Erschienen in:
09.12.2014 | Medizin aktuell
Zweifelhafter ICSI-Boom
verfasst von:
Friederike Klein
Erschienen in:
gynäkologie + geburtshilfe
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Ausgabe 6/2014
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Auszug
_ 2003 erlebten die Follikelpunktionen für In-vitro-Fertilisationen (IVF) und intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) nach dem Deutschen IVF-Register ihren vorläufigen Höhepunkt. Weil das Gesundheitsreformgesetz ab 2004 dazu führte, dass nicht mehr vier Versuche vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden, sondern nur noch drei zu 50%, brachen die Behandlungszahlen nach Inkrafttreten des Gesetztes ein. „Seitdem stagnieren die IVF-Zahlen, ICSI ist auf dem Vormarsch“, berichtete Prof. Dr. Thomas Strowitzki, Heidelberg. Es geht aber nicht mit der männlichen Fertilität bergab, sondern eine ICSI erfolgte nach dem Deutschen IVF-Register häufig ohne eine entsprechende klassische Indikationsstellung. 2012 wiesen diese Voraussetzung nur 58,29% der Männer auf. Grundsätzlich bessere Fertilitätsraten sind nicht festzustellen, was also ist der Grund? Strowitzki findet als Antwort ein Wachsen der Indikation „idiopathisch“. Dagegen nehmen klassische Indikationen für eine reproduktionsmedizinische Behandlung ab. Tubare Sterilität machte in 2012 noch 40% der Indikationen für eine Behandlung aus, 2012 waren es nur noch 20%. „Wo sind die alle hin?“, fragte er. Es verdichten sich weltweit Hinweise auf eine deutlich erweiterte Indikationsstellung zur ICSI ohne Vorliegen einer entsprechenden männlichen Fertilitätsstörung. Er warnte: „Wir müssen wegen der Sicherheit und möglicher Geburtsdefekte vorsichtig damit umgehen. Gut indiziert ist ICSI ein Segen, aber es ist eine sorgfältige Vordiagnose und Indikationsstellung notwendig, sonst macht man sich auch strafbar.“ Strowitzki betonte: „Wichtig ist herauszufinden, wer eine gute Chance hat, natürlich zu empfangen“. Alter sei da keine Indikation. Eine 38-jährige Frau habe über 2 Jahre immer noch eine 90%ige Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden. Schon gar nicht sieht er eine Indikation „mal schnell noch vor der Menopause“. …