Erschienen in:
01.12.2014 | Leitthema
Folgen von Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter
verfasst von:
Dr. phil. A. Michel, Dipl.-Psych., J. Keil, A. Andreas, L.O. White, S. Sierau, A. Costa, M. Kurz-Adam, N. Tsapos, A. Klein
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Tödliche Vorfälle lenken immer wieder die öffentliche Aufmerksamkeit auf die z. T. gravierenden Folgen körperlicher Vernachlässigung. Aber auch andere Formen, wie die emotionale Vernachlässigung, können tiefgreifende und dauerhafte Konsequenzen nach sich ziehen. Diese reichen von leichten Entwicklungsabweichungen bis hin zu schweren Entwicklungs- und psychopathologischen Störungen.
Ziel der Arbeit
Im vorliegenden Beitrag werden mögliche Folgen von Vernachlässigung in der Kindheit v. a. auf die psychische Entwicklung und Gesundheit dargestellt. Ein besonderer Fokus liegt auf Beeinträchtigungen der Bindungsorganisation im Kleinkindalter, die lang anhaltende Auswirkungen auf die Entwicklung haben können.
Material und Methode
In diesem Beitrag wird die aktuelle Forschungsliteratur bezüglich der Folgen von Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter zusammengefasst.
Ergebnisse
Vernachlässigte Kinder zeigen neben Verzögerungen in der körperlichen Entwicklung v. a. Probleme im psychischen und sozialen Bereich. Unsichere und desorganisierte Bindungsstile überwiegen und können sich zu Bindungsstörungen entwickeln. Die mangelnde Fürsorge und Aufmerksamkeit geht häufig mit internalisierenden Problemen wie Ängsten und Depressionen einher. Auch andere psychische Störungen treten gehäuft auf. Als vermittelnde Prozesse kommen verschiedene psychobiologische Mechanismen wie eine dysregulierte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden(HPA)-Achse infrage.
Schlussfolgerungen
Um negative Folgen zu minimieren, ist es unerlässlich, Vernachlässigungen im Kindesalter frühzeitig zu erkennen und Interventionen einzuleiten. Ein besonderer Fokus von Kinder- und Jugendärzten sollte neben der nichtorganischen Gedeihstörung auf der Bindung sowie dem Beziehungsverhalten des Kindes und seiner Bezugsperson liegen.