Auf Wächterlymphknoten ist meist auch am Hals Verlass

Die Biopsie von Wächterlymphkoten ist eine zuverlässige Methode, okkulte Metastasen am Hals von Patienten mit Karzinomen der Mundhöhle auszuschließen. Wie die SENT-Studie aber ebenfalls gezeigt hat, ist die Rate falsch-negativer Ergebnisse grenzwertig hoch. Rund ein Drittel der Patienten mit Karzinomen der Mundhöhle im Stadium I oder II hat zervikale Metastasen, die mit den verfügbaren radiologischen Methoden nicht nachweisbar sind. Die Heilungschance sinkt dadurch um etwa die Hälfte. Wird das Risiko für Metastasen auf mehr als 20% geschätzt, schlägt man den Patienten üblicherweise eine elektive Neck-Dissection vor. Das heißt aber auch, dass sich fast 80% der Betroffenen dieser Prozedur unnötigerweise unterziehen. Tumoren im klinischen Stadium T1-2N0 Einen Ausweg bietet hier womöglich ein Verfahren, das von der Melanom- und Brustkrebsdiagnostik her bekannt ist: die Entnahme von Wächterlymphknoten (Sentinel Node Biopsy, SNB). Getestet wurde dieses Vorgehen in einer multizentrischen, prospektiven europäischen Studie mit dem Kürzel „SENT“ (Sentinel European Node Trial), deren Drei-Jahres-Ergebnisse nun vorliegen. Beteiligt waren 14 Zentren mit 415 Patienten, bei denen die radiologische Diagnostik einen Tumor im Stadium T1-2N0 ergeben hatte. Nach Injektion eines Technetium-Nanokolloids wurden die Lymphknoten lymphoszintigrafisch aufgespürt und am Hals markiert. Während des Eingriffs suchten die Operateure mit einer Gammasonde nach den Wächterknoten, wobei auch Farbstoff eingesetzt werden konnte. Lymphknoten mit einer Strahlungsmenge vom mehr als dem Dreifachen der Hintergrundstrahlung galten als Wächter. Gab es mehrere solcher Stellen, zählte der Knoten mit der maximalen Strahlung als primärer Wächter. Falsch-negativ-Quote von 14% Bei 99,5% der Patienten ließ sich ein Wächterlymphknoten identifizieren, entnommen wurden durchschnittlich 3,2 Knoten je Patient. In 94 von 415 Fällen (23%) war der Wächter positiv, die Betroffenen erhielten binnen dreier Wochen eine Neck-Dissection. 15 der übrigen 321 Patienten entwickelten nach einer negativen Wächterpathologie und bei negativem Tumorbett zervikale Metastasen. Die Wächterergebnisse wurden hier als falsch-negativ gewertet, die Falsch-Negativ-Quote betrug demnach 14% (15 von insgesamt 109 mit okkulter zervikaler Metastasierung). Für die SNB bei Mundhöhlenkarzinom ergaben sich in SENT eine Sensitivität von 86% (84 von 109) und ein negativer Vorhersagewert von 95% (306 von 321). Das Gesamtüberleben betrug 88%, das krankheitsfreie Überleben 92% und das krankheitsspezifische Überleben 94%, jeweils über drei Jahre hinweg betrachtet. Kontralaterale Knoten entdeckt Den Hauptnutzen der SNB-Methode für die Patienten sehen die SENT-Autoren um Clare Schilling (London) darin, dass insgesamt 71% der Patienten eine Neck-Dissection erspart geblieben sei. Bei den insgesamt positiv klingenden Zahlen ist aber zu vermerken, dass die Rate falsch-negativer Ergebnisse mit 14% relativ hoch liegt – „an der Grenze des Akzeptablen“, schreiben die Wissenschaftler. Zwar ähnle die Rate jener, die von Melanompatienten bekannt sei, sie liege aber doppelt so hoch wie bei Patientinnen mit Mammakarzinom. „Eine Quote von 7% sollte unser Ziel sein“, so Schilling und Kollegen. Hinzu kommt, dass nur bei acht von 15 der fälschlich als zervikal negativ eingestuften Patienten ein rettender Eingriff möglich war. Andererseits konnten mit der SNB-Methode sieben positive Knoten kontralateral zur Tumorlage ausgemacht werden, die bei einer üblicherweise vorgenommenen ipsilateralen Neck-Dissection nicht erkannt worden wären.

Springer Medizin

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