Erschienen in:
01.11.2015 | Editorial
Mord und Totschlag
verfasst von:
Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
|
Ausgabe 4/2015
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Auszug
Der Bundesjustizminister Heiko Maas hat 2014 eine vor mehr als dreißig Jahren eingeschlafene Diskussion über eine Reform der strafrechtlichen Normierung der Tötungsdelikte aufgegriffen, befördert durch Länderinitiativen und Vorschläge des Deutschen Anwaltvereins (DAV) sowie von weiteren Juristen. Der DAV hat seinen Vorschlag am 29.04.2014 in Anwesenheit des Ministers vorgestellt; er beinhaltet eine Abschaffung der Begriffe Mord und Totschlag und einen einheitlichen Tötungstatbestand, der mit zeitiger oder lebenslanger Freiheitsstrafe zu ahnden sei. Wie schuldangemessen zwischen der Mindeststrafe von 8 Jahren und lebenslang zu differenzieren ist, wird nicht ausgeführt. Betont wurde in der Diskussion, dies werde – in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung (die anhand der angeblich nazistischen Mordmerkmale erfolgte) – den Richtern schon gelingen. In der Diskussion stand Albin Eser auf, der nach wie vor jugendfrische Verfasser des Reformvorschlags für den Deutschen Juristentag 1980, und wies darauf hin, dass just diese Weglassung jeder weiteren Mordqualifikation im Strafgesetzbuch der erste Vorschlag des Staatssekretärs Roland Freisler gewesen sei. Auf Kritik an der mangelnden Bestimmtheit habe er geantwortet, der deutsche Richter werde schon fraglos erkennen, wenn er einen Mörder vor sich hat. Die Bedenken der Fachleute aus dem Justizministerium hätten sich dann aber durchgesetzt, sodass es – in Anlehnung an die Schweizer, wesentlich durch Carl Stooss beeinflusste Gesetzgebungsdiskussion – zu der Formulierung der heute noch gültigen Mordmerkmale kam. …