Handchir Mikrochir Plast Chir 2002; 34(2): 103-107
DOI: 10.1055/s-2002-32308
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zur Lokalisation und operativen Behandlung der Glomustumoren der Extremitäten. Bericht über 36 Fälle

Glomus Tumours of the Extremities: Localisation and Operative Treatment in 36 CasesH. Assmus, T. Dombert
  • Gemeinschaftspraxis für Neurochirurgie, Dossenheim/Heidelberg
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Publication Date:
19 June 2002 (online)

Zusammenfassung

Glomustumoren sind selten und werden meist nicht auf Anhieb diagnostiziert, ja ihre Symptome gelegentlich als psychogen verkannt. Es handelt sich um gutartige Tumoren, die aus den für die Temperaturregulation zuständigen Glomuskörpern hervorgehen und erstmals von Masson 1924 histologisch untersucht wurden.

Bei mehr als 35 000 ambulanten operativen Eingriffen in den letzten elf Jahren wurden 36 Fälle von Glomustumoren beobachtet. Sie traten bei den 23 weiblichen Patienten (Durchschnittsalter 51 Jahre) fast ausschließlich subungual und bei den 13 männlichen Patienten (Durchschnittsalter 52 Jahre) im gesamten Extremitätenbereich auf, jedoch nur einmal multipel. Die richtige Diagnose wurde im Durchschnitt erst nach mehr als acht Jahren gestellt. In fast zwei Drittel der Fälle bestand ausschließlich ein heftiger lokaler Druckschmerz im Tumorbereich und ein eher diffuser, kälteinduzierter, teilweise lanzinierender Spontanschmerz. Bei mehr als der Hälfte der Fälle der subungualen Tumoren fanden sich sichtbare livide Verfärbungen im Bereich des Nagelbetts. Bei drei Patienten wurde eine MRT-Untersuchung durchgeführt, die in der T2-Wichtung eine stark hyperdense Zeichnung und nach Kontrastmittelgabe eine Signalanreicherung zeigte. Fünf Patienten waren bereits erfolglos voroperiert worden.

Die operative Behandlung erfolgte in Lokalanästhesie und Oberarm- oder Fingerblutsperre. Bei den subungualen Tumoren wurde der transunguale Zugang bevorzugt. Hierbei wurde entweder die laterale Nagelhälfte inzidiert und angehoben oder zumeist der Tumor über eine keilförmige Inzision entfernt. Anschließend wurde die angehobene Nagelhälfte wieder zurückgeklappt und durch den Verband fixiert. Die histologische Untersuchung zeigte typische, von einer dünnen Bindegewebskapsel umgebene, solide Tumoren aus nestförmig angeordneten Epidermoidzellen, Gefäßräumen und hyelinisierte, teilweise auch von nervalen und muskulären Anteilen durchsetzte Stroma.

Der operative Eingriff war bei einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich vier Jahren in mehr als 93 % der Fälle erfolgreich (in zwei Fällen musste nach zwei Wochen eine Revision erfolgen, um Restanteile des Tumors zu entfernen). In einem Fall, in dem ein Rezidiv nach auswärts erfolgter Voroperation vorlag, persistierten die Beschwerden. Bei einem Patienten, bei dem der Tumor im Bereich der Nagelwurzel lokalisiert war, kam es zu kosmetisch störenden Nagelveränderungen.

Schlussfolgerung

Wenn ein Patient über einen umschriebenen Druck- oder Berührungsschmerz und einen mehr diffusen, kälteabhängigen Spontanschmerz klagt (bei Frauen vorwiegend im Bereich der Extremitäten-Akren), sollte sorgfältig nach einem Glomustumor gesucht werden. Wenn sichtbare (subunguale, livide) Verfärbungen oder tastbare Veränderungen fehlen, kann mittels MRT die Diagnose gesichert beziehungsweise der Tumor lokalisiert und einer in aller Regel erfolgreichen operativen Behandlung zugeführt werden.

Abstract

Glomus tumours are rare lesions and perhaps for that reason they often pose diagnostic difficulties. They are benign tumours first described by Masson in 1924, and they are derived from the glomus body responsible for blood and temperature regulation. In this study, 36 cases were reported out of a total of more than 35 000 operations in an eleven-year period.

Among them were 23 women (average age 51 years) and 13 men (average age 52 years). They were diagnosed correctly after a mean period of eight years from onset of symptoms until surgery. In women, glomus tumours occurred almost always in the distal phalanx, especially in the subungual area, in men without any predisposing localisation. Two third of the patients presented with local pain and cold intolerance, and 50 percent of the patients with subungual localisation had a bluish discoloration beneath the nail. In three patients without visible or palpable signs additional MRI confirmed the diagnosis.

All patients were operated upon in local anaesthesia and in a bloodless field. In the cases with subungual localisation, we mostly used a transungual triangular incision with good cosmetic results. In 94 % of the patients the lesion has been cured, in one case symptoms persisted, and in another case recurrence occurred.

Conclusion

In patients with severe local pain, especially in the distal phalanx, glomus tumours should be considered. In cases where no clinical signs can be found, MRI - although not specific - may be helpful in establishing the correct diagnosis. The operation can be performed in local anaesthesia, bloodless field and in subungual localisation through a triangular incision. Recurrences may occur.

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Dr. med. Hans Assmus

Neurochirurg und Neurologe

Ringstraße 3

69221 Dossenheim

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