Mobile Stroke Unit mit akzeptablen Kosten

Bei den Kosten pro qualitätskorrigiertem Lebensjahr (QUALY) scheinen die Berliner Schlaganfallmobile nicht aus dem Rahmen zu fallen: Berechnungen kommen auf Mehrausgaben von rund 40.000 Euro pro QUALY. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Aus medizinischer Sicht ist das Berliner „Stroke Einsatzmobil“ (STEMO) mit einem CT an Bord ein Erfolg: Schlaganfallkranke können schon im Wagen eine Lyse erhalten und damit in der Regel deutlich schneller als üblich. Dies wirkt sich auch auf das funktionelle Ergebnis aus: In der Studie B_PROUD 2.0* war der mRS-Wert bei Schlaganfallkranken, die per STEMO versorgt worden waren, im Median um einen Punkt besser als nach einem konventionellen Transport. Deutlich mehr erzielten ein gutes funktionelles Ergebnis, und es starben tendenziell weniger als in der Kontrollgruppe mit konventionellem Vorgehen. Entscheidend für eine großflächige Implementierung mobiler Stroke Units (MSU) ist jedoch auch der finanzielle Aufwand pro geretteter Person: Wie viel kostet es, einen Menschen mit dem MSU vor einer Behinderung oder dem Tod zu retten? In einer Kosten-Nutzwert-Analyse kommen Forschende um Ana Sofia Oliveira Gonçalves von der Charité Berlin auf Mehrkosten pro qualitätskorrigiertem Lebensjahr (QUALY) von rund 41.000 Euro sowie Mehrkosten von 81.000 für jede zusätzliche ohne Behinderungen überlebende Person. Die Mehrkosten lägen dabei eher am unteren Rand dessen, was noch als tragfähig gilt, so das Team um Gonçalves. „Die MSU ist kosteneffektiv, wenn man international übliche Schwellenwerte von 40.000 bis 80.000 Euro pro QUALY zugrunde legt“, heißt es in der aktuellen Publikation. Drei Szenarien berechnet Modellrechnungen zur den Berliner MSU gab es bereits zuvor – eine Analyse aus den Jahren 2011–2013 kam auf Zusatzkosten von rund 32.000 Euro pro QUALY, allerdings existierten damals noch keine Daten zu harten Endpunkten wie dem funktionellen Ergebnis, die lieferte erst die aktuelle B-PROUD-Studie. Die Real-Life-Berechnungen müssen sich daher an den einstigen Annahmen messen lassen. Insgesamt kamen im Studienzeitraum drei MSU zum Einsatz, die aber nicht jeden Schlaganfalleinsatz abdecken konnten. Für die Studie wurden Angaben zu rund 1500 Schlaganfallkranken ausgewertet, von denen rund die Hälfte konventionell transportiert werden musste. Alle lagen noch im Lysezeitfenster. Basis für die Lebensqualitätsbewertung bildete der Fragebogen EQ-5D. Damit waren sämtliche Betroffene nach drei Monaten befragt worden. Das Team um Gonçalves extrapolierte daraus Lebensqualitätsparameter über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Kosten für den Betrieb der MSU einschließlich Personal – an Bord waren stets eine Neurologin oder ein Neurologe sowie eine radiologische Fachkraft – waren ebenfalls prospektiv erfasst worden. Berücksichtigt wurden neben Personalausgaben etwa Investitionskosten, laufende Betriebskosten sowie die Kosten der Medikamente und Bildgebung im Wagen. Auf der anderen Seite hat das Team um Gonçalves auch Ausgaben für die spätere Pflege der Betroffenen einbezogen. Neben einem Basisszenario basierend auf den vorhanden Daten, erstellte das Team um Gonçalves noch ein Best-Case-Szenario, in dem sich der Einsatz von MSU noch weiter optimieren lässt und sich nach drei Monaten bei vielen Betroffenen weitere Verbesserungen beim funktionellen Status ergeben. Hinzu kam auch ein Worst-Case-Szenario mit einem schlechteren Langzeitergebnis sowie höheren direkten Kosten, etwa weil viele Kliniken die MSU-Untersuchungen wiederholen. Empfehlung der Redaktion Schlaganfall – Themenseite Der Schlaganfall zählt zu den häufigsten Ursachen für Tod und für Behinderungen und vorzeitige Invalidität. Hier finden Sie Übersichten, News, kommentierte Studienreferate und Kasuistiken zum Thema. 8500 Euro pro transportierter Person Im Basisszenario kamen die Forschenden auf direkte Kosten (ohne Langzeitpflege) von 8.500 Euro pro transportierter Person, bei konventionellem Transport waren es knapp 1.300 Euro. Mehr als die Hälfte der MSU-Kosten wurde für das Personal veranschlagt (4.400 Euro pro transportierte Person). Für die gesamte Studienpopulation berechnete das Team um Gonçalves MSU-Mehrkosten im Basisszenario von rund 10,8 Millionen Euro, gleichzeitig wurden 262 zusätzliche QUALYs anhand der EQ-5D-Werte berechnet, was Kosten von knapp 41.000 Euro pro QUALY ergibt. Im Best-Case-Szenario schrumpfte der Betrag auf 24.500 Euro, im Worst-Case-Szenario kletterte er auf 61.700 Euro pro QUALY. Wurden auf ähnliche Weise die Zusatzkosten pro Überlebendem ohne Behinderungen berechnet, ergab das Basisszenario Zusatzkosten von 81.500 Euro, das Best-Case- von 44.500 und das Worst-Case-Szenario von 116.500 Euro. In den meisten Ländern mit klaren Vorgaben zu den Kosten pro QUALY würden die Kriterien für eine Kosteneffektivität erfüllt, so Gonçalves und Mitarbeitende. „Natürlich ließe sich noch einiges verbessern, etwa per Telemedizin“, so Professor Martin Ebinger aus Berlin in einem Gespräch mit Springer Medizin. „Derzeit fährt immer ein Neurologe mit, vielleicht wird der in naher Zukunft per Video zugeschaltet und sagt dem Rettungssanitäter nach der CT-Auswertung: Diesem Patienten darfst Du jetzt das Lysemedikament spritzen. Dann lohnt sich das STEMO noch mehr.“ *B_PROUD 2.0: Berlin Prehospital or Usual Delivery of Acute Stroke Care 2.0 Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie kosteneffektiv sind die mobilen Stroke Units in Berlin? Antwort: In einem Basisszenario wurden pro QUALY Mehrkosten von etwa 41.000 Euro berechnet, pro Überlebendem ohne Behinderungen ergeben sich Zusatzkosten von 81.500 Euro. Bedeutung: Die Zusatzkosten sind im Rahmen dessen, was international als kosteneffektiv gilt. Einschränkung: Rechnung basierend auf rund 1500 Schlaganfallkranken.

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