Erschienen in:
09.09.2019 | Pflege | Originalien
Emergente Strukturen in der Wundversorgung
Beratung zu und Verschreibung von Medizinprodukten im Pflegeheim
verfasst von:
Regina Wiedemann, Ph.D., Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko
Erschienen in:
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
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Ausgabe 8/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund – Zielsetzung
In Deutschland haben 2015 knapp 2,9 Millionen Menschen Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Mehr als 27 % der Pflegebedürftigen leben in stationären Pflegeeinrichtungen. Mehr als 6 % der durch den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) in die Prüfung einbezogenen Bewohner hatten behandlungsbedürftige chronische Wunden oder Dekubitus. Ziel der Studie ist es, Einblicke in Versorgungsentscheidungen zu gewinnen; die Forschungsfrage heißt: Wie gestaltet sich der Prozess der Wundversorgung im Pflegeheim?
Methodik
Die Studie nutzt ein qualitatives Design. Ausgehend von 4 stationären Pflegeeinrichtungen unterschiedlicher Trägerschaft erfolgt die Datenerhebung mit 19 leitfadengestützte Interviews; die durchschnittliche Dauer beträgt 62 Minuten. Alle Interviews werden in der qualitativen Software MAXQDA 18 transkribiert und analysiert.
Ergebnisse
Die ausschließlich bewohnerbezogenen Regelprozesse mit den bekannten Schnittstellenproblemen stellen Hausärzte und Pflegeheime vor Herausforderungen und stoßen an ihre Grenzen. Sie befördern die Emergenz zusätzlicher Akteure, sogenannte Homecare-Unternehmen, die im deutschen Gesundheits- und somit auch im Vergütungssystem nicht vorgesehen sind. In neuen Versorgungsstrukturen übernehmen Homecare-Unternehmen den Prozess der Wundversorgung nahezu vollständig. Sie finanzieren sich über das Rezeptgeschäft, d. h. über Rabatte der Hersteller.
Diskussion
Für Pflegeheime und Hausärzte eröffnen Homecare-Unternehmen eine willkommene Möglichkeit, die komplexen Anforderungen im Versorgungsprozess bei gleichzeitiger Einsparung eigener Ressourcen zu erfüllen. Die Finanzierung der Leistungen aus Herstellerrabatten lässt befürchten, dass Produkte mit höherer Marge präferiert eingesetzt werden und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entgegengewirkt wird.