Erschienen in:
01.10.2007 | Originalien
Primingtechnik mit Cisatracurium
Anschlagszeit an der Kehlkopfmuskulatur
verfasst von:
Dr. J. Schmidt, S. Albrecht, N. Petterich, J. Fechner, P. Klein, A. Irouschek
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 10/2007
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Zusammenfassung
Hintergrund
Trotz bekannter Risiken und Nebenwirkungen wird in der klinischen Routine beim Einsatz von Cisatracurium häufig eine Primingtechnik eingesetzt. Daten zum Effekt dieser Technik auf die Anschlagszeit an der Kehlkopfmuskulatur, deren Relaxierungsgrad von zentraler Bedeutung für die Intubationsbedingungen ist, sind rar. Ziel dieser Untersuchung war daher der Vergleich einer Bolusapplikation von Cisatracurium mit 2 Primingdosierungen in Bezug auf die elektromyographisch bestimmte Anschlagszeit und Blockadetiefe an der Kehlkopfmuskulatur.
Patienten und Methode
Nach Begutachtung durch die örtliche Ethikkommission und schriftlicher Einverständniserklärung konnten 36 Patienten, die sich einer elektiven Schilddrüsenoperation unterziehen mussten, randomisiert in 3 Studiengruppen eingeteilt werden. Die Narkose wurde als TIVA mit Remifentanil und Propofol-TCI eingeleitet und aufrechterhalten. Die endotracheale Intubation erfolgte mit einem Tubus mit aufgeklebter Larynxoberflächenelektrode (Magstim®, UK) ohne Relaxansapplikation. Nach Kalibrierung und Signalstabilisierung wurden der N. laryngeus recurrens und der N. ulnaris transkutan supramaximal stimuliert und das evozierte Larynx-EMG über die Tubuselektrode (Multiliner®, Fa. Toennis/Jaeger) bzw. das Akzeleromyogramm des M. adductor pollicis mithilfe des TOF-Guard® aufgezeichnet. Nun wurde entweder 0,9%ige Kochsalz- (NaCl-)Lösung [Bolusgruppe (BG), n=12] oder 0,01 mg/kgKG [Niedrigdosispriminggruppe (NDPG); n=12] bzw. 0,015 mg/kgKG [Hochdosispriminggruppe (HDPG), n=12] als Primingdosis appliziert, gefolgt von 0,1 mg/kgKG (BG) oder 0,09 mg/kgKG (NDPG) bzw. 0,085 mg/kgKG (HDPG) Cisatracurium nach 3 min. An der Kehlkopfmuskulatur wurden Lag- und Onset time sowie Peak-Effekt und am M. adductor pollicis der gesamte Verlauf der neuromuskulären Blockade (NMB) registriert und mithilfe des Mann-Whitney-U- (MWU-)Test zwischen den Gruppen verglichen.
Ergebnisse
Demographische Daten, Lag time und Peak-Effekt waren zwischen den Gruppen vergleichbar. Die Anschlagszeit am Kehlkopf war in der HDPG (80±17 s) signifikant kürzer als in der BG (142±29 s) und der NDPG (128±23 s). Am M. adductor pollicis zeigte sich eine signifikante Verkürzung der Anschlagszeit in der HDPG (154±35 s) im Vergleich zur BG (226±76 s) bei vergleichbaren Erholungszeiten der NMB am M. adductor pollicis zwischen den 3 Gruppen.
Schlussfolgerungen
Priming mit 0,015 mg/kgKG 3 min vor der Gabe von 0,085 mg/kgKG Cisatracurium kann die Anschlagszeit am Larynx signifikant verkürzen. Aufgrund potenzieller Nebenwirkungen ist der Routineeinsatz jedoch kritisch zu hinterfragen.