Seit 2011 befassten sich die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) und die Justizministerkonferenz (JuMiKo) immer wieder mit der Frage der Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien. So mahnte die JFMK in ihrem Beschluss 2011 einen Handlungsbedarf in Bezug auf die Stärkung der Bindungen zwischen Pflegeeltern und Pflegekind im Interesse des Kindeswohls an und betonte gleichzeitig die Notwendigkeit der Arbeit mit der Herkunftsfamilie und insgesamt die Notwendigkeit einer verlässlichen und qualitativ hochwertigen Beratung und Unterstützung von Pflegefamilien. 2013 beschloss die JuMiKo einen Prüfauftrag mit Blick auf die Verbesserung der rechtlichen Position von Pflegefamilien in lang dauernden Pflegeverhältnissen im Interesse der Beziehungskonstanz und des Kindeswohls. Ein weiterer Prüfauftrag diesmal von der JFMK 2014 betraf die bestmöglichen Rahmenbedingungen für das Wohl des Pflegekindes in Dauerpflegeverhältnissen. Nachdem in der 17. Legislaturperiode ein Gesetzentwurf, der insbesondere die Stärken der Position von Pflegekindern zum Ziel hatte, scheiterte, gelang in der 18. Wahlperiode im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
es schließlich die stärkere zivilrechtliche Absicherung von Pflegeverhältnissen durch die Stärkung der Rechte von Pflegeeltern. So ist es gemäß § 1632 Abs. 4 BGB möglich, dass das Familiengericht anordnet, dass das Pflegekind in seiner Pflegefamilie verbleibt. Den Antrag hierzu kann die Pflegeperson stellen. Das Gericht kann den Verbleib aber auch von Amts wegen anordnen oder das Jugendamt, die leiblichen Eltern oder andere Personen können beim Familiengericht eine solche Entscheidung anregen. Der Anlass ist häufig ein Streitfall, wo ein Elternteil oder leibliche Eltern, die über das Aufenthaltsbestimmungsrecht verfügen und ursprünglich einmal einer Inpflegegabe zugestimmt hatten, nun überraschend beabsichtigen, das Kind aus der Pflegefamilie herauszunehmen. Voraussetzung ist, dass das Kind längere Zeit in der Pflegefamilie lebt. Dabei muss vom kindlichen Zeitverständnis und vom Entwicklungsstand ausgegangen werden. Also je jünger ein Kind ist, desto kürzer ist jener Zeitraum, nach dem man Bindungen des Pflegekinds an die Pflegeeltern wahrnehmen kann, die ohne ein Risiko, das Kind zu schädigen, nicht mehr aufzuheben sind. Für Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten ist häufig die Darlegung wichtig, warum das Kind bei der Herausnahme aus der Pflegefamilie einen seelischen oder körperlichen Schaden erleiden würde. Geht es nicht um die Rückkehr zu den leiblichen Eltern, sondern allein um den Wechsel der Unterbringungsform, z. B. den Wechsel in ein Heim z. B. auf Wunsch der leiblichen Eltern, dann steht die Pflegefamilie unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz, der generell die Abwehrrechte der Familie gegen Angriffe des Staates ausformuliert. Eine Herausnahme des Kindes ist dann nur zulässig, wenn seelische und körperliche Schäden ausgeschlossen werden können. Diese Schwelle ist deutlich höher. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die sog. Dauerverbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dabei kommt es nicht primär auf eine möglicherweise nach einer
Suchttherapie z. B. wiedergewonnene Erziehungsgeeignetheit der leiblichen Eltern an, sondern es geht nach Sicht des Bundesverfassungsgerichts darum, ob durch den Wechsel aus der Pflegefamilie heraus eine schwere und nachhaltige Schädigung des Kindeswohls zu erwarten ist (BVerfG, Beschluss vom 17.10.1984, 1 BvR 284/84). All dies muss insgesamt im Sinne einer notwendigen Stabilität und Berechenbarkeit des Lebensortes und Lebensfeldes für Kinder bewertet werden. Der neue § 37 im SGB VIII regelt einen Rechtsanspruch leiblichen Eltern auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind. Damit soll es sowohl den leiblichen Eltern wie den Pflegeeltern ermöglicht werden, bei der Aushandlung einer für das Kind förderlichen Lebensperspektive sich stärker an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten. § 37 a SGB VIII regelt Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen. § 37 b SGB VIII überträgt die Schutzkonzepte-Debatte, die früher primär institutionelle Situationen betroffen hatte – in bereichsspezifischer Form auch auf die Familienpflege (vgl. Fegert et al.
2022, Schutzkonzepte in der Pflegefamilie). Nach § 37 b SGB VIII hat das Jugendamt sicherzustellen, dass während der Dauer des Pflegeverhältnisses ein nach fachlichen Handlungsleitlinien gemäß § 79 a Satz 2 entwickeltes Schutzkonzept
Anwendung findet und das Jugendamt muss Möglichkeiten der Beschwerde für Kinder und Jugendliche in Familienpflege schaffen und Kinder und Jugendliche über diese Beschwerdemöglichkeiten informieren. Insgesamt geht die rechtliche Entwicklung dahin, „Elternstreit durch Beratung und Konzentration auf das Kindeswohl
zu reduzieren und den Schutz dieser besonders vulnerablen oft vorbelasteten Kinder und Jugendlichen zu stärken.“