Erschienen in:
01.03.2012 | Originalarbeit
Psychodynamische Aspekte der Gedächtnisfunktionen
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 1/2012
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Zusammenfassung
Ausgehend von Freuds frühen Modellvorstellungen wird in dieser Arbeit ein Überblick über den jetzigen Stand des Wissens hinsichtlich der psychodynamischen Aspekte der Gedächtnisfunktionen gegeben. Freud interessierte sich zu Beginn im Wesentlichen für Veränderungen der Abrufprozesse, die im Dienste der Unlustvermeidung gespeichertes Material von der Selbstwahrnehmung fernhielten. Unter Einarbeitung der Erkenntnisse über die Kriegsneurosen wendete er sich der Encodierungssituation zu und versuchte, die Frage zu bearbeiten, was mit den Gedächtnisfunktionen passiere, wenn schon bei der Aufnahme der Reizschutz durchbrochen wird. Er kam zur Schlussfolgerung, dass solche Encodierungssituationen zu einer Omnipräsenz der destruktiven Inhalte führen würden, die man nicht mehr dem Lustprinzip unterordnen könnte. Dieses Oszillieren zwischen Omnipräsenz und Abwehr der Inhalte macht den Unterschied zwischen den traumatischen Störungen und solchen, die auf einem unbewussten Konflikt beruhen, aus. Die wichtigsten Prozesse sind weniger Verdrängungen als Veränderungen des Realitätsstatus. Es wird gezeigt, dass die bisherigen Erklärungsmodelle hierfür noch nicht befriedigend Auskunft geben können. Die Analyse von peritraumatischen Befindlichkeiten lässt deutlich werden, dass solche, wie zum Beispiel die Dissoziation, wohl einen Einfluss haben, aber posttraumatische Erfahrungen genauso einflussreich für die weitere Entwicklung sind und mitentscheiden, ob es zu einem unbewussten Konflikt, einer chronischen Langzeittraumastörung oder einer Ausheilung kommt.