Erschienen in:
01.06.2015 | Originalarbeit
Die „Montagskruste“
Oder: die Frage nach der Stundenfrequenz in der Psychoanalyse
verfasst von:
Mag. phil., Dr. med. univ. et scient. med. Victor Blüml, Dr. med. univ., Ass. Prof. Melitta Fischer-Kern
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 2/2015
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Zusammenfassung
Die Frage der Stundenfrequenz hat lange Zeit eher wenig Beachtung in der wissenschaftlichen psychoanalytischen Diskussion gefunden. Nicht zuletzt aufgrund sich verändernder sozioökonomischer Rahmenbedingungen ist in letzter Zeit ein vermehrtes Interesse an dieser wesentlichen Frage des analytischen Settings feststellbar. Die klinische Erfahrung vieler praktizierender Analytiker stimmt darin überein, dass in der Regel in einem hochfrequenten Setting „besser“ psychoanalytisch gearbeitet werden kann und ein psychoanalytischer Prozess leichter in Gang kommt. Eine explizite theoretische Bestimmung dieser klinischen Erfahrung bleibt jedoch zumeist aus. In einer Arbeitsgruppe an der Klinik für Psychoanalyse und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien wurde der Frage einer theoretischen Fundierung für die Wahl der wöchentlichen Stundenanzahl nachgegangen. Die ursprüngliche Idee einer einheitlichen metapsychologischen Begründung der Stundenfrequenz erwies sich jedoch als nicht realisierbar. Vielmehr zeigte sich die Stundenfrequenz als ein überdeterminiertes Phänomen, das nicht auf ein einzelnes fundierendes Element reduziert werden kann. So fließen Patientencharakteristika, Analytikervariablen, Modalitäten der Passung zwischen Patient und Analytiker, Fragen der fundierenden Theorie sowie kulturelle und ökonomische Aspekte in die Überlegungen zur optimalen Stundenfrequenz ein. Die Diskussion der Vielschichtigkeit der Frage der Frequenz soll einen Beitrag zur Reflexion auf die unbewussten und bewussten Voraussetzungen für die Etablierung des therapeutischen Settings mit einer bestimmten Stundenfrequenz liefern.