Längeres Leben unter Metformin?

Leben Typ-2-Diabetiker, die initial mit Metformin behandelt werden, im Schnitt sogar länger als Menschen ohne Diabetes? Britische Forscher haben einen solchen Zusammenhang postuliert – bei ihren Studienergebnissen könnte es sich jedoch um ein Artefakt handeln. Mehr zum Thema Weitere Beiträge finden Sie im Themenschwerpunkt Diabetologie. Die aktuellen Leitlinien zur Therapie des Typ-2-Diabetes empfehlen initial Metformin als First-Line-Therapeutikum. Dieses soll neben seiner antihyperglykämischen Wirkung auch kardioprotektive und antikanzerogene Effekte haben. Sulfonylharnstoffe werden dagegen eher mit Schadwirkungen in Zusammenhang gebracht: Sie verursachen mehr Gewichtszunahmen und Hypoglykämien und wirken möglicherweise auch schädlich aufs Herz-Kreislauf-System. Dennoch werden auch Sulfonylharnstoffe immer noch relativ häufig verschrieben, vor allem bei Kontraindikationen gegen Metformin oder auch in Kombination mit diesem. Wie sich die beiden Präparate auf die Lebenserwartung auswirken, haben nun Forscher der Cardiff-Universität untersucht. Grundlage war eine Datenbank, in der Informationen zu britischen Hausarztpatienten gesammelt sind (UK Clinical Practice Research Datalink, CPRD). Daraus bildete das Team um Christian A. Bannister zwei Vergleichspaare: mit Metformin behandelte Diabetespatienten gegenüber Gesunden sowie Patienten, die Sulfonylharnstoffe erhielten, ebenfalls versus Gesunde. Knapp signifikanter Überlebensvorteil Wie Bannister und Kollegen berichten, zeigte sich nach einem durchschnittlichen Follow-up von 2,4 Jahren bei den Patienten unter Metformin ein knapp signifikanter Überlebensvorteil: Pro 1000 Personenjahre lag die Rate der Todesfälle bei 14,4, dagegen bei 15,2 in der Vergleichsgruppe unbehandelter, gesunder Teilnehmer (p = 0,054). Die Metformingruppe umfasste knapp 80.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes. Ebenso groß war die Gruppe der gesunden Teilnehmer, die nach Alter, Geschlecht, Rauchstatus und früheren Krebserkrankungen den Diabetespatienten angepasst war. In der zweiten Paarung wurden 12.222 Patienten unter Sulfonylharnstoffen ebenso vielen Gesunden gegenübergestellt. Das Sterberisiko der Diabetiker in dieser Paarung war im Vergleich mit der Kontrollgruppe deutlich schlechter: 50,9 gegenüber 28,7 Todesfälle kamen auf jeweils 1000 Personenjahre. Im direkten Vergleich mit der Sulfonylharnstoffgruppe lag der Überlebensvorteil der Metformingruppe bei 38%. Der Unterschied kam vor allem in der Gruppe der über 75-Jährigen zum Tragen (die Altersgruppe, die nach Angaben der Forscher am häufigsten Sulfonylharnstoffe als Initialtherapie erhält). Die Ereignisrate in dieser Gruppe lag bei 82,7 unter Sulfonylharnstoffen und bei 36,7 unter Metformin. Metforminprophylaxe für Gesunde? Patienten, die nach der Diabetesdiagnose eine Metforminmonotherapie erhalten, können damit rechnen, mindestens ebenso lange zu leben wie gesunde Menschen, folgern Bannister et al. – sofern sie bei dieser Therapie bleiben. Diese Schlussfolgerung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: Die Studie beruht auf retrospektiven Daten, die Teilnehmer wurden im Hinblick auf die Therapiearme nicht randomisiert, die Beobachtungszeit war mit zweieinhalb Jahren zudem sehr kurz. Wie sich die Lebenserwartung entwickelt, wenn die Therapie umgestellt oder intensiviert wird, bleibt dahingestellt. Möglicherweise ist der von den Forschern postulierte Vorteil gegenüber Gesunden auch gar nicht „echt“, sondern ein Artefakt, das dadurch zustande kam, dass die Diabetespatienten eine intensivere Gesundheitsberatung erhielten und besser überwacht wurden. Der Nachsatz der Autoren, auch Menschen ohne Diabetes könnten möglicherweise von einer Metforminprophylaxe profitieren, ist daher nichts als eine – reichlich kühne – Spekulation.

Springer Medizin

Längeres Leben unter Metformin?

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft