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(Jörg Dickschas) Einführung Die Torsionsosteotomie stellt bei patellofemoraler Symptomatik und vorher in der Diagnostik nachgewiesener Torsionsdeformität femoral und/oder tibial die kausale Therapie dar. Die Osteotomie wird kniegelenknah, also femoral suprakondylär sowie tibial supratuberositär ausgeführt. Vorgeschaltet zur Osteotomie wird eine Arthroskopie durchgeführt. Hier kann der Patellalauf beurteilt werden, ggf. vorliegende Pathologien therapiert und der Knorpelstatus evaluiert werden [1]. Nachgeschaltet erfolgt die femorale oder tibiale Osteotomie bzw. Therapie von weiteren Pathologien (MPFL usw.). Oftmals empfiehlt es sich auch, zuerst die knöcherne Korrektur vorzunehmen und zum Zeitpunkt der Metallentfernung dann die Stabilität erneut zu prüfen und ggf. noch MPFL-Plastik oder weitere Therapien durchzuführen. Bei einem klassischen „inwardly pointing knee“ mit femoraler Innentorsionserhöhung sowie tibialer Außentorsionserhöhung erfolgt die Osteotomie als Doppelstockosteotomie. Proximale tibiale Torsionsosteotomie Die tibiale Torsionsosteotomie wird von lateral ausgeführt. Der Zugang von medial hat den Vorteil, Weichteilschonender zu sein, birgt jedoch den Nachteil, dass hier die Torsion aufgrund der sperrenden Tuberositas bei biplanarer Osteotomie schwieriger zu realisieren ist. Es gibt jedoch durchaus Fallberichte, welche einen Zugang vom medial favorisieren. Beim lateralen Zugang erfolgt nach Präparation des Subkutangewebes das Hinterfahren der Patellarsehne mit dem Hohmann-Hebel, Darstellen der Tuberositas und Hintersägen desselben auf ca. 2 cm Länge. Danach Einbringen von zwei 5-mm-Schanz-Schrauben in dem vorher der Planung ausgemessenen Korrekturwinkel (Abb. 1). Abb. 1 Zu sehen ist das rechte Bein einer Patientin mit tibialer Torsionsdeformität. Die beiden Schanz-Schrauben (5 mm) sind proximal und distal der Osteotomie eingebracht in dem vorher geplanten Winkel von 13 Grad. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Der distale Torsionszeiger wird über eine extra Stichinzision eingebracht. Nun wird der K-Draht zur Markierung der Osteotomiehöhe eingebracht. Im 90-Grad-Winkel zur mechanischen Achse ist er nahezu parallel zur Gelenklinie. Die Osteotomiehöhe sollte etwas tiefer sein als der Übergang von Konkavität zur Konvexität am lateralen Tibiaaspekt. Nun vorsichtiges Präparieren des Muskels in der Tibialis anterior Loge mit Spalten der Faszie nach distal. Es folgt eine adäquate und vorsichtige Präparation des Weichteils, um die dorsale Tibiakante herum, Einbringen eines breiten Hebels zum Weichteilschutz. Ventral wird die Patellarsehne mittels Hohmann-Hebel weggehalten. Dann erfolgt unter ständigem Spülen und Saugen die Hauptosteotomie (Abb. 2). Abb. 2 Durchführung der Hauptosteotomie. Zu sehen ist distal der über die zusätzliche Stichinzision eingebrachte Torsionszeiger, der proximale Torsionszeiger befindet sich in primären Hautschnitt. Der eingebrachte K-Draht dient als Sägelehre. Weiter zu sehen dorsal der breite Retraktor als Weichteilschutz sowie der oszillierende Sägevorgang unter ständigen Spülen und Saugen. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Abb. 2 Durchführung der Hauptosteotomie. Durchleuchtungskontrolle während der Osteotomie. Zu sehen ist der röntgendurchlässige Weichteilschutz. Des Weiteren ist das sich an den K-Draht anschmiegende Sägeblatt zu erkennen, welches exakt der vorher geplanten Osteotomierichtung folgt. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Nach komplettieren der Hauptosteotomie erfolgt die behutsame Torsionskorrektur bis beide Zeiger parallel stehen (Abb. 3). Abb. 3 Z. n. Komplettierung der Osteotomie und behutsamer Torsionskorrektur. Die beiden Torsionszeiger stehen parallel bzw. in diesem Fall in einer leichten Überkorrektur. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Es gilt zu beachten, dass eine Torsionskorrektur über 15° ein hohes Risiko einer Peroneusläsion oder auch eines Kompartmentsyndroms birgt. Nach Komplettieren der Torsionskorrektur kann die Osteosynthese entweder mittels winkelstabiler Platte oder mittels handgebogener 5-Loch-DC-Platte erfolgen (Abb. 4). Abb. 4 Zu sehen ist eine 5-Loch-DC-Platte, welche mit den Schwenkeisen in die adäquate Form gebogen wurde. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × In der hier aufgeführten Operationstechnik [3] wird die Platte aufgelegt, zunächst proximal mittels Spongiosaschraube, danach distal mittels bikortikaler Schraube fixiert. Nach Kontrolle der Parallelität der Zeiger sowie Bildwandlerkontrolle der adäquat geschlossenen Osteotomie erfolgt die Fortführung der Osteosynthese mittels zweier die Osteotomie kreuzenden Schrauben, eine davon als Spongiosateilgewindeschraube (Abb. 5a und 5b). Abb. 5a Durchführung der Osteosynthese. Zunächst wird die vorgebogene 5-Loch-DC-Platte proximal mit einer langen Spongiosaschraube fixiert, danach folgt distal eine bikortikale Schraube. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Abb. 5b Es folgen zwei die Osteotomie kreuzende Schrauben, eine davon als Spongiosa-Teilgewindeschraube, um die Osteotomie nochmals unter Kompression zu setzen. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Komplettiert wird die Osteotomie mit einer distalen bikortikalen Schraube. Es erfolgt die abschließende Bildwandlerkontrolle. Die Ventralisierung der Tuberositas, welche sich einstellt ist beabsichtigt und wohl auch ursächlich für die deutliche Schmerzreduktion, welche die Patienten durch die Osteotomie erfahren. Die Tibialis-anterior-Faszie wird nun adaptierend genäht, bei Blutungstendenz ist die Einlage einer Drainage zu empfehlen, um Druck in der Loge zu vermeiden und einem Kompartmentsyndrom vorzubeugen. Es erfolgte nach Subkutannaht und Hautnaht intrakutan. Nachbehandlung Zunächst gilt es, für 48 Stunden eine Kompartment-Überwachung durchzuführen. Peroneusausfälle und Kompartmentsyndrom sind leider nach einer hochtibialen Torsionsosteotomie immer wieder berichtet worden. Dann erfolgt die Röntgenkontrolle (Abb. 6). Abb. 6 Röntgenaufnahme des Kniegelenks in 2 Ebenen mit Z. n. tibialer Torsionsosteotomie. Schön zu sehen ist die gute Passform der vorgebogenen 5-Loch-DC-Platte, die beiden die Osteotomie kreuzenden Schrauben sitzen adäquat. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Die Mobilisation erfolgte mit 20 kg Teilbelastung für 4 Wochen, dann Aufbelastung über weitere 2 Wochen an Unterarmgehstützen. Beübungen auf der Motorschiene sind frei möglich, eine Orthesenanpassung wird nicht durchgeführt. Die Metallentfernung kann schon ab 4 Monate postoperativ bei fester knöcherner Überbauung erfolgen. Die Indikation zur MPFL-Plastik bei präoperativ vorliegender patellofemoraler Instabilität muss in der Wiedervorstellung überprüft werden, kann dann ggf. zeitgleich mit der Metallentfernung durchgeführt werden. Distale femorale Torsionsosteotomie Der Zugang suprakondylär kann von medial oder lateral gewählt werden. Der Autor bevorzugt einen medialen Zugang, da hier die winkelstabile Platte unter dem Vastus medialis eine bessere Weichteildeckung erfährt. Beim Zugang von lateral gibt es oft postoperative Bewegungseinschränkungen und Friktionen aufgrund von Verklebungen der Platte mit dem Traktus. Der Nachteil des medialen Zugangs ist das Problem einer schwierig möglichen zeitgleichen MPFL-Plastik, wobei bei der Metallentfernung dann der Zugang bereits für die Bandplastik genutzt werden kann. Nach einem ca. 8 cm langen Hautschnitt erfolgt die Präparation durch das Subkutangewebe und das Spalten der Vastus medialis Faszie. Der Zugang wird nun weiter nach distal mit Spalten des medialen Retinakulums erweitert. Der mediale Femurkondylus und die distale Diaphyse werden dargestellt. Zur Platzierung der proximalsten Schraube der winkelstabilen Platte wird eine kleine zusätzliche Stichinzision gewählt, ebenfalls zur Platzierung der proximalen Schanzschraube. Nun werden diese 2 Torsionszeiger proximal und distal der Osteotomie in dem Winkel zueinander eingebracht, welcher vorher in der Planung als Korrekturwinkel ermittelt wurde (Abb. 7). Abb. 7 Femorale Torsionsosteotomie eines linken Beins. Zu sehen sind die beiden Schanz-Schrauben, welche in dem vorher geplanten Torsionskorrekturwinkel von 15° zueinander eingebracht wurden. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Danach erfolgt die Einbringung eines K-Drahts im 90°-Winkel zur mechanischen Achse des Femurs als Sägelehre. Dies entspricht einem 6°-Winkel zur anatomischen Achse bei Zugang von medial. Weiter mit sorgfältiger Weichteilpräparation ventral und dorsal der geplanten Osteotomiehöhe. Ventral Weghalten des Vastus medialis mit einem Hohmann-Hebel, dorsal empfiehlt sich nach adäquater Präparation auf der kompletten Länge die langstreckige Ablösung der Membrana an der Crista sowie das Einbringen eines großen, suffizient Weichteilschutz gebenden Hebels als Protektion vor Gefäßverletzungen (Abb. 8). Abb. 8 Bildwandlerbild der Situation vor Osteotomie: dorsal nach akkurater Weiterpräparation Einbringung des röntgendurchlässigen Weichteilschutzes, nach ventral einbringen eines Hohmann-Hebels, der K-Draht als Sägelehre zeigt einen 90-Grad-Winkel zur mechanischen Achse des Femurs. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Nun erfolgt die Durchführung der Osteotomie. Der Autor bevorzugt eine femoral eine monoplanare Osteotomie [4], diese ermöglicht auch die Korrektur großer Torsionen bis zu 25°. Die Münchner Technik [5] mit biplanarer Osteotomie bietet Protektion vor Translation und mehr Stabilität, ist jedoch operativ anspruchsvoller und ermöglicht keine ausgeprägt großen Torsionskorrekturen. Suffizientes Spülen und Saugen während der kompletten Osteotomie mit der oszillierenden Säge zum Vermeiden von Hitzenekrosen ist notwendig. Nach komplettieren der Osteotomie erfolgt die vorsichtige Torsionskorrektur bis beide Torsionszeiger parallel sind (Abb. 9). Abb. 9 Klinisches Bild nach Durchführung der Osteotomie und Komplettierung der Torsionskorrektur. Es zeigen sich beide Schanz-Schrauben parallel. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Nun wird die Platte eingebracht. Die monoplanare Osteotomie benötigt eine stabile Plattenosteosynthese, um keine verzögerte Knochenheilung oder Pseudarthrose zu riskieren. Die Platte wird aufgelegt und mit dem K-Draht fixiert. Nun gilt es verschiedene Parameter optimal einzustellen: a. Parallelität der beiden Schanz-Schrauben, b. adäquat geschlossene Osteotomie, c. kein Einstellen einer ventralen Translation (dorsal zeigt sich immer ein Torsionssporn, welcher nicht vermieden werden kann, klinisch jedoch keine Probleme bereitet), d. weiter gilt es, die Plattenlage adäquat einzustellen (das proximale Ende der Platte neigt dazu nach ventral auszuwandern). Nach adäquater Platzierung der Platte und Einstellung all dieser Parameter erfolgt zunächst die Fixierung mit einer winkelstabilen Schraube distal und einer nichtwinkelstabilen Schraube proximal der Osteotomie. Danach winkelstabiles Besetzen proximal und distal der Osteotomie. Durchführung von Abschlussbildern mit dem Bildwandler (Abb. 10). Abb. 10 Röntgenkontrolle nach komplettieren der Osteosynthese: Die winkelstabile Platte mit insgesamt 4 Schrauben proximal 4 Schrauben distal Osteotomie wurde von medial eingebracht, die Osteotomie ist adäquat geschlossen die Plattenlage ist ebenfalls adäquat. Das Einstellen einer Translation konnte verhindert werden. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee × Readaptation des Muskels über der Platte, dieser kann die Platte meist komplett bedecken, dann fortlaufende Fasziennaht und Wundverschluss. Nachbehandlung 20 kg Teilbelastung für 6 Wochen, orthesenfreie Mobilisation und freie Bewegung auf der Motorschiene. Nach 6 Wochen Röntgenkontrolle, Aufbelastung innerhalb von 2 Wochen. Die Metallentfernung kann ab 6 Monate postoperativ erfolgen. Je nach Reevaluation der patellofemoralen Instabilität kann bei der Metallentfernung dann zeitgleich eine MPFL-Plastik (Grazilis- [6] oder Quadrizepssehne [7]) durchgeführt werden. Bifokale Torsionsosteotomien In nicht wenigen Fällen liegt beim klassischen Inwardly-pointing-knee-Syndrom sowohl eine femorale als auch eine tibiale Deformität vor. In diesen Fällen erfolgt Durchführung einer bifokalen Torsionsosteotomie (Abb. 11). Abb. 11 Röntgen Knie in 2 Ebenen nach bifokaler Torsionskorrektur. Femoral zu sehen die winkelstabile Plattenosteosynthese, tibial die nicht winkelstabile Osteosynthese mit 5-Loch-DCP. 2022 AGA-Knie-Arthrose/Gelenkerhalt-Komitee ×

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