Schlafstörung lindern ohne Toleranzentwicklung

Mit Eszopiclon, dem S-Enantiomer von Zopiclon, können Schlafstörungen effektiv adressiert werden. Es gibt keine Hinweise auf Toleranzphänomene auch in der Langzeitbehandlung von bis zu sechs Monaten bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Insomnie. Bis zu 15 Prozent der Erwachsenen haben chronische Insomnien, also Schlafstörungen, die mehr als drei Monate anhalten. Neben Insomnie-Symptomen wie Ein- und Durchschlafstörung und frühmorgendliches Erwachen, ohne wieder einschlafen zu können, leiden die Patientinnen und Patienten häufig unter Tagessymptomen wie Fatigue, Schläfrigkeit und kognitiven Beeinträchtigungen. Die Mehrheit der Betroffenen berichtet über mehr als nur ein Symptom – so z.B. in einer Studie der Charité Berlin, in der acht von zehn Patientinnen und Patienten mit Einschlaf- oder Durchschlafstörung und knapp 95 Prozent derjenigen mit frühmorgendlichem Erwachen mindestens ein weiteres der beiden anderen Insomnie-Kernsymptome aufwiesen [1]. Im Jahr 2021 wurde in Deutschland Eszopiclon (Lunivia®) zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen zugelassen – üblicherweise als Kurzzeitbehandlung [2], es kann aber bei chronischen Schlafstörungen bis zu sechs Monate lang verordnet werden. Eszopiclon ist das S-Enantiomer des Racemats Zopiclon und ist in erster Linie für die gewünschten pharmakologischen Effekte von Zopiclon verantwortlich. Es greift an den Untereinheiten α1, α 2, α 3 und α 5 des GABA (γ-Aminobuttersäure)-A-Rezeptor-Komplexes an und bewirkt eine erhöhte Durchlässigkeit für Chloridionen. Durch deren vermehrten Einstrom wird die Erregbarkeit der Zelle gehemmt, was schlaffördernd wirkt [2]. Eszopiclon hat eine etwa 50-fach höhere Affinität zur Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABA-A-Rezeptors als R-Zopiclon [3]. Vorteile in der Nacht und am Tag Der Zulassung zugrunde liegt eine randomisierte Doppelblindstudie mit 788 Patientinnen und Patienten mit chronischer Insomnie [4]. Die Therapie bestand in 3 mg Eszopiclon zur Nacht oder Placebo für sechs Monate. Bei den schlafbezogenen Parametern zeigten sich im Eszopiclon-Arm bereits nach einer Woche signifikante Vorteile gegenüber dem Placebo-Arm: Die Schlaflatenz war kürzer, Aufwachepisoden waren seltener und kürzer, die Zahl der Nächte pro Woche mit Aufwachepisoden war geringer, die kumulative Schlafzeit länger und die subjektive Schlafqualität besser. So sank z.B. die Schlaflatenz bei Verumtherapie im Mittel von 90,6 auf 48,2 Minuten, bei Placebo dagegen nur von 94,7 auf 81,1 Minuten (p<0,0001). Die Gesamtschlafzeit stieg von 302,4 auf 372,5 Minuten (Verum) bzw. von 303,6 auf 322,3 Minuten (Placebo, p<0,0001) (s. Abb.). Dabei blieb die Signifikanz zugunsten von Eszopiclon bis Studienende durchgehend erhalten [4]. Springer Medizin Verlag GmbH × Bei den Tagesparametern Funktionsfähigkeit am nächsten Tag, Wachheit während des Tages und globales physisches Wohlbefinden gab es ebenfalls signifikante Vorteile schon nach einer Woche, und auch hier hielt die Signifikanz bis Studienende an [5]. Eine Verlängerungsstudie, für die die Placebo-Gruppe nach sechs Monaten auf Verum wechselte und die Verum-Gruppe weiterbehandelt wurde, zeigte zudem, dass es auch über sechs Therapiemonate hinaus keine Hinweise für eine Toleranzentwicklung gab [1, 5]. Effekte auch auf Angst und Depression Außerdem wurde Eszopiclon in zwei placebokontrollierten Studien bei Erwachsenen mit Insomnie untersucht, die zusätzlich eine mit Escitalopram therapierte generalisierte Angststörung (GAD) [6] oder eine mit Fluoxetin therapierte Depression [7] hatten. In beiden Studien zeigten sich analog zur Zulassungsstudie signifikante Effekte auf schlafbezogene und Tagesparameter (p<0,0001). Zusätzlich konnten ab Woche 4 signifikante Effekte von Eszopiclon in der GAD-Studie auf die Hamilton-Angst-Skala (p<0,001, [6]) und in der Depression-Studie auf die Hamilton-Depression-17-Skala (p<0,0007, [7]) demonstriert werden. Dies spreche für anxiolytische bzw. antidepressive Wirkungen von Eszopiclon bzw. für eine Unterstützung der jeweiligen Therapie durch Eszopiclon, so die jeweiligen Autoren [6, 7]. Lunivia® 1 mg Filmtabletten Lunivia® 2 mg Filmtabletten Lunivia® 3 mg Filmtabletten Wirkstoff: Eszopiclon Zusammensetzung: 1 Filmtbl. enth.: Wirkstoff: 1 mg, 2 mg, 3 mg Eszopiclon. Sonst. Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Calciumhydrogenphosphat, Croscarmellose-Natrium, Hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzlich], Filmüberzug: Hypromellose, Talkum, Titandioxid (E 171), Macrogol (3350), Lunivia® 1 mg und Lunivia® 3 mg zusätzlich: Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132). Anwendung: Lunivia® ist angezeigt zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen, üblicherweise als Kurzzeitbehandlung. Benzodiazepine oder Benzodiazepin-ähnliche Arzneimittel sind nur dann indiziert, wenn die Erkrankung schwerwiegend ist, den Patienten stark beeinträchtigt oder extrem belastet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, Zopiclon oder einen der sonstigen Bestandteile. Myasthenia gravis, schwere respiratorische Insuffizienz, schweres Schlafapnoe-Syndr., schwere Leberinsuff., ältere Patienten, die gleichzeitig potente CYP3A4-Hemmstoffe erhalten, Kdr. u. Jgdl. <18 J. Schwangerschaft: Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Stillzeit: Lunivia® soll während der Stillzeit nicht angewendet werden. Fertilität: Klinische Studien am Menschen zeigten keinen Hinweis auf eine beeinträchtigte Fertilität bei Männern und Frauen nach einer Behandlung von bis zu 6 Monaten. Hingegen zeigten Tierstudien mit Eszopiclon eine Beeinträchtigung der männlichen und weiblichen Fertilität in verschiedenen Spezies. Der Einfluss von Eszopiclon auf die männliche Fertilität und den weiblichen Östrus nach chronischer Anwendung (˃6 Monate) ist bei Menschen nicht bekannt. Nebenwirkungen: Infektion, virale Infektion, hypochrome Anämie, Anämie, Leukopenie, Eosinophilie, allergische Reaktion, Angioödem, anaphylaktische Reaktion, Hyperthyreose, peripheres Ödem, Anorexie, Durst, gesteigerter Appetit, Hypokaliämie, Nervosität, Depression, Angst, Stimmungslabilität, verminderte Libido, Verwirrtheit, Agitiertheit, Halluzinationen, Insomnie, Apathie, Euphorie, Reizbarkeit, Aggression, Unruhe, Wahnvorstellung, Zorn, abnormes Verhalten (möglicherweise im Zusammenhang mit Amnesie) und Schlafwandeln, Abhängigkeit, Entzugssyndrom, gedämpfte Emotionen, Dysgeusie (unangenehmer Geschmack), Kopfschmerzen, Somnolenz, Benommenheit, abnorme Träume, beeinträchtigtes Gedächtnis, abnorme Gedanken, Schwindel, Ataxie, abnorme Gangart, Koordinationsstörungen, Hypokinesie, Parästhesie, Stupor, Tremor, Dysosmie, Aufmerksamkeitsstörung, verlängerte Reaktionszeit, verschwommenes Sehen (überwiegend bei älteren Patienten), trockene Augen, Diplopie, Tinnitus, Ohrenschmerzen, Migräne, Hypertonie, Synkope, Pharyngitis, Dyspnoe, Rhinitis, Schluckauf, Atemdepression, trockener Mund, Diarrhö, Übelkeit, Dyspepsie, Bauchschmerzen, Erbrechen, Mundgeruch, Mundulzerationen, Kolitis, Gastroenteritis, Zungenödem, leichte bis mäßige Erhöhung von Transaminasen und/oder alkalischer Phosphatase, Ausschlag, Lichtempfindlichkeit, Schwitzen, Akne, trockene Haut, Ekzem, Juckreiz (häufig bei älteren Patienten), Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, Beinkrämpfe, Muskelzucken, Myasthenie, Gelenkerkrankung, Muskelschwäche, erhöhte Harnfrequenz, Harnwegsinfektion, Nierenschmerzen, Harninkontinenz, Nierensteine, Albuminurie, Dysmenorrhoe, Metrorrhagie, Brustschmerzen, Hypomenorrhoe, Impotenz, Asthenie, Schmerz, Fieber, Erschöpfung, Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme, Sturz (überwiegend bei älteren Patienten). Nebenwirkungen, die nicht mit Eszopiclon aber mit racemischem Zopiclon berichtet wurden. Amnesie: Anterograde Amnesie kann bei therapeutischen Dosen auftreten. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis. Amnesie kann mit unangemessenem Verhalten einhergehen. Depression: Eine bereits vorhandene Depression kann während der Anwendung von Benzodiazepinen oder Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln demaskiert werden. Psychiatrische und „paradoxe“ Reaktionen. Bei der Anwendung von Benzodiazepinen oder Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln kann es zu Unruhe, Agitiertheit, Reizbarkeit, geringerer Hemmschwelle, Aggressivität, abnormen Gedanken, Wahn, Wutanfällen, Alpträumen, Depersonalisation, Halluzinationen, Psychosen, unangemessenem Verhalten, Extrovertiertheit, die nicht zum Charakter passt, und anderen unerwünschten Verhaltensänderungen kommen. Bei älteren Patienten ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Reaktionen höher. Abhängigkeit: Die Anwendung von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln kann (auch in therapeutischen Dosen) zur Entwicklung physischer Abhängigkeit führen: Ein Abbruch der Therapie kann zu Entzugserscheinungen oder „Rebound“-Symptomen führen. Psychische Abhängigkeit ist ebenfalls möglich. Missbrauch von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln wurde berichtet. Ältere Patienten: Das in klinischen Studien bei älteren Patienten mit Insomnie beobachtete Nebenwirkungsprofil ist weitgehend vergleichbar mit jenem von in klinischen Studien beobachteten nicht-älteren Patienten mit Insomnie. Eine bei älteren Patienten zusätzlich beobachtete Nebenwirkung war verschwommenes Sehen (häufig). Juckreiz war häufig. Warnhinweise: AM kann Reakt.-vermög. beeinträcht.! Lunivia® enthält Natrium. Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol (23 mg) Natrium pro Filmtablette, d.h. es ist nahezu „natriumfrei“. Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung: Lunivia® 1 mg Filmtabletten: Nicht über 30 °C lagern. Lunivia® 2 mg Filmtabletten und Lunivia® 3 mg Filmtabletten: Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich. Weit. Einzelh. u. Hinw. s. Fach- u. Gebrauchsinfo. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: 2020 / 12. HENNIG ARZNEIMITTEL GmbH & Co. KG, Liebigstraße 1–2, 65439 Flörsheim am Main, Internet: www.hennig-am.de, E-Mail: info@hennig-am.de Literatur Fietze I et al., Frontiers in Psychiatry 2021, 12: 683943 Fachinformation Lunivia®, Stand 08/2021 Blaschke G et al., Chirality 1993, 5: 419–421 Krystal AD et al., Sleep 2003, 26: 793–799 Roth T et al., Sleep Medicine 2005, 6: 487–495 Pollack M et al., Arch Gen Psychiatry 2008, 65: 551–562 Fava M et al., Biol Psychiatry 2006, 59: 1052–1060 Impressum „Schlafstörung lindern ohne Toleranzentwicklung“ Literaturarbeit Bericht: Philipp Grätzel von Grätz, Berlin Artikel gedruckt in: Ärzte Zeitung Nr. 69, 24. November 2022 Mit freundlicher Unterstützung der Hennig Arzneimittel GmbH & Co. KG, Flörsheim Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Ulrike Maronde Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Schlafstörung lindern ohne Toleranzentwicklung

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