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Die Geburtshilfe
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Publiziert am: 31.07.2015

Ethische Probleme in der Geburtshilfe

Verfasst von: M. Langer
Ethische Probleme in der Geburtshilfe gründen in den technischen Fortschritten von Pränataldiagnostik und neonataler Intensivmedizin einerseits sowie der partnerschaftlicheren Arzt-Patientinnen-Beziehung und dem multikulturellen Hintergrund der Patientinnen andererseits. Als philosophische Methode wird die Diskursethik vorgeschlagen. Es werden die Prinzipien Benefizienz und Patientenautonomie zugrunde gelegt, erweitert um Verfahrensregeln wie Verhältnismäßigkeit, Transparenz, Interdisziplinarität.
Die Diskursethik wird ausgeübt in der Gestaltung der Arzt-Patientinnen-Beziehung, speziell des Informed-consent-Prozesses, dargestellt anhand typischer Beispiele wie Therapieverweigerung, Schwangerschaftsabbruch aus embryopathischer Indikation, Vorgehen bei extremer Frühgeburtlichkeit oder schwerer Begleiterkrankung der Schwangeren. Ethisches Dilemma, Konflikt und Krise werden dargestellt, ein Modell der präventiven Ethik mit entsprechenden Interventionen wird vorgeschlagen.

Zum Einstieg

Ethische Probleme in der Geburtshilfe haben eine berechtigte Aktualität. Durch technische Verbesserungen in Pränataldiagnostik, Geburtshilfe und Neonatologie sehen sich Patientinnen und Ärzte vor neue Entscheidungssituationen gestellt; darüber hinaus müssen andere, bereits bekannte Konflikte im Rahmen einer partnerschaftlichen Arzt-Patientin-Beziehung anders als bisher gelöst werden. Weitere Einflussfaktoren sind der multikulturelle Hintergrund der Patientinnen und die stark angestiegene Bereitschaft zu Rechtsklagen bei tatsächlichen oder vermeintlichen Behandlungsfehlern.
Zur Bewältigung der meist komplexen Entscheidungsdilemmata wird die Diskursethik als grundsätzlicher Zugangsweg vorgeschlagen, mit Qualitätsanforderungen an den Entscheidungsprozess, und nicht an dessen Ergebnis. Die Hauptprinzipien, nach denen vorgegangen werden sollte bzw. mit denen es Konflikte geben kann, sind die Benefizienz (Vorteil/Nutzen) einer Therapie für Schwangere und Kind sowie die Autonomie der Patientin. In einer mehrdimensional-geflechtartigen Argumentationsweise können noch Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit (Proportionalität) einer Therapie, Interdisziplinarität und Transparenz der Vorgänge sowie zur sozial gerechten Verteilung von Ressourcen herangezogen werden.
Bei der Operationalisierung von Benefizienz kann das Konzept der Personalität angewandt werden, für die Herstellung und Überprüfung einer situationsbezogenen Handlungsautonomie der Patientinnen in der Arzt-Patientin-Beziehung dient der Informed-consent-Vorgang.
Die Vorgangsweise einer diskursiven Ethik wird anhand typischer klinischer Konstellationen diskutiert; Beispiele für Benefizienzkonflikte sind extreme Frühgeburtlichkeit und Schwangerschaftsabbruch im 2. Trimenon, für Autonomiekonflikte Verweigerung eines Kaiserschnittes oder Schwangerschaft bei permanent vegetativem Status der Schwangeren.
Die Konfliktprävention sollte entstehende Probleme frühzeitig antizipieren. Ärzte sind aufgefordert, flexibel und kreativ nach Lösungen zu suchen und durch betont ausführliches Durchsprechen des Informed-consent-Prozesses sowie evtl. durch Gesprächspausen oder durch Einbeziehen eines bis dahin nicht involvierten Dritten zu einer Deeskalation beizutragen.
Die Behandlung ethischer Probleme stellt für ein geburtshilfliches Lehrbuch eine notwendige Neuerung dar. Das neue Interesse an ethischen Fragestellungen ist durch mehrere Entwicklungen ausgelöst worden (Husslein und Langer 1996).
  • Die medizinische Technologie hat in der Geburtshilfe, der neonatalen Intensivmedizin und der pränatalen Diagnostik (PND) völlig neue Entscheidungssituationen geschaffen, die wiederum neue Bewältigungsstrategien von Seiten aller Betroffenen erfordern. So existierten viele der ethischen Dilemmata, denen sich schwangere Frauen und die betreuenden Ärzte in der modernen Geburtshilfe gegenübersehen, früher überhaupt nicht oder nicht in dieser Ausprägung.
  • Die Arzt-Patientin-Beziehung hat sich grundlegend von einem paternalistischen zu einem partnerschaftlichen Modell gewandelt, in dem die Autonomie der Patientin beim Zustandekommen einer Therapieentscheidung eine wesentliche Rolle spielt. Eine paternalistische Konfliktlösung früheren Zuschnitts ist heute nicht mehr akzeptabel, vielmehr müssen Entscheidungen als Ergebnis eines Gespräches zwischen Arzt und Patientin getroffen werden.
  • Weitere Kofaktoren für ethische Konflikte sind der multikulturelle (Migrations)Hintergrund der Patientinnen und die gestiegene Bereitschaft, tatsächliche oder vermeintliche medizinische Fehler rechtlich einzuklagen.
Innerhalb der Medizinethik im Allgemeinen nehmen die Geburtshilfe und die Reproduktionsmedizin wegen der biopsychosozialen Ausnahmesituation der Schwangerschaft einen zentralen Platz ein. Typische geburtshilfliche Güterabwägungen, wie jene zwischen der Autonomie der Mutter und dem Nutzen für das Kind oder innerpsychische Konflikte der Mutter selbst zwischen einander widersprechenden Bedürfnissen sind eben nur in der besonderen Phase der Verantwortung für zwei Individuen möglich. Darüber hinaus ist die überragende soziokulturelle Bedeutung von Schwangerschaft und Geburt in allen Kulturkreisen eine potenzielle Ursache für Wertkonflikte.
Praxistipp
Die Auseinandersetzung mit ethischen Problemen ist für den Geburtshelfer notwendig, weil sie nicht aus abstraktem Philosophieren, sondern praktischen Entscheidungsdilemmata entspringen, die jeden klinisch Tätigen bis an die persönlichen Grenzen herausfordern. Die klassischen Beispiele, wie der späte Schwangerschaftsabbruch wegen einer kindlichen Fehlbildung, das Umgehen mit sehr kleinen Frühgeborenen oder die Verweigerung einer vorgeschlagenen Therapie durch die Patientin sind einschlägig bekannte, emotionell sehr belastende professionelle Aufgaben des Kreißsaalpersonals.
Manifeste ethische Konflikte zwischen Patientin und Arzt sind sowohl absolut gesehen als auch relativ zu der großen Zahl von konsensuellen Arzt-Patienten-Interaktionen selten; wenn sie jedoch eintreten, bedeuten sie eine massive Belastung für alle Beteiligten. Darüber hinaus lassen sich aus diesen seltenen, paradigmatischen Zuspitzungen auch hilfreiche Schlussfolgerungen für andere, weniger dramatische Situationen ziehen.
Das Ziel dieses Kapitels ist es, den spezifisch ethischen Gehalt einer Konfliktsituation zu definieren, zu analysieren und geeignete Strategien vorzuschlagen, mit deren Hilfe diese Dilemmata gelöst werden können. Gesucht wird also die Qualität des Weges, nicht jene des Zieles. Fertige Lösungen können und sollen nicht angeboten werden, weil sie dann nicht existieren, wenn sich die Beteiligten auf die Vielschichtigkeit des Problems einlassen. So verstanden ist Ethik dann auch kein Bevormunden und kein „großer moralischer Entwurf mit moralischem Pathos, dessen die Medizin nicht bedarf“ (Wiesing 1996). Die Vorgangsweise der folgenden Überlegungen wird sich vielmehr auf die Verknüpfung philosophischer und klinischer Ansätze stützen, wobei deren Verbindung mit Hilfe der Zuordnung der ethischen Konflikte zu Leitprinzipien geschaffen wird.

Grundlagen medizinischer Ethik

Diskursethik

Ethik als „praktische Philosophie“ beschäftigt sich mit gutem oder schlechtem menschlichem Handeln sowie den Motiven, Folgen und Methoden unserer alltäglichen Handlungsentscheidungen.
Je nach der relativen Gewichtung dieser 3 Parameter des Handelns ergeben sich unterschiedliche ethische Konzepte. Tugend-(Werte)Ethik stellt die Motive in den Vordergrund, teleologische Schulen wie z. B. der Utilitarismus die Folgen und die Diskurs-(Kontrakt)Ethik die angewandten Methoden des Handelns.
Welcher der 3 sehr unterschiedlichen Zugänge erweist sich für die Probleme der klinischen Geburtshilfe als der geeignetste? Eine von vornherein festgelegte Tugendethik, die nur noch auf ein konkretes Problem angewendet werden müsste, setzt einen Konsens über die ihr zugrunde liegenden ethischen Werte voraus. Ein typischer Grundsatz wäre in diesem Zusammenhang etwa: „Menschliches Leben ist immer und unter allen Umständen zu schützen.“
In einer wertpluralistischen Gesellschaft jedoch, bei der die Patientinnen aus keinem einheitlichen religiös-weltanschaulichen Hintergrund kommen, finden metaphysisch abgeleitete Letztbegründungen keine zureichende Akzeptanz mehr. Daher kann heute nicht mehr hierarchisch-vertikal, sondern nur noch mehrdimensional-geflechtartig argumentiert werden (Schöne-Seifert 1996). Der Utilitarismus mit seiner auschließlichen Ausrichtung auf das Endergebnis greift zu kurz, wenn es um die Bewertung etwa einer kindlichen Fehlbildung oder Behinderung geht.
Das adäquate ethische Paradigma für medizinische Entscheidungen wird somit ein analytisch-diskursives und kein deduktiv-normatives sein (Viefhues 1989), also eine Diskursethik (Habermas 1991) und keine Gesinnungsethik.
In ähnlicher Weise hat Rawls (1975) mit seiner Kontraktethik den Versuch unternommen, ethische Prinzipien der „mittleren Ebene“ einzuführen, die in der spezifischen Einzelsituation miteinander gemischt (Sass 1991) und vernetzt werden müssen (Abschn. 2.2). Diese Prinzipien werden als Qualitätskriterien nicht an das Ergebnis, sondern vielmehr an den zu einem Ergebnis führenden Prozess oder Diskurs angelegt. Mit anderen Worten: Aus einer ethischen Problemsituation sind mehrere Lösungen möglich, die alle gültig sein können; ausschlaggebend sind allein die Qualitäten des Entscheidungsweges, auf dem man zu dem Ergebnis gelangt ist.
Die wesentlichen Anforderung des Prozesses sind:
  • Der Diskurs sollte die Entscheidungen rational begründen können,
  • transparent für alle Hierarchieebenen sein,
  • auch für jene, die sie nicht teilen, nachvollziehbar sein,
  • dokumentiert werden (Viefhues 1989).
Bei der praktischen Problemlösung und der Anwendung der ethischen Prinzipien können zwei Wege beschritten werden:
  • von allgemeinen Prinzipien zum Einzelfall, also deduktiv oder „top-down“, oder
  • vom konkreten Problem ausgehend zur allgemeinen Regel, somit induktiv oder „bottom-up“.
Die Spannung zwischen streng deduktiven Anwendungsmodellen und puren Einzelfall- oder kasuistischen Modellen wird von mehreren Autoren zu lösen versucht. Das „Kohärenzmodell“ (Bayertz 1991) sucht eine Synthese zwischen beiden Zugängen und fordert „kontextsensitives moralisches Urteilen im Licht einer essenziell unvollständigen Theorie.“ Danach sollte sowohl „von oben nach unten“ (von der Theorie zum Einzelfall) und als auch „von unten nach oben“ (Kasuistik wirkt ein auf Neuformulierung der Theorie) argumentiert werden (Schöne-Seifert 1996). Sass (1989) spricht von einer „Differenzialethik“ in Analogie zur Differentialdiagnose, weil „konkrete Fälle immer ein Test für die Gültigkeit hoher und hehrer genereller Theorien, oft ein Test für ihre Unbrauchbarkeit in der speziellen Situation sind“. Als Beispiel für die Kohärenz zeigt sich im Entscheidungsprozess zum Schwangerschaftsabbruch, bei dem Expertise aus vielen ähnlichen Fällen mit der Evaluierung des Einzelfalls kombiniert werden kann.

Medizinethik und ihre Nachbargebiete

Praktische Fragen der Medizinethik grenzen an medizinische, forensische, psychosoziale, religiöse oder kulturell-gesellschaftliche Fragen, wobei jedoch der ethische Gehalt einer Situation eigenständig ist und nicht als Teilgebiet eines anderen subsummiert werden kann. Ethische Dilemmata sind manchmal auch unter rein medizinischen Gesichtspunkten schwierig, weil sie häufig neue und in Entwicklung begriffene Techniken betreffen. Dann muss natürlich die „evidence-based medicine“ (EBM) die allgemeine Grundlage jeder klinischen Entscheidung sein. Bei der Entscheidung im Einzelfall lassen sich die Unsicherheiten der Konsequenzen aber nicht durch noch so gute Literatur- oder medizinische Sachkenntnis auflösen.
Hinsichtlich der rechtlichen Fragen geben die jeweilige nationale Rechtsordnung, das Straf - und das ärztliche Standesrecht einen Rahmen vor, innerhalb dessen die Ausübung der Medizin zu geschehen hat. Dabei ist zu bedenken, dass forensische und ethische Bewertung nicht unbedingt zusammenfallen müssen: Nicht alles, was rechtlich verboten ist bzw. geahndet wird, ist unethisch (z. B. Präimplantationsdiagnostik); nicht alle Verstöße gegen ethische Richtlinien sind ungesetzlich (Schwangerschaftsabbruch im 3. Trimenon).
Psychosomatik und psychotherapeutisches Denken können wichtige Hilfestellungen für die Arzt-Patientin-Beziehung leisten (Strotzka 1983). So kann z. B. das Verständnis für die psychischen Vorgänge und Interaktionen in der Arzt-Patientin-Beziehung und die in der Psychotherapie ausformulierte Notwendigkeit für den Arzt, Grenzen zu setzen, einem Burn-out vorbeugen. Demgegenüber ist einem tugendethischen Modell der Arzt-Patientin-Beziehung, das mit Selbstverleugnung und ständiger Bereitschaft des Arztes argumentiert (Pellegrino 1983), die Gefahr der Überforderung schon inhärent. Als Beispiel dafür kann die Diskussion über die Behandlung HIV-positiver Patientinnen und der Infektionsgefahr des geburtshilflichen Personals dienen, an der deutlich wurde, dass weder medizinischer Heroismus noch übertriebene Stigmatisierung der Patientinnen angebracht sind. Situationsadäquat und medizinethisch argumentierbar ist lediglich unaufgeregtes professionelles Umgehen mit legitimem physischem und psychischem Selbstschutz des Personals bei gleichzeitiger empathischer Betreuung.
Ethische Konflikte auf psychische Konflikte zu reduzieren und sie ausschließlich mit Techniken, die innerhalb einer Psychotherapie ihren Platz haben, bewältigen zu wollen, wird der Problematik allerdings nicht gerecht. Medizinethik leitet ihre Grundsätze nicht von irgendeiner Religion ab, auch wenn Theologen als Mitglieder in Ethikkommissionen vertreten sind und wertvolle philosophische Beiträge einbringen können. Ein einziger Blick in die geburtshilfliche Station einer Großstadtklinik genügt, um zu verstehen, dass bei der säkularen Grundhaltung und multiethnischen Herkunft der Patientinnen aus verschiedenen Kulturen und Religionen konfessionell orientierte Lösungsversuche zum Scheitern verurteilt sind, wenn die Werte der Patientin wirklich ernst genommen werden sollen.
Das vielschichtig soziokulturelle Umfeld und die heutige, wertpluralistische Gesellschaft sind Gegenstand vieler medizinethischer Betrachtungen, häufig tugendethischen Zuschnittes. Wertpluralistisch bedeutet im geburtshilflichen Zusammenhang, dass Werte und Unterschiede, die aus Geschlechts-, Sozialschicht, Religions- und Ethnizitätszugehörigkeit resultieren, Eingang in einen Entscheidungsprozess finden sollten, der bisher von einer homogenen Weltsicht dominiert war. Für die Praxis heißt dies, dass Werte von Frauen aus allen Schichten und aus verschiedenen Ethnien zu einem Faktor der medizinischen Entscheidung werden sollten, was oft eine beträchtliche Herausforderung dastellen kann.
Der Wertepluralismus per se ist aber nicht die Ursache ethischer Probleme. Vor die heute zur Debatte stehenden Probleme sahen sich die metaethischen, religiös oder theoretisch-philosophisch begründeten Wertesysteme nie gestellt, oder sie lösten sie fundamentalistisch. Die Fragen sind auch derart neu und komplex, dass diese traditionellen Gesinnungsethiken keine heute akzeptablen Antworten bieten und bieten können. Im Gegenteil: Die durch den Wertepluralismus geförderte Flexibilität schafft erst die Ausgangsbedingungen für kreative Lösungen, die ansonsten unmöglich wären.
Bei manchen gynäkologisch-geburtshilflichen Fragen kommt es zu einem Konflikt zwischen Kulturrelativismus und universellen Werten; Beispiele sind Schwangerschaftsabbruch bei ungewünschtem Geschlecht des Kindes, Selbstbestimmung der Frau oder gar „female genital mutilation“ (FGM). Die Diskussion darüber ist weltweit im Gange; grundsätzlich darf und muss jeder Arzt im Einklang mit seinem – gut reflektierten – Wertesystem und im Rahmen seines Kultur- und Rechtssystems handeln.
Praxistipp
Ruhiges, professionelles Betreuen von ostafrikanischen Frauen nach FGM steht nicht im Widerspruch damit, in der Öffentlichkeit gegen diese verstümmelnde Praxis aufzutreten.
Dieser Artikel wird sich ausschließlich mit ethischen Problemen der klinischen Geburtshilfe beschäftigen. Bewusst ausgeklammert sollen zweifellos wichtige ethische Fragen der Reproduktionsmedizin, der Stammzellforschung und der Genethik, des Schwangerschaftsabbruchs im 1. Trimenon, der biomedizinischen Forschung sowie der Gesundheitsökonomie und politik bleiben.

Ethische Prinzipien

Woran lässt sich der spezifisch ethische Gehalt einer Entscheidungssituation erkennen? Ein ethisches Problem lässt sich dann konstatieren (nach Beauchamp und Childress 1994), wenn
  • der Nutzen einer Therapie für die Patientin und/oder das Kind grundsätzlich in Frage steht ( Benefizienzkonflikt ),
  • zwischen Patientin und Arzt ein Konflikt über die Durchführung oder die Unterlassung einer medizinischen Maßnahme besteht ( Autonomiekonflikt )

Benefizienz

Die Vorstellung, dass ärztliche Behandlung dem Patienten nützen (bonum facere) oder zumindest nicht schaden (nil nocere) solle, reicht bis Hippokrates zurück und scheint vorerst selbstverständlich und keiner weiteren Erklärung bedürftig. In Grenzbereichen, z. B. am Anfang und am Ende des Lebens, kann der Nutzen medizinischer Intensivtherapie aber durchaus fragwürdig werden, wenn sie in einer reinen Lebensverlängerung ohne Abwägung anderer Prinzipien besteht. Diese inhaltlichen Probleme spiegeln sich auch sprachlich wider; nachdem die gebräuchlichen Übersetzungen von „beneficience“ ins Deutsche, nämlich (Gesundheits)Fürsorge, Nutzen oder Vorteil unbefriedigend bleiben, werde ich (nach Sass) den Terminus „Benefizienz“ verwenden. Als inhaltlich ähnliche Wendung wird „Handeln im besten, wohlverstandenden Interesse des Patienten“ verwendet. Das Prinzip des „nil nocere“, der „Non-Maleficience“, wird meist als im Benefizienzprinzip enthalten bzw. als dessen logische Folge betrachtet.
Die besondere Situation der Geburtshilfe besteht darin, das „beste Interesse“ zweier Individuen, nämlich von Schwangerer und Fetus, berücksichtigen und im Konfliktfall sogar gegeneinander abwägen zu müssen.
Nutzen und Gefahren einer Therapie müssen jedenfalls nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gegeneinander abgewogen werden, d. h. es muss gefragt werden, wann die Behandlung, durch die Schmerzen, das Leid und den Verlust an Würde, die sie zufügt, zur „Misshandlung“ wird“ (Clark 1995). In jüngster Zeit wurde dafür das Prinzip der „futility“ (zu deutsch etwa „Aussichtslosigkeit“, „Nutzlosigkeit“) eingeführt, um die Situation der Therapiebeendigung, z. B. einer neonatalen Intensivtherapie, konzeptuell zu bewältigen (Brody 1995). Clark (1995) weist auch darauf hin, dass es mittels des Futility-Konzeptes möglich wird, ein „gewisses Ausmaß von ärztlicher Freiheit angesichts von Patientenautonomie zu bewahren“.
Praktisch anwendbar ist weiters das Konzept von Personalität, mit dem man den Endzustand einer Behandlung zu operationalisieren versucht. Die Vertreter dieser Anschauung fordern als Voraussetzung für eine Behandlung, dass die Aussicht bestehen müsse, der Patient/das Kind solle zumindest über eine basale Hirnfunktion, Zukunftsinteressen und -aussichten sowie die Fähigkeit zur sozialen Interaktion verfügen (s. auch Abschn. 3.1; Trisomie 18).

Autonomie

Die Diskussion um die Wahrung der Autonomie der Patienten war v. a. in der angelsächsischen Literatur der eigentliche Ausgangspunkt der modernen Medizinethik (Brody 1988).
Autonomie
Der Autonomiebegriff wird in der Medizinethik im Wesentlichen pragmatisch definiert, nämlich als „situationsbezogene Handlungsautonomie“ (Schöne-Seifert 1996). Nach Faden und Beauchamp (1986) ist eine Handlung dann als autonom zu bezeichnen, wenn „ein Patient, der die Sachlage verstanden hat, sie bewusst und ohne äußeren Einfluss durch dritte Personen setzt“ (Prinzipien von Verständnis, Intentionalität und Freiheit von Zwang).
Vielfach wurde grundsätzlich bezweifelt, ob Patienten in ihrer abhängigen Situation überhaupt autonom handeln können, v. a. dann, wenn sie sich in Angst, Schmerzen oder gar Lebensbedrohung befinden. Verwendet man einen sehr allgemeinen, abstrakten Autonomiebegriff, mag dieses Argument zutreffen. Bei medizinethischen Fragen handelt es sich aber um eine vom klinischen Kontext abhängige, proportionale und konkrete Entscheidungsautonomie, die praktische Fragen von unmittelbarem persönlichem Interesse betrifft und die auch erreichbar ist. Die Vorbedingungen dazu sind jedoch fast nie schon vorgegeben, sondern immer erst Ergebnis eines Interaktionsprozesses zwischen Patientin und Arzt (s. auch Abschn. 3.4; elektive Sectio). Allerdings sind die Autonomie und die dafür notwendigen kognitiven und emotionellen Vorbedingungen für eine autonome Entscheidung fast nie vorgegeben, sondern müssen erst aktiv in der Arzt-Patientinnen-Beziehung hergestellt und erarbeitet werden.
Dieser Vorgang des informed consent (Zustimmung nach Aufklärung) schafft und überprüft gleichzeitig die Kriterien der Autonomie. McCullough und Chervenak (1994) haben den prozesshaften Charakter des „informed consent“ betont und ihn in eine Reihe von Einzelschritten zerlegt. Wegen ihrer zentralen Wichtigkeit sollen sie hier detailliert wiedergegeben werden.
Einzelschritte des „informed consent“
1.
Der Arzt beginnt den Vorgang, indem er von der Patientin erhebt, was sie selbst über ihren Zustand glaubt, ihre Diagnose, die vorhandenen Alternativen zu deren Behandlung und die Prognose unter jeder dieser Alternativen.
 
2.
Der Arzt korrigiert faktische Irrtümer und Unvollständigkeiten im Wissensstand der Patientin. Dies bedingt nicht, dass die Patientin dabei eine komplette medizinische Ausbildung erhält.
 
3.
Der Arzt liefert und erklärt seine klinische Einschätzung über den Zustand der Patientin und alle verfügbaren Behandlungsstrategien (einschließlich der, nichts zu tun, d. h. aufmerksam zuzuwarten).
 
4.
Der Arzt arbeitet mit der Patientin und hilft ihr, soweit notwendig oder erbeten, ein möglichst komplettes Bild ihres Zustandes und der verfügbaren Alternativen zu dessen Behandlung zu gewinnen.
 
5.
Der Arzt arbeitet mit der Patientin und hilft ihr, ihre wichtigen und relevanten Werte und Ansichten zu klären.
 
6.
Der Arzt hilft der Patientin in einer nichtdirektiven Weise, die Behandlungsalternativen (einschließlich des Zuwartens) im Licht dieser Werte und Ansichten zu bewerten.
 
7.
Die Patientin bemüht sich verstandes- und wertorientiert, ihren Zustand, die verfügbaren Behandlungsalternativen und deren Prognose zu verstehen und ihre subjektiven und wohlüberlegten Wünsche zu äußern.
 
8.
Der Arzt macht eine Empfehlung, die auf seiner klinischen Einschätzung von Schritt 3 basiert.
 
9.
Eine gemeinsame Entscheidung wird getroffen und umgesetzt.
 
Die klinische Erfahrung zeigt allerdings manchmal, dass Patienten in der Ausnahmesituation einer schweren Erkrankung Wünsche äußern oder Entscheidungen fällen, die „gemessen am sonstigen, subjektiven Maßstab des Patienten deutlich aus dem Rahmen fallen, also inkohärent sind“ (Schöne-Seifert 1996). Dazu gehören die Unterschätzung von unvertrauten oder weit in der Zukunft liegenden Risiken und die Überschätzung kurzfristiger Schmerzen oder Leiden. Ärzte haben daher manchmal die Aufgabe, Patienten zu helfen, von momentanen, rein subjektiven Interessen zu ihren langfristig „wohlüberlegten Interessen“ („deliberate interests“, McCullough und Chervenak 1994) zu gelangen, die im Einklang mit ihrer sonstigen, prämorbiden Persönlichkeit und ihrer psychosozialen Rolle stehen (z. B. ein gesundes Kind zu gebären).

Andere Prinzipien

Um das angesprochene mehrdimensionale Geflecht ethischer Prinzipien zu erzielen, das allein die Grundlage gut abgesicherter Entscheidungen einer Diskursethik darstellt, müssen dem Autonomie- und Benefizienzprinzip noch weitere Grundsätze „zugemischt“ werden.
Verhältnismäßigkeit
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Proportionalität) kann dann sehr hilfreich sein, wenn die Weite der Auslegung der Prinzipien im Einzelfall schwierig ist. Die Respektierung der Autonomie der Patientin muss sogar nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit modifiziert werden:
Je größer oder je elektiver der Eingriff, desto strenger müssen, je kleiner der Eingriff oder je vitaler die Gefahr, desto großzügiger dürfen die Anforderungen an Aufklärung und „informed consent“ verstanden werden.
Anhand praktischer Beispiele bedeutet das: Eine Blutabnahme oder eine Wertheim-Radikaloperation werden einen sehr unterschiedlichen Umfang des „informed consent“ erfordern, während analog eine Chorionbiopsie aus reiner Altersindikation oder eine Notfallsectio nach sehr unterschiedlicher Erörterung von Therapiealternativen verlangen. Auch Nutzen und Risiko einer Therapie werden und müssen traditionellerweise nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgewogen werden.
Pragmatik
Die folgenden „pragmatischen Klugheitsregeln„ (Sass 1994), die gewissermaßen eine in Worte geronnene Arbeitserfahrung darstellen, können ebenfalls den Hauptprinzipien beigemischt werden.
Klugheitsregeln von Sass
Die wichtigsten pragmatischen Klugheitsregeln von Sass (1994) lauten:
  • Große Problemkomplexe werden in leichter und schwieriger zu lösende Teilprobleme zerlegt.
  • Die verantwortliche Lösung des Einzelfalles hat Vorrang vor der generellen Durchsetzung einer Norm.
  • Die Orientierung an vergleichbaren Fällen hilft bei der Güterabwägung.
Für die Arbeit in Kliniken muss man noch hinzufügen:
  • Die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
  • Die Wichtigkeit von Transparenz und schriftlicher Dokumentation.
(Allokations-)Gerechtigkeit
Im medizinethischen Zusammenhang wird Gerechtigkeit meist im Sinne von sozialer Verteilungsgerechtigkeit verstanden. Sie ist zentrales Argument der v. a. medizinökonomischen bzw. medizinpolitischen Debatte um Ressourcenallokation und spielt im klinischen Kontext eine relativ untergeordnete Rolle. In Zeiten der akuten Verknappung finanzieller Mittel im Gesundheitswesen, also auf Ebene der Makroallokation (Illhardt und Piechowiak 1995) sind Angehörige von Gesundheitsberufen allerdings doppelt betroffen, nämlich sowohl durch Sparappelle als auch durch Personalverknappung in ihrer unmittelbaren Arbeitssituation. Die ökonomischen Implikationen von Therapien und das Verhältnis der eingesetzten Mittel für kurative vs. präventive Zwecke spielen daher eine neue, in ihrer Relevanz zunehmende Rolle, die auch auf die Mikroallokation, d. h. auf die Verteilungsprinzipien innerhalb eines Krankenhauses, Auswirkungen haben kann.

Arzt-Patientin-Beziehung

Jener Ort, an dem alle medizinischen Entscheidungsprozesse ablaufen, an dem sich die theoretischen Überlegungen zur Diskursethik konkretisieren und dem somit eine zentrale Schlüsselstellung zukommt, ist die Arzt-Patientin-Beziehung. Die Bedürfnisse an Kommunikation und Entscheidungsautonomie in der Arzt-Patientin-Beziehung sind sehr unterschiedlich. Zumindest für manche Patientengruppen haben sie sich in den letzten Jahren dramatisch intensiviert, während sie für andere, wie z. B. ältere oder einfacher strukturierte Patienten, relativ konstant blieben. Auch die Institutionsform, in der Arzt und Patientin zusammenkommen, also die Ordination des niedergelassenen Arztes, ein Ambulatorium oder eine Krankenhausabteilung, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Art der Interaktion.
In der Literatur werden 3 Modelle der Arzt-Patienten-Beziehung genannt, wobei es sich in der konkreten Praxis fast immer um Mischungen von Anteilen aus allen Modellen handelt (adaptiert nach Sass 1989).

Partnerschaftliches Modell

Grundlage dieses Modells ist eine partnerschaftliche Beziehung mit unterschiedlichen, „asymmetrischen“, aber wohldefinierten Rechten und Pflichten für beide Partner. Dieses Modell ist zweifellos das angemessenste für Entscheidungen in der modernen Medizin.
Die Rollen innerhalb dieser Beziehung sind reziprok aufeinander bezogen. Die Patientin trägt eine Teilverantwortung bei Entscheidungen für ihre Gesundheit und Lebensqualität, der Arzt ist Berater, Partner und Experte. Die Patientin wird mit ihren Bedürfnissen ernstgenommen, hat aber die Pflicht, selbst ernsthaft mitzuarbeiten sowie ehrlich bei den Auskünften über ihre Erkrankung zu sein.
Der Arzt hat Schweige-, Sorgfalts- und Behandlungspflicht sowie das Recht, die Medizin innerhalb eines gewissen, selbstdefinierten Rahmens auszuüben und nicht zu Handlungen gegen seine fachlich-intellektuelle oder ethische Integrität gezwungen zu werden (Abschn. 2.2; Futility-Konzept). Jeder Arzt ist aufgefordert, in einem kontinuierlichen Prozess seine professionellen und persönlichen Werthaltungen zu reflektieren, um seine Entscheidungen nach nachvollziehbaren Kriterien und nicht momentanen Stimmungen oder Gefälligkeitsüberlegungen zu treffen.
Nicht wertende Beratung im Sinne des partnerschaftlichen Modells ist dann gegeben, wenn sich der Arzt seiner eigenen Werte zwar bewusst ist, sie aber nicht in den Entscheidungsprozess wirksam einfließen lässt; ausschlaggebend darin sind ausschließlich die Werthaltungen der Patientin. Unter non-direktiver Beratung wird eine hinsichtlich des angestrebten Zieles neutrale Beratung verstanden. Zur Illustration: Nicht wertend verhält sich ein Arzt, der selbst eine Schwangerschaft mit einem Fetus mit Trisomie 21 nicht abbrechen würde, der aber eine dahingehende Entscheidung der Patientin ohne Ausüben von Druck akzeptiert. Non-direktiv wird ein Arzt über die Sectio in der 25. SSW, direktiv hingegen (wegen des gesicherten Benefits bei gegebener Indikation) in der 28. SSW beraten. Als Ziel dieses Modells dient das „shared decision making“.

Paternalistisches (hippokratisches) Modell

Dieses Modell aus der Tugendethik ist charakterisiert durch Autorität und Verantwortung auf Seiten des Arztes sowie Abhängigkeit und Compliance auf Seiten der Patientin. Obwohl als grundsätzliches Modell nicht mehr zeitgemäß, kann Paternalismus dann gerechtfertigt sein, wenn etwa der Nutzen einer Entscheidung für die Patientin hoch und die Einschränkung gering ist (Beispiel: Steckgitter nach Narkose), die Patientin kurzfristig nicht einsichts- und entscheidungsfähig ist (unter Alkohol- oder Drogeneinfluss) oder nach Aufklärung ausdrücklich den Arzt um eine Entscheidung seinerseits bittet („schwacher“ Paternalismus).

Vertragsmodell

Viele ausschließlich oder vorwiegend technische Leistungen der Ärzte können nach einem Vertragsmodell verstanden werden, in dem eine ganz genau definierte Teilverrichtung Gegenstand eines meist kurzfristigen Behandlungsvertrages ist. Die Arbeitsweise innerhalb der stark arbeitsteiligen und hierarchisch strukturierten Krankenversorgung an großen Kliniken, an denen die Patientin partikularisierte therapeutische Beziehungen zu vielen Angehörigen von verschiedenen Gesundheitsberufen eingeht, kann zumindest teilweise durch ein Vertragsmodell beschrieben werden.

Ethische Probleme in der klinischen Geburtshilfe

Ethisches Dilemma, ethischer Konflikt, ethische Krise

Die Vielfalt der möglichen Konfliktkonstellationen lässt sich nach einigen Kriterien strukturieren, wenn auch jeder Einzelfall je eigene Besonderheiten aufweist, die es zu berücksichtigen gilt. Als Einordnungsvariablen eignen sich die Grundprinzipien medizinischer Ethik, also Benefizienz und Autonomie, und als Prozessvariable die vorhandene Gefahr und/oder ein evtl. bestehender Zeitdruck.
Bei der Analyse eines anstehenden Problems wird vorerst zu fragen sein, in welcher Form und welcher relativen Gewichtung die Prinzipien Autonomie und Benefizienz (in seltenen Fällen soziale Gerechtigkeit) in Frage gestellt sind. Reine Autonomiekonflikte, die es in anderen klinischen Fächern gibt, sind in der Geburtshilfe extrem selten, da es ja nahezu immer Benefizienzverpflichtungen für den Fetus und/oder die Schwangere abzuwägen gilt. Somit kann nach dem Mischungsverhältnis zwischen Autonomie und Benefizienz unterschieden werden.
Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Autoren, von denen häufig Autonomiekonflikte mit der Patientin berichtet werden, werden in meiner Erfahrung ethische Probleme oft als geteilte Sorge zwischen Arzt und Patientin empfunden, und es gibt keinen manifesten Konflikt mit der Autonomie.
Für diese Situation, die am Beispiel der Beratung bei extremer Frühgeburtlichkeit (SSW 23–25) dargestellt werden kann, schlage ich daher den Ausdruck „ethisches Dilemma“ vor. „Ethischer Konflikt“ sollte für Fälle manifesten Arzt-Patienten-Konflikts mit einer starken Autonomiekomponente reserviert bleiben, „ethische Krise“, wenn dazu akute (Lebens)Gefahr und/oder starker Zeitdruck besteht.
Die konkreten klinischen Situationen werden im Folgenden anhand von Grundfiguren eines Konflikts dargestellt, der sich in unterschiedlicher Schärfe und Brisanz manifestieren kann. Manchmal existiert ein allgemein bekannter Leittypus des Problems, der in paradigmatischer Weise das ganze Feld blitzlichtartig erhellen kann, wie etwa die Verweigerung einer Sectio caesarea als schärfste Form einer Therapieverweigerung. Die abgeschwächten Formen sind natürlich häufiger; die Bandbreite zwischen ihnen (z. B. Verweigerung einer Heparin-Injektion) und der ethischen Krise (Verweigerung einer Sectio bei Placenta praevia) zeigt das gesamte Kontinuum, dessen Endpunkt der voll ausgeprägte Konflikt darstellt.

Konflikte mit Betonung des Benefizienzprinzips

Die mehrdimensionale Vorgangsweise und die Vorzüge der Diskursethik kann anhand der klassischen Dilemmata mit kindlicher Gefährdung gezeigt werden. Sowohl Entscheidungen bei extremer Frühgeburtlichkeit und beim medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbruch als auch bei extremer, früher Wachstumsrestriktion sowie der Abruptio im Rahmen der „Fristenlösung“ können mittels einer einheitlichen, stringenten Argumentation behandelt werden. Ich schlage daher ein Modell vor, das von einer mit steigendem Gestationsalter abnehmenden mütterlichen Autonomie und zunehmenden Benefizienzverpflichtungen gegenüber dem Fetus ausgeht, die zusätzlich nach dem Schweregrad der kindlichen Pathologie und Proportionalitätskriterien abgestuft wird.

Geburtshilfliches Vorgehen bei extremer Frühgeburtlichkeit

Das Management der drohenden extremen Frühgeburtlichkeit bei normalem Chromosomensatz und ohne Fehlbildungen stellt eine der häufigsten Beratungssituationen im klinischen Alltag dar. Sie läuft vorwiegend als gemeinsames ethisches Dilemma ab, bei dem das Benefizienzprinzip für den Fetus im Vordergrund steht und in dem die Patientin vom Arzt Entscheidungshilfe zwischen verschiedenen Therapiealternativen erwartet. Selten kommt es zum Konflikt über die Verweigerung einer Therapie, wie z. B. der Tokolyse oder der Lungenreifung.
Bei Kindern in der 23.–25. SSW sind in jüngster Zeit große Fortschritte durch aktives perinatologisches Management (Tokolyse, Lungenreifung, Antibiotikaeinsatz, Sectio caesarea, künstliches Surfactant, Hochfrequenzbeatmung etc.) erzielt worden, die Morbidität und Mortalität ist in dieser Gruppe aber noch immer hoch (Marlow et al. 2005). Die derzeitige Untergrenze für potenzielles Überleben ist die vollendete 23. SSW (=23 + 0 bis 23 + 6); die zu erwartenden Geburtsgewichte der Neugeborenen liegen inSSW 23–25 bei 500–750 g. Es existieren zwar anekdotische Berichte über ein morbiditätsfreies Überleben von Kindern vor der 23. SSW, diese können jedoch nicht als Basis für Routineentscheidungen herangezogen werden.
Die Prognose der Mortalität und Morbidität des Neugeborenen ist eng an den jeweiligen Standard der perinatologischen Einheit gebunden und somit örtlich und zeitlich sehr variabel. Als Entscheidungsgrundlage für Patientin und Arzt müssen die Ergebnisse der eigenen perinatologischen Einheit und nicht die internationale Literatur herangezogen werden (Obladen et al. 1994).
Die prognostische Unsicherheit schließt die Bandbreite zwischen dem Tod, einer lebenslangen schweren Behinderung, einer milden Behinderung und einem unbehinderten Leben ein. Die besondere Schwierigkeit wird dadurch illustriert, dass es durchaus unklar ist, ob man „durch aktives Handeln oder durch Zuwarten größeren Schaden anrichtet oder Nutzen stiftet“ (Hepp, persönliche Mitteilung). Diese Einsicht richtet sich zu Recht gegen eine unkritische Maximaltherapie, die oft als Ausweg und Scheinlösung gewählt wird, um sich nicht in Differenzierungen und Entscheidungsitutationen begeben zu müssen. In der Vergangenheit hat sich allerdings gezeigt, dass Verzicht auf eine integrierte, aktive Therapie von Geburtshilfe und Neonatologie im Sinne einer „self-fulfilling prophecy“ zu schlechten Ergebnissen führte. Daher wird heute ab der SSW 24 ein proaktives Management bevorzugt.
Die möglichen Entscheidungsdilemmata betreffen das gesamte Spektrum perinatologischer Interventionen. Sie reichen von der Frage der Sectio aus kindlicher Indikation an der Grenze der Lebensfähigkeit bis zu neonatologischen Fragen der Reanimation, der „comfort care“ oder der Beatmung. Bei Blasensprung und/oder Amnioninfekt in der SSW 18–22 („extremely premature preterm rupture of membranes“; EPPROM) sind die Ergebnisse derart ungünstig, dass der Schwangerschaftsabbruch eine mögliche Therapiealternative darstellt und in den USA auch in einem relativ hohen Prozentsatz (39 %) gewählt wird (Falk et al. 2004).
Sowohl im Konsensfall, d. h. bei gleicher Einschätzung durch Arzt und Patientin, als auch im Konfliktfall, d. h. bei Patientenwunsch nach Therapieabbruch, stellt die autonome Entscheidung der Schwangeren das Bindeglied zwischen dem vorlebensfähigen Fetus und dem späteren Kind dar. Mit ihrer Entscheidung kann die schwangere Frau dem vorlebensfähigen Kind den „Status eines Patienten“ (McCullough und Chervenak 1994) übertragen oder eben nicht und – beraten durch den Arzt – eine dementsprechende Auswahl aus dem therapeutischen Angebot treffen. Im strukturierten Gespräch (Abschn. 2.2) mit der Schwangeren (und ihrem Partner) wird also zu erarbeiten sein:
  • Welche Bedeutung hat dieses spezielle Kind und diese Schwangerschaft im gesamten Lebenszusammenhang?
  • Was bedeutet der Nutzen einer Therapie für das Kind?
  • Welches Ergebnis eines geburtshilflichen Vorgehens hätte welche Folgen für die Eltern?
  • Wie stehen sie zu einer eventuellen Behinderung des Kindes?
Die Beratung und das klinische Vorgehen werden sich in einem abgestuften Modell stark nach dem Gestationsalter und dem physiologischen Reifegrad des Fetus orientieren. Die Direktivität des Gespräches kann dann etwa nach dem folgenden Rahmen vorgenommen werden (modifiziert nach McCullough und Chervenak 1994):
Praxistipp
  • Vor der 23. SSW sollte der Arzt non-direktiv in der Frage einer weiteren Behandlung oder eines Therapie- oder Schwangerschaftsabbruches sein.
  • Ab der 23. SSW sollte sich die Beratung direktiv gegen einen Therapie- und/oder Schwangerschaftsabbruch richten.
  • Nach der 24. SSW (zu erwartendes Geburtsgewicht ca. 750 g) sollte der Arzt gegen nichtaktives geburtshilfliches Management und
  • nach der 26. SSW für aktives Vorgehen beraten.
In dieses Stufenmodell kann man auch stringent das Zulassen eines intrauterinen Fruchttodes (IUFT) bei hochgradiger, früher intrauteriner Wachstumsrestriktion einordnen; es wäre sinngemäß bis SSW 26 + 0 zulässig.
Dieser Rahmen kann eine erste Ausgangsbasis bilden, die dann mit den Wertvorstellungen der Schwangeren/des Paares verglichen wird. Von größter Bedeutung ist das gemeinsame Gespräch mit dem später für das Neugeborene verantwortlichen Neonatologen, um die Einheitlichkeit des Vorgehens herzustellen und zu signalisieren. Die Entscheidung wird dann meist in einem gemeinsamen Gespräch dieser 3 Parteien fallen. In jedem Fall sollte der Frau/dem Paar eine kontinuierliche klinisch-psychologische Betreuung angeboten werden.

Schwangerschaftsabbruch aus genetischer oder Fehlbildungsindikation

Medizinethische Bewertung
Die Frage des Schwangerschaftsabbruches im 2. Trimenon ist eine der schwierigsten der medizinischen Ethik.
Angesichts des fehlenden gesellschaftlichen Konsenses über die Zulässigkeit des Vorgehens überhaupt, ja sogar einer schroffen Polarisierung zwischen einzelnen Gruppen, lässt sich die Realitätsnähe einer mehrdimensionalen Diskursethik gut zeigen. Mit diesem Zugang lassen sich nämlich mütterliche Autonomie, Benefizienzverpflichtungen dem Kind gegenüber sowie Anwendung von Verhältnismäßigkeit und Pragmatik durchaus vereinbaren.
Nachdem der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation auch gesellschaftspolitisch ein brisantes Thema darstellt, sind vor dem individuellen Vorgehen noch einige allgemeine Überlegungen angebracht.
Ausgangspunkt jeglicher Diskussion muss hohe Sensibilität gegenüber der Betroffenheit von Behinderten einerseits, aber auch Respekt vor der individuellen Entscheidung eines Paares andererseits sein. So äußerten Behindertenverbände, religiöse Gruppen und Teile der Frauenbewegung die Besorgnis, dass vom Schwangerschaftsabbruch aus Fehlbildungsindikation eine direkte Linie zum Absprechen des Lebensrechtes für Behinderte mit eben diesen Erkrankungen führen könnte. Unter dieser Argumentation mit „Dammbruchrisiken“ (Schöne-Seifert 1996) wird die Angst davor verstanden, dass das Aufweichen einer strengen Grenze im Einzelfall einen Zusammenbruch aller Hemmnisse bedeuten könnte, die die Elimination aller unerwünschten Gene oder Eigenschaften nach sich ziehen könnte. Diese Bedenken sind vor dem Hintergrund der real erlebten gesellschaftlichen Diskriminierung Behinderter grundsätzlich verständlich, sie sind jedoch weder aus genetischer Sicht möglich noch werden sie von irgendjemandem befürwortet. Hinzu kommt die besondere historische Verantwortung Deutschlands und Österreichs, mit dieser Problematik besonders bewusst und sensibel umzugehen.
Die aus diesen Überlegungen abgeleitete, fundamentalistische Forderung nach einem grundsätzlichen Verbot für alle Schwangerschaftsabbrüche aus Fehlbildungsindikation muss allerdings zurückgewiesen werden. Die Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Abbruch im Rahmen der Fristenlösung, der in den ersten 3 Schwangerschaftsmonaten möglich und weitgehend unbestritten ist, wäre dann schwerwiegend gestört, wenn eine Frau bis zur 12. SSW (Österreich: 14. SSW, Schweiz 10. SSW) ohne Angabe von Gründen, jedoch in der 16. SSW bei Vorliegen einer Trisomie 21 nicht mehr abtreiben dürfte.
Abgesehen von der praktischen Unmöglichkeit widerspräche dieses Durchsetzen einer abstrakten Norm auch den pragmatischen Klugheitsregeln, die das Lösen des Einzelfalls priorisieren. Ein Weg, um die Aporie der abstrakten Recht-auf-Leben-Argumentation zu vermeiden, ist das Konzept der „Unzumutbarkeit für die Eltern“, mit einem Kind mit massiver Entwicklungseinschränkung zu leben, mithin ein ebenfalls am Lebensalltag orientierter, pragmatischer Zugang (Schöne-Seifert 1996).
Ein anderer Ausgangspunkt für eine rationale Auseinandersetzung mit dem Schwangerschaftsabbruch kann von der Konkretisierung des Begriffes „Behinderung“ abgeleitet werden.
Nur ein kleiner Teil der im späteren Leben als behindert bezeichneten Menschen leidet an einer Erkrankung, die auch pränatal zu diagnostizieren gewesen wäre.
Dies bedeutet, dass die Gesellschaft auch bei Anwendung der Pränataldiagnostik und des Abbruchs aus medizinischer Indikation auf jeden Fall weiter aktiv an einer behindertengerechten Gestaltung der Alltagswelt arbeitet und dass parallel zur Ausweitung der PND und ohne Widerspruch zu ihr die Gesellschaft behindertengerechter wurde. Des Weiteren lassen Vertreter aller Positionen innerhalb des Spektrums möglicher Fehlbildungen irgendeine Form von Relativierung zu (Holzgreve 1995): So verweigert niemand ernsthaft den Wunsch nach Abbruch bei Anenzephalie, niemand befürwortet ihn bei Hexadaktylie. Bei Anwendung dieser Überlegungen wird es möglich sein, viele Diagnosen in unterschiedlichen Gestationsaltern außer Streit zu stellen und so zur Vertrauensbildung zwischen den unterschiedlichen Positionen beizutragen.
Doch selbst wenn man eine grundsätzlich flexible Position zu einzelnen Indikationen einnimmt, bleibt es für viele eine irritierende Erkenntnis, dass es keinen feststehenden Kanon von Diagnosen geben kann, die einen Abbruch rechtfertigen. Der Konsens darüber ist historisch und kulturell beeinflusst und muss immer wieder neu erarbeitet werden. Manchmal wird das Vorliegen einer Chromosomenaberration als entscheidendes oder sogar einziges Kriterium herangezogen; ein internationaler Vergleich zeigt jedoch, dass z. B. Aneuploidien der Geschlechtschromosomen (z. B. 45 X0, 47 XXY) in deutschsprachigen Ländern praktisch nicht, in anderen Kulturen aber sehr wohl als Indikation angesehen werden. Weitgehende Übereinstimmung herrscht in Industrieländern darüber, dass Geschlechtsselektion („Gendering“) von Feten abzulehnen ist, wobei auch hier Gegenstimmen erhoben wurden.
Angesichts milder chromosomaler und schwerer somatischer Fehlbildungen sollte eine möglichst gesamtheitliche Evaluation der späteren kindlichen Entwicklungschancen Ausgangspunkt des Entscheidungsprozesses sein.
Manche schweren somatischen Fehlbildungen, die frühzeitig (12.–16. SSW) diagnostiziert werden können, weisen zwar keine Chromosomenaberration und keine Beeinträchtigung des kognitiven Entwicklungpotenzials auf, lassen aber doch eine massiv behinderte kindliche Entwicklung mit dementsprechender Belastung der Eltern erwarten. Bei der Bewertung des Schweregrades dieser Fehlbildungen werden Arzt und Patientin die schwierige Abwägung zwischen den Extremen von Gesundheits- bzw. Perfektionsvorstellungen vom Kind einerseits und der Unantastbarkeit des Lebens andererseits vornehmen müssen. An zwei häufigen Diagnosen, Trisomie 21 und rechtsseitigen Zwerchfellhernien, wird das Auseinanderklaffen zwischen den zweifellos vorhandenen Lebensaussichten der Kinder bei meist guter sozialer Integrationsfähigkeit einerseits und der narzisstischen Kränkung der Eltern andererseits besonders deutlich. Die derzeit geübte Praxis – maximaler Aufwand zur Entdeckung und „Elimination“ der Trisomie, hingegen sehr zurückhaltende Einstellung bei Diaphragmahernien – offenbart die bestehenden Widersprüche, die nicht weiter auflösbar sind.
Klinisches Vorgehen
Wie kann verantwortungsvolles klinisches Vorgehen aussehen, das die oben dargestellte Besorgnis entkräften könnte?
In einer pluralistischen Gesellschaft stellt die autonome, informierte Entscheidung der Schwangeren/des Paares die einzige Instanz dar. Der unverzichtbare Kern des medizinethischen Vorgehens ist daher die individuelle Beratung der betroffenen Frau/des Paares durch einen sowohl medizinisch/genetisch als auch gesprächstechnisch versierten Arzt. In diesem Gespräch müssen die Bedingungen für die Entscheidungsautonomie hergestellt werden, nämlich die ausführliche Information über die Erkrankung und Prognose des Kindes und die Erwartungen und Wertvorstellungen des Paares.
Im Zentrum der Beratung steht allein der Einzelfall vor dem Hintergrund klinischer Erfahrung; eugenische Argumente in Hinblick auf die Gesamtpopulation sind sachlich und ethisch unzulässig. Die Beratung hat auch bei schweren Fehlbildungen oder Chromosomenaberrationen streng nondirektiv zu erfolgen. Ein etwaiges ärztliches Drängen zum Schwangerschaftsabbruch ist unbedingt zu vermeiden, weil das Erleben der Schwangerschaft auch bei fehlender kindlicher Lebensperspektive für die betroffene Frau wichtig sein kann. In diesem Fall muss die Patientin aber darauf hingewiesen werden, dass ein reifes Kind trotz infauster Prognose wie z. B. Trisomie 18 mehrere Stunden bis Tage überleben kann und diese Zeit dann sehr belastend sein kann.
Die zeitlich abgestufte Bewertung von Autonomie der Schwangeren und Schutzverpflichtung dem Kind gegenüber zeigt Abb. 1. Bis zur 12. SSW wird der Schwangeren vom Gesetz eine absolute Autonomie eingeräumt, ab dem Geburtsbeginn dem Schutz des Kindes. Im Falle einer kindlichen Fehlbildung oder Chromosomenaberration besteht bis zur 24. SSW (dem Erreichen der theoretischen Lebensfähigkeit) ein Bereich der relativen Autonomie zum Schwangerschaftsabbruch nach informierter Zustimmung des Paares. Diese wird vernetzt mit einem vom Arzt und der Gesellschaft vorgegebenen Rahmen bezüglich des Schweregrades der kindlichen Erkrankung (Abb. 2). Nach der 24. SSW dürfen – den internationalen professionellen Leitlinien folgend – Abbrüche nur dann durchgeführt werden, wenn es sicht um eine nicht lebensfähige Fehlbildung oder eine rasch progrediente Erkrankung mit sehr schlechter/infauster Prognose handelt.
Welche Fehlbildungen die gesetzlichen Kriterien für den Spätabbruch rechtfertigen, unterliegt weitgehend einem kollegialen Konsensus, wobei es durchaus bedeutende Unterschiede innerhalb und zwischen Abteilungen geben kann. Eine „taxative Liste“ aller Fehlbildungen, die einen Abbruch rechtfertigen, wird von einer breiten Mehrheit aller Pränatalmediziner abgelehnt, weil sie die Besonderheiten eines Einzelfalls nicht berücksichtigt (Statham et al. 2006). Ein derartiger Katalog kann und soll daher auch hier nicht versucht werden. Diagnosen völlig auszusparen hieße aber, bei einer eminent praktischen Problemstellung in rein theoretische Überlegungen zu flüchten. Der Diskursethik und der oben dargestellten Abwägung der mütterlichen Autonomie entspricht ein Kontinuum von Diagnosen, das von völlig unstrittigen über weitgehend akzeptierte bis hin zu diskussionswürdigen Krankheitsbildern reicht und deren paradigmatische Hauptvertreter etwa folgendermaßen aussehen:
Daher kommt den Verfahrensregeln für die Entscheidung und die Durchführung eines Abbruchs im 2. Trimenon besondere Bedeutung zu. Die wesentlichsten sind in der Übersicht gelistet.
Verfahrensregeln eines Schwangerschaftsabbruchs im 2. Trimenon
  • Sicherung der Diagnose, evtl. unter Beiziehen von relevanten Fachkollegen
  • Diskussion und Beschlussfassung innerhalb der Abteilung
  • Besprechung mit der Patientin (und dem Partner) mit Darstellung der Handlungsalternativen
  • Ausführlicher „written informed consent“ (Prozess)
  • Anbieten psychologischer Betreuung, einschließlich einer Nachbetreuung
  • Moratorium (Bedenkzeit) von ca. 3 Tagen zwischen endgültiger Diagnosestellung und Abbruch
  • Ausbildung und Supervision des Personals bezüglich der unterstützenden Betreuung der Patientinnen
  • Patientenorientiertes praktisches Vorgehen (derzeit Misoprostol/Prostaglandin, frühzeitig PDA)
  • Dokumentation aller Beschlüsse in der Krankengeschichte
Zu psychosomatischen Aspekten des Schwangerschaftsabbruches aus medizinischer Indikation Kap. 49 (Psychosomatik in der Geburtshilfe).
Die Frage des Schwangerschaftsabbruchs im 2. Trimenon ist an Perinatalzentren mit einem Schwerpunkt in Pränataldiagnostik ein häufiges Problem. Dies bringt zwar einerseits beträchtliche psychische Belastungen für das Personal mit sich, andererseits aber auch eine professionelle Routine bei den Entscheidungsabläufen und eine große Vergleichsbasis (Langer et al.1990). Einzelne Gynäkologen dürfen keinesfalls zu Eingriffen herangezogen werden, die sie innerhalb ihres ethischen Rahmens nicht billigen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit relevanten Fachkollegen, wie Neonatologen, pädiatrischen Kardiologen, Kinder- und Neurochirurgen etc. gewährleistet eine Medizin „state of the art“ und den notwendigen, kontinuierlichen Diskussionsprozess.
Besonders seltene Konstellationen, wie frühes, schweres fetofetales Transfusionssyndrom mit der Fragestellung des Fetozids bei einem Mehrling, um dem anderen eine Chance zu bieten, wird nur ein sehr erfahrenes Zentrum lösen können.
Im seltenen Fall der Geburt eines Kindes mit einer bis dahin nicht bekannten und möglicherweise nicht mit dem Leben zu vereinbarenden Fehlbildung sollten die betreuenden Neonatologen einen evtl. Therapieabbruch unter Berücksichtigung des Begriffs „futility“ mit den Eltern diskutieren. Diese Ultima ratio darf aber nicht von vornherein in das Gesamtkonzept einkalkuliert werden, sondern die ethischen Probleme der Pränataldiagnostik und des Schwangerschaftsabbruchs im 2. Trimenon müssen durch konsequente Argumentation innerhalb der Pränatalmedizin und zeitlich innerhalb der Schwangerschaft gelöst werden.
Cave
Jene Alternativen, die nach der Geburt möglich sind, erscheinen bei weitem problematischer als der Abbruch vor der potenziellen Lebensfähigkeit.
Das Groningen-Protokoll wurde von der Holländischen Gesellschaft zum Umgang mit Neugeborenen mit schweren Fehlbildungen, wie Spina bifida, vorgeschlagen. Es kann vor dem Hintergrund des Standes der Pränataldiagnostik in Holland verstanden werden, der nicht vergleichbar mit anderen westeuropäischen Ländern war, und steht im Kontext der Euthanasieregelung in den Niederlanden. Das Groningen-Prokokoll hat heftige Reaktionen hervorgerufen, wie z. B. vom Medizinethiker F. Chervenak, der es „als klinisch unnötig, unwissenschaftlich und unethisch“ bezeichnet und auffordert, es zu widerrufen (2009). Analog argumentiert auch die österreichische Rechtsordnung, die auf den Begriff des „Geburtsbeginns“ abstellt, nach dem eine Tötung nicht mehr straffrei möglich ist und im Extremfall als Mord geahndet werden kann (Abb. 55.1).
Fetozid
Bei Abbrüchen nach der 22. SSW, wenn also die Neonaten post partum Lebenszeichen zeigen können, stellt sich die Frage des Fetozids, also der intrakardialen KCl-Injektion vor der Weheneinleitung. Als Orientierung kann das RCOG dienen, das obligat einen Fetozid bei allen Abbrüchen > SSW 22 verlangt; wir bevorzugen eine abgestufte Lösung mit einem non-direktiven Angebot ab der 22. SW und einem obligaten Fetozid ab der 24. SSW. Die Schwangere und der betreuende Arzt müssen gemeinsam die relativen Belastungen der aktiven Tötung des Fetus vs. des Sterbens unter Comfort-care-Bedingungen abwägen.
Dies ist sicher eines der schwierigsten vorstellbaren Beratungsszenarien, bei denen Unterstützung durch den Partner der Patientin, ein klinischer Psychologe und die gesamte Abteilung geboten sind.
Die bisherigen Überlegungen gingen von einem geteilten Dilemma zwischen Patientin und Betreuer aus. Wünscht die Schwangere jedoch einen Abbruch, während die Abteilung nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen ist, dass bei der vorliegenden Fehlbildung keine Indikation vorliegt, dann besteht ein ethischer Konflikt. Die Betreuer haben dann – entsprechend den Grundsätzen einer Diskursethik – die Verpflichtung, die Patientin an eine andere Abteilung zuzuweisen, die den Abbruch evtl. doch durchführt. Eine Abteilung, die Pränataldiagnostik anbietet, sich aber aus Gewissengründen weigert, überhaupt irgendwelche Abbrüche aus medizinischer Indikation durchzuführen, wird sich ernsthaft mit den eigenen Widersprüchen auseineinandersetzen müssen.

Schwangerschaft bei Frauen mit schweren Begleiterkrankungen

Die Formen des maternofetalen Konflikts in dem Sinn, dass tatsächlich zwischen dem Leben der Schwangeren und dem des Fetus entschieden werden muss, werden häufig als die typischen geburtshilflichen Ethikkonflikte unterstellt. Die Konstellationen dafür, dass der Abbruch einer Schwangerschaft innerhalb einer eng befristeten Zeit eine deutliche Besserung der mütterlichen Prognose mit sich bringt, sind real aber selten. Möglich sind neu auftretende oder exazerbierende Malignome im 2. Trimenon, die eine sofortige, aggressive Chemotherapie erfordern, manche kardiologische oder schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen wie eine akute kardiale Dekompensation oder ein foudroyant verlaufendes HELLP-Syndrom mit Multiorganversagen.
Es stellt sich die Frage nach der Abwägung der Interessen von Mutter und Kind:
  • Welches Ausmaß von Risiko kann einer Schwangeren, unter dem Aspekt der besonderen Fürsorgepflicht ihrem Fetus/potenziellen Kind gegenüber, zugemutet werden?
  • Wie weit laufen alle Beteiligten, auch die Schwangere selbst, Gefahr, archetypischen Forderungen an eine „gute Mutter“ zu erliegen, die sich buchstäblich für ihr Kind aufopfert?
Angesichts einer vital bedrohten Patientin wiegt deren Autonomieargument und die Verpflichtung ihrer Gesundheit gegenüber besonders schwer. Wendet man die in Abschn. 3.2 ausgeführten Überlegungen bezüglich der zeitlichen Dynamik der Lebensfähigkeit des Fetus sinngemäß an, so engt sich die konfliktträchtige Zeit auf die 23–27. SSW ein. Davor unterliegt die Entscheidung klar der Autonomie der schwer kranken Schwangeren, d. h. ein Wunsch nach Schwangerschaftsabbruch sollte nur bei massiven Gegenargumenten verweigert werden. Nach der 28. SSW hat das Kind nach durchgeführter Lungenreifungsförderung eine faire bis sehr gute Chance auf ein behinderungsfreies Überleben.
In der fraglichen Zeit kommt dem interdisziplinären Konsilium mit Vertretern der einschlägigen Fächer, wie Onkologie, Kardiologie oder Intensivmedizin, besondere Bedeutung zu. Der therapeutische Wert oder die Einbuße von Chancen durch Kompromissvarianten (z. B. Zuwarten mit der oder Abschwächen einer Therapie) sind gegenüber dem Benefit einer Maximalvariante zu gewichten.
Praxistipp
Es versteht sich, dass derartige Therapieentscheidungen nur an einem Zentrum fallen sollten, an dem Erfahrungen in der integrierten Betreuung schwer kranker Schwangerer besteht; für kleinere Abteilungen empfiehlt sich daher der antenatale Transport der Schwangeren an ein Perinatalzentrum.

Konflikte mit Betonung des Autonomieprinzips

Verweigerung einer Therapie

Das partnerschaftliche Modell der Arzt-Patientin-Beziehung beruht auf der informierten Zustimmung der Patientin zur Behandlung. Fehlt diese Einwilligung, handelt es sich – außer in wenigen Sonderfällen, wie z. B. bei Gefahr in Verzug – um eine eigenmächtige Heilbehandlung, also um ein strafrechtliches Delikt.
Beim erwachsenen, informierten und entscheidungsfähigen Patienten wird in der Güterabwägung der Rechtsprechung das Autonomierecht höher als ein potenziell lebensbedrohlicher Nachteil aufgrund einer nicht durchgeführten medizinischen Intervention gewertet (z. B. Bluttransfusion bei Zeugen Jehovas).
Im Falle einer Schwangeren hingegen gilt es, mehrere Güter gegeneinander abzuwägen:
  • Autonomieverpflichtungen gegenüber der Patientin,
  • die Benefizienzverpflichtungen des Arztes gegenüber der Patientin und dem Fetus,
  • die besonderen Fürsorgepflichten der Schwangeren gegenüber dem Fetus.
Für die Analyse dieser Konflikte benötigt der Arzt als zusätzlichen Parameter eine verlässliche Einschätzung der Gefährdung von Schwangerer und Kind, um die Verhältnismäßigkeit seiner Maßnahmen adäquat abzustufen zu können.
Die Verweigerung einer ärztlich vorgeschlagenen Therapie durch die Patientin wird unterschiedlich zu bewerten und handzuhaben sein, je nachdem, ob sie sich selbst weiter als Patientin des Arztes/der Abteilung sieht oder nicht. Die Patientin kann ein rein negatives Verweigerungsrecht in Anspruch nehmen, aus dem Behandlungskontrakt aussteigen und die Abteilung „gegen Revers“ („auf eigenen Wunsch“) verlassen. Sie kann sich aber auch weiter als Patientin definieren, jedoch alle angebotenen, von den betreuenden Ärzten als sinnvoll angesehenen Maßnahmen ablehnen und so ein negatives mit einem positiven Recht, nämlich dem auf Behandlung als Patientin, kombinieren.
Zu letzterer Situation tragen manchmal auch kulturelle Kofaktoren bei, die die Patientin zwingen, die Vorbedingungen der Behandlung zu verunmöglichen. So bestehen manchmal moslemische Frauen darauf, nur von einer Ärztin untersucht zu werden, wobei dieser „Service“ bei manchen Personalkonstellationen nicht immer gewährleistet werden kann. In anderen Fällen wird der autonome Wille der Frau nicht in ausreichender, d. h. in der von unserer Rechtsordung geforderten Weise offensichtlich, weil der Mann alle Fragen für die Patientin beantwortet und ihr keinen Raum als handelndes Subjekt läßt.
Zur Einleitung in die Thematik und als Illustration dazu, dass auch bei Beachtung der Richtlinien der präventiven Ethik unbefriedigende Verläufe nicht immer zu vermeiden sind, folgendes Fallbeispiel
Fallbeispiel
Eine 31-jährige, schwarzafrikanische, zweitgebärende Patientin wird seit mehreren Tagen stationär wegen einer schweren Präeklampsie in der 34. SSW behandelt. Als die Blutdruckwerte und die Albuminurie trotz massiver Therapie weiter ansteigen, die A.-umbilicalis-Dopplersonographie einen Zero-flow und das CTG eine nahezu silente Oszillation zeigen, schlägt der diensthabende Oberarzt bei abgeschlossener Lungenreifetherapie eine Sectio caesarea vor. Die Patientin und ihr Mann lehnen dies, trotz ausführlicher Aufklärung über die akute Gefahrensituation für Mutter und Kind, ab. Sie weisen auf das gesunde erste Kind hin, das ohne medizinische Hilfe in Afrika geboren wurde. Die Patientin will die Abteilung verlassen, an der sie ihrer Ansicht nach falsch behandelt wird. In der angespannten Situation wird ein bis dahin unbeteiligter weiterer Facharzt als Vermittler beigezogen, der als Kompromiss – erfolglos – eine Fortführung der bisherigen konservativen Therapie unter kontinuierlicher CTG-Überwachung vorschlägt und an die Verantwortung der Frau für sich selbst und ihr Kind appelliert.
Der telefonisch konsultierte Abteilungsleiter lehnt im Einklang mit den Oberärzten Zwangsmaßnahmen gegen den Willen der Patientin ab. Sie verlässt daraufhin mit einer Vorschreibung zur oralen Therapie und einem vereinbarten Kontrolltermin für den folgenden Tag das Haus. Am nächsten Mittag wird die Schwangere, krampfend und unter dem Vollbild einer Eklampsie, aufgefunden, durch den Notarzt in ein anderes Krankenhaus gebracht und unter Notfallbedingungen sektioniert. Mutter und Kind überleben ungeschädigt.
In der mildesten Ausprägung handelt es sich bei Autonomiekonflikten um bloße Non-Compliance gegenüber ärztlichen Anordnungen bezüglich Verhaltensweisen, die das Kind potenziell schädigen, wie Rauchen, Alkohol- oder Drogenkonsum. Bei einer letztlich nicht gesicherten oder nicht gravierenden Schädigung des Fetus wird nach einer ausführlichen Aufklärung, die die besondere Verantwortung einer Schwangeren für das Kind beinhaltet, das Autonomieprinzip und die Aufrechterhaltung einer Arzt-Patientin-Beziehung Vorrang vor Zwangsmaßnahmen haben (Steinbock 1992). Wird z. B. der Arzt aufgefordert, das Suchtverhalten einer Schwangeren der Behörde mitzuteilen oder gar ohne das Wissen der Patientin Suchtests durchzuführen, widerspricht dies krass dem Autonomieprinzip und der Schweigepflicht. So kann durch die ausschließliche Anwendung des Nutzenarguments bei fehlender Abstimmung mit dem Autonomie-, dem Proportionalitäts- und dem Beziehungsargument beträchtlicher Schaden entstehen.
Immer wieder lehnen Patientinnen Teile eines Therapiekonzeptes oder einzelne Maßnahmen ab, ohne ihren Status als Patientin grundsätzlich in Frage zu stellen. Solange die medizinische Sinnhaftigkeit noch erhalten ist, darf vom Arzt Flexibilität und Kreativität im Hinblick auf Alternativvorschläge verlangt werden. Auf die Mitverantwortung der Patientin im Rahmen des partnerschaftlichen Modells wird hingewiesen. Der Schritt von den rein subjektiven zu den wohlüberlegten Interessen der Patientin sollte in die Wege geleitet werden.
Weit schwieriger wird die Lage, wenn die Patientin eine dringend indizierte invasive Maßnahme, etwa eine Sectio caesarea, ablehnt. An diesem Punkt gelangt die medizinische Integrität an eine Grenze, d. h. der Arzt kann zu etwaigen Kompromissen nicht mehr stehen, und die Bedingungen für eine ethische Krise sind gegeben. Ist der Konflikt ohne Antizipation bis hierher eskaliert, sollten spätestens nun die Strategien der „präventiven Ethik“ (Abschn. 4.2) angewandt werden. Im Einzelnen wären dies neuerliches, betont schrittweises Durchgehen des Informed-consent-Prozesses, respektvolles Überreden und Verhandeln. Primärer Verhandlungsgegenstand könnte ein Moratorium aller zusätzlichen Interventionen bis zum Erreichen einer konsensuellen Lösung sein; dieser Stillstand muss zeitlich genau befristet und von einer laufend aktualisierten Lageeinschätzung abhängig sein. Auch die pragmatischen Klugheitsregeln (Beiziehen eines Dritten, Stellen eines Ombudsmannes für die Patientin) sind nun dringend indiziert.
Die Verzweiflungslösung der „court ordered caesarian section“ (Kaiserschnitt auf Gerichtsbeschluss), die in europäischen Rechtsordnungen ohnehin sehr viel schwieriger zu erreichen ist als in den Vereinigten Staaten, sollte um nahezu jeden Preis vermieden werden. Ungewöhnliche Lösungen sind gefragt, aber schwierig zu finden; die Transferierung an eine andere Abteilung, die bereit ist, die Patientin aufzunehmen, wäre evtl. eine Möglichkeit.

Erhaltung der Schwangerschaft bei permanentem vegetativem Status der Mutter

Fällt die autonome Willensäußerung der Schwangeren durch dauernde, irreversible Bewusstlosigkeit aus, erweitert sich die Problematik um die Dimension der Vertretung ihrer Interessen. In der Literatur sind einige Fälle bekannt, in denen Schwangere im 1./2. Trimenon nach Schädel-Hirn-Traumata in einem permanenten vegetativen Status verblieben, im deutschen Sprachraum zuletzt in Erlangen (Zusammenfassung bei Schöne-Seifert 1993).
Die zwei Hauptfragen stellen sich nach dem vermeintlichen Willen („substituted judgement“), den die Schwangere im Falle ihrer Gesundheit gehabt hätte, und jener Person oder jenem Gremium, die als Sachwalter („proxy“) fungieren und diesen Willen formulieren sollen (Buchanan und Brock 1989).
Meist exisitieren sehr wenige Anhaltspunkte für einen vermeintlichen Willen. Ob allein das Verstreichenlassen der gesetzlichen Frist für den Schwangerschaftsabbruch ausreicht, der Schwangeren einen Wunsch nach Schwangerschaftserhaltung auch unter extremen Umständen zu unterstellen, ist mehr als fraglich. Frauenorganisationen warnten zu Recht vor der technokratischen Verwendung eines weiblichen Körpers als bloßem „Gefäß zur Fruchterhaltung“.
Praxistipp
Nachdem im Gegensatz zu anderen klinischen Fragen wenig Zeitdruck besteht, ist die Konstituierung einer geeignet zusammengesetzten Ethikkommission unter Einbeziehung der nächsten Verwandten und eines unabhängigen Patientenvertreters hier das Vorgehen der Wahl.

Sectio in mortua

Eine seit alters her bekannte medizinethische Frage, die sich in manchen Lehrbüchern findet, ist jene nach der „Sectio in mortua “. Gerade sie ist dahingehend geklärt, dass anekdotisch ein bis zu 30-minütiges, schädigungsfreies Überleben des Fetus trotz praktisch völligen Herz-Kreislauf-Stillstands der Mutter beobachtet wurde.
Nachdem in diesen Situationen keine Zeit für eine differenzierte Beurteilung des Fetus bleibt, sollte unter Reanimationsbedingungen eine Notfallsectio durchgeführt werden, wenn auch nur diskrete Vitalzeichen des Fetus diagnostiziert werden können.

Elektive Sectio (Kaiserschnitt auf Wunsch der Schwangeren)

Neben medizinischen und psychologischen Aspekten der elektiven Sectio („caesarian section on maternal request“; CSMR) wurde es von manchen Autoren auch als medizinethisches Problem gesehen, einen Kaiserschnitt „ohne die etablierten medizinischen Indikationen“ durchzuführen. Eine Analyse anhand der Kriterien Autonomie – Benefizienz – Verhältnismäßigkeit fällt folgendermaßen aus:
Folgt man dem schrittweisen Prozess des „informed consent“ (Abschn. 2.3), so lässt sich die Autonomie der Schwangeren, definitionsgemäß ohne Zeitdruck, herstellen. Die Risiken einer vaginalen Geburt sind wahrheitsgemäß und realistisch denjenigen einer elektiven Sectio gegenüberzustellen. Angst vor Schmerzen und die Möglichkeit der PDA, eventuelle Spätfolgen wie etwa Plazentationsstörungen sind abzuwägen gegenüber der Sicherheit einer geplanten Sectio. Besonders jüngere, ängstliche Erstgebärende sind einfühlsam aufzuklären. Wird dies korrekt durchgeführt, so greift das Konzept der Autonomie selbstverständlich und soll nicht ausschließlich für diese Operation in Frage gestellt werden (Kukla 2009). In Zeiten massenhaft durchgeführter plastischer Operationen, die reine Lifestyle-Eingriffe sind, sollte die Entscheidung einer Schwangeren zu einer Sectio, mit der ja durchaus reale Risiken abgewendet werden können, nicht autonom sein?
Hinsichtlich der Benefizienz werden heute auch geringe Risiken, wie z. B. bei Zustand nach Sectio oder BEL, stärker gewichtet und daher die Indikationen zur Sectio in den letzten Jahren deutlich erweitert. Unter Verwendung von Spinalanästhesie, Antikoagulation und Antibiotikaprophylaxe sind Benefizienz und Verhältnismäßigkeit bei der elektiven Sectio, verglichen mit dem Versuch einer Spontangeburt, zweifellos gegeben.
Eine Sondersituation stellt die Bewertung der Autonomie während der Geburt – unter Wehenschmerz und -anstrengung – dar, die sich aber meist mit einiger Erfahrung lösen lässt. Geburtshilfliche Situation, Patientinnenautonomie und Personal-Patientin-Beziehung müssen in der Zusammenschau interpretiert werden. Äußert z. B. eine Gebärende in der späten Eröffnungs- oder der Übergangsphase nach bisher unauffälliger Geburt den Wunsch nach einer Sectio, so wird man jedenfalls versuchen, sie durch aufmunterndes Begleiten und Coachen zu ihrem „wohlverstandenen Interesse“, nämlich einer geglückten Spontangeburt, zu führen. Ganz anders wäre der Wunsch nach Sectio bei Terminüberschreitung und frustraner Einleitung zu bewerten, weil dann die Sectio einer echte Therapiealternative darstellt und die Autonomie somit zu respektieren ist.
Nachdem heute auch geringe Risiken im einstelligen Prozentbereich wahrgenommen werden, besteht daher für einen Kaiserschnitt auf Wunsch der Schwangeren und nach ausführlicher Aufklärung kein diskursethisches Gegenargument.
Daraus lässt sich die Frage ableiten, ob es ärztliche Pflicht wäre, eine Patientin ohne deren ausdrückliche Frage über die elektive Sectio aufzuklären. Trotz der bestehenden Pro-Argumente zu einem derartigen Vorgehen wird man sie derzeit noch verneinen müssen; Änderungen diesbezüglich sind aber bereits abzusehen.

Konflikte unter Beteiligung mehrerer Prinzipen (Benefizienz- und Allokationsprinzip)

Eizellspende

Die Eizellspende ist in Deutschland und Österreich (noch) gesetzlich verboten, wobei nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aber derzeit ein legislativer Prozess zu deren Ermöglichung läuft. Bereits jetzt schon sind geburtshilfliche Abteilungen mit Schwangeren nach Eizellspende konfrontiert, wobei es sich oft um Risikoschwangerschaften handelt. Die Gründe dafür liegen meist in der Konstellation aus erhöhtem mütterlichem Alter, Mehrlingsschwangerschaft, präexistenten Erkrankungen und unverarbeitetem Verlust eines älteren Kindes. Mehrere Autoren fanden übereinstimmend hohe Raten an Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit, Gestationsdiabetes und postpartaler Morbidität. Eine Theorie vermutet, dass daran das Fremdeiweiß der gespendeten Eizelle über einen immunologischen Prozess die Präeklampsie auslöst.
Fallbeispiel
Eine 57-jährige Patientin mit einem 60-jährigen Partner wurde in der SSW 24 nach Zuweisung der betreuenden Gynäkologin in der Abteilung aufgenommen. Anamnestisch war ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus und eine COPD bekannt; psychosoziale Risikofaktoren waren der Verlust einer 18-jährigen Tochter durch Verkehrsunfall und familiäre Probleme. Nach Eizellspende im Ausland und Transfer von 3 Embryonen bestand eine DC/DA-Geminigravidität.
Die Patientin entwickelte eine massive Präeklampsie mit Albuminurie und Hypertonie sowie einer Verschlechterung des bekannten Diabetes mellitus und der COPD. In der SSW 30 + 5 musste aus mütterlicher Indikation eine Sectio caesarea durchgeführt werden.
Die Kinder (Geburtsgewichte 1350 g/1270 g) bedurften einer 19-tägigen Intensiv- und mehrwöchigen Neonatalbehandlung, konnten danach aber völlig unauffällig entlassen werden. Die Mutter war wegen einer postpartalen Kardiomyopathie und respiratorischen Insuffizienz 4 Tage lang auf der kardiologischen Intensivstation und benötigt nach der Entlassung engmaschige internistische Betreuung.
Aus werteethischer Perspektive wurde gegen die postmenopausale Eizellspende vorgebracht, dass die reproduktive Phase im weiblichen Lebenszusammenhang mit 45, spätestens mit 50 Jahren ende und dass eine Schwangerschaft danach „widernatürlich“ sei. Des Weiteren wurde aus der kindlichen Position argumentiert, dass das hohe Alter der Eltern für das heranwachsende Kind Nachteile bedeute, bis hin zu der absehbaren Hinfälligkeit oder dem Tod der Eltern in einem relativ frühen Alter des Kindes.
Eine diskursethische Argumentation sieht kein Autonomie-, wohl aber ein Benefizienzproblem. Frauen dürfen zweifellos in Selbstverantwortung auch selbstgefährdende Entscheidungen treffen. Der Reproduktionsmediziner muss sich allerdings fragen, ob sein Handeln, im Konkreten der Transfer von 3 Embryonen, dem wohlverstandenen Interesse der Patientin entspricht, wenn – wie in dem Fallbeispiel gezeigt – schwerwiegende somatische und psychosomatische Argumente dagegen sprechen. Die diskursethische Betrachtungsweise kann daher zur Formulierung der Rahmenbedingungen beitragen, unter denen die Zulassung neuer medizinischer Techniken ermöglicht werden soll.
Wird eine medizinische Vorgehensweise in einem Land wegen der dortigen gesetzlichen Lage nicht angeboten, so wählen die Patienten zur Erfüllung ihrer Wünsche den Umgehungstourismus („circumvention tourism“) ins benachbarte Ausland. Die Folgekosten, die durchaus substanziell sein können (oben), fallen aber auf jenes nationale Gesundheitssystem zurück, in dem die ursächliche Praxis verboten war/ist und das die Rahmenbedingungen dafür nicht selbst bestimmen kann.

Neonatale Intensivtherapie bei infausten chromosomalen Störungen

Das Vorgehen bei den häufigsten Chromosomenanomalien mit langfristig infauster Prognose wie Trisomie 13 oder 18 haben sich in jüngster Zeit verändert. Bei gesicherter Diagnose (Vollbild Trisomie 18) wird der Patientin üblicherweise ein Schwangerschaftsabbruch angeboten, der von der Mehrzahl auch angenommen wird.
Einige Patientinnen entschließen sich jedoch dazu, die Schwangerschaft auszutragen, was vom Personal mit Verständnis und Respekt akzeptiert werden sollte. Der natürliche Verlauf der Erkrankung führt in einem hohen Prozentsatz zu einem IUFT; die lebendgeborenen Kinder wurden bisher mit einer „comfort care“ betreut und starben nach Stunden bis Tagen. In weniger als 5 %, v. a. bei Mosaikformen, kam es zu einem mehrere Monate langen Überleben.
Erreicht heute der Fetus den Geburtstermin und/oder wird lebend geboren, kann es zu Widersprüchen zwischen den Prinzipien der Benefizienz für das Kind bzw. „futility“ einerseits und der Patientinnenautonomie der Schwangeren andererseits kommen. Wünscht nämlich die Patientin, „alles für das Kind zu tun“, so muss u. U. eine sekundäre Sectio durchgeführt werden. In der Neonatalphase stellt sich dann die Frage, ob herzchirurgische Eingriffe zur Korrektur der bei 60–80 % aller Fälle bestehenden Vitien (ASD, VSD, DORV) durchgeführt werden sollen. Entspricht eine solche Operation mit den assoziierten Schmerzen tatsächlich dem wohlverstandenen, besten Interesse des Kindes, nachdem die Lebenserwartung dadurch nur um einige Monate verlängert werden kann und daher das Konzept der „Personalität“ nicht eingelöst werden kann?
Manche Ärzte und Krankenschwestern empfinden massive Widerstände dagegen, angesichts der offensichtlichen Aussichtslosigkeit („futility“) aufwendige Therapien durchzuführen. Die engmaschige Abstimmung zwischen den beteiligten Abteilungen (Geburtshilfe, Neonatologie, Herzchirurgie) ist daher unbedingt notwendig.

Lösungsansätze

Problemanalyse

Während ethische Konflikte in der Geburtshilfe äußerst vielfältig sein können, sind die zwei Hauptstrategien, die zu deren Lösung führen, im Wesentlichen ähnlich anwendbar. Die Problemanalyse und die Konfliktprävention ergänzen einander, wenn sie parallel eingesetzt werden.
Die Problemanalyse lässt sich in mehrere Phasen zerlegen; ein derartig schematisiertes Vorgehen mag rigide wirken, und der Erfahrene bedarf eines solchen Korsetts nicht. Unter dem (Zeit-)-Druck der Entscheidung kann aber eine formalisierte Leitlinie hilfreich sein.
Phasen der Problemanalyse
Analyse
In einer ersten Analyse sollten möglichst präzise Fragen gestellt werden, in denen nach den verschiedenen Teilaspekten des Problems unterschieden wird. Rein medizinische, forensische und psychosoziale Fragenkomplexe können aus Gründen der besseren Übersicht vorerst ausgegliedert und nach deren Verfahrensregeln behandelt werden.
Konfliktdefinition
Der spezifisch ethische Gehalt des Konflikts sollte definiert und in Termini von Autonomie- und/oder Benefizienzprinzip formuliert werden. In Institutionen muss auch geklärt werden, wer für die Patientin und den Konflikt zuständig und entscheidungsbefugt ist.
Verhandlungsphase
Mit den Techniken der präventiven Ethik (Abschn. 4.2) wird versucht, ein konsensuelles Ergebnis zu erzielen. Gelingt dies nicht beim ersten Versuch, muss der Prozess evtl. mehrmals durchlaufen werden.

Präventive Ethik

Unter präventiver Ethik für Autonomiekonflikte (McCullough und Chervenak 1994) werden mehrere Gesprächstechniken verstanden, die in der Praxis zu einem Ganzen verschmelzen.
Gesprächstechniken der präventiven Ethik
Informed consent
Ausgangspunkt für alle gemeinsamen Arzt-Patientin-Entscheidungen ist der „informed consent“. Zeichnet sich ein ethischer Konflikt ab, so sollten alle Schritte diese Prozesses (Abschn. 3.2) betont langsam und bewusst durchgearbeitet werden.
Verhandeln
Führt dies noch nicht zum Erfolg, kann versucht werden, mit inhaltlichen und zeitlichen Kompromissangeboten eine gerade noch tragbare, temporäre Lösung zu treffen. Wenn etwa die Patientin eine vorgeschlagene Sectio caesarea verweigert und es der kindliche Zustand, erhoben durch CTG und/oder MBU, zulässt, kann noch eine gewisse, begrenzte und vereinbarte Zeit zugewartet werden.
Respektvolle Überredung
Verschlechtern sich im oben genannten Beispiel die Überwachungsparameter, wird der Arzt mit großem Nachdruck die Patientin auf den Ernst der Situation und auf die Wahrnehmung ihrer eigenen, wohlüberlegten Interessen, zu denen zweifellos auch das Wohlergehen des Kindes gehört, hinweisen müssen. Die Verhältnismäßigkeit der Gefahren beim tatenlosen Zuwarten muss realistisch den – relativ niedrigen – Gefahren bei einer sachgemäß durchgeführten Intervention (hier Sectio) gegenübergestellt werden.
Neben diesen Hauptbestandteilen der präventiven Ethik gibt es wiederum einige „pragmatische Klugheitsregeln“. Autonomiekonflikte sollten so früh wie möglich erkannt und antizipiert werden, bevor noch die Polarisierung der Standpunkte einen Rückzug ohne Gesichtsverlust eines Gesprächsteilnehmers verhindert. Ist die Konfrontation bereits ausgebrochen, sollte man z. B. durch Gesprächspausen versuchen zu deeskalieren. Befinden sich die Konfliktpartner in einer unauflösbaren Pattstellung, kann das Beiziehen eines bis dahin unbeteiligten Dritten, der von beiden Parteien respektiert wird, das Gespräch wieder in Gang bringen. Es kann auch ein Ombudsmann oder Rechtsvertreter für die Patientin bereitgestellt werden, der bei den Sitzungen als Unterstützung anwesend ist. Lässt sich eine Situation trotz aller Bemühungen nicht an der Abteilung selbst lösen, kann die Patientin an eine andere Institution weiterverwiesen werden, die vielleicht eine andere Abteilungspolitik vertritt und v. a. den Vorteil hat, noch nicht in den Konflikt involviert zu sein.
Praxistipp
Die erfolgreichste Strategie für Benefizienzdilemmata ist die transparente, interdisziplinäre Diskussion auf breiter Basis. Für die Geburtshilfe wird dies v. a. kontinuierliche und nicht nur am Anlassfall orientierte Zusammenarbeit mit der neonatalen Intensivstation, der Kinderchirurgie, der pränatalen Diagnostik und anderer relevanter Disziplinen sein.
Ethikkommissionen entfalten ihre beste Wirkung bei der Beurteilung geplanter wissenschaftlicher Studien oder neuer diagnostischer oder therapeutischer Methoden, bei denen die Zusammenarbeit zwischen Klinikern und Medizinethikern gefordert ist.
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