Erschienen in:
01.12.2008 | Übersicht
Lacosamid (Vimpat®): Bericht eines Expertentreffens zu einem neuen Medikament zur Zusatzbehandlung fokaler Anfälle
verfasst von:
Prof. Dr. Dieter Schmidt, Dr. Thomas Stöhr, Dr. Mischa Uebachs, Dr. Michael Rademacher, Dr. Stephan Arnold, Prof. Dr. Bernhard Steinhoff, Prof. Dr. Hermann Stefan
Erschienen in:
Clinical Epileptology
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Ausgabe 4/2008
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Zusammenfassung
Lacosamid (LCM, R-2-Acetamido-N-benzyl-3-methoxypropionamid) gehört zu der Gruppe der funktionalisierten Aminosäuren. In tierexperimentellen Studien erwies sich LCM als ein wirksames Medikament gegen fokale Anfälle und beeinflusst zudem möglicherweise Mechanismen der Entstehung von Epilepsien. LCM wirkt über die Verstärkung der langsamen Inaktivierung von Natriumkanälen ohne die schnelle Inaktivierung spannungsregulierter Natriumkanäle, die für andere Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin oder Lamotrigin bekannt ist, zu beeinflussen. Zudem bindet LCM an das „Collapsin-Response Mediator Protein 2“ (CRMP-2), wobei der resultierende Effekt bisher noch nicht geklärt ist. Die Pharmakokinetik von LCM ist durch eine schnelle und vollständige Aufnahme der Substanz gekennzeichnet. Ein Vorteil für die klinische Anwendung besteht darin, dass LCM von der Nahrungsaufnahme unabhängig resorbiert wird. Ergänzend zur oralen Verabreichung (Tablette, Sirup) ist LCM auch intravenös infundierbar. Aufgrund der Halbwertszeit von 13 Stunden ist eine 2x tägliche Verabreichung möglich. Wegen der renalen Ausscheidung ist bei altersabhängigen oder sonstigen schweren Nierenfunktionsstörung die Dosierung zu verringern. Cytochrom-P-450-Enzyme werden durch LCM weder induziert noch inhibiert. Es wurden keine klinisch relevanten Interaktionen von LCM mit anderen Antiepileptika beobachtet. Dies ist ein wichtiger klinischer Vorteil im Vergleich zu stark enzyminduzierenden Substanzen wie Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, aber auch Substanzen mit geringerem Interaktionspotential wie Oxcarbazepin und Lamotrigin. Die Zugabe von LCM war in randomisierten, placebokontrollierten Studien bei fokalen Epilepsien in Dosierungen von 200-600 mg/Tag wirksamer als Placebo. LCM kann rasch (1-3 Wochen bis zur zugelassenen Erhaltungsdosis) aufdosiert werden. Die Verträglichkeit von LCM war sowohl bei der parenteralen Applikation als auch der oralen Verabreichung bis auf die für Antiepileptika üblichen dosisabhängigen zentral-nervösen Nebenwirkungen gut. Psychiatrische Nebenwirkungen traten bei 4% der Patienten auf, Veränderungen des Körpergewichts wurden nicht beobachtet. Für die dosisabhängige Zunahme des PR-Intervalls im Elektrokardiogramm um 14,3 ms bei einer Tagesdosis von 400 mg (unter Placebo 11,2 ms) gab es keinen Zusammenhang mit klinischen Symptomen. Dennoch bedarf es weiterer klinischer Beobachtung. Zusammengefasst sprechen Wirksamkeit, schnelle Aufdosierungsmöglichkeit, günstiges Interaktionsprofil und geringes psychiatrisches Nebenwirkungspotential für LCM.