Erschienen in:
01.12.2014 | Originalien
Ambulante allgemeinpädiatrische Grundversorgung
Versorgungsstudie der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Für Deutschland existieren derzeit keine repräsentativen Daten zum ambulanten pädiatrischen Versorgungsbedarf, d. h. zur Inanspruchnahme kinder- und jugendärztlicher Leistungen. Unter dem Dach der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) hat sich daher im Dezember 2005 die „Arbeitsgruppe Forschung in der ambulanten Pädiatrie“ konstituiert, um zu beraten, wie anhand einer einjährigen kontinuierlichen Datenerfassung in kinder- und jugendärztlichen Praxen der Grundversorgung eine diesbezügliche Datengrundlage zu schaffen ist.
Ziel der Arbeit
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Untersuchung besteht darin, die Aufgaben der Kinder- und Jugendärzte in der ambulanten Grundversorgung („primary care“) darzustellen. Dazu wurde nach der Erfassung der allgemeinen Patientendaten (Alter, Geschlecht, Zeitpunkt der Vorstellung) untersucht, welcher medizinische Versorgungsbedarf bestand, welche akuten und sozialpädiatrischen Störungen/Erkrankungen und Erkrankungen mit erhöhtem Versorgungsbedarf („chronische Krankheiten“) diagnostiziert und welche Präventionsmaßnahmen durchgeführt wurden, zudem bei welchen Erkrankungen die pädiatrischen Grundversorger Überweisungen und stationäre Einweisungen für erforderlich hielten und wie viel „Arztzeit“ für die jeweiligen Versorgungsbereiche aufgewendet wurde.
Material und Methoden
Hierzu haben 29 Kinder- und Jugendarztpraxen der pädiatrischen Grundversorgung aus allen Regionen Deutschlands ein Jahr lang (vom 2. Quartal 2010 bis zum 1. Quartal 2011) alle Vorstellungsanlässe, erkannten Diagnosen und ärztlichen Zeitaufwände pro Patient gesondert dokumentiert. Zur Auswertung kamen die Daten von 54.134 Patienten mit insgesamt 193.458 Arzt- bzw. Praxis-Patient-Kontakten. Gut die Hälfte der vorgestellten Patienten war im Vorschulalter (< 6 Jahre), 22,9% der Patienten im Grundschulalter (6 bis 10 Jahre) und 25,5 % im Jugendalter (10 bis 18 Jahre).
Ergebnisse
Die häufigsten akuten Vorstellungsanlässe (Erstkontakte) waren Husten, Hals-/Ohren-/Kopf- und Bauchschmerzen mit oder ohne Fieber, Fieber und Hautprobleme. Diesen lagen in 43 % der Fälle infektiöse Erkrankungen zugrunde; weitere 17 % der Diagnosen entfielen auf nichtinfektiöse Erkrankungen und/oder Störungsbilder der Organe und 8,1 % auf Störungen aus dem Bereich der neuen Morbidität (NM). Die meisten Über- und Krankenhauseinweisungen wurden für Patienten mit Erkrankungen/Störungen aus dem Bereich der NM sowie für Patienten mit Organerkrankungen ausgestellt. Präventionsmaßnahmen (Vorsorgen und Impfungen) machten 29 % der täglichen Arzt-Patient-Kontakte aus. Zusammen mit den Erkrankungen/Störungsbildern aus dem Bereich der NM nahmen sie pro Tag genau so viel Arztzeit in Anspruch wie die Versorgung der Patienten mit somatischen Erkrankungen. Mit zunehmendem Alter werden immer mehr Jugendliche hausärztlich von Allgemeinmedizinern versorgt. Dies trifft nicht zu für chronisch kranke Jugendliche, die mit 25 % Patienten- und 40 % Vorstellungsanteil in der Altersgruppe 10 bis 18 Jahre überproportional in den Kinder- und Jugendarztpraxen vertreten waren. Chronisch-kranke Kinder und Jugendliche hatten prozentual einen anderen Beratungsbedarf als anderweitig gesunde Kinder und Jugendliche.
Schlussfolgerung
Nach wie vor spielen Infektionserkrankungen eine große Rolle in der ambulanten pädiatrischen Grundversorgung. Allerdings rücken die Präventionsleistungen, die Diagnostik und Therapie der NM sowie die Grundversorgung chronisch kranker Kinder zunehmend in den Vordergrund.