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Erschienen in: Prävention und Gesundheitsförderung 1/2024

Open Access 15.03.2023 | Originalarbeit

Angebote zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit bei älteren Menschen im ländlichen Raum

Eine gemeindebezogene Bedarfsanalyse

verfasst von: Dr. Kathrin Steinbeisser, MPH, Sinia Brembeck, Laura Anderle, Prof. Dr. Christine Boldt

Erschienen in: Prävention und Gesundheitsförderung | Ausgabe 1/2024

Zusammenfassung

Hintergrund

In ländlichen Regionen sind ältere Menschen besonders mit sozialer Isolation und Einsamkeit sowie deren gesundheitlichen Auswirkungen (z. B. erhöhte Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Erkrankungen) konfrontiert. Um diesem zunehmenden Public-Health-Problem entgegenzuwirken, bedarf es Angebote zur Förderung von Sozialkontakten und gesellschaftlicher Teilhabe.

Fragestellung

Liegt ein Bedarf an Präventionsangeboten in Bezug auf soziale Isolation bzw. Einsamkeit vor und wie kann diesem begegnet werden?

Methoden

Eine quantitative, deskriptive Analyse mittels Paper-pencil-Fragebogen wurde von Dezember 2019 bis Januar 2020 durchgeführt, um das (1) Vorliegen von sozialer Isolation und Einsamkeit sowie deren Risikofaktoren, (2) Bedürfnisse und Bedarfe sowie (3) die Eignungsbewertung von und das Interesse an Angeboten zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit bei Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre einer ländlichen Kommune zu erfassen.

Ergebnisse

Die Rücklaufquote betrug 48,9 % von N = 331. In der Studienpopulation lagen verschiedene Risikofaktoren für soziale Isolation und Einsamkeit vor (z. B. Kinderlosigkeit, eingeschränkte Mobilität). Zudem hat fast ein Fünftel der Personen innerhalb von 14 Tagen keinen persönlichen Kontakt zu Menschen aus dem öffentlichen Bereich. Über ein Fünftel gab an, sich „manchmal“ oder „oft“ einsam zu fühlen. Die Angebotsvorschläge „Gottesdienste, Nutzen von kirchlichen Angeboten“, „Ausflüge“, „Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen“, „Gemeinsame Bewegung/Sport“ und eine „Unterstützungsgruppe, in der man anderen Personen seine Hilfe anbieten und/oder Hilfe bekommen kann“ wurden am häufigsten als geeignet sowie interessant beurteilt.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse zeigen einen hohen Bedarf, Bedürfnisse und Interesse an Angeboten zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit auf. Angebote sollten die spezifischen Bedarfe und Bedürfnisse (z. B. geringe finanzielle Mittel, eingeschränkte Mobilität) älterer Menschen berücksichtigen.
Hinweise

Zusatzmaterial online

Zusätzliche Informationen sind in der Online-Version dieses Artikels (https://​doi.​org/​10.​1007/​s11553-023-01025-8) enthalten.

Hintergrund

Soziale Isolation und Einsamkeit im Alter

Gemäß den Ergebnissen des Deutschen Alterssurvey (DEAS; [10]) liegt das Risiko sozialer Isolation in Deutschland bei etwa 12 % für 65-Jährige und steigt bis zum 90. Lebensjahr auf etwa 22 % an. Soziale Isolation wird als ein quantitativer Mangel von sozialen Kontakten verstanden, unabhängig von deren subjektiv bewerteter Bedeutung für das Individuum [7, 10].
Der sozialen Isolation steht, wie in Abb. 1 dargestellt, die Einsamkeit gegenüber. Auch bezüglich dieser – einem subjektiven, unangenehmen Empfinden einer Person bezüglich ihrer erfahrenen zwischenmenschlichen Beziehungen – wird eine steigende Tendenz im Alter, insbesondere ab dem 70. Lebensjahr, angenommen [6, 10, 22]. Etwa 8 % der 65-Jährigen weisen ein Risiko auf, von Einsamkeit betroffen zu sein. Ab einem Alter von 90 Jahren tritt Einsamkeit bei etwa 22 % der Personen auf [10, 13].

Gesundheitliche Auswirkungen durch soziale Isolation und Einsamkeit

Soziale Isolation und Einsamkeit stehen in Zusammenhang mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen [3, 16]. Soziale Isolation ist assoziiert mit einer erhöhten Gesamtmortalität, dessen Assoziation selbst nach Ausschluss von Suizid fortbesteht. Des Weiteren stehen eine erhöhte Anzahl von Einweisungen in die Notaufnahme sowie Krankenhausaufenthalte nachweislich in Verbindung mit sozialer Isolation bei älteren Menschen. Auch gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen, wie etwa ein geringes Maß an körperlicher Aktivität, liegen bei sozial isolierten oder einsamen Personen häufiger vor als bei Menschen, die sozial stärker eingebunden sind [16]. Konkrete Erkrankungen, die mit sozialer Isolation und Einsamkeit einhergehen können, sind Schmerzen im unteren Rücken, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), allgemeine kognitive Einschränkungen bis hin zu demenziellen Erkrankungen sowie einer Vielzahl kardiovaskulärer, onkologischer, neurologischer und psychiatrischer Krankheitsbilder [3].

Angebote zur Prävention von sozialer Isolation

Um sozialer Isolation entgegenzuwirken, bedarf es geeigneter Angebote und Ansätze, welche eine Steigerung der Anzahl sozialer Interaktionen begünstigen. Zu diesen zählen beispielsweise soziale Unterstützungsangebote, (Weiter‑)Bildungsangebote, Sport‑/Bewegungsgruppen sowie infrastrukturelle Maßnahmen in der Wohnumgebung. Besonders erfolgversprechend sind Angebote, wenn die Teilnehmenden deren Umsetzung aktiv mitgestalten (partizipativer Ansatz) und auf deren Bedürfnisse abgestimmt sind (zielgruppenspezifischer Ansatz; [5, 14]).

Angebote zur Prävention von Einsamkeit

Um dem Erleben von Einsamkeit erfolgreich entgegenwirken zu können, bedarf es Angebote und Ansätze, die den betroffenen Personen individuelle und subjektiv passgenaue Lösungsansätze anbieten [8]. Hierunter fallen beispielsweise Angebote zum Zeitvertreib in einer Gruppe oder der persönliche Kontakt mit einer anderen Person, gesellschafts- und gemeindebezogene Angebote, Diskussionsgruppen, Kurse zum Erlernen neuer Fähigkeiten und Gruppen für emotionale und informationelle Unterstützung. Konkrete Beispiele für Aktivitäten zur Prävention von Einsamkeit sind gemeinsames Tanzen, Musizieren, Malen, gemeinschaftliche Gartenarbeit, Ausflüge oder Sport- und Bewegungsangebote. Das Anbieten von Informationszugängen sowie Angebote von niedrigschwelligen Anlaufstellen sind weitere Möglichkeiten, die Menschen als Wege aus ihrer Einsamkeit dienen können [21].

Relevanz und Fragestellungen der Studie

Der Bedarf des Ausbaus von Angeboten zur Prävention von Einsamkeit und sozialer Isolation gewinnt insbesondere auch aufgrund der Erfahrungen der SARS-CoV-2-Pandemie („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) an Bedeutung. Im Vergleich zu 2019 ist ein Gefühl von Einsamkeit bei Älteren vermehrt festzustellen. Während 2019 etwa 8 % der 60- bis 69-Jährigen und etwa 11 % der ≥ 70-Jährigen sich mindestens wöchentlich einsam fühlten, waren es 2020 etwa 35 % bzw. 27 % [17]. Zudem ist infolge der Reduktion von Angeboten während der Pandemie eine verminderte Inanspruchnahme sozialer Aktivitäten durch Ältere zu erkennen [26]. In einer ländlichen Kommune wurde bereits vor der SARS-CoV-2-Pandemie eine rückläufige Teilnahme am öffentlichen und sozialen Leben älterer Einwohner/‑innen festgestellt. Politische Entscheidungsträger und Gesundheitsfachpersonen vermuteten unter den älteren Einwohner/‑innen ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation und Einsamkeit. Ferner nahmen sie wahr, dass an bisherigen Angeboten zur Förderung der sozialen Einbindung, beispielsweise an Ausflügen in die nähere Umgebung oder der Senior/-innensportgruppe, stets nur eine feste Personengruppe teilnahm. Gleichzeitig waren bestimmte Personen seltener in der Kommune präsent. Aufgrund der negativen gesundheitlichen Auswirkungen von sozialer Isolation und Einsamkeit [3, 16] sollten deshalb zielgruppen-, bedarfs- und bedürfnisgerechte Präventionsangebote für Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre in der Kommune geschaffen werden. Folgende Forschungsfragen sollen mithilfe der Bedarfsanalyse beantwortet werden:
  • Liegen soziale Isolation, Einsamkeit und/oder Risikofaktoren von sozialer Isolation bzw. Einsamkeit bei Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre vor?
  • Welche Bedürfnisse und welchen Bedarf äußern Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre an Angeboten zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit?
  • Welche Angebote zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit werden von Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre als geeignet und interessant eingeschätzt?

Methodik

Modellkommune und Studienpopulation

Die Studie fand in einer ländlich gelegenen, bayerischen Kommune (n ≤ 2000 Einwohner/-innen) statt. In der Kommune, jedoch nicht in allen Teilorten, befinden sich Geschäfte der Nahversorgung (z. B. kleiner Supermarkt, Metzgerei, Bäckerei), eine Poststelle, Friseursalons und Handwerksunternehmen. Einrichtungen, wie z. B. eine Finanzbank, wurden geschlossen. Der öffentliche Personennahverkehr wird mithilfe von Busverbindungen in die nähere Umgebung, welche sich auf punktuelle Zeiten des Berufs- und Schulverkehrs beschränken, sowie einem Ruftaxi, das bei Bedarf von den Bürger/-innen selbst angefordert werden kann, bewerkstelligt. In der Kommune leben 331 Personen im Alter ≥ 65 Jahren (Stand: 2019). Davon sind ungefähr 35 % ledig, geschieden oder verwitwet. Alle Personen ≥ 65 Jahre und wohnhaft in der Kommune, wurden für die Bedarfserhebung eingeschlossen.

Erhebungsinstrument

Als zielgruppengerechtes Erhebungsinstrument wurde ein aus 29 Fragen bestehender quantitativer, teilstandardisierter, Paper-pencil-Fragebogen erstellt (s. Anhang 1 und 2). Der Fragebogen beinhaltet offene, halboffene und geschlossene Fragen. Als Grundlage dienten Fragen aus den Erhebungen „Leben und Wohnen in Bad Sassendorf“ [19], „Seniorenbefragung Ahaus 2015“ [18], „Leben im Alter in Linkenheim-Hochstetten“ [9], „Health and lifestyles of people aged 50 and over. Self-completion questionnaire“ [1], „Gesundheit in Deutschland aktuell, GEDA“ [15], „Germany. ISSP-2017 – Social Networks and Social Resources Questionnaire“ [12] und „Leben in Europa 2015. Personenfragebogen“ [24]. Die Konzeption erfolgte in Zusammenarbeit mit Vertreter/-innen der Kommune sowie Expert/-innen aus Pflegewissenschaft, Epidemiologie, Gesundheitsförderung und Prävention. Dabei wurde die Handhabbarkeit der älteren Zielgruppe fokussiert (z. B. große Schrift, verständliche Ausfüllhilfe). Ein Pretest wurde mit sieben repräsentativen Zielgruppenvertreter/-innen durchgeführt. Darauf basierend erfolgten in geringem Maße Adaptationen.

Erhebungsmethoden und Datenauswertung

Im Dezember 2019 wurden an die zuvor definierte Zielgruppe Fragebögen mittels persönlicher Übergabe durch eine Pflegestudierende und geschulte Multiplikator/-innen (Vertreter/-innen der Gemeindeverwaltung, Gesundheits- und Seniorenbeauftragte der Kommune, freiwillige Helfer/-innen) verteilt. Dabei erhielten die Einwohner/-innen Informationen über die Befragung sowie zur Freiwilligkeit und Anonymität der Teilnahme sowohl schriftlich im Fragebogen als auch mündlich im Rahmen einer persönlichen Übergabe.
Zur Abgabe der Fragebögen befanden sich Sammelboxen bei den verteilenden Personen sowie im Rathaus, in der Bäckerei und Metzgerei. Außerdem konnten die Teilnehmenden eine Abholung des Fragebogens durch Personal der Gemeindeverwaltung anfordern. Zur Erhöhung der Teilnahmemotivation hatten die Befragten die Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Die Kommune verloste 20 Wertgutscheine in Höhe von jeweils 10 €, welche im Rahmen von ausgewählten künftigen Veranstaltungen für Speisen und Getränke eingelöst werden konnten. Um die Anonymität sicherzustellen, wurden die Teilnehmenden darum gebeten, den Fragebogen und die Teilnahmeerklärung für das Gewinnspiel in die ausgehändigten, separaten und eindeutig beschrifteten Briefumschläge zu geben.
Die Daten wurden deskriptiv anhand von Mittelwerten und Relationen zwischen Risikofaktoren und Zielvariablen analysiert und mittels SPSS, Version 26.0 (IBM Corp., Armonk, NY, USA) ausgewertet.

Ergebnisse

Die Antworten auf einzelne Fragen erfolgten nicht konsistent von allen Befragten („missings“). Zudem bestand der Fragebogen z. T. aus offenen Fragen sowie Fragen mit der Option auf Mehrfachnennung. Diese Aspekte führen dazu, dass die Grundgesamtheit einzelner Fragen von der Gesamtanzahl von N = 162 teilweise abweicht.

Stichprobe

Am Stichtag des 29.01.2020, dem finalen Abgabetermin, lagen 162 Fragebögen vor. Dies stellt eine Rücklaufquote von 48,9 % dar. Die Altersverteilung lag zwischen 65 und 99 Jahren, im Durchschnitt bei 75 Jahren (Standardabweichung: 6,8 Jahre, N = 149). Die Geschlechterverteilung lag bei 51,6 % (n = 82) weiblichen und 48,4 % (n = 77) männlichen von insgesamt 159 Teilnehmenden, die diese Frage beantworteten. Ein niedriger sozioökonomischer Status war bei 13,6 % der Befragten festzustellen (s. Tab. 1).
Tab. 1
Soziodemografische Charakteristika der Studienpopulation
 
Na
n
Anteil (%)
Alterb
149
 65–74 Jahre
 
83
55,7
 75–84 Jahre
52
34,9
 85–94 Jahre
9
8,7
 ≥ 95 Jahre
1
0,7
Geschlecht
159
 Weiblich
 
82
51,6
 Männlich
77
48,4
 Divers
0
0,0
Kinder (Ref.: nein)
156
 Ja
 
143
91,7
Bildungsjahre (Ref.: ≥10 Jahre)b
134
 < 10 Jahre
 
89
66,4
Monatliches Haushaltsnettoeinkommen
132
 < 900 €
 
52
39,4
 900–1299 €
29
22,0
 1300–1499 €
20
15,2
 1500–1999 €
15
11,4
 2000–2599 €
8
6,1
 ≥ 2600 €
8
6,1
Erwerbsstatusc
157
 Vollzeit erwerbstätig
 
1
0,6
 Teilzeit erwerbstätig
3
1,9
 Hausfrau/-mann
38
24,2
 Altersteilzeit
1
0,6
 Vorruhestand
3
1,9
 Ruhestand/Rente
145
92,4
 Minijob/450-€-Job
9
5,7
 Arbeitssuchend
0
0,0
 Sonstiges
0
0,0
Berufsbezeichnungb, c
95
 Landwirt/-in
 
12
12,6
 Arbeiter/-in
12
12,6
 Angestellte/-r
50
52,6
 Beamt/-in
5
5,3
 Selbstständige/-r
7
7,4
 Hausfrau
13
13,7
Bezug staatlicher Leistungen (z.B. Rente, Grundsicherung) (Ref.: nein)c
148
 Ja
 
139
93,9
Haushaltsgrößeb (Ref.: Mehrpersonenhaushalt)
137
 Einpersonenhaushalt
 
32
23,4
Mitbewohner/-innen im selben Hausc
157
 (Ehe‑)Partner/-in
 
109
69,4
 Kind(er)
83
52,9
 Enkelkind(er)
49
31,2
 Geschwister
3
1,9
 Eltern
0
0,0
 Andere Verwandte
1
0,6
 Freund/-innen
0
0,0
 Nachbar/-innen, Bekannte
2
1,3
 Haustier(e)
11
7,0
 Sonstige
4
2,5
 Niemand
11
7,0
Art des Wohnhauses
158
 Einfamilienhaus
 
79
50,0
 Zweifamilienhaus
73
46,2
 Mehrfamilienhaus
5
3,2
 Seniorenheim
0
0,0
 Sonstiges
1
0,6
aAbweichungen zur Gesamtanzahl der Studienpopulation (N = 162) ergeben sich aufgrund fehlender Angaben zu jeweiligem Item
bOffene Frage
cBei diesem Item waren Mehrfachnennungen möglich

Vorliegen von sozialer Isolation und Einsamkeit sowie Risikofaktoren

Aufgrund der Ähnlichkeit sozialer Isolation und Einsamkeit in Bezug auf deren Vorliegen und Risikofaktoren werden diese nachfolgend zusammenfassend dargestellt [4, 20]. Zur Bestimmung des Vorliegens von sozialer Isolation und Einsamkeit wurde erhoben, zu welchen Personen aus dem Familien- und Bekanntenkreis (z. B. eigene Kinder, Vereinskolleg/-innen, Nachbar/-innen) sowie dem öffentlichen Bereich (z. B. Pflegekräfte eines ambulanten Dienstes, Friseur/-in, Verkäufer/-in) „14-tägig normalerweise mindestens einmal Kontakt“ bestand. 1,3 % (N = 154) der Teilnehmenden gaben an, dass sie „14-tägig normalerweise“ zu Niemandem aus dem Familien- und Bekanntenkreis persönlichen Kontakt hatten. Keinen Kontakt zu Personen aus dem öffentlichen Bereich hatten 14-tägig 17,1 % (N = 123) der Teilnehmenden. Alle Teilnehmenden hatten „14-tägig normalerweise mindestens einmal Kontakt“ zu Personen aus dem Familien- und Bekanntenkreis oder aus dem öffentlichen Bereich. Der Anteil an Personen, die sich „manchmal“ oder „oft“ einsam fühlen, lag bei 20,8 % (N = 159). Sich „selten oder nie“ einsam zu fühlen, gaben 79,2 % (N = 159) der Teilnehmenden an.
Bei Betrachtung der Risikofaktoren zeigen die Ergebnisse, dass 8,3 % (N = 156) der Teilnehmenden kinderlos sind und 23,4 % (N= 137) gaben an, allein zu leben. Weniger als 10 Bildungsjahre wiesen 66,4 % (N = 134) auf. Als zuletzt ausgeübten Beruf gaben 38,9 % (N = 95) Landwirt/-in, Arbeiter/-in oder Hausfrau an. Hinsichtlich des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens zeigte sich bei > 40 % der Teilnehmenden ein Unterschreiten der monatlichen Armutsgefährdungsschwelle, die 2019 für ≥ 65-Jährige bei 1021 € lag [11, 25]. Ihren derzeitigen allgemeinen Gesundheitszustand bewerteten 46,8 % (N = 158) der teilnehmenden Personen als „mittelmäßig“, „schlecht“ oder „sehr schlecht“. „Im Alltag auf Geh- oder Mobilitätshilfen angewiesen zu sein“, gaben 20,3 % (N = 158) der Teilnehmenden an.
Treffen mit Familienangehörigen, die nicht im selben Haushalt mit den Befragten leben, fanden bei 70,8 % (N = 154) der Teilnehmenden „wöchentlich“ oder „(mehrmals) täglich“ statt. 24,0 % (N = 154) sahen diese Personengruppe „monatlich oder seltener“. Bei 5,2 % (N = 154) fanden die Treffen entweder „nie“ statt oder es erfolgte die Angabe „ich habe keine“ Familienangehörigen. Von den Teilnehmenden verließen 90,3 % (N = 155) ihr Haus beziehungsweise ihre Wohnung „täglich“ oder „mehrmals pro Woche, aber nicht täglich“. Insgesamt 3,9 % (N = 155) verließen ihr Haus beziehungsweise ihre Wohnung „seltener als einmal pro Woche“. Die Aktivitäten, welche die Teilnehmenden als Anlässe nannten, um ihr Zuhause zu verlassen, lagen dabei vorrangig in alltäglichen Erledigungen, aber auch in der Interaktion mit Anderen. „Einkaufen“ (68,0 %, N = 128) und „Arzttermine“ (39,8 %, N = 128) waren die häufigsten genannten Gründe, um das Zuhause zu verlassen. Darauf folgten „Spazierengehen“ (19,5 %, N = 128), „Besuche von Freund/-innen, Bekannten und Verwandten“ (18,8 %, N = 128) und „zur Kirche gehen“ (15,6 %, N = 128). Gegebenheiten oder Situationen, welche im Alltag das Verlassen des Zuhauses verhindern und damit Einschränkungen in der Verrichtung alltäglicher Erledigungen darstellen, nannten 33,9 % (N = 59) der Teilnehmenden. Am häufigsten wurden „eingeschränkte körperliche Mobilität“ (18,6 %, N = 59), „reduzierter Gesundheitszustand“ (10,2 %, n = 59) sowie „pflegebedürftige/‑r Ehepartner/‑in“ (3,4 %, N = 59) genannt (s. Tab. 1 und 2).
Tab. 2
Vorliegen von sozialer Isolation und Einsamkeit sowie Risikofaktoren
 
Na
n
Anteil (%)
Allgemeiner Gesundheitszustand
158
 Sehr gut
 
6
3,8
 Gut
78
49,4
 Mittelmäßig
57
36,1
 Schlecht
14
8,9
 Sehr schlecht
3
1,9
Verwendung von Geh- oder Mobilitätshilfenc (Ref.: Nein)
158
 Ja
 
32
20,3
Häufigkeit des Verlassens des Zuhauses
155
 Täglich
 
91
58,7
 Mehrmals pro Woche, aber nicht täglich
49
31,6
 Einmal pro Woche, aber nicht häufiger
9
5,8
 Seltener als einmal pro Woche
6
3,9
Gründe des Verlassens des Zuhausesb, c
128
 Einkaufen
 
87
68,0
 Arzttermine
51
39,8
 Besuche von Freunden, Bekannten und Verwandten
24
18,8
 Spazierengehen
25
19,5
 Zur Kirche gehen
20
15,6
 Sport und Bewegung in einer (festen) Gruppe/Verein
14
10,9
 Gartenarbeit
10
7,8
 Fahrradfahren
8
6,3
 Wald‑/Holzarbeit
8
6,3
 Friseurbesuch
6
4,7
 Ehrenamt
3
2,3
 Arbeit
5
3,9
 Arbeiten rund ums Haus
6
4,7
 Aufsuchen anderer gesundheitsbezogener Angebote
7
5,5
 Versorgung von Tieren
5
3,9
 Allgemeine Besorgungen
4
3,1
 Landwirtschaftliche Tätigkeiten
4
3,1
 Seniorengaststätte
5
3,9
 Friedhofsbesuch
4
3,1
 Vereinsaktivitäten
3
2,3
 Sonstige Unternehmungen
4
3,1
 Auswärts essen
3
2,3
 Veranstaltungen besuchen
3
2,3
 Wandern
2
1,6
 Treffen von bekannten in öffentlichem rahmen
2
1,6
 Fürsorgeaufgaben im familiären Umfeld
1
0,8
 Sonstige Bewegung
1
0,8
 Sonstiges
3
2,3
 Nie
2
1,6
Hindernisse beim Verlassen des Zuhausesb, c
59
 Keine
 
39
66,1
 Eingeschränkte körperliche Mobilität
11
18,6
 Reduzierter Gesundheitszustand
6
10,2
 Pflegebedürftige/r Ehepartner/-in
2
3,4
 Fehlende öffentliche Verkehrsanbindung
1
1,7
 Winterliche Bedingungen
2
3,4
 Persönliche Einstellung
1
1,7
Freizeitgestaltungc
157
 Sportliche Betätigung
 
40
25,5
 Spazierengehen
100
63,7
 Kurse besuchen/weiterbilden
2
1,3
 Gartenarbeit
102
65,0
 Ehrenamtliche Tätigkeit
23
14,7
 Busreisen/Tagesausflüge
31
19,8
 Treffen mit Freund/-innen/Bekannten
61
38,9
 Besuch kultureller Veranstaltungen
27
17,2
 Vereinstätigkeit
38
24,2
 Zeitung/Bücher lesen
113
72,0
 Telefonieren
61
38,9
 Hausarbeit
100
63,7
 Betreuung von Familienangehörigen
40
25,5
 Handwerkliche Tätigkeiten
52
33,1
 Basteln
16
10,2
 Grabpflege
54
34,4
 Sonstiges
8
5,1
Häufigkeit des Kontakts mit Familienangehörigen außerhalb des Zuhauses
154
 (Mehrmals) täglich
 
37
24,0
 Wöchentlich
72
46,8
 Monatlich oder seltener
37
24,0
 Nie
5
3,3
 Keine Familienangehörigen
3
2,0
Kontaktpersonen im Familien- und Bekanntenkreisc, d
154
 Ehe- oder Lebenspartner/-in
 
58
37,7
 Eigene Kinder
129
83,7
 Enkelkinder oder andere Verwandte
98
63,6
 Freund/-innen, Bekannte, Vereinskolleg/-innen
79
51,3
 Nachbar/-innen
73
47,4
 Sonstige
6
3,9
 Niemand
2
1,3
Kontaktpersonen im öffentlichen Bereichc, d
123
 Arzt/Ärztin
 
41
33,3
 Pflegekräfte/Mitarbeitende eines ambulanten Dienstes
13
10,6
 Pfarrer/-in oder Mitglieder einer Kirchengemeinde
20
16,3
 Friseur/-in
18
14,6
 Verkäufer/-in
60
48,8
 Sonstige
5
4,1
 Niemand
21
17,1
Subjektives Einsamkeitsgefühl
159
 Selten oder nie
 
126
79,2
 Manchmal
30
18,9
 Oft
3
1,9
aAbweichungen zur Gesamtanzahl der Studienpopulation (N = 162) ergeben sich aufgrund fehlender Angaben zu jeweiligem Item
bOffene Frage
cBei diesem Item waren Mehrfachnennungen möglich
dMit diesen Personen bestand innerhalb von 14 Tagen mindestens einmal Kontakt

Bedürfnis und Bedarf nach Präventionsangeboten in Bezug auf soziale Isolation und Einsamkeit

Bezüglich der geäußerten Bedürfnisse nach Präventionsangeboten bestätigten 61,2 % (= 147) der Teilnehmenden durch die Angaben „stimme voll zu“ bis „stimme eher zu“ ihren Wunsch, häufiger „unter Leute kommen“ zu wollen. 38,8 % (N = 147) hingegen stimmten dem „eher nicht“ bis „gar nicht“ zu. Insgesamt 9,3 % (N = 162) der Teilnehmenden äußerten sich hierzu nicht. Bezüglich des Bedarfs an Präventionsangeboten waren 76,8 % (N = 151) der Teilnehmenden der Meinung, dass es vor Ort genügend gesellschaftliche und gesellige Angebote für sie gäbe. Dem widersprachen 23,2 % (N = 151; s. Tab. 3).
Tab. 3
Bedürfnis und Bedarf nach Präventionsangeboten in Bezug auf soziale Isolation und Einsamkeit
 
Na
n
Anteil (%)
Wunsch nach mehr Kontakten (Ref.: stimme eher nicht zu/stimme gar nicht zu)
147
 
90
61,2
Ausreichende Angebotsauswahl (Ref.: nein)
151
 Ja
 
116
76,8
Zufriedenheit (sehr zufrieden/zufrieden) mit aufgeführten Angeboten (Ref.: unzufrieden/sehr unzufrieden)
 Einkaufsmöglichkeiten
146
131
89,7
 Freizeitangebote
124
95
76,6
 Kulturangebote
104
64
61,5
 Ärztliche Versorgung
135
55
40,7
 Versorgung durch Apotheken
133
68
51,1
 Notdienst der Ärzte
124
71
57,3
 Notdienst der Apotheken
123
59
48,0
 Öffentliche Verkehrsmittel
125
47
37,6
 Gaststätten
142
112
78,9
 Öffnungszeiten des Rathauses
149
141
94,6
 Bisherige Angebote der Gemeinde
120
104
86,7
 Sonstiges
2
1
50,0
aAbweichungen zur Gesamtanzahl der Studienpopulation (N = 162) ergeben sich aufgrund fehlender Angaben zu jeweiligem Item

Eignungsbewertung von und Interesse an Präventionsangeboten

Die Angebotsvorschläge, welche die Teilnehmenden am geeignetsten einschätzten, um sie beim Pflegen und Knüpfen von zwischenmenschlichen Kontakten zu unterstützen, sind „Ausflüge“ (76,4 %, N = 110), „Gottesdienste, Nutzen kirchlicher Angebote“ (72,7 %, N = 110), „Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen“ (77,0 %, N = 100), eine „Unterstützungsgruppe, in der man anderen Personen seine Hilfe anbieten und/oder Hilfe bekommen kann“ (69,9 %, N = 103) sowie „Gemeinsame Bewegung/Sport“ (62,5 %, N = 112). Keine Möglichkeit für sich an den vorgeschlagenen Angeboten teilzunehmen, sahen 2 Teilnehmende.
Die Angebotsvorschläge, welche die Teilnehmenden am meisten interessierten, sind „Gottesdienstbesuche, Nutzen kirchlicher Angebote“ (68,3 %, N = 101), „Ausflüge“ (68,7 %, N = 99) sowie „Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen“ (69,6 %, N = 92; s. Tab. 4).
Tab. 4
Eignungsbewertung von und Interesse an Präventionsangeboten
 
Na
n
Anteil (%)
Eignungsbewertung (stimme zu/stimme eher zu) von aufgeführten Angeboten (Ref.: stimme eher nicht zu/stimme nicht zu)
 Essen in Gesellschaft
110
60
54,6
 Gemeinsames Spazierengehen
110
60
54,6
 Gemeinsames Musizieren, Singen
105
34
32,4
 Tanzabende
107
33
30,8
 Weiterbildungskurse
101
52
51,5
 Unterstützungsgruppe
103
72
69,9
 Gemeinsame Bewegung/Sport
112
70
62,5
 Gesellschaftsspiele spielen
109
53
48,6
 Gemeinsames Kochen
103
27
26,2
 Ausflüge
110
84
76,4
 Informationsveranstaltungen
100
77
77,0
 Bastel‑/Malangebote
100
26
26,0
 Gartenarbeit in Gesellschaft
97
21
21,7
 Handwerkliche Tätigkeiten in Gesellschaft
100
35
35,0
 Gottesdienstbesuche, Nutzen kirchlicher Angebote
110
80
72,7
 Filmabende
101
49
48,5
 Sonstige
5
2
40,0
Interesse (stimme zu/stimme eher zu) an aufgeführten Angeboten (Ref.: stimme eher nicht zu/stimme nicht zu)
 Essen in Gesellschaft
103
49
47,6
 Gemeinsames Spazierengehen
101
51
50,5
 Gemeinsames Musizieren, Singen
94
23
24,5
 Tanzabende
87
22
25,3
 Weiterbildungskurse
99
45
45,5
 Unterstützungsgruppe
94
54
57,4
 Gemeinsame Bewegung/Sport
101
58
57,4
 Gesellschaftsspiele spielen
99
46
46,5
 Gemeinsames Kochen
92
20
21,7
 Ausflüge
99
68
68,7
 Informationsveranstaltungen
92
64
69,6
 Bastel‑/Malangebote
84
20
23,8
 Gartenarbeit in Gesellschaft
88
15
17,1
 Handwerkliche Tätigkeiten in Gesellschaft
92
27
29,4
 Gottesdienstbesuche, Nutzen kirchlicher Angebote
101
69
68,3
 Filmabende
84
35
41,7
 Sonstige
2
1
50,0
aAbweichungen zur Gesamtanzahl der Studienpopulation (N = 162) ergeben sich aufgrund fehlender Angaben zu jeweiligem Item

Diskussion

Die vorliegende Bedarfsanalyse gibt einen Überblick über das Vorliegen von sozialer Isolation und Einsamkeit sowie deren Risikofaktoren, über Bedürfnisse und den Bedarf sowie über die Eignung von Angeboten zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit bei Einwohner/-innen ≥ 65 Jahre einer ländlichen Kommune.
Die Ergebnisse zusammenfassend betrachtet, ergeben sich Hinweise für ein Risiko bzw. das Vorliegen von sozialer Isolation und Einsamkeit bei den Einwohner/-innen der ländlichen Kommune. Ein Vergleich mit bereits bestehenden Untersuchungsergebnissen bestätigt diese Annahme: In der vorliegenden Befragung hat ein bestimmter Anteil an Personen innerhalb von 14 Tagen keinen persönlichen Kontakt zu Menschen aus ihrem Familien- und Bekanntenkreis (1,3 %) oder dem öffentlichen Bereich (17,1 %). Damit scheinen die befragten Personen etwas seltener von sozialer Isolation betroffen zu sein als die 12–22 % Befragten des DEAS [10].
Allerdings liegt der Anteil der Personen, die in der Bedarfsanalyse angaben, sich „manchmal“ oder „oft“ einsam zu fühlen mit 20,8 % deutlich über dem im DEAS [10] kalkulierten Einsamkeitsrisiko von 8–11 %. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Prävalenz der Personen, die sich einsam fühlen, nur zu einem bestimmten Teil erhoben werden kann (z. B. aufgrund von Scham; [2]). Daher ist zu vermuten, dass der Anteil an Personen, die sich einsam fühlen, höher als der in dieser Studie erfasst ist. Schulungen von Personen gängiger Anlaufstellen (z. B. Ärzt/‑innen, Friseur/‑innen) zur Identifikation von einsamen Personen oder von Personen mit Risikofaktoren für Einsamkeit können dabei unterstützen, weitere Personen dieser vulnerablen Gruppe zu identifizieren und folglich für präventive Maßnahmen zu berücksichtigen.
Weitaus mehr Teilnehmende wiesen Risikofaktoren für soziale Isolation und Einsamkeit auf, die über die Einschlusskriterien, dem Alter und dem Wohnort, hinausgehen. Diese waren Merkmale wie alleinlebend oder Mobilitätseinschränkungen. Hinsichtlich des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens zeigt sich bei > 40 % der Teilnehmenden ein Unterschreiten der monatlichen Armutsgefährdungsschwelle, die 2019 für ≥ 65-Jährige bei 1021 € lag [10, 24]. Betrachtet man die vorliegende Bildung, die Einkommensverhältnisse und die gängigen Berufe, wird erkennbar, dass einige der Teilnehmenden auch den Risikofaktor des geringen sozioökonomischen Status aufweisen (vgl. [23]). Aufgrund der Betroffenheits- und Risikolage kann deshalb ein Bedarf an entsprechenden Präventionsmaßnahmen angenommen werden.
Angebote, die zwischenmenschliche Begegnungen ermöglichen und deren Anzahl erhöhen, sind einem großen Anteil der Befragten ein Bedürfnis, wenngleich dies nicht für alle Teilnehmenden gleichermaßen zutrifft. Die Vorstellungen der Teilnehmenden darüber, welche Angebote sich ihrer Ansicht nach dafür eignen würden, um sie beim Knüpfen und Pflegen zwischenmenschlicher Kontakte zu unterstützen, decken sich neben den Äußerungen zum Teilnahmeinteresse an bestimmten Angebotsvorschlägen auch mit Erkenntnissen und Empfehlungen bisheriger Forschungsarbeiten [5, 21]. Neben der Eignungsbewertung ist eine Betrachtung des Interesses der Teilnehmenden essenziell, um einen Zielgruppenbezug im Rahmen der Good Practice Ansätze herzustellen [14]. Aufgrund der Veränderungen durch die SARS-CoV-2-Pandemie bedarf es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen zum Interesse an neuartigen Angeboten, wie etwa digitalen Austauschtreffen [26]. Bei Abwägungen zur praktischen Umsetzung der Präventionsmaßnahme sollte unabhängig von der Wahl einer konkreten Präventionsmaßnahme den spezifischen Anforderungen der Zielgruppe Beachtung geschenkt werden. Einschränkungen in der körperlichen und räumlichen Mobilität, etwa eine Angewiesenheit auf Gehhilfen oder die beschränkte Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel, erschweren es vielen Senior/-innen bereits im Alltag, außer Haus zu gehen. Außerdem verfügen die meisten Befragten über ein geringes Einkommen. Die Ergebnisse führen zum Schluss, dass infrastrukturelle Barrieren und höhere Kostenaufwendungen für die potenziellen Teilnehmenden als starke Hemmnisfaktoren einzuschätzen sind und bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen besonders beachtet werden müssen.

Stärken und Limitationen

Im Rahmen der Bedarfsanalyse hat sich das hohe Engagement von Seiten des Bürgermeisters, der Pflegestudierenden und relevanter Multiplikator/-innen der Kommune als bedeutsamer Gelingensfaktor bewährt. Die Vernetzung von Akteur/-innen unterschiedlichster Disziplinen und das große Engagement dieser sind in Verbindung mit partizipativen Arbeitsweisen auch für die folgende Planung nachhaltiger Ansätze vielversprechend. Die hohe Rücklaufquote der vorliegenden Befragung ist eine Stärke dieser Studie, die vermutlich auf das hohe Engagement sowie die vernetzte Arbeit in der Kommune zurückzuführen ist. Zu den weiteren begünstigenden Faktoren zählen die niedrigschwellige Rückgabemöglichkeit sowie der Abholservice der Fragebögen. Die vorliegende Bedarfsanalyse und deren Ergebnisse können einen Anreiz für andere Kommunen darstellen, eine Analyse dieser Art eigens durchzuführen.
Limitationen dieser Studie liegen in der rein deskriptiven Analyse der Daten, sodass sich die Aussagen auf Trends beschränken.

Fazit für die Praxis

  • Eine gemeindebezogene Befragung von Senior/-innen erweist sich als hilfreiches Instrument zur Bedarfsabfrage und als eine Grundlage zur Planung passgenauer Präventionsmaßnahmen, um der sozialen Isolation und subjektiv empfundenen Einsamkeit entgegenzuwirken.
  • Das Interesse an Präventionsangeboten in Bezug auf Einsamkeit und soziale Isolation liegt besonders auf Veranstaltungen, welche der gesellschaftlichen Teilhabe dienen.
  • Eine Berücksichtigung von Personen in schwierigen Lebenslagen und Einschränkungen beim Bewältigen des Alltags ist elementar und kann unter anderem durch niedrigschwellige, kostengünstige Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten zur erleichterten Teilnahme gelingen.
  • Die Förderung des Pflegens von Kontakten kann auch durch einen erweiterten Einbezug von Personen aus dem öffentlichen Bereich erfolgen, da diese für viele Befragte Teil des Alltags und Grund zum Verlassen des Hauses sind.

Danksagung

Ein besonderer Dank gilt den Projektbeteiligten innerhalb der Kommune.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

K. Steinbeisser, S. Brembeck, L. Anderle und C. Boldt geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Studie wurde im Einklang mit nationalem Recht sowie der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen Studienteilnehmenden liegt eine Einverständniserklärung vor, dass die Daten verwendet und analysiert werden dürfen. Von den Projektbeteiligten liegt eine Einverständniserklärung zur Einhaltung des Datenschutzes vor. Zur Sicherstellung der Anonymität wurden keine persönlichen Daten auf dem Erhebungsinstrument erfasst.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
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26.
Metadaten
Titel
Angebote zur Prävention von sozialer Isolation und Einsamkeit bei älteren Menschen im ländlichen Raum
Eine gemeindebezogene Bedarfsanalyse
verfasst von
Dr. Kathrin Steinbeisser, MPH
Sinia Brembeck
Laura Anderle
Prof. Dr. Christine Boldt
Publikationsdatum
15.03.2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Prävention und Gesundheitsförderung / Ausgabe 1/2024
Print ISSN: 1861-6755
Elektronische ISSN: 1861-6763
DOI
https://doi.org/10.1007/s11553-023-01025-8

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