Erschienen in:
01.04.2015 | Originalien und Übersichten
Psychische Gesundheit von Jugendlichen in Deutschland
Ein Vergleich nach Migrationshintergrund und Herkunftsland
verfasst von:
Anna-Kristin Brettschneider, H. Hölling, R. Schlack, U. Ellert
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 4-5/2015
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Zusammenfassung
Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen in Familien mit Migrationshintergrund auf. Unterschiedliche kulturelle, religiöse und sprachliche Hintergründe beeinflussen ihr Verhalten in vielerlei Hinsicht. Der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Migrationshintergrund kann sowohl positiv als auch negativ sein. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Zusammenhänge zwischen selbstberichteten psychischen Problemen und Migrationshintergrund sowie verschiedenen Herkunftsländern bei Jugendlichen in Deutschland zu beschreiben. Die Basiserhebung (2003–2006) des bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) bietet durch ihr migrantensensitives Zugangsdesign gute Voraussetzungen für migrantenspezifische Auswertungen. Selbstberichtete Verhaltensauffälligkeiten sowie Stärken wurden mit dem Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ) bei 6719 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren erfasst. Jugendliche mit beidseitigem Migrationshintergrund berichteten häufiger psychische Probleme (SDQ-Gesamtproblemwert) als Jugendliche ohne Migrationshintergrund (16,9 vs. 11,5 %) oder Jugendliche mit einseitigem Migrationshintergrund (16,9 vs. 11,3 %). Der Vergleich nach Herkunftsländern zeigte, dass türkeistämmige Jugendliche ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme im SDQ-Gesamtproblemwert hatten (Jungen: OR 2,0; 95 %-KI 1,3–3,2; Mädchen: OR 2,0; 95 %-KI 1,2–3,4) als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Auch für Mädchen aus Westeuropa, den USA und Kanada bestand laut Selbstauskunft ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme (OR 2,2; 95 %-KI 1,3–3,6). Nach Adjustierung für den Sozialstatus wurde der Effekt der Herkunftsländer jedoch in einigen Fällen insignifikant. Die Ergebnisse weisen auf die Bedeutung einer migrantensensiblen und kultursensitiven Prävention von psychischen Problemen hin, die die Lebenswelt und kulturspezifischen Besonderheiten der Betroffenen mit einbezieht.