Erschienen in:
01.11.2014 | Leitthema
Noceboeffekte und Negativsuggestionen in der Anästhesie
verfasst von:
N. Zech, M. Seemann, Prof. Dr. Dr. E. Hansen
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 11/2014
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Zusammenfassung
Anästhesisten haben nicht nur durch Medikamente, Interventionen und Behandlungen Wirkung auf Patienten und ihre Heilung, sondern wesentlich auch durch ihre Worte und ihre Person. Ein erheblicher Teil der beobachteten Nebenwirkungen ist durch Noceboeffekte und Negativsuggestionen, d. h. durch den Arzt und die medizinische Umgebung bedingt. Jedes Symptom einer Krankheit, jede Nebenwirkung oder Komplikation kann durch ein falsches Sprechen darüber induziert werden. Für Patienten sind medizinische Situationen wie ein Notfall, eine Narkose oder eine Intensivtherapie extrem und z. T. existenziell bedrohlich. Dies bringt sie in einen veränderten Bewusstseinszustand, der sie für Negativsuggestionen besonders empfänglich macht. Suggestionen beeinflussen nicht nur psychische Funktionen wie Angst und Schmerz, sondern auch körperliche. Starke, bildhafte Worte, Doppeldeutigkeiten, Missverständnisse, unbedachte Gespräche, Fachjargon und Risikoaufklärung bilden mannigfaltige Negativsuggestionen. Nicht die medizinische Aufklärung, sondern die Art der Aufklärung gehört auf den Prüfstand. Durch das Wissen um Noceboeffekte und Negativsuggestionen können diese besser erkannt und vermieden werden. Diese Negativeinflüsse wirken im Kontext, d. h. in Abhängigkeit von individueller Vorgeschichte und Ängsten des Patienten sowie von dem entstandenen Vertrauensverhältnis. Der beste Schutz vor Schäden durch Aufklärung und Negativsuggestionen ist die tragfähige therapeutische Beziehung.