Erschienen in:
01.10.2007 | Leitthema
Anästhesisten lernen – lernen Institutionen auch?
Bedeutung von institutionellem Lernen und Unternehmenskultur in der Klinik
verfasst von:
Dr. G. Schüpfer, PhD, MBA HSG, R. Gfrörer, A. Schleppers
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 10/2007
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Zusammenfassung
In der Medizin erfolgt Lernen typischerweise privat und individuell, weil das berufliche Umfeld Autonomie und persönliche Verschwiegenheit fordert. Institutionelles Lernen ist daher eine Herausforderung, denn Individuen lernen von Natur aus, Teams und Organisationen nicht. Organisationales Lernen entspricht jedoch nicht einfach der Lernsumme der ihr angehörigen Individuen. Institutionelles Lernen erfolgt im Gegensatz zum individuellen Lernen nicht durch eigenen Antrieb und ist nicht einfach eine vermeidbare Folge von Wiederholungen, sondern muss geführt werden. Organisationen lernen über veränderte oder neue Fähigkeiten der ihr angehörenden Individuen, über neue Systeme und Strukturen, aber auch durch eine neue strategische Ausrichtung und eine veränderte Unternehmenskultur. Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Innovation sind die herausragenden Herausforderungen für das moderne Krankenhaus. Diesem Anspruch kann ein Leistungserbringer nur genügen, wenn er zur lernenden Organisation wird. Um Kompetenz zu erreichen, ist zunächst Repetition erforderlich. Eine Steigerung des Leistungsvolumens garantiert jedoch noch lange nicht die verbesserte Performance einer Organisation. Entscheidend ist, wie Individuen und Teams Erfahrungen verarbeiten. So ist die Patientensicherheit nicht das Resultat einer individuellen Fähigkeit, sondern eine Systemeigenschaft. Wissen wird individuell schrittweise geschärft und gleichzeitig kollektiv reflektiert. Robuste Organisationen akkumulieren, bewahren und verwenden Wissen und Fähigkeiten trotz erheblicher Personalfluktuation. Es werden verschiedene Formen organisationalen Lernens unterschieden: „Single“- und „Double-loop“-Lernen, Entlernen (Verlernen) und Metalernen. Diese Lernformen sind für anästhesiologische Abteilungen als wichtige Querschnittdienstleister im Krankenhaus von großer Bedeutung. Für erfolgreiches organisationales Lernen sind eine umsichtige Führung und ein Wandel der Unternehmenskultur mit offener Kommunikation und gegenseitigem Respekt erforderlich. Organisationales Lernen erfordert eine Kombination von Werthaltungen, Fähigkeiten und Strukturen. Die Entwicklung von Wissen, Kompetenzen und Lernkapazitäten sowie von Informations- und Kommunikationssystemen sind zentraler Gegenstand lernbezogener Managementaktivitäten. Organisationales Lernen kann zu strategischen Vorteilen durch den Erhalt oder die Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität oder Innovativität führen. Die Bedeutung des organisationalen Lernens wird diskutiert und deren Umsetzung an Beispielen erläutert.