Erschienen in:
01.01.2015 | Leitthema
Häufigste Formen und Ursachen der Anämie
Eisenmangel, Hämoglobinopathien/Thalassämien und hereditäre Sphärozytose
verfasst von:
Prof. Dr. S.W. Eber
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 1/2015
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Zusammenfassung
In Deutschland ist der Eisenmangel die häufigste Anämieursache. Die Erkrankung tritt v. a. bei Kleinkindern und in der Adoleszenz bei menstruierenden Mädchen auf. Bei typischer Ernährungsanamnese (verminderter Fleischverzehr) ist die Diagnose einfach zu stellen. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen des Eisenmangels sind die heterozygoten α- und β-Thalassämien. Durch die Zuwanderung von Mitbürgern aus Risikogebieten für Hämoglobinopathien (v. a. Afrika, Südostasien, Mittelmeeranrainerstaaten) nimmt auch in Deutschland die Bedeutung der Sichelzellerkrankung, Hämoglobin(Hb)-E-Thalassämie und anderer Hämoglobinopathien zu. Unter optimaler Behandlung erreichen 85–90 % der Kinder mit Sichelzellanämie und 100 % der Kinder mit Thalassämie das Erwachsenenalter. Allerdings wurden diese Hämoglobinopathien noch nicht als Gesundheitsproblem in Deutschland erkannt. Um ein besseres Bewusstsein für Patienten mit Hämoglobinopathien zu schaffen, werden im vorliegenden Beitrag die klassischen Symptome, Diagnosekriterien, Differenzialdiagnosen und Therapieoptionen behandelt. Kinder mit Sichelzellerkrankung und rezidivierenden Schmerzkrisen profitieren vom frühen Beginn einer Hydroxycarbamidtherapie. Wichtig ist, dass auch in Deutschland ein Screening bei Neugeborenen auf Sichelzellerkrankung eingeführt wird. Dies ermöglicht eine antibiotische Prophylaxe mit Penizillin bis zum 5. Lebensjahr. Familien mit Herkunft aus einem Risikoland sollte eine Hb-Analyse mit dem Ziel der pränatalen Diagnostik im Fall der Trägerschaft für eine Hämoglobinopathie beider Eltern angeboten werden. Die dominant vererbte hereditäre Sphärozytose ist bei der kaukasischen Bevölkerungsgruppe die häufigste genetisch bedingte hämolytische Anämie (1:5000). Sie wird in 4 Schweregrade eingeteilt, die wesentlich die Indikation zur Splenektomie bestimmen. Aufgrund der erhöhten Rate an Postsplenektomieinfektionen wird neuerdings die nahezu vollständige Splenektomie gegenüber der vollständigen Milzentfernung empfohlen.