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22.02.2024 | DKK 2024 | Kongressbericht | Nachrichten | In Kooperation mit: Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und Stiftung Deutsche Krebshilfe

Ausblick auf das Neueste aus der „Living Guideline“

S3-Leitlinie Lungenkarzinom soll mit Fortschritt mithalten

verfasst von: Friederike Klein

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Die Therapie des Lungenkarzinoms verändert sich so schnell, dass der herkömmliche Prozess der Leitlinienentwicklung nicht mehr hinterherkommt. Jetzt gibt es eine „Living Guideline“, die jedes Jahr aktualisiert werden soll. Die Kernpunkte der kurz vor Publikation stehenden neuesten Empfehlungen sind auf dem Krebskongress vorgestellt worden.

Die lebende Leitlinie soll schnell auf die rasch aufeinanderfolgenden Innovationen im Bereich der Lungenkrebstherapie reagieren und trotzdem die hohen Anforderungen einer S3-Leitlinie erfüllen. Das ist enorm wichtig, betonte Leitlinienkoordinator Prof. Dr. Wolfgang Schütte, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II – Pneumologie am Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau auf dem Krebskongress: Leitlinien dieser Qualitätsstufe werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der Politik oder den Gerichten besonders beachtet. 

Die ambitionierte Ein-Jahres-Frist konnte aktuell nicht ganz eingehalten werden. Nachdem im Dezember 2022 die letzte Version der S3-Leitlinie zum Lungenkarzinom veröffentlicht wurde, ist jetzt die Konsultationsphase für die nächste Version abgeschlossen, die voraussichtlich im März 2024 publiziert werden kann. Mit im Boot waren auch Österreich und die Schweiz, sodass die Leitlinie für den gesamten deutschsprachigen Raum Gültigkeit bekommt. 15 Empfehlungen wurden neu erstellt, 17 bestehende modifiziert. Das Kapitel Nachsorge wurde laut Schütte komplett überarbeitet.

Bedeutung der molekularen Testung weiter gewachsen

Die neue Leitlinie trägt den Anforderungen durch neue Zulassungen Rechnung. Eine wichtige Aktualisierung ist, dass molekulare Testungen jetzt bei allen Typen des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms und auch bei frühen Stadien vorgesehen sind. So soll der PD-L1-Status bei allen NSCLC im Stadium III im Rahmen der Primärdiagnostik erhoben werden. 

Auch für die molekularen Analysen der therapierelevanten Treibermutationen von EGFR und ALK wird es für das Stadium III eine „Soll“-Empfehlung geben, berichtete Prof. Dr. Henning Reis, Ärztlicher Leiter Molekularpathologie am Dr. Senckenbergischen Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main. Mit der Zulassung von Atezolizumab nach der adjuvanten Chemotherapie ab dem Stadium II (nach UICC Version 8) sind diese Testungen auch in diesem früheren Stadium notwendig, denn die Indikation ist abhängig von einer sehr hohen Expression von PD-L1 (TC ≥50%) und dem Ausschluss von EGFR- oder ALK-Treibermutationen, ergänzte PD Dr. Nikolaj Frost, Leiter des Lungenkrebszentrums der Charité Universitätsmedizin Berlin. Demgegenüber ist Pembrolizumab ab Stadium II nach der adjuvanten Chemotherapie unabhängig von der PD-L1-Expression zugelassen worden, aber ebenfalls bei Ausschluss von EGFR- und ALK-Treibermutationen. Eine plausible Erklärung für diesen Unterschied gibt es laut Frost nicht.

 Als eindeutig bezeichnete er die Datenlage dazu, dass Patientinnen und Patienten mit frühem NSCLC und EGFR- und ALK-Treibermutationen nicht von einer Immuntherapie profitieren. In der PACIFIC-Studie beispielsweise profitierten von einem nicht resektablen Stadium-III-NSCLC Betroffene mit dieser Treibermutation nicht von Durvalumab ergänzend zur Radiochemotherapie [1]. Nivolumab wurde aber zusätzlich zur neoadjuvanten Chemotherapie des NSCLC ab Stadium IB (UICC Version 7, entspricht IIA nach UICC Version 8) ab einer PD-L1-Expression von ≥1% ohne Ausschluss dieser Treibermutationen zugelassen, obwohl in der zulassungsrelevanten Studie CheckMate 816 Patientinnen und Patienten mit diesen Mutationen ausgeschlossen wurden [2]. Frost empfiehlt daher, diese Treibermutationen auch ohne entsprechende Anforderung in der Fachinformation zu testen. 

Nach der Leitlinie ist vor der Leitlinie

Themen für die nächste Überarbeitung stehen schon an. So betonte Prof. Dr. Bernward Passlick, Ärztlicher Direktor der Klinik für Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg, dass die neoadjuvante Chemoimmuntherapie im Stadium IIIA für das richtige Patientenkollektiv eine deutliche Verbesserung bedeutet, die mehr als eine „Kann“-Empfehlung rechtfertigt. In vier Studien war die neoadjuvante beziehungsweise perioperative Therapie in dieser Situation mit einer höheren Rate von R0-Resektionen, weniger Pneumonektomien, einem häufigeren Downstaging und einer besseren Prognose als eine neoadjuvante oder perioperative Chemotherapie assoziiert. Deshalb forderte er für die nächste Version der Leitlinie, dass diese Therapie als Standard empfohlen wird.

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basierend auf: 36. Deutscher Krebskongress vom 21.–24. Februar 2024 in Berlin; Sitzung: „Die aktuelle S3-Leitlinie Lungenkarzinom ‒ eine Living Guideline“, 21. Februar 2024

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