Erschienen in:
01.07.2012 | Schwerpunkt
Bethesda-Klassifikation der Feinnadelpunktion der Schilddrüse
Viel Lärm um wenig Neues?
verfasst von:
Prof. Dr. R. Schäffer, K.W. Schmid, M. Tötsch
Erschienen in:
Die Pathologie
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Ausgabe 4/2012
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Zusammenfassung
Das 2008 publizierte „Bethesda System for Reporting Thyroid Cytopathology“ (Baloch et al. 2008, Cytojournal 5:6; Baloch et al. 2008, Diagn Cytopathol 36:425–437) stellt ein stark klinikbezogenes Befundschema dar. Die Zielsetzung bestand darin, dem Kliniker eine Hilfestellung für die weiteren Behandlungsoptionen und dem Zytopathologen die Möglichkeit zur rechtlichen Absicherung zu geben sowie letztlich die Vergleichbarkeit nationaler Studien auf internationaler Ebene zu ermöglichen. Die Werkzeuge zur Durchsetzung dieser Ziele sind allerdings naturgemäß sehr deutlich auf die US-amerikanischen Bedürfnisse ausgerichtet, sodass sich das Befundschema auf europäischer Ebene bisher kaum durchgesetzt hat. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: a) Die Kriterien für ein repräsentatives Präparat werden in der Bethesda-Klassifikation sehr restriktiv gehandhabt; die Einhaltung dieser Kriterien würde zu einer deutlich höheren Zahl an unnötigen Repunktionen führen. b) Durch die Einführung einer weiteren, insgesamt sehr heterogenen Befundkategorie (Atypien mit unklarer Bedeutung/follikuläre Veränderungen mit unklarer Bedeutung) wird die angestrebte Verringerung der als follikuläre Neoplasie klassifizierten Befunde nur schwer zu erreichen sein; die beiden Kategorien zusammen werden eher zu einem Anstieg histologisch abklärungsbedürftiger Befunde führen. Dazu muss bezweifelt werden, dass Kliniker bei der neu eingeführten Kategorie, die nach den geforderten Kriterien ein Malignitätsrisiko von 5–15% aufweisen soll, eine abwartenden Haltung mit empfohlener Repunktion einnehmen werden. c) Der Nutzen molekularpathologischer Zusatzuntersuchungen zur Klarifizierung unklarer Befunde hat bisher keinen Eingang in die Befundempfehlungen gefunden.
Für den in der Feinnadelpunktion der Schilddrüse geübten Zytologen stellt die Bethesda-Nomenklatur somit keine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu den bisher benutzten und etablierten Befundschemata dar. Als positives Argument verbleibt somit nur das Bestreben der Einführung einer weltweit akzeptierten Klassifikation zur Vergleichbarkeit von Befunden in nationalen und internationalen Studien.