Erschienen in:
01.11.2014 | Leitthema
Schuss- und Stichverletzungen in Deutschland – Epidemiologie und Outcome
Eine Analyse aus dem TraumaRegister DGU®
verfasst von:
Dr. D. Bieler, A.F. Franke, S. Hentsch, T. Paffrath, A. Willms, R. Lefering, E.W. Kollig, TraumaRegister DGU
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 11/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Durch ihre geringe Inzidenz ist die Versorgung von Schussverletzungen in Deutschland und in Mitteleuropa eine seltene Herausforderung in der Unfallchirurgie. Insgesamt sind in Deutschland perforierende Verletzungen mit einer Häufigkeit von ca. 5 % anzugeben. Darunter werden neben Schussverletzungen die weitaus häufigeren Messerstich- und perforierenden Verletzungen anderer Ursachen, z. B. im Rahmen von Unfällen, subsumiert. Da aufgrund der geringen Inzidenz auch in Level-1-Traumazentren überschaubare Fallzahlen behandelt werden, war es Ziel dieser Arbeit, die Epidemiologie und das Outcome von Schuss- und Stichverletzungen in Deutschland darzustellen.
Material und Methode
Seit dem Jahr 2009 werden Schuss- und Stichverletzungen neben dem Verletzungsmechanismus „perforierende Verletzung“ im TraumaRegister DGU® als Verletzungsart zusätzlich separat erfasst. Darüber wurden die Fälle identifiziert und der Untersuchungszeitraum definiert. Die verwendeten Daten entstammen dem Standarderhebungsbogen der teilnehmenden deutschen Kliniken und umfassen den Zeitraum von 2009 bis 2011. Ausschlusskriterien im Bereich des Gesamtkollektivs wurden bewusst nicht definiert, um möglichst ein Gesamtbild dieser Verletzungsentitäten zu erhalten. Aufgrund der Häufigkeit von Kopfschussverletzungen und deren Implikationen auf die Gesamtgruppe erfolgte auch eine Auswertung einer Subgruppe ohne Kopfverletzung.
Ergebnisse
Im Zeitraum von 2009 bis 2011 konnten 305 Patienten mit einer Schuss- und 871 mit einer Stichverletzung identifiziert werden. Es zeigt sich aufgrund des hohen Anteils an Kopfschussverletzungen aus suizidaler Absicht eine kumulative Letalitätsrate von 39,7 %. Stichverletzungen zeigen eine geringere Mortalität mit 6,2 %. Der hämorrhagische Schock ist bei jedem vierten Patienten mit Schuss- bzw. Stichverletzung ein deutlich häufigeres präklinisches Problem, das sich auch in der klinischen Phase der Versorgung manifestiert. So ist die Transfusionshäufigkeit mit 26,9 % bei Schussverletzungen 3-mal höher als beim stumpfen Trauma.
Schlussfolgerung
Verletzungen durch Schuss- und Stichwaffen in Deutschland haben eine niedrige Inzidenz und sind überwiegend mit Gewaltverbrechen und Suizidversuchen assoziiert. Abhängig von der verletzten Körperregion weisen sie eine sehr hohe Mortalität auf und sind häufig mit einer kreislaufrelevanten Blutung assoziiert. Um die langfristige Versorgungsqualität von Stich- und Schussverletzungen zu evaluieren, sind aufgrund der geringen Inzidenz weitere Daten und Analysen notwendig.