Erschienen in:
01.10.2003 | Klinische Pharmakologie
Anästhesie in der Stillperiode
Medikamententransfer von Anästhetika und Adjuvanzien in die Muttermilch und potenziell unerwünschte pharmakologische Auswirkungen auf den gestillten Säugling
verfasst von:
Dr. C. Lang, G. Geldner, H. Wulf
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 10/2003
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Zusammenfassung
Bei Regional- wie auch Allgemeinanästhesien während der Stillperiode stehen das Stillbedürfnis der Mutter und die positiven Aspekte des Stillens für Mutter und Kind den potenziell schädigenden pharmakologischen Auswirkungen auf den Säugling und auf die Laktation gegenüber. Obwohl die Kenntnis über die Exkretion von Medikamenten in die Muttermilch in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, sind die Informationen über die meisten anästhesierelevanten Medikamente weiterhin lückenhaft und widersprüchlich. Oft ist nicht mit ausreichender Sicherheit zu entscheiden, ob eine bestimmte Substanz, die potenziell über die Muttermilch zum Säugling übertritt, für das gestillte Neugeborene unschädlich ist. Zudem besitzen die wenigsten Anästhetika und Adjuvanzien eine explizite Zulassung während Schwangerschaft und Stillperiode, und die meisten Hersteller raten aus haftungsrechtlichen Gründen generell von der Anwendung nahezu aller Medikamente während Schwangerschaft und Stillzeit ab. In Kenntnis des pharmakologischen Profils der klinisch gebräuchlichen Allgemein- und Lokalanästhetika ist jedoch zu vermuten, dass bei einmaliger Applikation dieser Substanzen im Rahmen einer Anästhesie während der Stillperiode das weitere Stillen in der unmittelbar postoperativen Periode in den meisten Fällen als unkritisch hinsichtlich unerwünschter pharmakologischer Nebenwirkungen auf den Säugling bewertet werden kann. So ist bei sorgfältiger Auswahl der Anästhetika eine Allgemein- oder Regionalanästhesie keine Indikation zum Abstillen, und selbst elektive operative Eingriffe in Narkose während der Stillperiode müssen nicht zwingend aufgeschoben werden. Nach einem operativen Eingriff in Allgemein- wie auch Regionalanästhesie während der Stillzeit ist nach aktueller Auffassung kein wissenschaftlich begründbares Zeitintervall zwischen Anästhesie und Stillen einzuhalten, sondern die Mutter kann ihr Neugeborenes dann wieder stillen, sobald sie sich physisch und psychisch dazu wieder in der Lage fühlt.