Kommentar
Das ist eine für die tägliche Praxis wichtige und hilfreiche Arbeit. Bisher gibt es nämlich keine belastbaren Daten zur Frage, wie man Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, bei denen einerseits eine Indikation für eine Radiochemotherapie mit Cisplatin und andererseits eine Kontraindikation gegen Cisplatin bestehen, am besten behandelt. Dies betrifft nicht nur die Frage, welche alternativen Medikamente als Cisplatinersatz infrage kommen, sondern auch die Bedeutung der zusätzlichen medikamentösen Therapie im Hinblick auf DFS und OS. Auf beide Fragen liefert diese indische Studie eine gute Antwort. Erstens ist das hier gewählte Regime mit Docetaxel effektiv, und zweitens entspricht die absolute Verbesserung des OS (hier immerhin 9 %-Punkte) nahezu der Wirksamkeit von Cisplatin bei günstigeren (Cisplatin-fitten) Patienten.
Einige wenige Limitationen und Kritikpunkte sollten berücksichtigt werden. Erstens wurden nur etwa 20 % der Patienten mit IMRT behandelt, wenige mit 3‑D-CRT und die mit Abstand größte Gruppe mit „konventioneller Technik“ (also 2‑D-Technik mit Gegenfeldern). Zweitens sind die jetzigen, auf einer geplanten Zwischenanalyse beruhenden Daten als präliminär anzusehen, insbesondere im Hinblick auf Spättoxizität (über die in der Publikation nicht berichtet wurde). Drittens wurden Patienten mit definitiver und adjuvanter RT hier zusammengefasst, und die Subgruppenanalyse zeigt einen besseren Effekt für die definitiv behandelte Gruppe (HR für DFS 0,58, signifikant) als für die adjuvant behandelte Gruppe (HR 0,82, n. s.). Trotz dieser Einschränkungen sind die Daten aus unserer Sicht so gut und so plausibel, dass sie als ein neuer Standard für diese klinisch immer häufiger vorkommende Konstellation angesehen werden können.
Nebenbei: Schon wieder eine „practice-changing“ Studie aus dem Tata Memorial Hospital, dem größten indischen Krebszentrum. Dass man dort offensichtlich solche Studien monozentrisch erfolgreich durchführen kann, ist beachtlich (und macht neidisch). Es unterstreicht aber auch den hohen Stellenwert, den die Radioonkologie an den indischen Krebszentren hat.
Fazit
Eine simultane Chemotherapie mit wöchentlicher Gabe von 15 mg/m2 Docetaxel verbessert lokoregionale Tumorkontrolle, DFS und Gesamtüberleben bei Patienten mit Plattenepithelkarzinomen im HNO-Bereich, die für eine cisplatinhaltige Chemotherapie nicht infrage kommen.
Claudia Schmalz, Jürgen Dunst, Kiel
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