Erschienen in:
01.03.2009 | Übersicht
Die postpartale Bindungsstörung: Eine Risikokonstellation für den Infantizid ?
verfasst von:
Dr. med. Christiane Hornstein, Dipl.-Psych. Erika Hohm, Dr. Dipl.-Psych. Patricia Trautmann-Villalba
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
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Ausgabe 1/2009
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Zusammenfassung
Hintergrund:
Die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen zum Kinderschutz hängt u.a. von der Identifikation typischer Risikokonstellationen für Kindestötungen ab. Die postpartale Bindungsstörung, eine emotionale Beziehungsstörung einer Mutter zu ihrem Kind, stellt eine Risikokonstellation für den Infantizid neben anderen negativen Folgen für die kindliche Entwicklung dar. Sie geht häufig mit einer postpartalen Depression einher, unterscheidet sich jedoch von dieser, in der emotionalen Qualität dem Kind gegenüber. Das Gelingen präventiver Maßnahmen zur Kindeswohlgefährdung hängt unter anderem von der therapeutischen Beeinflussbarkeit mütterlicher Störungen ab. Methode: 42 postpartal erkrankte, in einer Mutter-Kind-Einheit behandelte Mütter (25 depressiv, 17 schizophren) wurden auf das Vorliegen einer Bindungsstörung und den Therapieerfolg hinsichtlich der Mutter-Kind-Beziehung untersucht. Zentrale Merkmale waren Bindungserleben, mütterliche Selbstwirksamkeit und objektiv beurteilte Parameter der Mutter-Kind-Interaktion.
Ergebnisse:
Ungefähr 60% der Mütter wiesen eine Bindungsstörung auf. Signifikante Besserungen wurden hinsichtlich der psychiatrischen Grunderkrankung wie auch in den zentralen Merkmalen der Mutter-Kind-Beziehung und des Mutterschaftserlebens erzielt.
Schlussfolgerungen:
Mütterliche Bindungsstörungen sind eng assoziiert mit postpartalen Depressionen und einem geringen mütterlichen Selbstwirksamkeitserleben, woraus eine Risikokonstellation für den Infantizid entstehen kann. Der vorliegenden Untersuchung zufolge ist die therapeutische Beeinflussbarkeit gegeben. Früherkennung und Behandlung postpartaler Depressionen könnten sich somit als ein weiterer früh wirksamer Ansatz zur Prävention von Kindeswohlgefährdung erweisen.