Erschienen in:
01.04.2012 | Leitthema
Das inkompetente Nabelstoma
verfasst von:
D. Vergho, A. Kocot, C. Bauer, Prof. Dr. H. Riedmiller
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 4/2012
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Zusammenfassung
Bei der kontinenten kutanen Harnableitung sind neben allgemeinen Anforderungen wie universelle Anwendbarkeit, Reproduzierbarkeit und niedrige Komplikationsrate Funktionalität und kosmetischer Aspekt entscheidend. Die größte operative Herausforderung bei der kontinenten kutanen Harnableitung stellt zweifelsfrei die Bildung des Kontinenzorgans dar. Vollständige Kontinenz und einfacher Katheterismus sind maßgebend für die Lebensqualität des Patienten.
Mehr noch als bei der Schaffung primärer Kontinenzmechanismen ist operative Kompetenz, Kreativität und Variabilität im Rahmen von revisionschirurgischen Maßnahmen beim Vorliegen eines inkompetenten Nabelstomas erforderlich. Neben einer akribischen präoperativen Diagnostik (klinisch, endoskopisch und radiologisch) erfordert eine solche Situation hohe Expertise auf dem Gebiet der kontinenten Harnableitung und ein operatives Repertoir, welches ein individuelles, auf die zugrunde liegende Situation abgestimmtes Vorgehen zulässt.
Zwischen 1/1990 und 10/2011 führten wir insgesamt 1224 Harnableitungen (mittleres Follow-up: 90,3 Monate) durch; 717 Patienten (59%) erhielten eine kontinente Harnableitung, wobei 486 Patienten mit einem Ileozäkalpouch, 186 Patienten mit einer ileozäkale Neoblase und 45 Patienten mit einem Sigmarektumpouch versorgt wurden. Bei Patienten mit Appendixnabelstoma (n=219) lag die Inkontinenzrate bei 2,7% und die Stenoserate bei 10%, für Patienten mit Ileuminvaginationsnippel (n=267) lagen diese bei 5,2% respektive 2,6%. Stomastenosen sind durch Exzision eines Granulationsrings oder durch eine einfache Stomakorrektur mit Umschneidung der Mündung und Exzision des stenotischen Anteils des Outlets und des Nabeltrichters zu sanieren. Neben einfach behebbaren Ursachen einer stomalen Inkontinenz (z. B. Fistelbildung zwischen Reservoir und efferentem Segment respektive der Haut oder dem Vorliegen eines Nippelgleitens respektive eines Nippelprolapses) können aber auch sehr komplexe Ursachen zugrunde liegen, die die Bildung eines sekundären Kontinenzmechanismus unvermeidlich machen. Bei 14 Patienten (Appendixnabelstoma n=5; Ileuminvaginationsnippel n=9) war in unserem Patientenkollektiv aufgrund einer irreversiblen Schädigung des Kontinenzorgans die Anlage eines sekundären Kontinenzmechanismus notwendig. Bei 3 Patienten wurde die Technik eines modifizierten „Managadze“ gewählt und bei 11 Patienten ein sekundärer Ileuminvaginationsnippel angelegt.
Sollte aufgrund der primär angelegten Harnableitung eine Nutzung der Ileozäkalklappe (rein ileales Reservoir oder ileokolonischer Pouch ohne integrierte Ileozäkalklappe) nicht möglich sein oder ein kleinkapazitärer Pouch vorbestehen, kann eine Cup-patch-Plastik mit Appendixnabelstoma/Ileuminvaginationsnippel vorgenommen werden. Diese Technik kam an unserer Klinik bei 4 auswärtig multipelst voroperierten Patienten zur Anwendung.