Schlaftherapie mit Effekten über den Schlaf hinaus

Zopiclon-haltige Präparate sind gegen Schlafstörungen eine bewährte Therapieoption. Seit 2021 ist Eszopiclon, das S-Enantiomer von Zopiclon, auf dem deutschen Markt erhältlich. Es wirkt effektiv auf die Schlafstörung und die Tagessymptome – ohne Hinweise auf eine Toleranzentwicklung auch in der Langzeitbehandlung bis zu sechs Monaten bei chronischer Insomnie [1]. Insomnien sind eine der häufigsten schlafbezogenen Diagnosen. Daten aus den USA deuten darauf hin, dass 15 bis 20 Prozent der Erwachsenen in ihrem Leben zumindest kurzzeitig, d.h. weniger als drei Monate lang, an Insomnie leiden. Chronische Insomnien von mehr als drei Monaten Dauer betreffen 5 bis 15 Prozent der Erwachsenen [2]. Typisch sind die Unzufriedenheit mit der Schlafquantität/-qualität sowie die Symptome Einschlaf-, Durchschlafstörung und frühmorgendliches Erwachen mit der Unfähigkeit, wieder einzuschlafen. Schlafstörungen sind häufig assoziiert mit Stressempfinden und Tagessymptomen wie Fatigue, Schläfrigkeit und kognitiven Beeinträchtigungen, worunter wiederum die soziale, berufliche und familiäre Funktionsfähigkeit leiden [2]. Genauer untersucht wurde das Symptomspektrum in einer Kohortenstudie, an der 456 Insomnie-Patientinnen und -Patienten teilnahmen. Dabei zeigte sich, dass die meisten Betroffenen an Kombinationen der klassischen drei Schlafsymptome leiden. So berichteten 54 Prozent der Teilnehmenden zum Zeitpunkt der Vorstellung in der Schlafambulanz über Einschlafstörung, 66 Prozent über Durchschlafstörung und 45 Prozent über frühmorgendliches Erwachen mit der Unfähigkeit, wieder einzuschlafen. Acht von zehn Betroffenen mit Einschlaf- oder Durchschlafstörung und knapp 95 Prozent aller Betroffenen mit frühmorgendlichem Erwachen hatten mindestens ein weiteres der beiden anderen Hauptsymptome [2]. Verbesserte Tages- und Nachtparameter Seit April 2021 ist in Deutschland Eszopiclon (Lunivia®) erhältlich. Zugelassen ist es für eine 4-wöchige Kurzzeitbehandlung sowie eine Langzeitbehandlung von bis zu sechs Monaten bei chronischer Insomnie [1]. Die Zulassung basiert zentral auf einer doppelblinden Studie, an der 788 Erwachsene mit chronischer Insomnie teilnahmen. Behandelt wurde für sechs Monate entweder mit 3 mg Eszopiclon zur Nacht oder Placebo. Zu den Endpunkten zählten zum einen Schlafparameter wie Schlaflatenz, kumulative Schlafzeit, Zahl und Dauer von Aufwachepisoden und subjektive Schlafqualität, außerdem mit Schlafstörungen assoziierte Tagesparameter wie Funktionsfähigkeit im Alltag, physisches Wohlbefinden und Wachheit am Tag [3]. Springer Medizin Verlag GmbH × Was die schlafbezogenen Parameter angeht, gab es bereits nach einer Woche signifikante Vorteile für die Betroffenen im Eszopiclon-Arm im Vergleich zu Placebo hinsichtlich Schlaflatenz, Zahl und Dauer von Aufwachepisoden, Zahl der Nächte pro Woche mit Aufwachepisoden, kumulativer Schlafzeit und subjektiver Schlafqualität. So sank z.B. die Schlaflatenz bei Verumtherapie im Mittel von 90,6 auf 48,2 Minuten, unter Placebo dagegen nur von 94,7 auf 81,1 Minuten (p<0,0001). Die Wachzeit nach Schlafbeginn sank bei Eszopiclon-Therapie von 83,2 auf 48,2 Minuten, bei Placebo nur minimal von 70,7 auf 69,0 Minuten (p<0,0001). Die Gesamtschlafzeit stieg unter Verum von 302,4 auf 372,5 Minuten und von 303,6 auf 322,3 Minuten unter Placebo (p<0,0001). Bei allen genannten und weiteren schlafbezogenen Parametern blieb die Signifikanz zugunsten von Eszopiclon in den monatlichen Follow-ups bis Studienende erhalten [3]. Keine Toleranzentwicklung Für die Tagesparameter ergab sich ein analoges Bild. Auch hier zeigten sich signifikante Vorteile schon nach einer Woche Therapie mit Eszopiclon, und die Signifikanz hielt dann bis Studienende an. Das betraf die Funktionsfähigkeit am nächsten Tag, die Wachheit tagsüber und das globale physische Wohlbefinden [3]. Dass es auch jenseits der sechs Monate keine Toleranzentwicklung unter Eszopiclon gibt [1], zeigten die zwei Jahre später publizierten Ergebnisse einer sich an die kontrollierte Phase anschließenden offenen Studienphase [1, 4]. Hier wurde die Behandlung im Verumarm für ein weiteres halbes Jahr fortgeführt, und die Teilnehmenden des Placeboarms wurden auf Eszopiclon umgestellt. Dabei blieb die Effektstärke bei Schlaf- wie Tagesparametern unverändert erhalten bzw. erreichte in der ehemaligen Placebogruppe rasch das Niveau der Verumgruppe (s. Abb.) [4]. Auf einen Blick Für Eszopiclon sind mehrere positive Effekte in Studien belegt [3, 4]: Verkürzung der Schlaflatenz Reduktion der Häufigkeit und Dauer von Aufwachepisoden Erhöhung der Gesamtschlafzeit Verbesserung der Schlafqualität Reduktion der Tagesmüdigkeit Verbesserung der Funktionsfähigkeit im Alltag und des Konzentrationsvermögens Eszopiclon: supportiv auch bei komorbider Angst oder Depression Bei Menschen mit Insomnie und komorbider Angststörung oder Depression hat Eszopiclon in Co-Therapie neben seiner schlaffördernden Wirkung auch günstige Effekte auf die jeweilige Grunderkrankung. Eszopiclon wurde in zwei placebokontrollierten Studien als Co-Therapie bei Erwachsenen mit Insomnie und komorbider generalisierter Angststörung (GAD) [5] oder komorbider Depression [6] evaluiert. Die Teilnehmenden waren wegen der jeweiligen psychiatrischen Grunderkrankung medikamentös therapiert – in der GAD-Studie mit Escitalopram und in der Depression-Studie mit Fluoxetin. Sie wurden dann bei weiterhin bestehender Insomnie über jeweils acht Wochen zu entweder 3 mg Eszopiclon oder Placebo randomisiert. In beiden Studien zeigten sich die erwarteten, statistisch signifikanten Effekte von Eszopiclon auf Schlafparameter wie Schlaflatenz, Wachheit nach Schlafbeginn und Gesamtschlafzeit sowie Tagesparameter wie Funktions- und Konzentrationsfähigkeit und allgemeines physisches Wohlbefinden. Zudem wurde in der Studie mit komorbider GAD ein Effekt der Co-Therapie mit Eszopiclon anhand der Hamilton-Angst-Skala (HAM-A) gezeigt. In jeder einzelnen Woche gab es hier einen deutlichen Vorteil versus Placebo (s. Abb.). Ab Woche 4 war der Unterschied auch dann noch signifikant, wenn das Insomnie-Item aus der HAM-A-Skala entfernt wurde [5]. In der Studie mit komorbider Depression zeigte sich in Woche 4 und auch in Woche 8 eine signifikant stärkere Verbesserung in der HAM-Depressions-17-Skala (s. Abb.). Der Unterschied war auch noch statistisch signifikant, wenn die Insomnie betreffende Fragen entfernt wurden [6]. Insgesamt deuten die Ergebnisse auf eine Unterstützung der anxiolytischen/antidepressiven Therapien durch Eszopiclon hin, so die Studienautoren und -autorinnen [5, 6]. Springer Medizin Verlag GmbH × Lunivia® 1 mg Filmtabletten, Lunivia® 2 mg Filmtabletten, Lunivia® 3 mg Filmtabletten Wirkstoff: Eszopiclon. Zusammensetzung: 1 Filmtbl. enth.: Wirkstoff: 1 mg, 2 mg, 3 mg Eszopiclon. Sonst. Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Calciumhydrogenphosphat, Croscarmellose-Natrium, Hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzlich], Filmüberzug: Hypromellose, Talkum, Titandioxid (E 171), Macrogol (3350), Lunivia® 1 mg und Lunivia® 3 mg zusätzlich: Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132). Anwendung: Lunivia® ist angezeigt zur Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen, üblicherweise als Kurzzeitbehandlung. Benzodiazepine oder Benzodiazepin-ähnliche Arzneimittel sind nur dann indiziert, wenn die Erkrankung schwerwiegend ist, den Patienten stark beeinträchtigt oder extrem belastet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, Zopiclon oder einen der sonstigen Bestandteile. Myasthenia gravis, schwere respiratorische Insuffizienz, schweres Schlafapnoe-Syndr., schwere Leberinsuff., ältere Patienten, die gleichzeitig potente CYP3A4-Hemmstoffe erhalten, Kdr. u. Jgdl. <18 J. Schwangerschaft: Anwendung während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Stillzeit: Lunivia® soll während der Stillzeit nicht angewendet werden. Fertilität: Klinische Studien am Menschen zeigten keinen Hinweis auf eine beeinträchtigte Fertilität bei Männern und Frauen nach einer Behandlung von bis zu 6 Monaten. Hingegen zeigten Tierstudien mit Eszopiclon eine Beeinträchtigung der männlichen und weiblichen Fertilität in verschiedenen Spezies. Der Einfluss von Eszopiclon auf die männliche Fertilität und den weiblichen Östrus nach chronischer Anwendung (˃6 Monate) ist bei Menschen nicht bekannt. Nebenwirkungen: Infektion, virale Infektion, hypochrome Anämie, Anämie, Leukopenie, Eosinophilie, allergische Reaktion, Angioödem, anaphylaktische Reaktion, Hyperthyreose, peripheres Ödem, Anorexie, Durst, gesteigerter Appetit, Hypokaliämie, Nervosität, Depression, Angst, Stimmungslabilität, verminderte Libido, Verwirrtheit, Agitiertheit, Halluzinationen, Insomnie, Apathie, Euphorie, Reizbarkeit, Aggression, Unruhe, Wahnvorstellung, Zorn, abnormes Verhalten (möglicherweise im Zusammenhang mit Amnesie) und Schlafwandeln, Abhängigkeit, Entzugssyndrom, gedämpfte Emotionen, Dysgeusie (unangenehmer Geschmack), Kopfschmerzen, Somnolenz, Benommenheit, abnorme Träume, beeinträchtigtes Gedächtnis, abnorme Gedanken, Schwindel, Ataxie, abnorme Gangart, Koordinationsstörungen, Hypokinesie, Parästhesie, Stupor, Tremor, Dysosmie, Aufmerksamkeitsstörung, verlängerte Reaktionszeit, verschwommenes Sehen (überwiegend bei älteren Patienten), trockene Augen, Diplopie, Tinnitus, Ohrenschmerzen, Migräne, Hypertonie, Synkope, Pharyngitis, Dyspnoe, Rhinitis, Schluckauf, Atemdepression, trockener Mund, Diarrhö, Übelkeit, Dyspepsie, Bauchschmerzen, Erbrechen, Mundgeruch, Mundulzerationen, Kolitis, Gastroenteritis, Zungenödem, leichte bis mäßige Erhöhung von Transaminasen und/oder alkalischer Phosphatase, Ausschlag, Lichtempfindlichkeit, Schwitzen, Akne, trockene Haut, Ekzem, Juckreiz (häufig bei älteren Patienten), Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, Beinkrämpfe, Muskelzucken, Myasthenie, Gelenkerkrankung, Muskelschwäche, erhöhte Harnfrequenz, Harnwegsinfektion, Nierenschmerzen, Harninkontinenz, Nierensteine, Albuminurie, Dysmenorrhoe, Metrorrhagie, Brustschmerzen, Hypomenorrhoe, Impotenz, Asthenie, Schmerz, Fieber, Erschöpfung, Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme, Sturz (überwiegend bei älteren Patienten). Nebenwirkungen, die nicht mit Eszopiclon aber mit racemischem Zopiclon berichtet wurden. Amnesie: Anterograde Amnesie kann bei therapeutischen Dosen auftreten. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis. Amnesie kann mit unangemessenem Verhalten einhergehen. Depression: Eine bereits vorhandene Depression kann während der Anwendung von Benzodiazepinen oder Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln demaskiert werden. Psychiatrische und „paradoxe“ Reaktionen. Bei der Anwendung von Benzodiazepinen oder Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln kann es zu Unruhe, Agitiertheit, Reizbarkeit, geringerer Hemmschwelle, Aggressivität, abnormen Gedanken, Wahn, Wutanfällen, Alpträumen, Depersonalisation, Halluzinationen, Psychosen, unangemessenem Verhalten, Extrovertiertheit, die nicht zum Charakter passt, und anderen unerwünschten Verhaltensänderungen kommen. Bei älteren Patienten ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Reaktionen höher. Abhängigkeit: Die Anwendung von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln kann (auch in therapeutischen Dosen) zur Entwicklung physischer Abhängigkeit führen: Ein Abbruch der Therapie kann zu Entzugserscheinungen oder „Rebound“-Symptomen führen. Psychische Abhängigkeit ist ebenfalls möglich. Missbrauch von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Arzneimitteln wurde berichtet. Ältere Patienten: Das in klinischen Studien bei älteren Patienten mit Insomnie beobachtete Nebenwirkungsprofil ist weitgehend vergleichbar mit jenem von in klinischen Studien beobachteten nicht-älteren Patienten mit Insomnie. Eine bei älteren Patienten zusätzlich beobachtete Nebenwirkung war verschwommenes Sehen (häufig). Juckreiz war häufig. Warnhinweise: AM kann Reakt.-vermög. beeinträcht.! Lunivia® enthält Natrium. Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol (23 mg) Natrium pro Filmtablette, d.h. es ist nahezu „natriumfrei“. Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung: Lunivia® 1 mg Filmtabletten: Nicht über 30 °C lagern. Lunivia® 2 mg Filmtabletten und Lunivia® 3 mg Filmtabletten: Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich. Weit. Einzelh. u. Hinw. s. Fach- u. Gebrauchsinfo. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: 2020 / 12. HENNIG ARZNEIMITTEL GmbH & Co. KG, Liebigstraße 1–2, 65439 Flörsheim am Main, Internet: www.hennig-am.de, E-Mail: info@hennig-am.de Literatur Fachinformation Lunivia®, Stand: August 2021 Fietze I et al., Frontiers in Psychiatry 2021, 12: 683943 Krystal AD et al., Sleep 2003, 26: 793–799 Roth T et al., Sleep Medicine 2005, 6: 487–495 Pollack M et al., Arch Gen Psychiatry 2008, 65: 551–562 Fava M et al., Biol Psychiatry 2006, 59: 1052–1060 Impressum „Schlaftherapie mit Effekten über den Schlaf hinaus“ Literatur Bericht: Philipp Grätzel von Grätz, Berlin Artikel gedruckt in: Ärzte Zeitung Nr. 65, 27. Oktober 2022 Mit freundlicher Unterstützung der Hennig Arzneimittel GmbH & Co. KG, Flörsheim Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Ulrike Maronde Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Schlaftherapie mit Effekten über den Schlaf hinaus

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