Skip to main content

2015 | Buch

Handbuch Klinisches Risikomanagement

Grundlagen, Konzepte, Lösungen - medizinisch, ökonomisch, juristisch

herausgegeben von: Alexander Euteneier

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Risiken lassen sich nicht ausschließen – aber minimieren

Klinisches Risikomanagement ist wesentlicher Bestandteil ärztlichen und pflegerischen Handelns. 35 Experten erläutern aus ihrer Fachperspektive Grundlagen und Konzepte, zeigen praktische Lösungen auf und stellen notwendige Werkzeuge, u.a. Checklisten, Standard Operating Procedures, Critical Incident Reporting-Systeme, Mortalitäts- & Morbiditäts-Konferenzen, Peer Reviews, Ursachenanalysen, Qualitäts- und Patientensicherheitsindikatoren sowie Methoden der Risikoerfassung und Bewertung vor. Risikorelevantes Managementwissen und Erkenntnisse aus der Human Factor Forschung fließen in die Themen wie Führung, Teamentwicklung, Schulungen und Trainings, Mitarbeitermotivation, Patientensicherheit und Entwicklung einer Sicherheitskultur ein.

Das zentrale Anliegen dieses Handbuchs ist es, die wesentlichen Elemente des klinischen Risikomanagement umfassend und aus verschiedenen Blickwinkeln darzustellen. Es werden sowohl medizinische, managementbezogene, ökonomische als auch juristische Themen angesprochen, um dem Leser alles an die Hand zu geben, ein effizientes Risikomanagement - am eigenen Bedarf orientiert - zu implementieren.

Die Zielgruppe dieses Buches sind dementsprechend Entscheidungsträger und Führungskräfte, sowie die vielen Umsetzer vor Ort, wie Geschäftsführer, Ärztliche Direktoren, Pflegedirektoren, Chefärzte, Oberärzte in Führungspositionen, Pflegedienstleitungen, Stationsleitungen, Risikomanager, Qualitätsmanager- und Beauftragte, Personalmanager, Hygienemanager- und Beauftragte, IT-Führungskräfte, Apotheker, Medizintechniker, Krisenmanager und Juristen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

Frontmatter
1. Einführung – Was bedeutet klinisches Risikomanagement?
Zusammenfassung
Die Aufgaben des klinischen Risikomanagements lassen sich am besten aus der Patientenperspektive ableiten. Vornehmlich sind es die Verbesserung der Patientensicherheit und die Etablierung einer gegen Risiken resilienten Unternehmenskultur. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung einer Risikomanifestation, sondern auch um die frühzeitige Erkennung von Patientenschäden und Milderung ihrer Folgen. Das klinische Risikomanagement hat die Aufgabe, die Rahmenfaktoren so zu gestalten, dass stets eine sichere Versorgung des Patienten gewährleistet wird, unbeschadet der Erkrankungs- und Verletzungsschwere. Dies erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, um den medizinischen, organisatorischen, juristischen und ökonomischen Anforderungen gerecht zu werden. Es bedarf wesentlicher Managementkenntnisse und Wissen über die Besonderheiten von Hochrisikoorganisationen. Dem zugrunde liegen eine ausgeprägte Ethik und das Übernehmen von Verantwortung auf der Organisations- und individuellen Ebene.
Alexander Euteneier
2. Historie und Entwicklung
Zusammenfassung
Auslöser für die wachsende Bedeutung des klinischen Risikomanagements war der IOM-Report (USA) aus dem Jahre 1999, der aufgrund der Schätzungen an vermeidbaren Todesfällen und Patientenschäden einen dringenden Handlungsbedarf signalisierte. Weltweit entstanden Initiativen und Organisationen zur Verbesserung der Patientensicherheit, wobei u. a. auf bestehende Kompetenzmodelle zurückgegriffen wurde und zugleich neue Konzepte, insbesondere zur Verbesserung organisationaler Abläufe und interpersonaler Kompetenzen, wie Führung und Teamarbeit entstanden. Die Rolle des Patienten hat sich ebenfalls deutlich gewandelt, hin zu einem zunehmend informierten und aktiven Patienten, der an den Entscheidungen über seine Krankheit im Sinne eines „shared decision making“ teilhaben möchte. Dies hat auch Auswirkungen auf die Ausgestaltung eines patientenzentrierten klinischen Risikomanagements, in dem der Patient einen aktiven Part einnehmen kann.
Alexander Euteneier, David Schwappach
3. Rahmenfaktoren des deutschen Gesundheitssystems
Zusammenfassung
Das deutsche Gesundheitssystem weist einige strukturelle Besonderheiten auf, die sich wesentlich auf die Patientensicherheit und die Ausgestaltung des klinischen Risikomanagements auswirken. Insbesondere sind es die sektoralen Grenzen der Patientenversorgung und die damit verbundenen Schnittstellen, die u. a. zu Informationsverlusten, Parallelstrukturen, Doppelvorhaltungen und Mehrfachuntersuchungen sowie unklaren Zuständigkeiten in der Leistungserbringung führen können. Klinisches Risikomanagement bedeutet, diese Schwachstellen anzugehen. Dabei kommen immer mehr intelligente IT-Systeme zum Einsatz. Zentrumsbildungen erhöhen die medizinische Kompetenz und erfordern mehr denn je eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Wettbewerbseffekte zeigen zunehmend negative Auswirkungen durch Fehlanreize und Ökonomisierung der Medizin. Diesen Entwicklungen gilt es, soweit adressierbar, mittels einer systemischen Herangehensweise des klinischen Risikomanagements entgegenzuwirken.
Alexander Euteneier
4. Rahmenfaktoren des österreichischen Gesundheitssystems
Zusammenfassung
Im österreichischen Gesundheitssystem erfolgte 2013 eine Gesundheitsreform mit Implementierung eines nationalen partnerschaftlichen Zielsteuerungssystem, das verschiedene Qualitätsziele und einen Maßnahmenkatalog umfasst. Die damit einhergehende Qualitätsstrategie basiert auf einer bundeseinheitlichen Ergebnisqualitätsmessung aus Routinedaten (A-IQI) und anlassbezogenen Peer-Review-Verfahren. Aus diesen werden z. T. nationale Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet, die sowohl Strukturen als auch Prozesse betreffen. Es werden spezifische Bundesqualitätsstandards formuliert, z. B. zur Brustkrebs-Früherkennung, Behandlung hüftnaher Frakturen bei zuvor oral antikoagulierten Patienten, die schrittweise erweitert werden. Des Weiteren wurden Mindestanforderungen an QM-Systeme festgelegt und eingeführt. Nächste Schritte umfassen u. a. die Ausweitung der Ergebnisqualitätsmessung auf den ambulanten sowie sektorenübergreifenden Bereich sowie integrierte Versorgungspfade, z. B. für den Schlaganfall.
Silvia Türk
5. Rahmenfaktoren des schweizerischen Gesundheitssystems
Zusammenfassung
Die Schweiz ist geprägt durch ihre föderalen Strukturen. 2009 wurde das Swiss DRG-System zur Abrechnung der Kosten im stationären Bereich eingeführt. Trotz sichtbarer Tendenzen zu größeren Versorgungszentren gibt es weiterhin noch Spitäler mit einer minimalen Bettenanzahl, was z. T. der regionalen Situation einer Alpenregion geschuldet ist. Die Schweiz weist im OECD-Durchschnitt noch deutlich mehr Fachkräfte im Gesundheitsbereich auf. Eine sich abzeichnende Personalknappheit und die noch zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften sind jedoch zukünftige Herausforderungen. Die Krankenhäuser nehmen freiwillig mit einer über 95% Beteiligungsquote an Qualitätsmessungen teil, die nationale Vergleiche und spitalindividuelle Auswertungen ermöglicht und Grundlage für Qualitätsentwicklungen ist. Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz ist seit 2003 aktiv, betreibt Forschung und veröffentlich u. a. Handlungsanleitungen zu Themen der Patientensicherheit.
Margrit Leuthold

Konzeptionelle Grundlagen des klinischen Risikomanagements

Frontmatter
6. Grundsätzliche Aspekte des klinischen Risikomanagements
Zusammenfassung
Um ein wirkungsvolles klinisches Risikomanagement zu etablieren, müssen einige wenige, jedoch entscheidende konzeptionelle Aspekte berücksichtigt werden, welche die Grundlage für alle weiteren risikoreduzierenden Aktivitäten bilden. Dabei gilt es ein Verständnis für die Zusammenhänge zu entwickeln von Sicherheitskultur und Patientensicherheit, Risiken und Aufgaben von Hochrisikoorganisationen, Fehlermodelle und Ursachen von Fehlern sowie die damit verbundenen organisationalen und individuellen Verantwortlichkeiten. Das Ziel sollte sein, den Patienten als Partner durch partizipative Entscheidungsfindungen miteinzubinden. Langfristig gewährleistet eine gelebte Sicherheitskultur und damit verbunden eine gerechte und informierte Kultur, eine patientenorientierte bzw. differenzierte Flexibilität, die Freiräume innerhalb eines abgesteckten Handlungs- und Werterahmens für individuell auf den Patienten zugeschnittene Lösungswege schafft.
Alexander Euteneier, Hartwig Bauer
7. Messmethoden und Daten zur Erfassung der Patientensicherheit
Zusammenfassung
Die Bewertung der „Patientensicherheit“ anhand verlässlicher Daten stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Die Unterscheidung zwischen unerwünschten Ereignissen, vermeidbaren und unvermeidbaren Ereignissen sowie Beinaheschäden spielt eine wichtige Rolle. Alle Messverfahren bieten lediglich eine ausschnitthafte Annäherung an die Fragestellung. Die „Harvard-Medical-Practice-Design“-Methode, welche bis heute als Standardverfahren zur Erhebung vermeidbarer unerwünschter Ereignisse bei Krankenhauspatienten im Einsatz ist, bietet die Möglichkeit einer internationalen Vergleichbarkeit der Patientensicherheit. Behandlungsfehlerstatistiken eignen sich besonders zur Identifizierung von Hochrisikoereignissen. Themenbezogene Statistiken können anhand quantitativer oder qualitativer Daten einzelne Risikobereiche analysieren. Wichtig ist im Anschluss die Wirksamkeit durchgeführter Maßnahmen zu belegen, was i. d. R. nur anhand aufwändiger interventioneller Studien möglich ist.
Constanze Lessing
8. Management komplexer Systeme
Zusammenfassung
Kenntnisse über die Auswirkungen komplexer Systeme helfen Mitarbeitern und Führungskräften im Klinikalltag zu verstehen, wie sicheres Handeln in hochrisikobehafteten und zeitkritischen Situationen am besten umsetzbar ist. Die Einsicht, dass Entscheidungen häufig in Unkenntnis aller Informationen getroffen werden müssen und Patientenverläufe oft irregulär und dynamisch sind, sollte jedem die Möglichkeit menschlichen Fehlverhaltens vor Augen führen. Erst dadurch können Strategien und Verhaltensweisen entwickelt werden, wie auf organisationaler und individueller Ebene komplexe Systeme beherrschbarer gemacht werden können. Hierzu bietet sich eine systemtheoretische Unternehmenssteuerung an, die eine ausgewogene Balance aus Standardisierung, Spezialisierung, Zentralisierung und Formalisierung bei gleichzeitiger Beibehaltung von Flexibilität, z. B. durch das Schaffen autonomer Teilbereiche und Freiräume für die ärztliche Kunst und Intuition anstrebt.
Alexander Euteneier
9. Das Team – Kooperation und Kommunikation
Zusammenfassung
Die zunehmend komplexer werdende Medizin erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit einem hohen Maß an Teamfähigkeit. Gute Teamarbeit fördert die Identifikation mit der Arbeit, was wiederum die Arbeitszufriedenheit erhöht. In Krankenhäusern gibt es häufig ad hoc zusammengesetzte Teams, die sich stets von neuem analog dem Team-Phasenmodell von Tuckman formen müssen, was hohe Sozialkompetenzen in Kommunikation und Kooperation erfordert. Mit einer hohen Qualität der Teamzusammenarbeit geht eine hohe Patientensicherheit einher. Schlechte Kommunikation ist eine der häufigsten Fehlerquellen. Das Shannon-Weaver-Modell sowie das Vier-Seiten-Modell und die 5 Axiome von Schulz von Thun erklären die Vielschichtigkeit und Komplexität der Kommunikation und veranschaulichen ihre Fehleranfälligkeit. Die Kenntnis dieser Kommunikationsmodelle hilft Mitarbeitern und Führungskräften bewusster und eindeutiger zu kommunizieren.
Regina Euteneier
10. Führung und Risikomanagement
Zusammenfassung
Kompetente Führung trägt maßgeblich dazu bei, ein erfolgreiches klinisches Risikomanagement zu betreiben. Dabei besteht die Führungsaufgabe mehr denn je darin, ergebnisorientierte Teams zu bilden und die Teamarbeit zu fördern. Steile Hierarchien sind ein Risikofaktor, flache Hierarchien äußern sich in der Maxime medizinische Entscheidungen durch den besten Sachverstand zu treffen. Führung und Führungskompetenzen müssen erlernt werden und es gilt zu unterscheiden zwischen Sachaufgaben (Experte) und Managementaufgaben (Führungskraft). Gute Führung zeigt sich u. a. durch wirksames Handeln und guten Ergebnissen. Dabei müssen stets verschiedenste Interessen miteinander abgewogen werden, jedoch das Patientenwohl stets an oberster Stelle stehen. Kenntnisse von Managementmodelle und Führungsstilen können zur Orientierung dienen, garantieren jedoch für sich genommen noch nicht den Erfolg.
Alexander Euteneier
11. Motivation und Verhalten
Zusammenfassung
Die Motivation bzw. Demotivation der Mitarbeiter trägt entscheidend zu ihrer Leistungsbereitschaft bei und damit auch zur Bereitschaft, sich aktiv mit Patientensicherheit auseinanderzusetzen. Die Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie von Vroom oder die Motivationspyramide von Maslow bzw. das Herzberg-Modell mit seiner Unterscheidung von Hygienefaktoren und Motivationsfaktoren beschreiben die Vielschichtigkeit der Motivation. Die Organisation und ihre Führungskräfte haben einen wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung des Arbeitsumfeldes, um intrinsische Motivation durch Förderung von Selbstbestimmtheit, Kompetenzentwicklung und Eingebundenheit in das Team zu verstärken und mit extrinsisch motivierenden Maßnahmen, wie dem Schaffen eines positives Betriebsklima, flexiblen Arbeitszeitmodellen oder auch Aufstiegsmöglichkeiten, zu flankieren. Ein positiver Führungsstil und ausgeprägte Führungskompetenzen sind dafür die Grundvoraussetzung.
Regina Euteneier
12. Human Factor
Zusammenfassung
Human-Factor-Modelle analysieren Bedingungen menschlichen Leistungsverhaltens, die im Akteur selbst, in der jeweiligen Arbeitsaufgabe, im Umfeld oder in der Organisation liegen können und die ursächlich für Arbeitsqualität oder Fehler wirksam werden. Aufgrund der hohen Bedeutung dieser Faktoren für Hochrisikoorganisationen entwickelte sich in den 1980er Jahren die Human-Reliability-Forschung. Das SHELL-Modell gliedert Human Factors in die Bereiche Software (Regelwerke), Hardware (Geräte), Environment (Umfeld) und Liveware (Team/Individuum). Grenzen menschlichen Leistungsvermögens können z. B. bei Übermüdung, Informationsüberfluss oder Stress auftreten. Mensch-Maschine-Interaktionen werden ebenso besprochen wie ein hoher Automatisierungsgrad, der neue Risiken birgt (z. B. Complacency). Der Ansatz des Threat-and-error-Managements beschreibt Strategien, durch die Gefahren und Fehler im Arbeitsalltag rechtzeitig identifiziert und durch Gegenmaßnahmen neutralisiert werden können.
Hans-Jürgen Hörmann
13. Regelverstöße
Zusammenfassung
Regeln basieren seltener als erwartet auf wissenschaftlicher Evidenz sondern sind häufig erfahrungsgeleitet. Sie sind besonders effektiv bei Routineprozeduren. Regelverstöße unterscheiden sich grundsätzlich von Fehlern durch ihre Intentionalität. Ursachen für Regelverstöße auf organisationaler Ebene sind u. a. widersprüchliche oder falsche Zielvorgaben, Intransparenz und fehlende Compliancestrukturen, eine schlechte Qualität der Regelgestaltung oder fehlende Integration in bestehende Regelwerke. Individuelle Ursachen finden sich z. B. in einer der 5 gefährlichen Grundhaltungen, wie fehlender Reflexions- und Kritikfähigkeit oder Selbstüberschätzung. Es besteht die Gefahr, dass Organisationen verstärkt mit einer Überregulierung reagieren, was zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit von Regelverstößen erhöht. Erfolgsversprechender ist ein gezieltes Angehen der Ursachen unter Anwendung eines verhaltensbezogenen Ansatzes, weniger ein auf Angst basierendem Sanktionsmodell.
Alexander Euteneier
14. Informationstechnologie und Risikomanagement
Zusammenfassung
Eine hochwertige Patientenversorgung ist ohne Einsatz von Health-IT nicht mehr vorstellbar. Die Digitalisierung schreitet stetig voran. Die Herausforderungen bestehen darin, die damit einhergehenden neuen Fehlerquellen zu identifizieren und z. B. softwareseitig die exakte Programmierung und Rechenregeln zu überprüfen, aber auch Themen wie Datenschutz, IT-Sicherheit und Archivierung anzugehen. Anwenderseitig ist die intuitive Bedienbarkeit anzustreben, bei der durch intelligente Algorithmen bedarfsgerecht relevante Informationen aufbereitet und darstellt werden. Sicherheitsrelevante und risikobehaftete Schwachstellen müssen im Rahmen der Weiterentwicklung minimiert werden. Arbeitsorganisation und Teamarbeit sind durch die IT noch mehr zu unterstützen, ebenso wie die Interoperabilität durch weitere IT-Systeme (Schnittstellen). Langfristiges Ziel wird sein, für die Health-IT analog der Medizin eine evidenzbasierte IT aus Sicht der Endanwender zu etablieren.
Peter Langkafel
15. Aufgaben der Medizintechnik
Zusammenfassung
Die Medizintechnik spielt eine wichtige Rolle im klinischen Risikomanagement, ist sie doch mitverantwortlich, dass Medizinprodukte sowohl mess- als auch sicherheitstechnisch einwandfrei funktionieren und eingesetzt werden. Besonders die aktiven Medizinprodukte, wie z. B. Chirurgiegeräte, können lebensbedrohliche Folgen bei Fehlfunktionen haben. Die Medizintechnik hat darüber hinaus umfassende Organisationsaufgaben, gilt es doch z. T. tausende Medizingeräte zu verwalten, was nur über effiziente Prozesse gelingen kann. Eine datenbankbasierte Verwaltung über eine Computer-Aided-Facility-Management-Software ist zu empfehlen, verbunden mit einem Ticketsystem, welches schnell und niederschwellig Ausfälle und Störungen erfasst und für kurzfristigen Ersatz sorgt. Darüber hinaus müssen auch potenziell Patienten gefährdende Störungen an Medizingeräten unverzüglich der BfArM gemeldet werden.
Kurt Kruber
16. Aufgaben des Medikamentenmanagements
Zusammenfassung
Das Medikamentenmanagement umfasst die Gesamtheit aller Prozesse, die u. a. dazu beitragen, die Medikation für Patienten und Mitarbeiter sicherer zu machen. Darin eingeschlossen sind übergeordnete Prozesse, wie z. B. Beschaffung, Lagerung und Bereitstellung. Die 13-R-Regel beschreibt dabei alle wesentlichen Schritte. In neuerer Zeit kommen Unit-Dose-Systeme auf den Markt, die besonders das Risikofeld der falschen Abgabe von Medikamenten reduzieren und zugleich für Entlastung des Pflegepersonals sorgen können. Typische Fehlerquellen sind sog. Look-alike- und Sound-alike-Verwechslungen von Medikamenten, die durch entsprechende Gegenmaßnahmen minimiert werden können. Das Medikamentenmanagement umfasst auch die engmaschige Therapiekontrolle, um so frühzeitig Non-Responder und Nebenwirkungen zu erkennen, die im Extremfall zu vital bedrohlichen Zuständen führen. Die exakte Dokumentation ist Voraussetzung für eine adäquate Arzneimitteltherapie und Conditio sine qua non.
Hanna M. Seidling, Marion Stützle, Walter E. Haefeli
17. Aufgaben des Hygienemanagements
Zusammenfassung
Hygiene ist in den letzten Jahren trotzt kaum veränderter Zahlen an nosokomialen Infektionen ein immer wichtigeres Thema geworden, da es unter besonderer öffentlicher Aufmerksamkeit steht und ein Hygieneskandal neben dem großen Imageschaden schnell zur wirtschaftlich bedrohlichen Situation für das Krankenhaus führen kann. Es ist schwer zu differenzieren zwischen tatsächlich erworbener nosokomialer Infektion aufgrund ärztlichem oder pflegerischem Fehlverhalten und endogenen Infektionen, die den Komplikationen zuzurechnen sind. Die Führung des Krankenhauses muss auf Basis des IfSG umfassende Hygienemaßnahmen durchführen. Hierunter fällt die Verpflichtung von kompetentem Hygienepersonal wie Hygieneärzte, Hygienefachkräfte sowie hygienebeauftragte Ärzte und Pflegepersonal, die u. a. über eine engmaschige Surveillance Bedrohungen frühzeitig erkennen. Besonders hilfreich ist die Ausbildung im „antibiotic stewardship“, die einen rationalen Einsatz von Antibiotika unterstützt.
Petra Gastmeier
18. Compliance in der Medizin
Zusammenfassung
Compliance im Sinne von Gesetzes- und Richtlinieneinhaltung gewinnt auch für Krankenhäuser an zunehmender Relevanz. Hintergrund sind zunehmende Regularien auf der einen und höhere Sanktionen auf der anderen Seite. Für die Konzeption und Implementierung eines Compliancemanagementsystems (CMS) bietet sich der branchenunabhängige Prüfungsstandard 980 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) an. Nach diesem Standard besteht ein CMS aus sieben Elementen. Im Rahmen der Konzeption sind insbesondere die Synergien und Wechselwirkungen mit bereits bestehenden Systemen zu beachten.
Marc Deffland
19. Juristische Aspekte des klinischen Risikomanagements
Zusammenfassung
Klinisches Risikomanagement hat die aktive Erhebung und Eliminierung von Risiken bei der Patientenbehandlung zum Ziel. Es intendiert letztlich eine Optimierung der Behandlungsqualität, womit auch eine Reduzierung forensischer Risiken verbunden sein soll. Rechtliche Maßgaben bieten ohnehin fundamentale Parameter, um einen anzustrebenden „Soll-Zustand“ adäquater Struktur- und Prozessqualität im Behandlungsregime zu beschreiben. Dies betrifft die Gewährleistung einer Patientenbehandlung unter Einhaltung der Sorgfaltspflicht – d. h. gemäß medizinischen Standard bzw. im Ergebnis mit Facharztqualität – begleitet von gehöriger Aufklärung. Zudem bedarf es der adäquaten Dokumentation – auch zur Vermeidung zivilprozessualer Beweislastnachteile. Sämtliches kann sich nur auf der Basis sorgfaltspflichtgerechter Organisation effektuieren. Diese bedarf im Sinne sog. Sekundärorganisation regelkreisartiger Überprüfung, wozu ein adäquates Risikomanagement zu etablieren ist (vgl. § 135a SGB V).
Rolf-Werner Bock
20. Bedeutung der Haftpflichtversicherung
Zusammenfassung
Die Betriebshaftpflichtversicherung ist unverzichtbarer Teil des klinischen Risikomanagements. Dabei ist sorgfältig über die Ausgestaltung der Versicherungselemente zu entscheiden. Grundlage der Bewertung des versicherten Risikos sind die vom GDV empfohlenen 8 Risikogruppen verschiedener Krankenhaustypen sowie das unternehmerische Exposure (Bettenzahl, Fallzahl, Umsatz), die Schadenshistorie sowie zunehmend weiche Kriterien, die eine Beurteilung des vorhandenen klinischen Risikomanagement mit einschließen. Wenige Großschäden sind für mehr als 60% des Gesamtschadens verantwortlich. Die Prognose zur Schadensentwicklung wird durch die lange Regulierungsdauer schwerer Personenschäden, einer überproportionalen Schadensinflation, dem medizinischen Fortschritt, der sich ändernden Rechtsprechung und einem steigenden Anspruchsverhalten der Geschädigten deutlich erschwert und muss bei der Ausgestaltung des Versicherungsschutzes mit berücksichtigt werden.
Peter Graß, Marco Lonsing, Sarah Meckling-Geis

Management des klinischen Risikos

Frontmatter
21. Wahl der Risikomanagementstrategie
Zusammenfassung
Die Risikomanagementstrategie ist Teil des zentralen Governance-Systems im Krankenhaus, welches typischerweise die drei Bereiche des klinischen Risikomanagementsystems (RMS), des Compliancemanagementsystems (CMS) und des internen Kontrollsystems umfasst. Die RM-Strategie nimmt dabei Bezug auf eine verständliche, identifikationsstiftende und realistische Vision, die den Werte- und Handlungsrahmen absteckt. Zur Strategieentwicklung können etablierte Werkzeuge wie die SWOT-Analyse oder die Umweltanalyse eingesetzt werden. Daraus lassen sich Ziele ableiten, die z. B. anhand von risikoorientierten Scorecards operationalisiert werden können. Die RM-Strategie wird mittels einer Vielzahl von Projekten und Prozessen umgesetzt, die dem operativen Risikomanagement zuzuordnen sind. Dabei muss sich das RMS kontinuierlich verbessern, um so zu einem „risikointelligenten“ RMS zu reifen, welches als „Immunsystem“ des Krankenhauses dessen Resilienz gegen Fehler und Regelverstöße stärkt.
Nils Löber
22. Elemente des klinischen Risikomanagements
Zusammenfassung
Das klinische RM bedient sich einer strukturierten Vorgehensweise, die in Analogie zum PDCA-Zyklus in die Elemente Risiko (R)-Assessment, R-Bewältigung und R-Controlling wird. Die ISO 31000 hat dieses Schema als Norm für RM-Systeme branchenübergreifend etabliert. Eine valide Datenbasis und umfassende Methodenkenntnisse sowie Kenntnisse deren Limitationen sind Voraussetzung des R-Assessment. Eine einheitliche Taxonomie schafft Vergleichbarkeit. Die R-Bewertung, z. B mittels Heatmaps, simplifiziert die Beurteilung. Fehlerkettenanalysen repräsentieren eher die gelebte Praxis. Mit Durchführung risikoreduzierender Maßnahmen und Erfolgsüberprüfungen schließt sich der Kreislauf. Unterstützend dienen Kommunikation und Reporting, die bei Versagen selbst zu einem Risiko werden. Autoren wie Reason und Weick haben allgemeine Regeln zur Verbesserung der Sicherheitskultur aufgestellt, wobei sich gute medizinische Praxis und gelebte Sicherheitskultur wechselseitig positiv beeinflussen.
Alexander Euteneier
23. Changemanagement – Organisation des Wandels
Zusammenfassung
Die Fähigkeit zu Veränderungen ist eine essenzielle Voraussetzung von Hochrisikoorganisationen wie dem Krankenhaus. Das Changemanagement nimmt sich der Aufgabe an, den Veränderungsprozess zu strukturieren und über die Zeit zu begleiten. Es setzt dabei geeignete Methoden ein, um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Projektimplementierung zu erhöhen. Kotter und weitere Autoren bieten hierfür einen Leitfaden an, welcher durch die AHRQ für das klinische Umfeld in die Formate CUSP und TeamSTEPPS übertragen wurde. Veränderungen erfolgen auf verschiedenen Ebenen, wobei die positive Veränderung der Sicherheitskultur im Kontext des klinischen Risikomanagements das Hauptziel ist. Der Widerstand gegen Veränderungen hat viele Ursachen. Wichtig ist es, selbst scheinbar unveränderbare Welten mittels neuer Denk- und Lösungsansätze (Innovationen) zu verändern. Dazu erfordert es im Besonderen das Commitment der Führung und das Schaffen geeigneter Rahmenfaktoren für ein organisationales Lernen.
Alexander Euteneier
24. Implementierung von Risikomanagementprojekten
Zusammenfassung
Projektarbeit ist eine interdisziplinäre Herausforderung und kann nur durch eine konzertierte Anstrengung zu einer breiten Durchdringung und hohen Akzeptanz führen. Es ist zu empfehlen, Projekte stets bereichs- und berufsgruppenübergreifend anzulegen, schrittweise bzw. mitunter mit „Quick-win“-Projekten zu beginnen, stets ein transparentes Berichtswesen zu installieren, das Ausdruck einer strukturierten Herangehensweise ist.
Anne Hinrichs, Hans-Joachim Standke
25. Krisenmanagement
Zusammenfassung
Krisen bedeuten häufig eine kritische Abweichung von einem vorher definierten Sollprozess, die sich meist aufgrund der Eigendynamik nur noch schwer kontrollieren lassen. Ein proaktives und – bei Eintreten der Krise schnelles, reaktives – Krisenmanagement kann die Folgen minimieren. Hierzu ist eine Organisation notwendig, die sich bereits in Zeiten des ungestörten Normalbetriebs anhand eines Krisenkonzepts auf mögliche Krisenereignisse vorbereitet. Dies erfordert u. a. die Gründung eines Krisenstabs mit entsprechenden Kompetenzen, um die komplexen, oft unvorhergesehenen Situationen innerhalb einer Krise zu managen. Dabei bestehen neben organisatorischen, insbesondere kommunikative Herausforderungen, die umso größer werden, je breiter die Krise in den Medien thematisiert und aufgegriffen wird. Eine ernstgemeinte Fürsorge von Geschädigten und deren Angehörigen kann hier zur Deeskalation beitragen. In jeder Krise liegt aber auch die Chance des Lernens; sie sollte durch eine transparente Evaluation der Krisenursachen auch genutzt werden.
Jan Steffen Jürgensen, Nils Löber
26. Schadensmanagement
Zusammenfassung
Das Schadenmanagement ist Führungsaufgabe der obersten Leitung und erfordert eine strukturierte Vorbereitung, bevor ein Schadensereignis auftritt. Es begrenzt durch professionelles Handeln die Schadensauswirkung und koordiniert die Schadensabwicklung. Dabei müssen die gesetzlichen Anforderungen, z. B. das Patientenrechtegesetz, mitberücksichtig werden. Die enge Zusammenarbeit mit dem Haftpflichtversicherer und dem Versicherungsmakler ist anzuraten. Die Auswirkung eines Schadensereignisses wird durch die Art der Beeinträchtigung, Dauer und Reversibilität bewertet. Zur Festlegung der Vorgehensweise kann die Szenarioanalyse ein hilfreiches Instrument sein. Sämtliche Kommunikationswege sollten klar geregelt sein. Zum Schadensmanagement gehören auch die Unterstützung der betroffenen Mitarbeiter und eine systemische Analyse der Ursachen. Dazu dient eine positive Sicherheitskultur, in der die konstruktive Analyse und Bewältigung des Ereignisses ohne Schuldzuweisungen im Vordergrund steht.
Beate Wolter
27. Risikocontrolling
Zusammenfassung
Risikocontrolling übernimmt eine wichtige Aufgabe im Rahmen des klinischen Risikomanagements und Compliancemanagements, indem es als unabhängige Instanz eine kritische Überprüfung der Patientensicherheit durchführt und alle damit in Bezug stehende Daten erfasst. Es dient als Steuerungs- und Planungsinstrument und unterstützt die Geschäftsleitung in ihren strategischen Entscheidungen. Ein abgestuftes Berichtswesen schafft Transparenz und Verbindlichkeit. Dabei ist es wichtig die jeweiligen Vor- und Nachteile bzw. Limitationen bzgl. der Aussagekraft der verwendeten Daten / Methoden zu kennen und einzuschätzen. Die Risikoberichte liefern überwiegend eine Approximation des retrospektiv betrachteten, bestehenden Risikos und dienen weniger zur Extrapolation zukünftiger Risiken. Das Risikocontrolling sollte in einem Kennzahlensystem integriert sein, wobei sich hier das Balanced-Scorecard-System anbietet.
Alexander Euteneier
28. Steuerungswerkzeuge für das klinische Risikomanagement
Zusammenfassung
Ohne wirksame Werkzeuge zur Planung und Steuerung der Unternehmensziele mit Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Organisationsstrukturen sowie auf Verhalten und Motivation der Mitarbeiter ist ein effektives Risikomanagement nicht möglich. Planung und Steuerung erfolgen unter Akzeptanz hypothetischer Annahmen, die eher einer Vorsteuerung entsprechen und jederzeit angepasst werden müssen. Die beiden wichtigsten Aufgaben sind, geregelte Kommunikations- und Reportingstrukturen aufzubauen, die über ein Kennzahlensystem wie dem Balanced-Scorecard-System Verbindlichkeit und damit Steuerbarkeit erst erlauben. Besonders die motivationalen Aspekte haben einen großen Einfluss auf die Leistung der Mitarbeiter, die es gilt durch entsprechende Anreizsysteme zu fördern, wobei bei einem finanziellen Anreizsystem die Nachteile überwiegen. Langfristige intrinsische Motivation erreicht man über ein Arbeitsumfeld, welches das Bedürfnis nach Autonomie, Meisterschaft und Sinnhaftigkeit erfüllt.
Alexander Euteneier
29. Prozessmanagement
Zusammenfassung
Prozesse sind ständige Begleiter ärztlichen und pflegerischen Handelns und vereinfachen durch Standardisierung besonders Routinetätigkeiten, was als Folge die Qualität und Reproduzierbarkeit erhöht. Mittels geeigneter Prozessmodelle sowie differenzierter Regeln, wie z. B. Leitlinien und SOPs, werden Prozesse beschrieben. Das Prozessdesign ist ebenso wie die Integration in die bestehende Prozesslandschaft für die Akzeptanz und Compliance von großer Bedeutung. ISO und KTQ sind typische Zertifizierungsverfahren von Prozessen, das EFQM-Modell legt seinen Fokus verstärkt auf die Prozessergebnisse. Prozesse und ihre Regelwerke müssen regelmäßig evaluiert werden und ihren Nutzen belegen. Projekte sind zeitlich terminierte Ereignisse, Prozesse dagegen stets wiederkehrend und verbessern sich im Idealfall kontinuierlich. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Detaillierungsgrad noch Freiräume für eine patientenindividuelle Versorgung zulässt, ohne die eine gute Medizin nicht möglich ist.
Alexander Euteneier

Lösungen

Frontmatter
30. Personaleinsatz
Zusammenfassung
Die Rolle des Risikomanagers und dessen Aufgaben wird sich in Zukunft noch weiter differenzieren und spezifizieren. Mit der Auswahl kompetenter teamfähiger Mitarbeiter, integriert in eine lernende Organisation, wird der Grundstein einer sicheren Organisation gelegt. Dem Management stehen zur Qualifizierung ihrer Mitarbeiter u. a. Crew-Resource-Management-Trainings sowie strukturierte kompetenzbasierte Einarbeitungskonzepte und Mentoring-Systeme zur Verfügung, die Teil des Wissensmanagements sind. Hinzu kommen Compliance-Programme, wie ein Whistleblower-System, das dazu dient, individuelle Complianceverstöße aufzudecken. Fehler können zu starken psychischen Belastungen bei dem Verursacher („second victim“) führen, die durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen abgemildert werden können. Konflikte können ebenfalls zu Belastungen führen, wenn diese nicht in einer formalisierten und fairen Weise ausgetragen werden. Besonders die Führung ist hier gefordert konfliktlösend und vorbildlich zu agieren.
Peter Maschke, Alexander Euteneier, Johannes Albes, Regina Euteneier, Andreas Büscher, Heiko Stehling, Ingeborg Singer, David Schwappach, Marc Deffland
31. Prozesse
Zusammenfassung
Prozesse sind der zentrale Ansatzpunkt für risikoreduzierende Maßnahmen. Hierzu zählen auch die Implementierung und Optimierung der DNQP-Expertenstandards, Standardisierung Expertenstandards und die Standardisierung der Patientenübergaben und -identifikation. Es gilt die vielen Schnittstellen inner- und außerhalb des Krankenhauses durch geeignete Maßnahmen zu optimieren, um eine Sicherstellung der Versorgungskontinuität zu gewährleisten. Die interdisziplinäre und mittels Triage-System prioritätenorientierte ZNA spielt als erste Anlaufstelle eine wichtige Rolle. Ebenso müssen die Abläufe im Schockraum z. B. analog dem ATLS-Format geregelt sein. Chirurgische und diagnostische Fehler gilt es durch geeignete Maßnahmen soweit wie möglich zu reduzieren. Sichere Kommunikationstechniken ergänzen das Spektrum. Ein Medikamenten- und Hygienemanagement sowie ein proaktives Krisenmanagement runden die Maßnahmen ab. Stehen Behandlungsvorwürfe im Raum, hat sich die Zusammenarbeit mit Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bewährt.
Heiko Stehling, Andreas Büscher, Alexander Euteneier, Jan-Thorsten Gräsner, Christoph Wölfl, Hanna M. Seidling, Marion Stützle, Walter E. Haefeli, Petra Gastmeier, Jan Steffen Jürgensen, Christian Schlesiger, Alban Braun
32. Die aktive Patientenrolle im Risikomanagement
Zusammenfassung
Patienten können im klinischen Risikomanagement eine weitaus größere aktive Rolle einnehmen, als es bisher gängige Praxis ist. Hierzu müssen die Mitarbeiter die Chance erkennen, dass Patienten als wichtige Informationsquelle überhaupt in Frage kommen. Es erfordert eine positive Aufforderung an die Patienten, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten („health literacy“) zu wahrgenommenen Risiken selbstbewusst zu Wort zu melden. Patienten können jedoch nur aktiv mitwirken, wenn Sie vorab durch die Ärzte und Pflegekräfte detailliert darüber informiert wurden, welche Untersuchungen und Maßnahmen geplant sind. Erst dadurch können Patienten eine möglichst exakte Erwartung zum weiteren Vorgehen entwickeln und bei ungeplanten Abweichungen eine Sicherheitsmeldung abgeben. Patienten können z. B. mit Informationsflyers über ihre neue Rolle informiert werden, entscheidend ist jedoch, dass ein Betriebsklima vorherrscht, welches ihnen signalisiert, dass ein aktives Engagement überhaupt erwünscht ist.
David Schwappach
33. Analyse- und Reportingwerkzeuge
Zusammenfassung
Ohne Einsatz effektiver Analyse- und Reportingwerkzeuge kann kein klinisches Risikomanagement (RM) erfolgen. Viele Methoden und Werkzeuge werden teils noch als Insellösungen eingesetzt oder sind in Erprobung, wobei die USA in Bezug auf den Umsetzungsgrad eine Vorreiterrolle einnehmen. Verfahren mit langer ärztlicher Tradition wie M&M-Konferenzen und Peer-Reviews werden für das RM wieder entdeckt. Der Einsatz von IT und RM-Software ermöglichen u. a. die automatische Auswertung von Kenngrößen (GTT, PSI). Methoden wie CIRS, Fehlerursachenanalysen (RCA, London-Protokoll), Befragungen, Audits und diverse Beurteilungsverfahren einzelner Mitarbeiter, erfassen und analysieren nicht nur Risiken, sondern entfalten bereits alleine durch ihren Einsatz große Wirkung auf die Sicherheitskultur und ihren Ausprägungen wie Kommunikation und Führungsverhalten. Szenarioanalysen und ganzheitliche Bewertungen klinischer Risikomanagement-Systeme stehen erst am Anfang ihres flächendeckenden Einsatzes.
Alexander Euteneier, Ines Chop, Maria Eberlein-Gonska
34. Infrastruktur und Technologie
Zusammenfassung
Infrastruktur und Technologie spielen heute ein zentrale Rolle in der Medizin und erhöhen die Komplexität der Patientenversorgung. Damit einhergehend gibt es neue Risiken und Fehlerquellen. Medizingeräte werden mehr und mehr zu autonome bzw. netzwerkgesteuerte Computer. Die Grenzen zwischen IT und Medizinprodukten verschwimmen zunehmend. Das sichere Managen der neuen Technologien bedarf neuer Organisationsformen, z. B. durch Zusammenschluss von IT und Medizintechnik. Softwareprogramme für das Risiko- und Compliancemanagement, oder zur Dokumentation (PDMS) und Bestellung (CPOE), unterstützen die Abläufe und schaffen die Basis für automatisierte Risikoanalysen. In der Hygiene besteht der Trend zu einrichtungsübergreifenden Sterilgutversorgungsabteilungen. Neben einer modernen Hardware und automatisierter bzw. standardisierter Prozesse sind es besonders die Qualifikation der Mitarbeiter und ein gutes Management, welche für ein sicheres Hygieneumfeld sorgen.
Peter Langkafel, Kurt Kruber, Petra Gastmeier
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch Klinisches Risikomanagement
herausgegeben von
Alexander Euteneier
Copyright-Jahr
2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-45150-2
Print ISBN
978-3-662-45149-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-45150-2

Vorsicht, erhöhte Blutungsgefahr nach PCI!

10.05.2024 Koronare Herzerkrankung Nachrichten

Nach PCI besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, wenn die Behandelten eine verminderte linksventrikuläre Ejektionsfraktion aufweisen. Das Risiko ist umso höher, je stärker die Pumpfunktion eingeschränkt ist.

Darf man die Behandlung eines Neonazis ablehnen?

08.05.2024 Gesellschaft Nachrichten

In einer Leseranfrage in der Zeitschrift Journal of the American Academy of Dermatology möchte ein anonymer Dermatologe bzw. eine anonyme Dermatologin wissen, ob er oder sie einen Patienten behandeln muss, der eine rassistische Tätowierung trägt.

Deutlich weniger Infektionen: Wundprotektoren schützen!

08.05.2024 Postoperative Wundinfektion Nachrichten

Der Einsatz von Wundprotektoren bei offenen Eingriffen am unteren Gastrointestinaltrakt schützt vor Infektionen im Op.-Gebiet – und dient darüber hinaus der besseren Sicht. Das bestätigt mit großer Robustheit eine randomisierte Studie im Fachblatt JAMA Surgery.

Chirurginnen und Chirurgen sind stark suizidgefährdet

07.05.2024 Suizid Nachrichten

Der belastende Arbeitsalltag wirkt sich negativ auf die psychische Gesundheit der Angehörigen ärztlicher Berufsgruppen aus. Chirurginnen und Chirurgen bilden da keine Ausnahme, im Gegenteil.

Update Chirurgie

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.

S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms“

Karpaltunnelsyndrom BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Kompressionsneuropathie peripherer Nerven. Obwohl die Anamnese mit dem nächtlichen Einschlafen der Hand (Brachialgia parästhetica nocturna) sehr typisch ist, ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Elektroneurografie in manchen Fällen auch eine Neurosonografie erforderlich. Im Anfangsstadium sind konservative Maßnahmen (Handgelenksschiene, Ergotherapie) empfehlenswert. Bei nicht Ansprechen der konservativen Therapie oder Auftreten von neurologischen Ausfällen ist eine Dekompression des N. medianus am Karpaltunnel indiziert.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S2e-Leitlinie „Distale Radiusfraktur“

Radiusfraktur BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Webinar beschäftigt sich mit Fragen und Antworten zu Diagnostik und Klassifikation sowie Möglichkeiten des Ausschlusses von Zusatzverletzungen. Die Referenten erläutern, welche Frakturen konservativ behandelt werden können und wie. Das Webinar beantwortet die Frage nach aktuellen operativen Therapiekonzepten: Welcher Zugang, welches Osteosynthesematerial? Auf was muss bei der Nachbehandlung der distalen Radiusfraktur geachtet werden?

PD Dr. med. Oliver Pieske
Dr. med. Benjamin Meyknecht
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“

Appendizitis BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Inhalte des Webinars zur S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“ sind die Darstellung des Projektes und des Erstellungswegs zur S1-Leitlinie, die Erläuterung der klinischen Relevanz der Klassifikation EAES 2015, die wissenschaftliche Begründung der wichtigsten Empfehlungen und die Darstellung stadiengerechter Therapieoptionen.

Dr. med. Mihailo Andric
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.