Fast jeder zehnte Magen bei Endoskopie noch nicht entleert

Noch sind sich Fachgesellschaften nicht einig, ob GLP-1-Rezeptoragonisten vor einer Magenspiegelung abgesetzt werden sollten. Doch laut einer retrospektiven Analyse hängt das individuelle Risiko für verbleibende Speisereste in diesem Fall nicht nur von der Medikation ab. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Glucagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonisten sind mittlerweile fester Bestandteil der medikamentösen Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2, aber auch bei Adipositas erfahren sie aktuell einen Hype. Da die auch als Inkretinmimetika bezeichneten Medikamente die Magenentleerung verlangsamen, könnten im Rahmen einer Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) vermehrt unerwünschte Ereignisse wie Aspirationen auftreten. Noch fehlen klare Empfehlungen, ob man die Medikamente tatsächlich vor der Untersuchung absetzen sollte – insbesondere, weil die Datenlage aktuell nicht ausreicht, um evidenzbasiere Entscheidungen zu treffen. Diese Lücke wollte eine Arbeitsgruppe der US-amerikanischen Cleveland Clinic schließen. Die Forschenden führten deshalb eine retrospektive Analyse bei Erwachsenen durch, die GLP-1-Rezeptoragonisten eingenommen und sich einer ÖGD unterzogen hatten. Nur wenige unerwünschte Ereignisse Die 1.512 einbezogenen Patientinnen und Patienten waren durchschnittlich 60,9 Jahre alt, adipös (mittlerer Body-Mass-Index: 35,2 kg/m²) und überwiegend Frauen (64,2%). Primär wurden die Teilnehmenden mit Liraglutid (37,8%), Dulaglutid (22,0%) und Semaglutid (20,1%) behandelt, es waren aber alle Arten von GLP-1-Rezeptoragonisten vertreten. Für die Forschenden war insbesondere relevant, wie häufig feste oder flüssige Speisereste während der ÖGD nachgewiesen wurden, wann der Eingriff abgebrochen oder wiederholt werden musste und wie oft Komplikationen auftraten. Empfehlung der Redaktion Diabetestherapie Ein gut eingestellter Diabetes vermeidet Diabetesfolgen. Wie Sie Blutzuckerspiegel kontrollieren und Hyper- und Hypoglykämien vermeiden erfahren Sie hier, immer aktuell. Insgesamt war der Magen bei der Untersuchung noch bei 142 (9,4%) Patientinnen und Patienten teilweise gefüllt; in etwa drei von vier Fällen handelte es sich dabei um feste Nahrungsbestandteile. Wurden die Personen aufgrund von Symptomen des oberen Gastrointestinaltraktes untersucht (z. B. Sodbrennen oder Übelkeit), stieg die Häufigkeit eines nicht entleerten Magens auf 11,6%. Bei 2,0% der Personen musste die ÖGD abgebrochen werden, 1,4% unterzogen sich erneut einer Untersuchung. Jedoch kam es nur neunmal zu unerwünschten Ereignissen wie einer Aspiration (0,1%) oder einer Hypoxie (0,3%); alle Fälle wurden als mild eingestuft. Am Tag vor der Untersuchung lieber ausschließlich flüssige Nahrung In multivariaten Analysen konnten die Forschenden feststellen, dass bei jüngeren Personen mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit Speisereste während der ÖGD nachgewiesen wurden (p = 0,026). Weder Zeitpunkt und Art der Anästhesie noch die Art des eingenommenen GLP-1-Rezeptoragonisten war mit einem erhöhten Risiko für Mageninhalt während der ÖGD assoziiert. Dagegen schützte eine Koloskopie am selben Tag die Patientinnen und Patienten davor, noch Speisereste im Magen zu haben (adjustierte Odds Ratio: 0,34; p < 0,001). Dieses Ergebnis der Studie stützt die Empfehlung der American Gastroenterological Association, besser einen Tag vor der ÖGD nur flüssige Nahrung zu sich zu nehmen, anstatt die GLP-1-Rezeptoragonisten abzusetzen. Dies scheint auch deshalb sinnvoll, da die Medikamente eine lange Halbwertszeit von zum Teil mehreren Tagen haben. Somit hätte es wahrscheinlich wenig Einfluss auf die Magenentleerung, wenn das Medikament einmal ausgelassen wird, erklären die Autorinnen und Autoren der Studie. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig sind während einer ÖGD noch Speisereste im Magen, wenn Patientinnen und Patienten mit GLP-1-Rezeptoragonisten behandelt werden? Antwort: In 9,4% der Fälle wurde bei der Untersuchung ein nicht vollständig entleerter Magen festgestellt. Jüngere Personen hatten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, eine Koloskopie am selben Tag verringerte das Risiko. Bedeutung: Um Komplikationen vorzubeugen, könnte es sinnvoller sein, einen Tag vor der ÖGD nur flüssige Nahrung zu sich zu nehmen, als die GLP-1-Rezeptoragonisten abzusetzen. Einschränkung: Retrospektive Analyse an einem Zentrum.

Springer Medizin

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