Erschienen in:
01.09.2014 | Übersichten
Spondylosclerosis hemispherica
Ein seltenes bildmorphologisches Syndrom der Wirbelsäule
verfasst von:
Prof. Dr. med. C. E. Heyde, T. Kahn, N. H. von der Höh, A. Völker, J. Gulow
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 9/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Spondylosclerosis hemispherica ist eine seltene von Dihlmann beschriebene bildmorphologische Veränderung im Bereich der Wirbelsäule, am häufigsten lokalisiert im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS). Das radiologische Charakteristikum ist eine domförmige bandscheibennahe Sklerose an der Grundplatte des Wirbelkörpers. Diese Veränderung lässt sich, wenn die für die Bildgebung als pathognomonisch beschriebenen Befunde zusammen mit dieser Region zuzuordnenden Schmerzen vorliegen, gut erkennen. Aufgrund einer vielfältigen Ätiologie des Syndroms (degenerative Erkrankungen, Skoliose, bakterielle Infektionen, ankolysierende Spondylitis, Osteoidosteom und Metastasen) ist eine Ursachensuche im Hinblick auf die notwendige Therapie erforderlich. In diesem Artikel werden zwei Kasuistiken vorgestellt und deren bildgebende Befunde an Hand der Daten der aktuell verfügbaren Literatur diskutiert. Insbesondere soll das korrekte diagnostische Vorgehen in Hinblick auf die Notwendigkeit des Ausschlusses zugrunde liegender maligner Erkrankungen betrachtet werden.
Material und Methoden
Vorgestellt werden Patientinnen mit Veränderungen der LWS, die allen Kriterien der von Dihlmann beschriebenen Spondylosclerosis hemispherica entsprechen. Die umfangreich durchgeführte Diagnostik (Labordiagnostik, konventionelles Röntgen, Computertomographie, Magnetresonanztomographie, in einem Fall eine Biopsie) ergab keinen Hinweis auf eine Neoplasie. Gerade weil maligne Ursachen in der Literatur eher selten beschrieben werden, wurde eine Literaturrecherche zu dieser Fragestellung durchgeführt. Die Frage war, ob sich eine Vorgehensweise ableiten lässt, die ohne unnötige Invasivität und die damit verbundene Verunsicherung der betroffenen Patienten eine genügend hohe diagnostische Sicherheit ergibt.
Ergebnisse
Bei beiden Patientinnen zeigten sich bildmorphologisch die typischen domförmigen sklerotischen Veränderungen im Bereich der Endplatten der Wirbelkörper. In beiden Fällen, einmal ohne und einmal mit durchgeführter Biopsie, wurde der Befund als typische Spondylosclerosis hemispherica gewertet und maligne Ursachen ausgeschlossen. Eine konservative Therapie wurde eingeleitet. Bei den Kontrollen im Verlauf beschrieben die Patientinnen eine Regredienz der Beschwerden, bildmorphologisch zeigte sich keine Progredienz. Die Literaturrecherche ergab Hinweise, wann eine Deeskalation der diagnostischen Maßnahmen möglich erscheint.
Schlussfolgerung
Die Spondylosclerosis hemispherica beschreibt einen typischen bildgebenden Befund mit einer abklärungsbedürftigen Ätiologie. Bei Einsatz der heute zur Verfügung stehenden nichtinvasiven diagnostischen Möglichkeiten und einer individuellen und interdisziplinären Beurteilung ergeben sich Befundkonstellationen, die eine Deeskalation der diagnostischen Maßnahmen ermöglichen. Somit können invasive Eingriff wie eine Biopsie bei eindeutiger Befundkonstellation vermieden werden. Gerade in solchen Fällen sollten jedoch regelmäßige klinische und bildmorphologische Verlaufskontrollen gesichert werden.