Erschienen in:
01.10.2015 | Originalien
Vitamin-D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland (Teil 2)
Beziehungen zu körperlicher, seelischer und sozialer Gesundheit
verfasst von:
Prof. Dr. K.E. Bergmann, R.L. Bergmann, R. Richter, W. Henrich, A. Weichert
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 10/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund und Ziel der Arbeit
Vitamin-D-Mangel verursacht Rachitis und Osteomalazie. Da Vitamin-D-Metaboliten hormonale Funktionen haben und in mindestens 38 unterschiedlichen Geweben Rezeptoren dafür nachgewiesen wurden, geht die vorliegende Arbeit der Frage nach, inwieweit niedrige 25-Hydroxyvitamin-D[25(OH)D]-Werte von Kindern und Jugendlichen auch mit Auswirkungen auf die körperliche, seelische und soziale Gesundheit sowie auf Gesundheitsrisiken assoziiert sind.
Material und Methoden
Die Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS; n = 17.641) wurden für die Analyse der Beziehungen der 25(OH)D-Werte mit Daten zu Lebensqualität, einzelnen Krankheiten, Entwicklung und Verhalten der Teilnehmer herangezogen. Dafür standen ab dem zweiten von 3 Untersuchungsjahren 10.015 25(OH)D-Werte der verbliebenen 12.340 Fälle (81 %) zur Verfügung. Für bivariate Analysen und multivariable Modellierung kam IBM SPSS 20.0 zum Einsatz.
Ergebnisse
In den ersten 3 Lebensjahren waren die Häufigkeiten von Verletzungen, Infektionskrankheiten, langsamerer Entwicklung, Schlafstörungen und schlechterem allgemeinem Gesundheitszustand signifikant mit erniedrigten 25(OH)D-Werten assoziiert (p < 0,01). Bei 25(OH)D-Werten < 70 nmol/l (28 ng/ml) hatten Jugendliche signifikant häufiger Psoriasis, Schlafstörungen, eine schlechtere Gesundheit, eine verzögerte Entwicklung, schlechtere Schulleistungen, emotionale und Verhaltensprobleme, schlechtere subjektive Lebensqualität und höhere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten (p < 0,01).
Schlussfolgerung
Querschnittsstudien haben begrenzte Beweiskraft. Die hohe Datenqualität, die Repräsentativität, Kontrolle für „confounding“ in multivariablen Modellen, Stärke der Effekte, biologische Plausibilität und Dosis-Wirkung-Beziehungen geben den Ergebnissen große Aussagekraft und verleihen ihnen die derzeit größtmögliche Evidenz. Vitamin-D-Mangel ist aber nur ein beitragender Faktor und erklärt allein meist keines der aufgeführten Probleme.
Vitamin-D-Mangel ist mit vielfältigen Beeinträchtigungen der körperlichen, seelischen und sozialen Gesundheit assoziiert, sollte in der täglichen Praxis mehr Beachtung finden und ggf. supplementiert werden. Als Grenzwert ist 70 nmol/l (28 ng/ml) 25(OH)D zu empfehlen. Langzeitstudien und „randomized controlled trials“ (RCT) zur Wirksamkeit von Vitamin-D-Supplementen sind geboten. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Vitamin D sollte verbessert werden.