Mosunetuzumab – erster bispezifischer Antikörper zur Behandlung des follikulären Lymphoms

Mosunetuzumab von Roche ist ein humanisierter, bispezifischer Antikörper, der T-Zellen gezielt an B-Zellen bindet und so deren Abtötung bewirkt. Bei der Behandlung von refraktärem oder rezidiviertem (r/r) follikulärem Lymphom (FL) wird mit dem Anti-CD20/CD3-Antikörper ein neues Wirkprinzip realisiert. Mosunetuzumab führt T-Zellen mit B-Zellen zusammen, indem es gleichzeitig CD20 auf B-Zellen und CD3 auf T-Zellen bindet. Dies resultiert in der Freisetzung von Perforin und Granzymen und schließlich in der Apoptose der B-Zelle. Roche × >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Das FL ist das häufigste indolente Non-Hodgkin-Lymphom in westlichen Ländern. Die Erkrankung verläuft klinisch variabel, wird mehrheitlich in den fortgeschrittenen Krankheitsstadien diagnostiziert und stadienabhängig therapiert. Ein kurativer Anspruch besteht im Stadium I sowie im lokalisierten Stadium II nach einer Bestrahlung mit oder ohne zusätzliche Gabe eines Anti-CD20-Antikörpers. In den fortgeschrittenen Stadien ist bei klinisch symptomatischem Verlauf eine medikamentöse Therapie indiziert. Hier können für Betroffene in gutem Allgemeinzustand mit Standard-Kombinationsbehandlungen aus Chemotherapie plus einem Anti-CD20-Antikörper Remissionsraten von ≥ 80 Prozent erreicht werden. Eingeschränkte Optionen bei r/r FL Die Behandlung von Erkrankten mit r/r FL ist weiterhin herausfordernd. Besonders in den fortgeschrittenen Therapielinien sind die Möglichkeiten einer längerfristigen Krankheitskontrolle bei insgesamt ungünstiger Prognose begrenzt. Gleichzeitig steigt die Therapielast für die Betroffenen von Rezidiv zu Rezidiv. Damit wird ein möglicher klinischer Nutzen neuer Behandlungsoptionen wesentlich durch deren Verträglichkeit mitbestimmt. Rasches, anhaltendes Ansprechen Diesen klinischen Bedarf adressiert Mosunetuzumab, das im Juni 2022 als erster monoklonaler bispezifischer Antikörper zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen und Patienten mit r/r FL und mindestens zwei Vortherapien zugelassen wurde und seitdem in Deutschland verfügbar ist. Zulassungsrelevant war die Studie GO29781, in der Mosunetuzumab als intravenöse Monotherapie bei stark vorbehandelten Patientinnen und Patienten mit ungünstiger Prognose anhaltende Remissionen von hoher Qualität vermittelte [1]. Das erste Ansprechen auf die Therapie wurde rasch – nach median 1,4 Monaten – verzeichnet. Ein komplettes Ansprechen (CR) wurde nach median drei Monaten erreicht. Bei einem zweiten Datenschnitt nach median 27 Monaten Beobachtungsdauer hatten 80 Prozent der Behandelten objektiv und 60 Prozent komplett angesprochen [2]. Nach Kaplan-Meier-Schätzungen blieben 79,5 Prozent der Patientinnen und Patienten, die komplett angesprochen hatten, mindestens 24 Monate in Remission. Das mittlere progressionsfreie Überleben (PFS) wurde noch nicht erreicht; die 24-Monats-PFS-Rate betrug 51,4 Prozent. Im Vergleich zu den Vortherapien der Behandelten waren die Raten für das objektive Ansprechen (ORR) und für das CR höher und die mediane Zeit bis zum Ansprechen bzw. bis zur nächsten Therapie, die Dauer des CR und des PFS waren länger. Erfolg trotz intensiver Vortherapie Diese Ergebnisse sind im Kontext der intensiven Vorbehandlung bemerkenswert. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten median bereits drei Vortherapien erhalten und waren in mehr als der Hälfte der Fälle sowohl gegen Behandlungen mit einem Anti-CD20-Antikörper als auch mit einem Alkylanz refraktär. Mehr als 20 Prozent der Studienpopulation hatten sich zuvor einer Stammzelltherapie unterzogen; bei mehr als 50 Prozent war nach mindestens einer Vortherapie eine prognostisch ungünstige Krankheitsprogression innerhalb von 24 Monaten festgestellt worden. Konsistentes Sicherheitsprofil Mosunetuzumab zeigte ein handhabbares und konsistentes Sicherheitsprofil ohne unerwartete Sicherheitssignale. Ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (CRS), das als Klasseneffekt T-Zell-aktivierender Therapien bekannt ist, war meist mild oder moderat ausgeprägt und auf den ersten Zyklus beschränkt. Im Vergleich zum vorangegangenen Datenschnitt wurden keine neuen CRS-Ereignisse oder schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse gemeldet. Es gab keine Hinweise auf chronische Toxizität. Die Rate der Nebenwirkungen, die zu einem Mosunetuzumab-bezogenen Abbruch der Therapie führten, war mit 2,2 Prozent gering. Die Monotherapie mit Mosunetuzumab erfolgt zeitlich befristet und ist ambulant möglich. Je nach Ansprechen kann eine Behandlung mit acht dreiwöchigen Zyklen beendet oder auf bis zu 17 Zyklen erweitert werden. Mosunetuzumab in Kombination Mosunetuzumab wird zur Behandlung von Erkrankten mit B-Zell-Lymphom auch als potenzieller Kombinationspartner klinisch geprüft. Eine ermutigende Anti-Lymphom-Aktivität und ein akzeptables Sicherheitsprofil haben sich in einer klinischen Phase-Ib-Studie in Kombination mit Lenalidomid für Patientinnen und Patienten mit r/r FL und mindestens einer vorherigen Therapielinie angedeutet. Diese Kombination wird aktuell in der randomisierten Phase-III-Studie CELESTIMO (GO42909) vs. Rituximab plus Lenalidomid geprüft. Eine Interimsanalyse ist für 2024 angekündigt. (neu) Mosunetuzumab führt zytotoxische T-Zellen zu B-Zellen Mosunetuzumab ist ein humanisierter, monoklonaler bispezifischer Antikörper, der endogene T-Zellen dazu bringt, B-Zellen zu erkennen und zu eliminieren. Dafür ist eine der beiden Antikörperbindungsstellen gegen das CD20-Oberflächenantigen auf B-Zellen gerichtet, die zweite gegen CD3, einen Bestandteil des T-Zell-Rezeptorkomplexes. Die gleichzeitige Bindung an CD20 und CD3 führt über die Bildung einer immunologischen Synapse zur Aktivierung der T-Zellen, Auslösung des CD3-Signalwegs und infolgedessen zu einer Lyse der B-Zellen. Eine gezielte Aminosäuresubstitution in der Fc-Domäne reduziert die Fc-Effektorfunktionen von Mosunetuzumab und dessen Potenzial, eine antikörperabhängige zellvermittelte Toxizität auszulösen. Dadurch können gebundene T-Zellen bei der Elimination maligner B-Zellen länger aktiv sein. Im Vergleich zu fragmentbasierten Wirkstoff-Formaten ohne Fc-Region (z. B. bispezifische T-Zell-Engager, BiTEs) wird eine deutlich längere Halbwertszeit realisiert. Dies ermöglicht ähnliche Dosierungsschemata wie bei klassischen monoklonalen Antikörpern. Innovativer Global Player mit langjähriger Biotech-Kompetenz Branche: Der 1896 in Basel, Schweiz, gegründete Arzneimittel- und Diagnostikahersteller Roche zählt nicht nur zu den ganz großen Pharma-Playern, sondern auch zu den besonders innovativen. Frühzeitig hat der Konzern auf Biotechnologie gesetzt und vermarktet heute ein breites Portfolio therapeutischer Proteine, schwerpunktmäßig in der Onkologie. Als weitere Stärke des Unternehmens gilt die gezielte Verbindung von Therapeutika und Diagnostika, weshalb sich Roche als „Vorreiter in der personalisierten Medizin“ bezeichnet. In Deutschland unterhält der Konzern drei große Forschungs-, Produktions- und Vertriebsstandorte (Mannheim, Penzberg, Grenzach-Wyhlen). Die hiesige Belegschaft umfasst 18.000 Köpfe. Umsatz und Gewinn: 2022 wurden weltweit 63,3 Milliarden Franken erwirtschaftet. Daraus resultierten nach Steuern 13,5 Milliarden Franken Gewinn. In Deutschland erlöste das Geschäft mit Dritten zuletzt rund 2,7 Milliarden Euro. F&E-Ausgaben: Produktentwicklungen ließ sich Roche 2022 rund 16 Milliarden Franken kosten. Das meiste davon (14 Milliarden Franken) ging in die Pharmaforschung. Pipeline: In klinischen Projekten werden derzeit 85 neue Wirkstoffe getestet. 2023 stehen vor allem Zulassungserweiterungen für Risdiplam (Evrysdi®, gegen spinale Muskelatrophie) und das Hämophiliemedikament Emicizumab (Hemlibra®) auf dem Plan. Darüber hinaus werden Erstzulassungen einer subkutanen Version des PD-L1-Hemmers Atezolizumab (Tecentric®) erwartet sowie des bispezifischen Antikörpers Glofitamab (Columvi®) zur Behandlung aggressiver Lymphome. Letzterem erteilte die europäische Arzneimittelagentur EMA Ende April eine Zulassungsempfehlung, sodass mit einer Markteinführung in den kommenden Wochen zu rechnen ist. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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