk vier große Aufgabenkomplexe in Angriff genommen und die DGSMP als Ganzes erheblich weitergebracht: Stärkung der Praxis in der DGSMP, Integration der DGSMP in das öffentliche (wissenschaftliche) Leben, Förderung der Ausbildung in Sozialmedizin sowie Ausbau und Förderung der Weiterbildung.

Literatur

  • 1 DGSMP. Mitgliederrundbrief 2/1992: 10. 
  • 2 Datenquellen für Sozialmedizin und Epidemiologie. Greiser E, Paul HA, Schach E, Brennecke R Berlin, Heidelberg, New York; Springer 1981
  • 3 Sozialmedizin, Sozialrecht, Gesundheitsökonomie. Silomon H, v Ferber Ch, Laaser U, Brennecke R Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo; Springer 1986
  • 4 Ambulante Versorgung: Nachfrage und Steuerung. Brennecke R, Schach E Berlin, Heidelberg, New York; Springer 1987
  • 5 Sozialmedizinische Ansätze der Evaluation, Band I. Brennecke R Grundlagen und Versorgungsforschung Heidelberg; Springer 1992
  • 6 Sozialmedizinische Ansätze der Evaluation, Band II. Häussler B, Schliehe F, Weber-Falkensammer H, Brennecke R Qualitätssicherung in der ambulanten Versorgung und medizinische Rehabilitation Heidelberg; Springer 1992

Prof. Dr. Ralph Brennecke

Institut für Soziale Medizin und Medizinische Psychologie
Freie Universität Berlin Thielallee 47 14195 Berlin

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