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Vaskulitiden: Terminologie, Klassifikation und Diagnostik

Verfasst von: Beatrice Amann-Vesti, Adriano Fontana, Peter Kuhlencordt und Justus G. Müller
Unter dem Begriff Vaskulitis versteht man eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren gemeinsamer Nenner in einer Entzündung und Zerstörung der Gefäßwand besteht. Die klinische Symptomatik ist dabei oft nur zum Teil Folge der Vaskulitis selber (Fieber, CRP-Anstieg, Leukozytose, BSG-Erhöhung etc.). Vielmehr ist ein wesentlicher Teil der klinischen Symptomatik durch die sekundären Organschäden bedingt. Bei der Diagnostik von Vaskulitiden muss also meist differenzialdiagnostisch zwischen einer organspezifischen Erkrankungen und einer Organmitbeteiligung bei den meist systemischen Vaskulitiden unterschieden werden. Je nach Grunderkrankung sind Gefäße unterschiedlicher Größe und Lokalisation betroffen, was zu den verschiedenen Symptomkomplexen führt.

Terminologie und Klassifikation

Unter dem Begriff Vaskulitis versteht man eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren gemeinsamer Nenner in einer Entzündung und Zerstörung der Gefäßwand besteht. Die klinische Symptomatik ist dabei oft nur zum Teil Folge der Vaskulitis selber (Fieber, CRP-Anstieg, Leukozytose, BSG-Erhöhung etc.). Vielmehr ist ein wesentlicher Teil der klinischen Symptomatik durch die sekundären Organschäden bedingt. Bei der Diagnostik von Vaskulitiden muss also meist differenzialdiagnostisch zwischen einer organspezifischen Erkrankungen und einer Organmitbeteiligung bei den meist systemischen Vaskulitiden unterschieden werden. Je nach Grunderkrankung sind Gefäße unterschiedlicher Größe und Lokalisation betroffen, was zu den verschiedenen Symptomkomplexen führt.
Die Vaskulitis kann als primäre, meist idiopathische Systemerkrankung auftreten oder sekundär Folge einer anderen Erkrankung sein, wie zum Beispiel einer Infektion, einer Kollagenose oder einer Hypersensitivitätsreaktion. Vor der Diagnose einer primären Vaskulitis müssen die sekundären Vaskulitiden ausgeschlossen bzw. die Suche nach einer anderen Grunderkrankung abgeschlossen sein.
Sekundäre Vaskulitiden sind häufig. Sie treten z. B. bei rheumatischen oder allergischen Erkrankungen auf. Sie können medikamentös oder immunologisch induziert sein. Ein Beispiel wäre das Antiphospholipidsyndrom des Lupus erythematodes, mit immunologischer Zerstörung des Endothels und konsekutiven thrombotischen Gefäßverschlüssen und multiplen Mikroinfarkten. Weitere Beispiele sind die sekundären Vaskulitiden bei primär infektiösen Erkrankungen oder im Bereich von Ulzerationen und in der Nachbarschaft von Infarkten. Vor der Diagnose einer primären Vaskulitis müssen diese sekundären Vaskulitiden ausgeschlossen sein. Die Diagnose einer primären Vaskulitis kann also immer nur im Kontext mit der Klinik, der Immunpathologie, der Serologie und weiteren krankheitsspezifischen Kriterien gestellt werden.

Historische Entwicklung der Klassifikation der primären Vaskulitiden

  • Im Jahre 1866 beschrieben Kussmaul und Maier die Periarteriitis nodosa (heute Panarteriitis nodosa; PAN) und gelten damit als Erstbeschreiber einer primären Vaskulitis. Aus diesem Sammeltopf der PAN wurden über die Jahre besser definierbare „neue“ Typen der primären Vaskulitiden abgespalten, und dieser Prozess hält bis heute an.
  • 1941: Es wird beschrieben, dass die Riesenzellarteriitis nicht nur die Temporalarterien, sondern zahlreiche andere Arterien betreffen kann und deswegen die Beschreibung „Arteriitis temporalis” nicht (!) verwendet werden sollte (Gilmour 1941).
  • 1943: Beschreibung der granulomatösen Polyangiitis (früher: Wegener-Granulomatose)
  • 1951: Beschreibung der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis durch Churg und Strauss (Churg-Strauss-Syndrom)
  • 1952: Zeek beschreibt 5 Formen einer primären Vaskulitis: Hypersensitivitätsvaskulitis, allergische granulomatöse Vaskulitis, rheumatische Arteriitis, Panarteriitis nodosa, und Arteriitis temporalis
  • 1985: Erst-Beschreibung der ANCA. Mit der Etablierung von Serum-ANCA wurde zum einen die granulomatöse Polyangiitis (früher: Wegener-Granulomatose) als eigene Entität bestätigt. Zum anderen ergab sich hieraus die Abspaltung der mikroskopischen Polyangiitis aus der Gruppe der Panarteriitis nodosa.
  • 1990 ACR-Klassifikation (Bloch et al. 1990). Die ACR-Kriterien wurden nicht (!) zur Differenzialdiagnose zwischen primären Vaskulitiden und anderen Erkrankungen etabliert. Für diese Fragestellung hätten sie eine völlig unzureichende Spezifität. Sie haben aber trotzdem in der Praxis zwei wesentliche Fortschritte gebracht. Zum einen werden sie, wenn eine primäre Vaskulitis etabliert worden ist, zur Abgrenzung zwischen den verschiedenen Formen von primären Vaskulitiden verwendet und sind für diese Differenzialdiagnose sehr nützlich. Sie sind außerordentlich hilfreich für den differenzialdiagnostischen Ausschluss einer Vaskulitis: das Fehlen der ACR-Kriterien hat einen sehr hohen negativen prädiktiven Wert von über 90 % für die verschiedenen primären Vaskulitiden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei Etablierung der ACR-Kriterien die Serum-ANCA noch nicht diagnostisch etabliert waren, und dass verschiedene Formen primärer Vaskulitiden erst später definiert wurden.
  • 1994: Chapel-Hill-Klassifikation (Jennette et al. 1994). Hier wird eine anatomische Einteilung nach der Größe der bevorzugt betroffenen Gefäße vorgenommen. Großgefäßvaskulitiden betreffen die Aorta und ihre Hauptäste, Vaskulitiden mittelgroßer Arterien makroskopisch sichtbare Organgefäße (zumeist Arterien), und die Kleingefäßvaskulitiden betreffen die Kapillaren, Arteriolen und Venolen. Diese Einteilung bildet eine wichtige Basis für das Verständnis der klinischen Symptomatik.
  • 1990er-Jahre: Abtrennung der mikroskopischen Polyangiitis (ANCA-positiv) aus der ANCA-negativen PAN
  • 2006: Beschreibung einer „isolierten thorakalen Aortitis“ der Aorta thoracica (Homme et al. 2006).
  • 2012 revidierte CHCC (Chapel Hill Consensus Classification)

ACR und Chapel-Hill-Klassifikation CHCC

Verschiedene Kriterien zur Einteilung der primären Vaskulitiden wurden publiziert. Am häufigsten werden diejenigen vom American College of Rheumatology (ACR) und die im Rahmen verschiedener internationalen Konsensuskonferenzen erarbeitete Klassifizierung der Chapel Hill Consensus Conference (CHCC) verwendet (Jennette et al. 1994).
3Bei Verwendung der ACR-Kriterien muss berücksichtigt werden, dass diese Kriterien nur dazu etabliert wurden, bei Patienten mit bewiesener (!) Vaskulitis die Differenzialdiagnose unter den verschiedenen Formen von Vaskulitiden zu klären. Die ACR-Kriterien können also als Mindestkriterien für die Diagnose einer Vaskulitis verstanden werden (Bloch et al. 1990; Hunder et al. 1990). Wenn sie nicht erfüllt sind, kann eine Vaskulitis nicht diagnostiziert werden. Aber natürlich gibt es viele über 50-jährige Patienten mit Fieber, neu aufgetretenem lokalisiertem Kopfschmerz und einer BSG über 50 (was bereits 4 von 5 ACR-Kriterien der Riesenzellarteriitis entspricht, wobei 3 von 5 bereits eine Sensitivität von 93 % und eine Spezifität von 91 % hatten), die keine primäre Vaskulitis haben!
Vor der Anwendung der ACR- und der Chapel-Hill-Kriterien sind also andere differenzialdiagnostische Überlegungen und Untersuchungen durchzuführen. Diese werden im folgenden Kapitel geschildert. Zunächst ist aber die aktuelle Einteilung der Vaskulitiden in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Aktuelle Einteilung der Vaskulitiden (CHCC 2012, Jennette 2013)
 
ANCA-positiv
Immun-komplexe
Große Gefäße
Mittlere Gefäße
Kleine Gefäße
Primäre Vaskulitiden
  
x
x
 
  
x
  
Isolierte Aortitis
  
x
  
  
x
  
granulomatöse Polyangiitis GPA (früher: Wegener-Granulomatose)
x
  
x
x
(x)
  
x
x
   
x
x
x
  
(x)
x
 
x
  
x
Essenzielle Kryoglobulinämie
 
x
  
x
Kutane leukozytoklastische Vaskulitis
 
x
  
x
Anti-glomeruläre Basalmembran – Erkrankung (Goodpasture Syndrom)
 
x
  
x
Hypokomplementämische urtikarielle Vaskulitis (Anti-C1q Vaskulitis)
 
x
  
x
M. Behçet
    
x
Thrombangiitis obliterans
  
(x)
x
x
Sekundäre Vaskulitiden (Beispiele)
Vaskulitis bei entzündlichen Systemerkrankungen (rheumatoide Vaskulitis, Lupusvaskulitis, Urtikariavaskulitis), Sarkoid-Vaskulitis
    
x
Vaskulitis durch exogene Noxen (Drogen, Antibiotika, Hydralazin)
    
x
Paraneoplastische Vaskulitis, z. B. Lymphome
    
x
Vaskulitis bei Infektionen (HCV, HBV, Syphilis, etc.)
  
x
x
x

Aktuelle Einteilung der Vaskulitiden

Häufigkeit und typische Altersverteilung

Viele Vaskulitiden zeigen eine sehr charakteristische Altersverteilung. So ist die IgA-assoziierte Purpura Schönlein-Henoch eine typische pädiatrische Erkrankung. Eine Riesenzellvaskulitis vor dem 50. Lebensjahr ist zumeist eine Takayasu-Aortitis, während die Riesenzellarteriitis nach dem 50. Lebensjahr zumeist als Arteriitis temporalis auftritt. Tab. 2 zeigt die relative Häufigkeit der verschiedenen Vaskulitiden.
Tab. 2
Relative Häufigkeit der verschiedenen diagnostizierten Vaskulitiden in Deutschland. (Daten berechnet nach Reinhold-Keller et al. 2005)
Riesenzellarteriitis
25 %
20 %
7 %
3 %
6 %
Purpura Schönlein Henoch
14 %
Leukozytoklastische Vaskulitis
15 %
Takayasu-Aortitis
1 %
1 %
Nicht klassifizierbar
9 %

Diagnostik

Symptomatik

Bei systemischer Entzündung mit Multiorganbeteiligung an Vaskulitis denken!
Die Symptome einer Vaskulitis sind abhängig von der Größe und der Lokalisation der betroffenen Gefäße und können deshalb sehr unterschiedlich und oft auch sehr unspezifisch sein. Es bestehen Überlappungen zwischen den verschiedenen Typen der Vaskulitis, so dass die Größe des betroffenen Gefäßes auf einen Vaskulitistyp hinweisen kann aber nie als alleiniges Kriterium für die Diagnose genügt. Häufig manifestiert sich die Vaskulitis klinisch mit einer Multiorganbeteiligung. An das Vorliegen einer Vaskulitis sollte deshalb gedacht werden bei Patienten mit systemischen Entzündungszeichen und Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit, Fieber, Arthralgien oder Myalgien in Kombination mit einer breiten Palette organspezifischer Merkmale wie Niereninsuffizienz (mit pathologischem Urinsediment), kutanen Veränderungen (Purpura, Ulzera, Livedo), neurologischen Befunden (Mononeuritis multiplex, asymmetrische Polyneuropathie, Epilepsie, Hirnschlag), Hämoptoe der Lunge und/oder oberen Luftwege, und vieles mehr. Eine genaue Anamnese ist entscheidend, um Hinweise auf medikamentös, tumor- oder infektinduzierte Vaskulitiden zu erhalten. Alter und Geschlecht spielen bei der Wahrscheinlichkeit spezifischer Vaskulitiden ebenfalls eine Rolle, so tritt die Erstmanifestation der Purpura Schönlein-Henoch und Takayasu-Arteriitis vor allem im jungen Erwachsenenalter auf, diejenige der Wegener-Granulomatose und Polyarteriitis nodosa zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr und an Riesenzellarteriitis erkranken in der Regel über 50-jährige Patienten und deutlich häufiger Frauen als Männer.
Leitsymptome zur Diagnose einer primären Vaskulitis
  • Erstes Leitsymptom: unklare Entzündung (Fieber, Leukozytose, BSG/CRP-Erhöhung)
    • Internistische, rheumatologische, dermatologische, mikrobiologische, nephrologische, ophthalmologische, neurologische Abklärung ergibt keinen Hinweis auf eine andere Primärerkrankung
  • Zweites Leitsymptom: Nachweis fokaler (!) Gefäßveränderungen (Aneurysmen, Stenosen, lokale Verhärtungen, fokale Blutungen) – im Gegensatz zu den generalisierten Veränderungen der Arteriosklerose
    • Klein-Gefäßvaskulitiden
      • Kleinherdige Nekrosen/Blutungen/Petechien (z. B. Haut, Niere, ZNS)
      • Nephritisches Urinsediment, Iritis, Liquorlymphozytose
      • Histologie, Immunkomplex-Nachweis
    • Vaskulitiden mittlerer und größerer Gefäße
      • Gefäßwandmorphologie: B-Bild-Sonografie (typisch bei Großgefäßvaskulitis)
      • Hämodynamische Relevanz: Duplexsonografie (Stenosegraduierung), Knöchel-Arm-Index (ABI), Oszillographie
      • Beurteilung der Inflammation der Gefäßwand: MRA, CTA, 18-FDG-PET
      • Angiografie (konventionell, CTA, MRA)
      • Infarkte/Ischämien (diffusionsgewichtetes MRT, CT)
      • Venöse Thrombembolien (Duplex-/Kompressionssonografie, D-Dimere)

Körperliche Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung soll die Ausdehnung des Gefäßbefalls und ein möglicher Organbefall festgestellt werden. Bei Verdacht auf Befall der großen Gefäße ist neben der obligaten Palpation aller peripheren Pulse und der beidseitigen Blutdruckmessung die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes wichtig (Kap. „Nicht-bildgebende apparative Diagnostik“). Eine Mononeuritis multiplex (Polyarteriitis nodosa, Riesenzellarteriitis) oder eine palpable Purpura (Purpura Schönlein-Henoch, Hypersensitivitätsvaskulitis) können auf eine spezifische Vaskulitis hinweisen und sollten nicht übersehen werden. Nach Zeichen einer obstruktiven Pneumopathie (Churg-Strauss-Syndrom), einer Sklerodermie (Sklerose der Haut, Teleangiektasien, Gesichtsausdruck) oder Arthritis ist zu suchen.

Apparative und allgemeine Labordiagnostik

Blutuntersuchungen können für die Diagnose einer spezifischen Vaskulitis hilfreich sein und Hinweise auf das Ausmaß der Organbeteiligung geben.
Bei Verdacht auf Vaskulitis sollten folgende Bestimmungen durchgeführt werden: Blutbild (Eosinophilie?), Kreatinin im Serum, Muskelenzyme, Transaminasen, Blutsenkungsreaktion (BSR), C-reaktives Protein (CRP), Rheumafaktor, Hepatitis-B- und –C-Serologie und eine Urinsedimentuntersuchung mit Frage nach Proteinurie, Hämaturie oder dysmorphen Erythrozyten.
Zusätzlich sollte ein Elektrokardiogramm und ein Thorax-Röntgenbild angefertigt werden und bei entsprechendem klinischem Verdacht Blutkulturen, Lungenfunktionsteste oder Liquoruntersuchungen. Bildgebende Verfahren (CT, MRT, PET) nehmen bei der Vaskulitis der großen und mittelgroßen Gefäße in der Diagnostik und Verlaufsbeurteilung eine besondere Rolle ein.
Spezifischer und hilfreich für die Einteilung der Vaskulitis ist die Bestimmung der ANA (antinukleäre Antikörper), und ACPA, die auf eine zugrunde liegende Kollagenose hinweisen können, des Serum-Komplements und der ANCA (antineutrophile zytoplasmatische Autoantikörper).
Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität im Verlauf sind generell die BSR und das CRP hilfreich und je nach Grunderkrankung können auch zirkulierende Immunkomplexe, Autoantikörper und Kryoglobuline verwendet werden. Die organspezifischen Laborwerte dokumentieren das Ansprechen auf eine Therapie, sind aber auch wichtig, um allfällige Nebenwirkungen der Therapie frühzeitig zu erkennen.

Spezielle Laboruntersuchungen

Die folgenden immunologischen Analysen können bei der Einteilung der Vaskulitis hilfreich sein:
Beim Vorliegen eines Raynaud-Phänomens ist zudem die Bestimmung der Anti-Zentromer-Antikörper und der Anti-Scl70-Antikörper wichtig. Letztere sind Hinweise auf das Vorliegen einer progressiven Systemsklerose, die Anti-Zentromer-Antikörper finden sich bei der limitierten Form der Sklerodermie.
Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA)
Die Entdeckung der ANCA stellt in der Diagnostik der Vaskulitiden einen Meilenstein dar (van der Woude et al. 1985). Die gegenwärtige ANCA-Diagnostik kombiniert indirekte Immunfluoreszenz auf Blutspendergranulozyten und antigenspezifische ELISA. Letztere dienen dem Nachweis von Antikörpern gegen Protease 3 (PR3) und von Antikörpern gegen Myeloperoxidase (MPO). Die Anti-PR3-ANCA finden sich beim M. Wegener (Spezifizität >95 %), Anti-MPO-Antikörper bei der mikroskopischen Polyangiitis, seltener bei granulomatöser Polyangiitis (früher: Morbus Wegener), der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis (früher: Churg-Strauss-Syndrom), dem Goodpasture-Syndrom, beim SLE und bei der rheumatoiden Arthritis (Ozaki 2007). Finden sich in der indirekten Immunfluoreszenz Antikörper, welche aber im ELISA weder anti-PR3 noch anti-MPO entsprechen, so handelt es sich um ANCA, deren Epitop Lactoferrin-, Elastase- und andere neutrophile Antigene sind und bei entzündlichen Darmerkrankungen, der sklerosierenden Cholangitis und der Autoimmunhepatitis vorkommen. Weiteres zur Diagnostik der ANCA Kap. „Vaskulitiden: Spezielle Krankheitsbilder“.
Antinukleäre Antikörper (ANA)
ANA finden sich bei Kollagenosen (Sklerodermie), SLE und Sjögren-Syndrom, aber auch bei der rheumatoiden Arthritis und den verschiedensten Autoimmunerkrankungen (z. B. Autoimmunhepatitis, Myasthenia gravis, Thyreoiditis usw.). Sehr spezifisch sind hingegen Antikörper gegen native d. h. doppelstrangige DNS (Anti-nDNS-Antikörper), die für das Vorliegen eines SLE sprechen.
Rheumafaktoren sind wie die ANA wenig spezifisch und neben der rheumatoiden Arthritis bei verschiedenen chronisch entzündlichen Erkrankungen und akuten bakteriellen Infektionen wie z. B. der bakteriellen Endokarditis zu finden. Das gleichzeitige Vorliegen von Rheumafaktoren und Anti-CCP-Antikörpern hingegen ist sehr spezifisch für die rheumatoide Arthritis (Spezifität >90 %).
Von besonderer Relevanz in der Vaskulitisdiagnostik ist die Assoziation von Rheumafaktoren mit Kryoglobulinen bei der Hepatitis C (HCV)-Infektion, die mit Purpura, Arthralgien, Glomerulonephritis und Vaskulitis der Vasa nervorum (Mononeuritis multiplex) einhergeht. Der Nachweis von Rheumafaktoren und die Verminderung von Komplement C3 und C4 sind Hinweis für HCV-assoziierte Krygoglobulinämie. Die Kryoglobuline sind meist gemischte Kryoglobuline mit (z. B. IgMk-IgG) oder ohne (z. B. IgM-IgG) Paraproteinanteil. Komplement-C3- und -C4-Verminderungen sind zusammen mit dem Nachweis von Immunkomplexen (z. B. C1q-Bindungstest) mit oder ohne Rheumafaktoren auch verdächtig für das Vorliegen einer Immunkomplexerkrankung. Beispiele dazu sind neben der HCV-assoziierten Kryoglobulinämie die Purpura Schönlein-Henoch, der SLE oder die Vaskulitiden bei oder nach Infektionserkrankungen (Streptokokken, Epstein-Barr-Virus, Malaria usw.).
Es existiert keine spezifische Labordiagnostik, mit der die verschiedenen Vaskulitiden unterschieden werden können.
Es gibt keine etablierten serologischen Tests für das inflammatorische Aortenaneurysma, die Takayasu-Arteriitis, den Morbus Behçet, die Arteriitis temporalis (RZA) oder die Thrombangiitis obliterans (Morbus Buerger). Hier führen die klinischen Manifestationen kombiniert mit Bildgebung (CT, MRI, PCT) und unter Umständen die Gewebebiopsie zur Diagnose. In der akuten Phase der Erkrankung sind die BSR und das CRP meist erhöht. Ein neuer Aspekt ergibt sich aber durch die Assoziation von etwa 40–50 % der inflammatorischen Aneurysmen der Bauchaorta mit einem erhöhten Serum-IgG4. Diese Assoziation sowie die Assoziation mit anderen IgG4-assoziierten Erkrankungen werden derzeit aktiv analysiert.
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