Granulome im Tattoo erklären Meningoenzephalopathie

Steifer Nacken, starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Benommenheit – hier liegt der Verdacht auf eine Meningitis nahe. Ärzte aus Tasmanien konnten jedoch bei einem 24-jährigen Mann keine Erreger finden – stattdessen verdächtige Granulome in einem Tattoo. Als der junge Mann sich endlich in die Notaufnahme begab, litt er nach eigenen Angaben schon seit zehn Tagen unter starken Kopfschmerzen sowie seit drei Tagen unter Erbrechen, Reizbarkeit und Benommenheit, berichten Neurologen um Dr. Amy Halliday von der Uniklinik in Hobart auf Tasmanien. Granulomatöse Knötchen auf einer Tätowierung Bei der neurologischen Untersuchung wirkte der Patient schläfrig, zeigte eine leichte Photophobie, einen steifen Nacken, aber keine fokalen neurologischen Zeichen. Die Blutwerte, einschließlich C-reaktivem Protein, waren unauffällig, die Liquoranalyse ergab eine Leukozytose (211 x109 Zellen/l) sowie erhöhte Proteinwerte (0,85 g/l). Die Ärzte vermuteten zunächst eine Meningoenzephalitis, konnten in umfänglichen Tests aber weder im Blut noch im Liquor bekannte bakterielle oder virale Erreger nachweisen, noch fanden sie relevante Mengen von Autoantikörpern. Allerdings waren ihnen multiple granulomatöse Knötchen auf einer Tätowierung an der linken Wade aufgefallen. Den Zusammenhang zwischen Tattoo-Reaktionen und Sarkoidose vor Augen, veranlassten sie ein Thoraxröntgen, dieses verwies auf eine Sarkoidose-typische bihiläre Lymphadenopathie, das CT bestätigte die hiläre sowie eine mediastinale Adenopathie und zeigte einen großen Knoten im rechten Lungenflügel. Die endobronchiale Lymphknotenaspiration ließ granulomatöse Infiltrate erkennen, mit multinukleären Riesenzellen, welche die Sarkoidose letztlich bestätigten. Das Team um Halliday ging nun von einer Neurosarkoidose aus und behandelte den Mann drei Tage lang intravenös mit Methylprednisolon (1 g/d), anschließend schlichen sie die Medikation langsam aus. Kopfschmerzen und Benommenheit verschwanden rasch, ebenso die Granulome im Tattoo. Während einer Kontrollvisite nach sechs Monaten berichtete der Patient über keine Beschwerden mehr. Granulomatöse Tattoo-Reaktionen sind ein recht seltenes, aber gut beschriebenes Phänomen, so die Neurologen um Halliday. Sie treten mitunter erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Tätowierung auf, etwa ein Drittel im Zusammenhang mit einer Sarkoidose. Charakteristisch sind Granulome ohne zentrale Verkäsung im Bereich der gefärbten Haut. Eine Tätowierung als Auslöser einer Neurosarkoidose mit Meningoenzephalopathie sei bislang nach ihren Kenntnissen aber noch nicht beschrieben worden. Hyperimmunreaktion mit epitheloidzelligen Granulomen Eine Sarkoidose tritt in der europäischen Bevölkerung mit einer Inzidenz von rund 11 Erkrankungen auf 100.000 Einwohner im Jahr auf, etwa 5–16% davon entwickeln auch eine Beteiligung des Nervensystems, berichten Neurologen um Professor Markus Krämer vom Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen. Daraus lässt sich eine Inzidenz von nur rund fünf Neuerkrankungen auf eine Million Einwohner im Jahr ableiten, der Altersgipfel liegt zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr. Als Auslöser wird ein endo- oder exogener Reiz vermutet, der bei genetisch empfindlichen Menschen zu einer Hyperimmunreaktion mit epitheloidzelligen Granulomen führt, vornehmlich durch eine Th1-Reaktion. Typisch sind Infiltrate mit Lymphozyten, Makrophagen, Fibroblasten und gelegentlichen Plasmazellen sowie mehrkernigen Riesenzellen. „Bei der Neurosarkoidose sind vorwiegend die basalen Leptomeningen bevorzugt der mittleren Schädelgrube und der Infundibularregion sowie der Boden des 3. Ventrikels entzündlich verändert. Infiltrationen finden sich im N. opticus und Chiasma. In etwa 10 % der Fälle entsteht ein Hydrocephalus aresorptivus. Kleine Granulome können in den Perivaskulärräumen von Gefäßen der Basalganglien und des Pons auftreten, seltener auch die kleinen Gefäße im Sinne einer granulomatösen Vaskulitis infiltrieren. In peripheren Nerven findet man Granulome im Epi- und Perineurium und mononukleäre Zellen endoneural“, so Krämer und Mitarbeiter. Letztlich könne jeder Teil des Nervensystems betroffen sein. Bei Verdacht auf eine Neurosarkoidose raten die Experten, nach weiteren befallenen Organen zu schauen – etwa 70% der Betroffenen haben einen pathologischen Thorax-Röntgenbefund mit beidseits vergrößerten Hiluslymphknoten. Der Nachweis kann dann über eine Biopsie an zugänglichen Stellen erfolgen.

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