Eingreifen von Umstehenden rettet vor Erstickungstod

Wer sich an einem Essensrest verschluckt und um Luft ringt, benötigt vor allem rasche Hilfe. Dass Umstehende nur in jedem zweiten Erstickungsnotfall bereit waren, diese zu leisten, ist das ernüchternde Ergebnis einer Beobachtungsstudie aus Japan. Die gute Nachricht: Wo eingegriffen wurde, wirkte sich das deutlich positiv auf die Überlebensrate und auf das neurologische Ergebnis aus. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Personen, die als Erstickungsnotfall in eine Klinik gelangen, werden in Japan routinemäßig im MOCHI-Register erfasst. Das Akronym steht für Multi-center Observational CHoking Investigation; es erinnert sinnigerweise an einen beliebten Reiskuchen, an dem man sich in Japan offenbar häufig verschluckt. Auf diesem Register beruht eine aktuell im Fachblatt „Resuscitation“ erschienene Multicenter-Studie, in der untersucht werden sollte, welche Rolle das rasche Eingreifen von Umstehenden im Hinblick auf das Überleben des Betroffenen und das neurologische Ergebnis spielt. In die Studie wurden 407 vorwiegend ältere und komorbide Personen mit drohender Erstickung einbezogen. Der Altersmedian lag bei 82 Jahren, ein knappes Drittel war dement. Hilfeleistung nur in jedem zweiten Fall 98% der Betroffenen hatten sich beim Essen verschluckt (wobei tatsächlich häufig ein „Mochi“ der Übeltäter war). 54% der Zwischenfälle hatten sich zu Hause ereignet, 22% in einem Pflegeheim. Nur in 7% war es in einem Restaurant passiert. Obwohl 87% der Fälle unter Zeugen stattgefunden hatten, war nur in 55% Hilfe geleistet worden. Dabei war es in 48% gelungen, den Fremdkörper zu entfernen, in der Hälfte der Fälle unter Anwendung mehrerer Maßnahmen. Rückenklopfen war die häufigste von Umstehenden durchgeführte Erstmaßnahme, diese führte allerdings nur in 29% (25 von 85 Fällen) zum Erfolg. Der Versuch, den Fremdkörper mit dem Finger zu entfernen, war in 43% (26 von 60 Fällen) erfolgreich. Das Heimlich-Manöver war nur in gut 6% zum Einsatz gekommen, mit einer Erfolgsrate von 31%. Mit 25% insgesamt am häufigsten waren in der Studie Absaugmaßnahmen. „Diese Raten müssen zurückhaltend interpretiert werden, da das Register keine Fälle enthielt, in denen keine medizinischen Rettungskräfte angefordert wurden“, schränkt die Studiengruppe ein. Lebensrettende Intervention Im Fall einer Intervention durch Umstehende war die Mortalität nahezu halbiert (Hazard Ratio, HR 0,55) und die Wahrscheinlichkeit, mit einem günstigen neurologischen Ergebnis zu überleben, mehr als verdoppelt (adjustierte Odds Ratio, aOR 2,18). Von allen Beteiligten waren nur 48% nach einem Monat noch am Leben, nur 24% der Gesamtgruppe hatte das Ereignis mit einem CPC(Cerebral Performance Category)-Grad 1 oder 2 überstanden. Nach Tatsuya Norii von der University of New Mexico und seinem Team zeigen die Ergebnisse vor allem, wie wichtig es ist, lebensrettende Maßnahmen bei Erstickungsnotfällen zu trainieren. Welche dabei am sinnvollsten sind und in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollten, wird allerdings immer noch diskutiert. Aktuelle Leitlinien empfehlen, ansprechbare Betroffene zunächst zum Husten aufzufordern, danach sollen gegebenenfalls bis zu fünf Schläge auf den Rücken verabreicht werden. Nur wenn diese Maßnahmen nicht erfolgreich waren und Anzeichen einer schweren Atemwegsobstruktion vorliegen, sollen bis zu fünf Heimlich-Manöver (Kompression des Brustkorbs von hinten mit der Faust des Retters unter dem Brustbein) zum Einsatz kommen [1]. So wird es auch in Japan von den Notfalleinsatzteams kommuniziert. Die Evidenz für diese Empfehlung ist allerdings nach wie vor gering. Unfallzeugen oft betagt In der MOCHI-Studie kam es durch den Eingriff in insgesamt 22 Fällen zu Komplikationen, vor allem Rippenfrakturen. 32% der Umstehenden waren ältere Personen über 65 Jahre, in knapp zwei Drittel handelte es sich um Familienmitglieder. Angesichts dessen fordern Norii und Kollegen, „Manöver zur Entfernung von Fremdkörpern aus den Atemwegen zu entwickeln, die sich auch von älteren Personen leicht durchführen lassen“. Das Wichtigste in Kürze Frage: Mit welchem Erfolg werden Maßnahmen zur Entfernung von Fremdkörpern aus den Atemwegen von zufällig Anwesenden durchgeführt? Antwort: In einer japanischen Registerstudie griff nur jeder zweite Zeuge des Vorfalls helfend ein. In diesem Fall lag die Erfolgsrate (Entfernung des Fremdkörpers) bei 48%. In adjustierten Analysen war das Eingreifen durch Umstehende mit einer Halbierung der Mortalität und einer Verdopplung der Wahrscheinlichkeit, mit günstigem neurologischem Ergebnis (CPC-Grad 1 oder 2) zu überleben, assoziiert. Bedeutung: Hürden, die Umstehende am aktiven Eingreifen hindern, müssen identifiziert und abgebaut werden. Welche Einzelmaßnahmen im Erstickungsnotfall optimal sind, bleibt weiter Forschungsgegenstand. Einschränkung: Beobachtungsstudie aus Japan; nur Fälle, die in der Notaufnahme gelandet sind; CPC-Status vor dem Erstickungsnotfall nicht bekannt.

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