Erschienen in:
01.10.2015 | Leitthema
Hämatologische Vorsorge und Mehrlingsvorsorge
verfasst von:
Prof. Dr. N. Ochsenbein-Kölble, R. Zimmermann
Erschienen in:
Die Gynäkologie
|
Ausgabe 10/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Eine evidenzbasierte hämatologische Schwangerenvorsorge umfasst mehrere Aspekte. Die frühzeitige Entdeckung einer latenten oder vorbestehenden Anämie sowie die systematische Eisensubstitution haben den Zweck, die Hämoglobinkonzentration bei Geburtsbeginn auf Zielwerte von 120–135 g/l zu bringen, um die Transfusionswahrscheinlichkeit peripartal zu senken. Die Erkennung von Hämoglobinopathien erlaubt eine genetische Beratung, falls beide Elternteile Träger sind, die Bestimmung von Blutgruppe und irregulären Blutgruppenantikörpern eine rechtzeitige Erkennung von Transfusionsschwierigkeiten und ggf. eine Rhesusprophylaxe zur Verminderung einer Sensibilisierung. Schließlich ermöglicht die Suche nach einer erhöhten Blutungsneigung bzw. einer erhöhten Thromboseneigung gezielte Maßnahmen zur Risikoverringerung, bei Thrombophilien beispielsweise eine Langzeitprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen, bei Störungen der plasmatischen Gerinnung bzw. der Plättchenfunktion kann mit spezifischen Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit einer postpartalen Hämorrhagie vermindert werden. Bei Mehrlingsschwangerschaften legt die Bestimmung der Chorionizität/Amnionizität im ersten Trimester, idealerweise zwischen 8 und 10 SSW, den Grundstein für die weitere Betreuung, die mit oder am Perinatalzentrum stattfinden sollte. Neben der Nackentranzparenzmessung kann als pränatales, nichtinvasives Screening ein fetaler DNA-Test angeboten werden. Das sonographische Fehlbildungsscreening sollte zwischen 18 und 21 SSW durchgeführt werden. Mittels Zervixlängenmessung bei 22–24 SSW kann das Frühgeburtsrisiko abgeschätzt werden. Bei monochorialen Mehrlingen sind Ultraschallkontrollen >16 SSW 2-wöchentlich durchzuführen, bei unauffälligen dichorialen Mehrlingen ist dies in 3- bis 4-wöchentlichen Abständen zur Wachstumskontrolle möglich. Bei jeder Schwangerschaftskontrolle ist durch Blutdruckmessung/Urinuntersuchung eine Präeklampsie auszuschließen. Abzuklären sind Anämie, Gestationsdiabetes sowie bei Juckreiz die Schwangerschaftscholestase.