Psychiatr Prax 2007; 34(8): 404
DOI: 10.1055/s-2007-993272
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Szene
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Begrenzung des Zugangs von Pharmareferenten zur Klinik - und die Folgen

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Publication Date:
06 November 2007 (online)

 

In den letzten Jahren intensivierte die pharmazeutische Industrie an unserer psychiatrischen Klinik ihr Marketing. Nach und nach traten für einzelne Präparate bis zu drei Außendienstmitarbeiter in Erscheinung, die z.B. ein bestimmtes atypisches Neuroleptikum für jeweils eine andere Indikation besprachen. An manchen Tagen entstand der Eindruck, dass unsere Stationsärzte mehr Zeit im Gespräch mit Pharmareferenten als mit Patienten verbrachten. Vor allem neue Mitarbeiter schienen oft überfordert, die Gespräche sachgerecht und straff zu führen. Einzelne schienen stärker beeinflusst von den Informationen der Pharmaindustrie als durch ihre Oberärzte.

Mit zweimonatigem Vorlauf teilte ich deshalb allen Pharmareferenten mit, dass auf den Stationen keine Vertreterbesuche mehr erwünscht seien. Besuche beim Chefarzt und bei Innovationen bei den Oberärzten blieben weiter möglich. Im Gegenzug stehen seither in der ärztlichen Morgenkonferenz monatlich 2-mal 15 Minuten für die Besprechung von Medikamenten durch Pharmaunternehmen zur Verfügung.

Nach einem Jahr sind die eigenen Erfahrungen der Klinik mit der Zugangsbeschränkung positiv: Information und Diskussion verlaufen strukturiert und auf gutem fachlichen Niveau. Fragen und Kommentare der erfahrenen Fachärzte sind Vorbild für die jungen Kollegen. Für die Stationsarbeit bleibt mehr Zeit. Dagegen waren die Rückmeldungen der Pharmareferenten von Anfang an überwiegend negativ, mitunter höflich neutral. Begrüßt wurde die Neuerung nur von einzelnen Vertretern, die aufgrund eines großen Gebietes mit dieser Besuchsform mehr Ärzte in kürzerer Zeit erreichen.

Bei der Mehrzahl der Unternehmen haben wir uns mit diesem Vorgehen nicht beliebt gemacht. So bekunden in diesem Jahr nur zwei Firmen Interesse, durch Anmietung einer Standfläche zur Finanzierung einer Jubiläumsveranstaltung beizutragen. In der Vergangenheit hatten sich bei solchen Gelegenheiten bis zu sieben Unternehmen engagiert. Nun wird unser Jubiläum kleiner ausfallen aber ungestört von falscher Dankbarkeit oder Loyalität.

Prof. Dr. Dr. Martin Hambrecht

Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Evang. Krankenhaus Elisabethenstift Darmstadt

Email: hambrecht.martin@eke-da.de

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