Die HIV(„human immundeficiency virus“)-Infizierten sind Diskriminierung in verschiedenen Bereichen ihres Lebens ausgesetzt. Ein Mechanismus der Stigmatisierung in diesem Zusammenhang basiert auf fehlendem Wissen über die Ansteckungswege von HIV.
Ziel der Arbeit
Wahrgenommenes Eigenverschulden sowie verantwortungsbewusstes Verhalten bei einer HIV-Infektion werden als mögliche Ursache für die Einschätzung der sozialen Distanz gegenüber HIV-Infizierten untersucht.
Material und Methoden
Datengrundlage ist eine Online-Vignettenbefragung, an der insgesamt 135 Personen teilgenommen haben. Die Hypothesen werden mit clusterkorrigierten multiplen linearen Regressionen getestet.
Ergebnisse
Wenn eine HIV-Infektion als vermeintlich selbst verschuldet wahrgenommen wird, so ist die soziale Distanz zu den Erkrankten größer. Ähnliche Distanzierung erfahren HIV-infizierte Personen, die beruflich eng mit Menschen zusammenarbeiten, z. B. Beschäftigte des Rettungsdienstes. Vor allem homosexuelle HIV-positive Männer werden stigmatisiert.
Schlussfolgerung
Die Stigmatisierung aufgrund von „victim blaming“ gegenüber HIV-Infizierten konnte in dieser Studie aufgezeigt werden.
Hinweise
Geteilte Erstautorenschaft von Michele Haink und Sandra Jaworeck erwünscht.
Einleitung
Insgesamt gab es 2019 in Deutschland 2600 geschätzte HIV(„human immundeficiency virus“)-Neuinfektionen, 2018 lag die Zahl bei 2500. Viele HIV-Infizierte erfahren Diskriminierung, obwohl bei einem bewussten Umgang und passender medikamentöser Einstellung die Weitergabe und damit Gefährdung anderer Menschen extrem unwahrscheinlich ist [9, 30]. Aufgrund des erneuten Anstiegs der Infektionszahlen und bestehender Diskriminierung werden in dieser Arbeit HIV-Infizierte als Stigmatisierte betrachtet. Das Ziel ist es, Mechanismen der HIV-Stigmatisierung zu untersuchen und Ansatzpunkte aufzuzeigen, wie Diskriminierungstendenzen abgefedert werden können.
Erstmalig wurde HIV 1981 in den USA diagnostiziert. Die Krankheit gilt bis heute als irreversibel. Die Manifestation dieser Erkrankung wird als „acquired immune deficiency syndrome“ (AIDS) bezeichnet [20]. Seit den 1980er-Jahren wird als Präventionsmaßnahme zur Senkung des Ansteckungsrisikos der Selbstschutz in verschiedensten Formen plädiert, z. B. durch die Verwendung eines Kondoms beim Geschlechtsverkehr [20, 25]. HIV hat sich im Verlauf der Zeit von einer tödlichen zu einer chronischen Erkrankung entwickelt [9]. Durch die Therapie mit antiretroviraler Medikation können die Symptome reduziert und die Lebenserwartung verlängert sowie die Infektiosität gesenkt werden [20]. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der HIV-Infizierten in Deutschland verdoppelt [21]. Die Mehrzahl der Neuinfektionen (61,5 %) im Jahr 2019 betrifft Männer, welche sich durch homosexuellen Geschlechtsverkehr infiziert haben [20].
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Viele HIV-Infizierte erfahren Diskriminierung im Alltag. Die Deutsche AIDS-Hilfe [6] stellte fest, dass 19 % der Infizierten eine Zahnarztbehandlung verweigert wurde, 26 % diskriminierendes Verhalten am Arbeitsplatz durch Führungskräfte erfahren haben und 16 % eine Versicherung verweigert wurde. Probleme gibt es in der Regel bei Versicherungsarten, die im Vorfeld des Abschlusses Vorerkrankungen abfragen (z. B. Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung [17]).
Diskriminierung entsteht durch Ideologien und statistische Normalitätsmodelle, die soziale Gruppen und Menschen unterscheiden und ihnen einen gleichwertigen Status in der Gesellschaft verwehren [24]. Diskriminierung ist oftmals die Konsequenz von Stigmatisierung [15].
Der Begriff Stigma verweist auf ein körperliches Zeichen, das vermeintlich „etwas Ungewöhnliches oder Schlechtes über den moralischen Zustand“ [10] der zeichentragenden Person offenbart. Goffman [10] definiert den Begriff als Merkmal einer Person, das zutiefst diskreditierend ist. HIV könnte demnach als „individuelle(r) Charakterfehler“ [10] kategorisiert werden; falsche Überzeugungen bezüglich HIV können zur Stereotypisierung von Infizierten führen. Inkorrektes Wissen über die Ansteckungsweg wurde in einigen Studien als Grund für Stigmatisierung von HIV-Positiven identifiziert [2, 13]. Stigmatisierung von HIV-Infizierten könnte zudem durch eine Kombination einer Abneigung gegenüber Fremden, Infektionen, Unmoralität und Unglück erklärt werden ([22], nach [18]). Um die Einstellungen von Personen zu messen, die andere stigmatisieren, bietet sich das Konstrukt der sozialen Distanz an. Die soziale Distanz misst ein subjektives Gefühl von Individuen, welches das Ausmaß der gewünschten (platonischen) Nähe zu anderen Individuen angibt [26].
Vielen HIV-Infizierten wird ein Eigenverschulden („victim blaming“) unterstellt. Dieses unterstellte Eigenverschulden meint eine Schuld, die auf das Opfer übertragen wird, anstatt diesem mit Trost, Verständnis und Unterstützung zu begegnen [16, 23]. Häufig wird davon ausgegangen, dass HIV-infizierte Personen selbst für ihre Ansteckung verantwortlich sind, da sie sich z. B. durch intravenösen Drogenkonsum mit verunreinigten Nadeln oder ungeschützte Sexualkontakte infiziert haben könnten [6]. Die eigene Gesundheit ist und war schon immer eines der wichtigsten Werte der Deutschen [12]. Personen, die sich abweichend verhalten, indem sie ihre Gesundheit absichtlich gefährden, werden in diesem Zuge oftmals als verantwortungslos stigmatisiert [18, 29].
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Neben HIV-Infizierten erfahren auch viele homosexuelle Männer diskriminierendes Verhalten [28]. Homosexuellen sowie bisexuellen Männern wird in Deutschland verweigert Blut zu spenden, wenn sie vor weniger als einem Jahr Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann hatten [6]. Begründet wird dies damit, dass der Großteil der HIV-positiven Personen in Deutschland Männer sind, die sich durch homosexuellen Geschlechtsverkehr infiziert haben. Solche Ungleichbehandlungen von HIV-positiven Personen fördern Stigmatisierungstendenzen und „victim blaming“ [19].
Romantische, normkonforme Ansteckungswege, wie z. B. der Geschlechtsverkehr in monogamen Beziehungen werden eher sozial akzeptiert, als hedonistische und nicht-normkonforme Ansteckungswege, wie der Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Personen [7]. Aufgrund der Vermittlung der Verantwortlichkeit zum Selbstschutz vor HIV seit den 1980er-Jahren, könnte normkonformes Verhalten, u. a. in Form von Schutz vor HIV durch Kondome, gesellschaftlich eher akzeptiert werden. Die Studienlage zur Relevanz der sexuellen Orientierung beim HIV-Stigma ist nicht eindeutig: In einigen Studien werden keine statistisch signifikanten Zusammenhänge gefunden [7], in anderen ist die negative Einstellung gegenüber Homosexuellen mit entsprechender Einstellung gegenüber HIV-Infizierten verknüpft [14].
Es wird empfohlen, den Fokus weiterer Forschung auf die Stigmatisierten und damit auf die Ursachen des HIV-Stigmas zu legen [8]. Daher werden hier die Ansteckungswege, der Beruf sowie die sexuelle Orientierung von HIV-Infizierten betrachtet, indem die soziale Distanz von nicht HIV-diagnostizierten Personen zu HIV-Infizierten gemessen wird. Das heißt, es wird untersucht, welchen Einfluss das wahrgenommene Eigenverschulden bezüglich der HIV-Infektion bei der sozialen Distanz zu HIV-Infizierten hat. Dazu wird die soziale Distanz aus Perspektive der Stigmatisierenden gegenüber HIV-Infizierten gemessen und dabei besonders der Ansteckungsweg als Indikator für zugeschriebenes Eigenverschulden und der Beruf als Indikator für verantwortungsvolles Verhalten fokussiert.
Sofern ein Eigenverschulden bei der HIV-Infektion angenommen wird, kann von einer größeren sozialen Distanz bezüglich der Infizierten ausgegangen werden [19]. Intravenöser Drogenkonsum und Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Personen werden als unterstelltes Eigenverschulden charakterisiert. Eine Infektion durch verschmutzte Bluttransfusionen wird als nicht-selbstverschuldete Ansteckung gedeutet.
H1.
Personen, die sich durch einen vermeintlich selbstverschuldeten Ansteckungsweg mit HIV infiziert haben, erfahren mehr soziale Distanz als Personen, die sich durch einen vermeintlich nicht-selbstverschuldeten Weg infiziert haben.
„Victim blaming“ kann in Bezug auf das Arbeitsumfeld die Ursache in mangelndem Wissen über die Ansteckungswege von HIV haben. Es wird davon ausgegangen, dass HIV-Positive in einem Arbeitsumfeld, das eine höhere körperliche Nähe zu Menschen mit sich bringt, mit mehr sozialer Distanz begegnet wird als in Arbeitsbereichen, in denen weniger körperliche Nähe zu Menschen stattfindet.
H2.
Je enger der Kontakt HIV-Infizierter zu ihren Mitmenschen, desto mehr soziale Distanz erfahren sie.
Ein Großteil der HIV-Infektionen betrifft Männer, die sich durch homosexuellen Geschlechtsverkehr infiziert haben. Bei homosexuellen HIV-Infizierten könnte zudem der Infektionsweg des ungeschützten Geschlechtsverkehrs unterstellt werden, da die Verhütung zur Schwangerschaftsvermeidung nicht relevant ist, was demnach ebenfalls als unterstelltes Eigenverschulden gekennzeichnet ist und demzufolge erhöhte soziale Distanz vermutet wird.
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H3.
Homosexuelle HIV-Infizierte erfahren mehr soziale Distanz als heterosexuelle HIV-Infizierte.
Aufgrund der angenommenen Richtungen der Haupteffekte des Ansteckungsweges (H1) und der sexuellen Orientierung (H3) wird bei der Interaktion dieser beiden Effekte eine Verstärkung angenommen.
H3a-Interaktion.
Homosexuelle Personen, die sich durch einen vermeintlich selbstverschuldeten Ansteckungsweg mit HIV infiziert haben, erfahren mehr soziale Distanz als Personen, die sich durch einen vermeintlich nicht-selbstverschuldeten Weg infiziert haben.
Aufgrund der angenommenen Richtungen der Haupteffekte des beruflichen Kontakts (H2) und der sexuellen Orientierung (H3) wird bei der Interaktion dieser beiden Effekte eine Verstärkung angenommen.
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H3b-Interaktion.
Je enger der Kontakt homosexueller HIV-Infizierter zu ihren Mitmenschen, desto mehr soziale Distanz erfahren sie.
Die meisten HIV-Infizierten in Deutschland sind homosexuelle Männer, welche, wie in Hypothese 3 beschrieben, vermutlich eine höhere Stigmatisierung erfahren als Frauen. Gleichzeitig wird angenommen, dass Männer daher häufiger mit einer HIV-Infektion verbunden werden und somit auch eine stärkere Stigmatisierung bezüglich männlicher Personen stattfindet. Die Analyse wird daher separat für männliche und weibliche HIV-Infizierte durchgeführt.
Das Geschlecht und die sexuelle Orientierung werden aufgrund von möglichen Homophilieeffekten betrachtet [19]. Es kann davon ausgegangen werden, dass homosexuell orientierte Personen allgemein toleranter gegenüber HIV-infizierten Personen eingestellt sind, da sie selbst aufgrund des Erlebens der Besonderheit der eigenen sexuellen Vorliebe mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst Diskriminierungserlebnissen ausgesetzt waren.
Falsche Überzeugungen und fehlerhaftes Wissen über Ansteckungswege sollten mit Stigmatisierungstendenzen einhergehen. Wer sich nicht mit dem Thema auskennt, wird aus der resultierenden Verunsicherung eher das Unbekannte ablehnen oder zumindest Skepsis entwickeln und entsprechend Nähe vermeiden.
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Im nächsten Abschnitt werden das Studiendesign, die Operationalisierung der Konzepte und die Auswertungsmethoden vorgestellt. Ähnliche Ausprägungen zwischen HIV-Infizierten- und Befragungspersonen könnten die soziale Distanz verringern. So könnten sich homosexuelle Befragte eher mit fiktiven homosexuellen Personen, die in den Vignetten beschrieben werden, identifizieren. Deswegen wird auf Personenebene auf das Geschlecht, das Alter und die sexuelle Orientierung kontrolliert. Weiterhin kann von Interesse sein, ob HIV-Infizierte im Bekanntenkreis der Befragten vorhanden sind, da der direkte oder indirekte Kontakt mit Infizierten vermutlich mit verbessertem Wissensstand zum Thema und Enttabuisierung assoziiert ist. Da von einem starken Zusammenhang zwischen HIV-Stigmatisierung und Bildung ausgegangen wird [4], kann das Gleiche für den Berufsabschluss vermutet werden [2, 13].
Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Als Studiendesign wurde eine Vignettenbefragung (faktorieller Survey) gewählt. Vignettenstudien eignen sich besonders gut für Themen, deren empirische Messung von sozial erwünschtem Antwortverhalten geprägt ist [1, 31]. Bei dieser Art der Datenerhebung werden Befragten mehrere Situationsbeschreibungen vorgelegt, die jeweils mehrere Dimensionen enthalten. Die Ausprägungen der Dimensionen werden mit einem Zufallsverfahren zusammengestellt. Dadurch wird eine Messung von Einstellungen und Meinungen der Teilnehmenden in einer komplexen Situation möglich [27]. Die gesamte Situation wird von den Befragten als Ganzes eingeschätzt und im Vergleich zur konventionellen Umfrageforschung werden hier keine einzelnen Items zu einem bestimmten Thema abgefragt. Das Studiendesign eignet sich für die vorliegende Forschungsfrage besonders gut, weil die Erforschung von Einstellungen gegenüber HIV-positiven Menschen als sensible Thematik gewertet werden kann, die durch Antwortverhalten im Sinne sozialer Erwünschtheit geprägt ist [11]. Eine Situationsbeschreibung enthält fünf Dimensionen. Experimentell variiert werden dabei das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, das Alter, der Ansteckungsweg und die Berufstätigkeit der (fiktiven) Vignettenperson (Tab. 1).
Tab. 1
Vignettendimensionen
Dimension 1
Geschlecht
(0) Frau (1) Mann
Dimension 2
Alter in Jahren
(0) 35 (1) 45 (2) 55
Dimension 3
Sexuelle Orientierung
(0) heterosexuell
(1) homosexuell
Dimension 4
HIV-Ansteckungsweg
(0) verschmutzte Bluttransfusion
(1) häufig wechselnde Partner*innen
(2) intravenöser Drogenkonsum
Dimension 5
Beruf
(0) Bürokraft in einer Bank
(1) Lebensmittelproduktion in einer Bäckerei
(2) Rettungsdienst
Quelle: Eigene Darstellung
HIV „human immundeficiency virus“
Die abhängige Variable der Stigmatisierung wird durch eine 11-stufige Soziale-Distanz-Skala mit horizontaler Ausrichtung gemessen, angelehnt an die deutsche Soziale-Distanz-Skala von Steinbach [26], welche wiederum auf dem Original von Bogardus ([3], nach [32]) beruht (Abb. 1). Aufgrund der optischen Präsentation der Antwortmöglichkeiten als gleich erscheinende Intervalle, kann ein quasimetrisches Skalenniveau angenommen werden. Zur leichteren Interpretation wird die 11-stufige Skala in Prozentangaben (0–100) umkodiert. „Enge Freundschaft“ nimmt dabei den Wert 0 % an, die mittlere Ausprägung „berufliche Zusammenarbeit“ 50 % und „kein Kontakt“ entspricht 100 % soziale Distanz. Neben den Einschätzungen zu den Vignetten wurden im Survey die eigene Betroffenheit von HIV und Drogenkonsum, die Bekanntheit von HIV-positiven Personen und soziodemografische Daten, u. a. Alter, Geschlecht, höchster Berufsabschluss [5] und die sexuelle Orientierung erhoben. Die Daten wurden innerhalb eines Forschungsprojekts des Instituts für Soziologie der Technischen Universität Chemnitz mittels eines Fragebogens über die Online-Umfrageapplikation LimeSurvey (Bildungsportal Sachsen, Deutschland) erhoben.
×
Ein Online-Pretest fand innerhalb einer Woche Ende Oktober 2017 mit Studierenden des Masterstudiengangs Public Health der Technischen Universität Chemnitz und willkürlich ausgewählten Privatpersonen statt (n = 15). Die Verständlichkeit der Vignetten und Fragen zur Person sowie die Handhabbarkeit des Online-Tools wurden nicht bemängelt.
Die Datenerhebung der Hauptuntersuchung fand im Zeitraum von November bis Dezember 2017 statt, indem ein Accesspanel befragungsbereiter Studierender der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der Teschnischen Universität Chemnitz genutzt wurde. Einschlusskriterien für die Teilnahme waren ein Alter von 15 bis 80 Jahren sowie das Beherrschen der deutschen Sprache. Personen mit anderer sexueller Orientierung als der heterosexuellen wurden zudem gezielt angesprochen. Hierzu wurde ein Weblink auf der Internetseite des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland (LSVD) veröffentlicht.
Ergebnisse
Zusammensetzung und Beschreibung der erhobenen Daten
Die Vorgehensweise bei der Rekrutierung hat dazu geführt, dass allgemein mehr Frauen als Männer teilgenommen haben.1 Unter den homosexuell ausgerichteten Personen haben ebenfalls mehr Frauen als Männer den Fragebogen ausgefüllt. Bei der Erhebung konnten insgesamt 135 Teilnehmende gewonnen werden, welche jeweils 10 verschiedene Vignettensets ausfüllten. Ausreißer und fehlende Werte wurden ausgeschlossen, weshalb sich auf Personenebene eine Fallzahl von 121 ergibt. Zur Beschreibung der Stichprobe dienen die Verteilungen aus Tab. 2. Das Durchschnittsalter der Stichprobe liegt bei rund 29 Jahren, das Minimum bei 18 und das Maximum bei 58 Jahren. Die Altersgruppe 25 bis 35 Jahre ist am häufigsten vertreten. Unter den Teilnehmenden sind 57,02 % heterosexuell und 42,98 % homosexuell oder haben eine andere sexuelle Orientierung. Die meisten Teilnehmenden haben einen Universitätsabschluss (33,88 %), 27,27 % haben eine Lehre, Ausbildung oder einen Meister abgeschlossen, 23,14 % sind ohne Berufsabschluss und die wenigsten (15,70 %) haben einen Berufsakademie- oder Fachhochschulabschluss. 22,31 % kennen HIV-Diagnostizierte persönlich (Tab. 2). Auf Vignettenebene ergibt sich schlussendlich eine Fallzahl von 114, da nicht alle 121 Personen, die an der Umfrage teilgenommen haben, auch alle 10 Vignettensets ausgefüllt haben. Die Verteilungen der Stichprobe (n = 114) weicht nicht von der Gesamtstichprobe (n = 135) ab.
Tab. 2
Deskriptive Übersicht der Personenmerkmale
Personenmerkmal
(Kodierung) Ausprägungen
Absolute Häufigkeit
Relative Häufigkeit
Geschlecht
(0) Weiblich
93
76,86
(1) Männlich
28
23,14
Total
121
100,00
Sexuelle Orientierung
(0) Heterosexuell
69
57,02
(1) Homosexuell und andere
52
42,98
Total
121
100,00
Berufsabschluss
(3) Universität
41
33,88
(2) Berufsakademie/Fachhochschule
19
15,70
(1) Lehre/Ausbildung/Meister
33
27,27
(0) Kein Berufsabschluss
28
23,14
Total
121
100,00
HIV-Infizierte im Bekanntenkreis
(1) Ja
27
22,31
(0) Nein
94
77,69
Gesamt
121
100,00
–
n
Mittelwert
Standardabweichung
Min
Max
Alter
121
28,88
8,76
18
58
Quelle: Eigene Vignettenstudie 2017, eigene Berechnung und Darstellung
Nicht alle 121 Personen haben jeweils alle 10 Vignetten ausgefüllt (n = 1210), weshalb in der Regression 1140 Fälle zu verzeichnen sind
HIV „human immundeficiency virus“
Bei den Vignettenmerkmalen wurde eine ausgeglichene Verteilung der einzelnen Ausprägungen angestrebt und im Umfragetool LimeSurvey dementsprechend programmiert. Das Alter wurde zwischen den Gruppen der 35- (33,86 %), 45- (32,72 %) und 55-Jährigen (33,42 %) variiert, das Geschlecht variierte zwischen männlich (50,00 %) und weiblich (50,00 %), die sexuelle Orientierung wurde mit homo- (49,56 %) oder heterosexuell (50,44 %) vorgegeben und die Ansteckungswege wurden zwischen intravenösem Drogenkonsum (31,40 %), wechselnde Sexualpartner*innen (34,47 %) und verschmutze Bluttransfusion (34,12 %) variiert. Der Beruf unterschied sich in Rettungsdienstmitarbeitende (32,37 %), Lebensmittelproduzierende in einer Bäckerei (31,49 %) und Bürokraft in einer Bank (36,14 %).
Der Mittelwert der abhängigen Variable von 34,6 zeigt an, dass die durchschnittlichen Antworten tendenziell in Richtung einer geringeren sozialen Distanz ausfallen (Spannweite: 0 – enge Freundschaft, 50 – berufliche Zusammenarbeit 100 – kein Kontakt gewünscht), wobei dennoch eine eher hohe Standardabweichung von 27,68 zu verzeichnen ist, was jedoch für die Varianzaufklärung der multivariaten Berechnungen vorteilhaft ist. Es liegt keine relevante Schiefe vor (Schiefe: 0,27). Zudem ist die Wölbung der Verteilung nur geringfügig flacher als die einer Normalverteilung (Stata-Kurtosis: 2,23), was zudem für die Eignung der abhängigen Variablen für die OLS-Regression spricht (Tab. 3).
Tab. 3
Deskriptive Beschreibung der abhängigen Variable soziale Distanz
Fälle
Mittelwert
Standardabweichung
Minimum
Maximum
Schiefe
Kurtosis
Gesamtmodell
1140
34,66
27,68
0
100
0,268
2,230
Nur Vignettenmänner
570
35,46
28,25
0
100
0,244
2,178
Nur Vignettenfrauen
570
33,86
27,09
0
100
0,289
2,282
Quelle: Eigene Berechnung und Darstellung. Anmerkung: Vignettenstichprobe
Multivariat
Nach dem Zusammenführen der Personen- und Vignettenfragebögen, wurden die Daten mittels multipler linearer Regressionen (KI = 95 %) geclustert auf Personenebene analysiert. Die multivariaten Berechnungen wurden auf Linearität in den Parametern, Ausreißer, Homoskedastizität und Multikollinearität geprüft. Bis auf die Homoskedastizitätsannahme sind alle Voraussetzungen erfüllt (x2Vignettenmänner = 3,31; p = 0,069; x2Vignettenfrauen = 6,85; p = 0,009). Um verzerrte Standardfehler aufgrund von Heteroskedastizität zu vermeiden, werden robuste Standardfehler bei der Schätzung der Modelle verwendet. Zur Auswertung wurden insgesamt zwei Nettomodelle betrachtet (Tab. 4), wobei das erste die weiblichen HIV-Infizierten betrachtet und das zweite Modell die männlichen HIV-Infizierten, um mögliche stärkere Stigmatisierung gegenüber männlichen HIV-Infizierten herauszufiltern. In Abb. 2 werden die interessierenden Effekte unter Einbezug aller Variablen grafisch veranschaulicht (dargestellt sind nur die hypothesenrelevanten Effekte), anschließend werden alle Koeffizienten in Tab. 4 ausgewiesen und entsprechend interpretiert. Für die Interaktionseffekte werden zusätzlich Grafiken mit den zugehörigen marginalen Effekten in Abb. 3 und 4 zur Interpretation herangezogen. Alle folgenden Interpretationen der Regressionskoeffizienten finden im Durchschnitt sowie unter Berücksichtigung des Ceteris-paribus-Prinzips statt.
Tab. 4
Lineare Regression, AV: Soziale Distanza
M1: Vignetten-Frauen
M2: Vignetten-Männer
Vignettenmerkmale
Ansteckungsweg (Referenz: Bluttransfusion)
Wechselnde Sexualpartner*innen
11,363**
(3,602)
11,229***
(3,037)
Intravenöser Drogenkonsum
22,441***
(3,792)
32,899***
(3,663)
Beruf (Referenz: Büro)
Bäckerei
−2,482
(3,388)
7,332*
(3,565)
Rettungsdienst
2,720
(3,527)
12,037***
(3,580)
Sexuelle Orientierung (Referenz: heterosexuell)
Homosexuell
−1,338
(3,526)
7,990*
(3,816)
Alter (Referenz: 35)
45
2,330
(2,362)
1,539
(2,702)
55
0,994
(2,080)
−1,063
(2,640)
Interaktionsterme von Vignettenmerkmalen
Interaktion Ansteckungsweg und sexuelle Orientierung (Referenzen: Bluttransfusion und heterosexuell)
Partner und homosexuell
−5,195
(4,714)
−5,348
(4,116)
Drogen und homosexuell
−1,535
(4,904)
−11,065*
(5,037)
Interaktion Beruf und sexuelle Orientierung (Referenzen: Büro und heterosexuell)
Bäckerei und homosexuell
8,109
(4,447)
−4,184
(4,632)
Rettungsdienst und homosexuell
1,409
(4,764)
−2,022
(4,640)
Personenmerkmale
Alter (zentriert am Mittelwert von 28,89)
−0,448
(0,242)
−0,330
(0,220)
Geschlecht (Referenz: weiblich)
Männlich
−12,154*
(5,954)
−13,607*
(5,642)
Sexuelle Orientierung (Referenz: heterosexuell)
Homosexuell und sonstige
−5,225
(4,011)
−6,077
(3,961)
Bildungsabschluss (Referenz: keiner)
Ausbildung/Lehre/Meister
9,959
(5,934)
9,491
(5,859)
Berufsakademie/Fachhochschule
12,517
(6,442)
13,680*
(6,079)
Universitätsabschluss
3,894
(5,613)
4,303
(5,600)
HIV-Infizierte in Bekanntenkreis (Referenz: nein)
Ja
3,215
(5,315)
3,563
(5,357)
Konstante
20,378***
(4,957)
13,104*
(5,537)
Fallzahl
570
570
R2
0,148
0,250
Multiple lineare Regressionsmodelle, eigene Berechnung und Darstellung, Vignettenstichprobe gerundet, robuste Standardfehler in Klammern, geclustert nach Befragtennummer, Vignettenstichprobe, ohne Fehlwerte
***p < 0,001; **p < 0,01; *p < 0,05
aWertebereich 0 enge Freundschaft bis 100 keine Freundschaft gewünscht
HIV „human immundeficiency virus“
×
×
×
Auf den ersten Blick wird ersichtlich, dass alle interessierenden Haupteffekte bei den Vignettenmännern statistisch signifikant sind, bei den Vignettenfrauen sind lediglich die Ansteckungswege statistisch signifikant. Bezüglich der Ansteckungswege weisen beide Modelle ähnlich starke Effekte auf. Beim Beruf liegen nur für die Vignettenmänner statistisch signifikante Effekte vor. Des Weiteren werden Homosexuelle unter den Vignettenmännern statistisch signifikant mehr stigmatisiert als Heterosexuelle, bei den Vignettenfrauen kehrt sich dieser Effekt um und ist statistisch nicht signifikant. Für die Interaktionseffekte mit dem Beruf sind keine statistisch signifikanten Effekte vorhanden. Interessant ist jedoch, dass die Interaktionen mit dem Ansteckungsweg teilweise zu geringeren statistisch signifikanten Stigmatisierungen führen. Die Koeffizienten aller einbezogenen Variablen werden in Tab. 4 ausgegeben.
In der sozialen Distanz können 25 % der Variabilität mit Hilfe des Modells für die Männer erklärt werden, bei den Frauen sind es rund 15 %. Daraus lässt sich schließen, dass Männer viel stärker in Abhängigkeit der Vignettenmerkmale bewertet werden als Frauen. Heterosexuelle junge Frauen, die sich über den vermeintlich nicht-selbstverschuldeten Ansteckungsweg (verschmutzte Bluttransfusion) mit HIV infiziert haben und in einem Beruf mit weniger engem Menschenkontakt (Büro) arbeiten, erfahren circa zehn Prozentpunkte mehr soziale Distanz als Männer mit den gleichen Eigenschaften. Daraus kann vorerst angenommen werden, dass Frauen allgemein stärker stigmatisiert werden. Das Gesamtmodell (hier nicht weiter dargestellt) weist ebenfalls einen statistisch signifikanten Geschlechtereffekt auf, bei dem Männer um rund 13 % weniger stigmatisiert werden (p = 0,020, R2 = 21,68 %).
Bezüglich des Ansteckungsweges (Hypothese 1) weisen das erste sowie das zweite Modell statistisch signifikante Effekte auf. Eine Infektion durch häufig wechselnde Sexualpartner*innen führt zu mehr sozialer Distanz (ca. 11 %) als eine Infektion durch verschmutzte Bluttransfusionen. Noch stärker ist der Effekt bei intravenösem Drogenkonsum: Weiblichen Personen, die sich so mit HIV infiziert haben, wird mit ca. 22 %, männliche Personen sogar mit rund 33 % mehr sozialer Distanz begegnet als Personen, die sich durch verschmutzte Bluttransfusionen infiziert haben. Daraus folgt, dass HIV-Infizierten mit wahrgenommenem, selbstverschuldeten Ansteckungswegen mit durchschnittlich mehr sozialer Distanz begegnet wird, als Personen mit nicht-selbstverschuldeten Ansteckungswegen, weshalb Hypothese 1 hier bestätigt werden kann. Demnach werden männliche HIV-Infizierte bei der Ansteckung über Drogenkonsum mehr stigmatisiert als weibliche. Bei den wechselnden Sexualpartner*innen treten keine wahrnehmbaren Unterschiede in der Stärke der Stigmatisierung auf. Diese Effekte sind statistisch signifikant.
Für Hypothese 2 kann davon ausgegangen werden, dass männliche HIV-Infizierte, die in der Lebensmittelproduktion einer Bäckerei arbeiten ungefähr 7 % mehr soziale Distanz erfahren, als solche, die im Büro arbeiten. Für die weiblichen HIV-Infizierten kehrt sich dieser Effekt jedoch um: Weibliche HIV-Infizierte Bürokräfte erfahren ca. 2 % weniger soziale Distanz als solche, die in der Bäckerei tätig sind. HIV-Infizierte, die im Rettungsdienst arbeiten erfahren generell mehr soziale Distanz als solche, die im Büro arbeiten. Der Effekt ist für die männlichen HIV-Infizierten stärker (ca. 12 %) als für die Weiblichen (ca. 3 %). Nur für die männlichen HIV-Infizierten liegen bei der Betrachtung des Berufs statistisch signifikante Effekte vor. Männlichen HIV-Infizierten mit engerem sozialem Kontakt im Beruf wird mit mehr sozialer Distanz begegnet als in Berufen mit weniger engem Menschenkontakt. Demnach kann Hypothese 2 hier für die männlichen HIV-Infizierten bestätigt werden. Sowohl für die Bäckerei (ca. 7 % zu −2 %), als auch für den Rettungsdienst (ca. 12 % zu 3 %) werden die Männer stärker stigmatisiert.
Bezüglich der sexuellen Orientierung liegt nur für die Männer ein statistisch signifikanter Effekt vor. Männlichen, homosexuellen HIV-Infizierten wird mit mehr sozialer Distanz (ca. 8 %) begegnet als heterosexuellen, männlichen HIV-Infizierten. Für die Vignettenfrauen tendiert der Effekt der sexuellen Orientierung in die entgegengesetzte Richtung, ist geringer (ca. −1 %) und ist statistisch nicht signifikant. Hypothese 3 kann hier demnach nur für die Stigmatisierung von männlichen HIV-Infizierten angenommen werden.
Zur Erklärung der Interaktionseffekte werden Grafiken zu durchschnittlichen marginalen Effekten betrachtet. Bezüglich der Interaktion aus sexueller Orientierung und Ansteckungsweg lässt sich erkennen, dass für die weiblichen HIV-Infizierten bei dem vermeintlich selbst verschuldeten Ansteckungsweg über häufig wechselnde Partner*innen für die homosexuellen HIV-infizierten Frauen eine geringe soziale Distanz vorliegt als für die heterosexuellen (Abb. 3). Dieser Effekt kehrt sich für den nicht selbstverschuldeten Ansteckungsweg um, wobei homosexuelle Frauen mehr soziale Distanz erfahren. Für die Ansteckung über den Drogenkonsum ist kein Unterschied für die sexuelle Orientierung ersichtlich. Für die männlichen HIV-Infizierten wird ersichtlich, dass Homosexuelle, die sich über den nicht selbstverschuldeten Weg durch Bluttransfusionen infiziert haben, mehr soziale Distanz erfahren als Heterosexuelle. Bezüglich der vermeintlich selbstverschuldeten Ansteckungswege werden heterosexuelle Männer nur in der Gruppe des Drogenkonsums mehr stigmatisiert, bei den häufig wechselnden Partner*innen ist kein Unterschied für die sexuelle Orientierung ersichtlich. Es gibt jedoch bezüglich dieser Interaktion nur einen statistisch signifikanten Effekt unter den männlichen Infizierten: Es tritt keine angenommene Verstärkung des Effekts durch die sexuelle Orientierung auf, weshalb Hypothese 3a abgelehnt wird.
Bei Betrachtung der Interaktion von sexueller Orientierung und Beruf wird deutlich, dass homosexuelle weibliche HIV-Infizierte, welche in der Lebensmittelproduktion einer Bäckerei arbeiten mehr soziale Distanz erfahren als heterosexuelle weibliche HIV-Infizierte im gleichen Bereich (Abb. 4). Dieser Effekt kehrt sich für den Beruf des Rettungsdienstes und für den der Bürokraft um. Den männlichen homosexuellen HIV-Infizierten, die im Büro und im Rettungsdienst arbeiten, wird jedoch mit mehr sozialer Distanz begegnet als heterosexuellen in den gleichen Arbeitsbereichen. Für den Beruf der Lebensmittelproduktion in einer Bäckerei kehrt sich dieser Effekt um. Für diese Effekte gibt es keine statistische Signifikanz. Auch hier tritt keine angenommene Verstärkung des Effekts durch die sexuelle Orientierung auf, weshalb Hypothese 3b ebenfalls abgelehnt wird.
Diskussion
Die zentralen Ergebnisse der Studie sind eine höhere Stigmatisierung HIV-Infizierter hinsichtlich des wahrgenommenen Eigenverschuldens bei den Ansteckungswegen sowie bei Berufen mit engerem Kontakt zu Menschen. Die Studie hat die Ergebnisse separat für HIV-infizierte Frauen und Männer betrachtet und konnte damit feststellen, dass besonders männliche HIV-Infizierte, die homosexuell sind, stigmatisiert werden. Dieser Effekt hat seinen Ursprung womöglich in der vorwiegenden HIV-Betroffenheit männlicher Personen, die homosexuellen Geschlechtsverkehr haben. Überraschend ist, dass scheinbar selbstverschuldete HIV-Ansteckungswege bei Homosexuellen weniger stigmatisiert werden als bei Heterosexuellen. Bei den nicht-selbstverschuldeten Ansteckungswegen werden Homosexuelle wiederum mehr stigmatisiert als Heterosexuelle. Möglicherweise könnte Stigmatisierung HIV-Infizierter demnach noch ganz andere Merkmale der Stigmatisierten betreffen.
Die Hauptbeschränkung der Studie liegt in ihrer Repräsentativität, da sie vorwiegend an Studierende, überwiegend weiblich, aus dem sozialwissenschaftlichen und psychologischen Bereich und an ausgewählte Organisationen über ein Schneeballverfahren verteilt wurden. Es wäre vorteilhaft, die Befragung mit einer repräsentativen Stichprobe zu überprüfen. Dennoch werden in dieser Studie relevante erste Ergebnisse aufgezeigt, welche in weiteren Forschungen aufgegriffen werden sollten.
Ebenfalls könnte es für Forschungen sinnvoll sein, weitere Vignettendimensionen, z. B. andere Merkmale von HIV-Infizierten aufzunehmen und eine höhere Heterogenität innerhalb der Stichprobe zu erreichen. Eine internationale Datenerhebung oder ein multinationaler Vergleich könnten interessant sein, um auch kulturelle Bedingungen der HIV-Stigmatisierung zu betrachten.
Fazit für die Praxis
Stigmatisierung von HIV(„human immundeficiency virus“)-Infizierten nach wahrgenommenem Eigenverschulden („victim blaming“) des Ansteckungsweges von HIV, ausgeübten Berufs nach Enge des Menschenkontaktes, sexueller Orientierung und Geschlecht konnte aufgezeigt werden.
Besonderer Fokus auf die Subgruppe männlicher, homosexueller HIV-Infizierte, die besonders viel Stigmatisierung erfahren.
Zur Verringerung von Stigmatisierung HIV-Positiver bedarf es Aufklärung bezüglich des HI-Virus und sexueller Orientierungen.
Förderung
Die Veröffentlichung dieses Artikels wurde gefördert durch die Technische Universität Chemnitz.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
M. Haink, S. Jaworeck und P. Kriwy geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Alle Daten der Interviews wurden anonym erhoben und die Befragten über die wissenschaftliche Weiterverwendung der Daten informiert. Die Befragung wurde unter Berücksichtigung forschungsethischer Grundsätze der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie durchgeführt (https://soziologie.de/dgs/ethik/ethik-kodex).
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Die geringe Anzahl der männlichen Teilnehmenden an der Befragung kann aufgrund der üblicherweise eher geringen Anzahl an männlichen Studierenden in den angeschriebenen Studiengängen vermutet werden.
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