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19.09.2016 | Diagnostik in der Nephrologie | Kongressbericht | Nachrichten

Komplexer Fall

Medizinstudentin mit Krea-Anstieg und B-Symptomen

verfasst von: Philipp Grätzel von Grätz

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Die Niere macht es dem Differenzialdiagnostiker nicht immer einfach. Bei einer Medizinstudentin mit buntem Beschwerdebild und defekter Niere fanden die Ärzte letztlich das Chamäleon unter den Erkrankungen als etwas unerwartete Ursache der Beschwerden.

Bei der 25-jährigen Medizinstudentin vietnamesischer Abstammung, über die Professor Dr. Marcus Möller von der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten am Universitätsklinikum Aachen bei der DGfN-Jahrestagung in Berlin berichtete, stand ein seit etwa sechs Monaten bestehender Leistungsknick im Vordergrund. Die Patientin wies eine B-Symptomatik mit Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust auf. Sie hatte zudem Bauchschmerzen, nicht-blutige Diarrhoen und einen trockenen Reizhusten.

Niere, Bauch und Husten: Passt das irgendwie zusammen?

Die Überweisung in die Nephrologie erfolgte wegen eines kontinuierlichen Anstiegs des Kreatinin-Werts auf zuletzt 1,6 mg/dl. Anamnestisch war bei der Patientin eine chronisch-aktive, virostatisch behandelte Hepatitis B bekannt. Eruieren ließ sich ferner ein zeitweiliger Kreatininanstieg etwa zu der Zeit, in der die Hepatitis-Therapie begonnen worden war. Auch die Bauchbeschwerden waren nicht neu. Sie bestanden seit etwa zwei Jahren und hatten zu der Verdachtsdiagnose Colitis ulcerosa geführt, die zeitweilig erfolgreich mit Steroiden und weniger erfolgreich mit Anti-TNF-alfa-Präparaten behandelt worden war. Während der ganzen Zeit studierte die Patientin erfolgreich weiter.
Was die Befunde angeht, präsentierte sich die Patientin mit einem breiten Spektrum auffälliger Werte. Die Kreatinin-Clearance war reduziert, die Eiweißausscheidung lag bei 700 mg pro 24 Stunden. Mehrere Entzündungsparameter im Stuhl waren erhöht, die Lungenfunktion normal. Vor dem Hintergrund der chronischen Hepatitis B wurde unter anderem eine kryoglobulinämische Vaskulitis diskutiert. Dafür fehlten Kryoglobuline, Komplementverringerung und Hautsymptome. Auch eine Panarteriitis nodosa sowie Immunkomplexglomerulonephritiden standen im Raum.

Erst die Bronchoskopie verschaffte Klarheit

Die nun folgende Nierenbiopsie schloss einige mögliche Differenzialdiagnosen aus, brachte aber nicht die definitive Lösung. Konkret zeigten sich unauffällige Glomeruli mit normalem Mesangium und regelrechter Basalmembran. Stark mit entzündlichen Infiltraten, hier vor allem vielen mononukleären Zellen und T-Lymphozyten, durchsetzt war dagegen das Interstitium. Fibrinogen als Hinweis auf eine drohende Fibrose war reichlich nachweisbar, nicht dagegen Marker einer bakteriellen Entzündung. Histologisch handelte es sich in Summe um eine tubulointerstitielle Nephritis.
An dieser Stellen lagen dann die Ergebnisse der Bronchoskopie im Befundfach, die ein neues Bild zeichneten. Der Pathologe berichtete von Granulomen und einem pathologischen CD4/CD8-Quotienten. „Wir haben deswegen die Diagnose einer Sarkoidose mit renaler und gastrointestinaler Beteiligung gestellt, obwohl in der Nierenbiopsie keine Granulome gefunden wurden“, so Möller. Zusätzlich wurde das Virostatikum umgestellt, falls Medikamententoxizität zu den Nierenproblemen beigetragen haben sollte.
Nach einer Glukokortikoidtherapie mit 1 mg/kg Prednisolon über drei Wochen, danach 20mg pro Tag für weitere fünf Monate, geht es der Patientin deutlich besser. Husten und Bauchbeschwerden sind verschwunden, und die Proteinurie ist rückläufig. Nicht gebessert hat sich der Kreatininwert, was darauf hindeuten könnte, dass bereits ein irreversibler Nierenschaden eingetreten ist.

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Literatur

DGfN Jahrestagung 2016; Session „Sitzung der Akademie Niere - Glomerulonephritis“, 11.09.2016, 16.30h-17.45h

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