Erschienen in:
01.11.2014 | Notfallmedizin
Interdisziplinäres Traumamanagement
Update 3 Jahre nach Implementierung der S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung
verfasst von:
Dr. B. Donaubauer, J. Fakler, A. Gries, U.X. Kaisers, C. Josten, M. Bernhard
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 11/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Drei Jahre nach Veröffentlichung der S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung müssen die enthaltenen Kernaussagen weiterhin implementiert werden.
Ziel der Arbeit
Der vorliegende Beitrag soll einerseits einige der wesentlichen Kernaussagen der S3-Leitlinie repetieren und andererseits einen Überblick über neuere wissenschaftliche Studien geben.
Material und Methoden
In einer selektionierten Literaturrecherche wurden neue Studien zu den Themen Atemwegsmanagement, traumaassoziierter Herz-Kreislauf-Stillstand, Schockklassifikationen, Gerinnungstherapie, Ganzkörpercomputertomographie sowie Luftrettung und Zielklinik identifiziert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden vor dem Hintergrund der bestehenden Kernaussagen der S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung diskutiert.
Ergebnisse
Die in der S3-Leitlinie bestehenden Empfehlungen zum Atemwegsmanagement sind weiterhin aktuell. Jedoch sollten Empfehlungen zur Beurteilung eines schwierigen Atemwegs (z. B. „LEMON law“) ergänzt werden. Als wesentlicher Qualitätsparameter wird zukünftig der „first pass success“ (Intubationserfolg im 1. Versuch) berücksichtigt werden müssen. Die Videolaryngoskopie stellt hierbei ein zukunftweisendes Instrument zur Umsetzung dieses Ziels dar. Aktuell ermittelte Lernkurven für die endotracheale Intubation und supraglottische Atemwegshilfen sollten bei der Erstellung von Qualifikationsanforderungen berücksichtigt werden. Lebensrettende invasive Notfalltechniken müssen prähospital durchgeführt werden und verlängern nicht die Gesamtversorgungsdauer schwerverletzter Patienten bis zum Abschluss der Schockraumphase. Die Behandlungsergebnisse bei traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillständen sind besser als erwartet. Aktuell entwickelte Reanimationsalgorithmen für Traumapatienten müssen implementiert werden. Die „Prehospital-trauma-life-support“(PHTLS)/“Advanced-trauma-life-support“(ATLS)-Schockkriterien haben sich als nicht realitätsnah herausgestellt, daher schlagen neuere Untersuchungen die Beachtung der Laktatkonzentration, der Laktat-Clearance und des Basendefizits für die Evaluation eines Schockzustands im Schockraum vor. Im Gerinnungsmanagement hat sich Tranexamsäure als einfach zu applizierende, sichere und effektive antifibrinolytische Substanz herausgestellt, deren Einsatz jedoch nicht nur den am schwersten verletzten Patienten vorbehalten sein sollte. Zahlreiche Studien legen einen positiven Effekt der Ganzkörpercomputertomographie auf die Versorgungszeit und das Überleben nahe. Ungeklärt sind hierbei die Indikatoren, die die Notwendigkeit einer Durchführung einer Ganzkörpercomputertomographie anzeigen. Weitere Untersuchungen unterstützen die Einschätzung eines positiven Effekts der Luftrettung auf das Behandlungsergebnis von Traumapatienten.
Schlussfolgerung
Die in der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ bestehenden Empfehlungen zum interdisziplinären Traumamanagement sollten in den klinischen Alltag übertragen werden. Daneben ist die Kenntnis neuerer wissenschaftlicher Studien für den Anästhesisten und Notarzt wichtig, um die Kernaussagen der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ adäquat umsetzen zu können.