Hausärztliche Versorgung bei chronischer Nierenkrankheit

Jede Minute zählt! Bei Herzinfarkt oder Schlaganfall ist dieses Mantra tief verankert. Doch auch bei der chronischen Nierenkrankheit (chronic kidney disease, CKD) ist eine möglichst frühe Diagnose wichtig, um kardiovaskuläre Komplikationen, Nierenversagen und Tod durch geeignete Therapien zu verhindern. Doch das Bewusstsein dafür, dass auch bei dieser Erkrankung vielleicht nicht jede Minute, aber doch jedes Jahr zählt, ist außerhalb der Nephrologie nicht sehr ausgeprägt. Im TREAT-CKD-Projekt haben sich Expertinnen und Experten aus Allgemeinmedizin, Innerer Medizin, Nephrologie, Diabetologie und Kardiologie zusammengeschlossen. Sie formulieren Praxistipps für die hausärztliche Versorgung, die die CKD aus dem Versorgungsschatten bringen und sie stärker in den Fokus rücken. Diese Beilage und eine KeyCard stehen am Seitenende zum Download bereit. In einer Bevölkerung, die immer älter wird, nimmt die Häufigkeit der CKD zu. Weltweit leiden etwa 840 Millionen Menschen an dieser Erkrankung [1]. Die Prävalenz ist stark altersabhängig: Ab dem 70. Lebensjahr beträgt sie bei Männern 23,4% und bei Frauen 28,6% [2]. In der Allgemeinmedizin ist die CKD schon fast eher die Regel als die Ausnahme: „Rund 30% der hausärztlichen Patientinnen und Patienten sind von einer CKD betroffen“, sagte Dr. Petra Sandow, Berlin [3]. 1. Etwa einer von zehn Menschen leidet an einer CKD. In deutschen Hausarztpraxen sind es etwa drei von zehn [3]. Erster Schritt: Bewusstsein schaffen Die meisten CKD-Patientinnen und -Patienten werden allerdings nicht oder erst sehr spät erkannt. Dazu liegen internationale sowie deutsche Daten vor. Für Deutschland zeigen die Ergebnisse der DEGS1-Studie des RKI, dass es etwa 10 Millionen Menschen mit CKD gibt. Nur 28% wissen von ihrer Erkrankung, und nur zwei Drittel davon sind deswegen in ärztlicher Behandlung (Abb. 1) [4]. Abb. 1: Nur drei von zehn CKD-Patientinnen bzw. -Patienten in Deutschland wissen von ihrer Erkrankung (28%), nur zwei davon sind in ärztlicher Behandlung (grün) (modifiziert nach [4]) [M] kocakayaali / stock.adobe.com; Springer Medizin Verlag GmbH × Daten aus den USA zeigen, dass mehr als 80% der CKD-Patientinnen und -Patienten im CKD-Stadium 3 (eGFR 30–59 ml/min) nicht formal diagnostiziert sind. In den Stadien 4–5 ist es immer noch fast die Hälfte (Abb. 2) [5]. Abb. 2: Diagnoserate der chronischen Nierenkrankheit (CKD) nach Stadien (modifiziert nach [5]) Springer Medizin Verlag GmbH × Warum wird die CKD nicht oder viel zu spät diagnostiziert? Lange Zeit hatte die CKD-Diagnose vor allem in den früheren Stadien keine therapeutischen Konsequenzen. Deswegen werde bis heute eine CKD oft auch dann nicht diagnostisch kodiert, wenn im Labor ein erhöhter Kreatininwert bzw. eine reduzierte eGFR auffalle, so Sandow. Daten dazu lieferte u. a. die deutsche Subkohorte der REVEAL-CKD-Studie, an der 1.200 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland teilnahmen und bei erwachsenen Patientinnen und Patienten eGFR-Bestimmungen vornahmen. Bei 84,3% von insgesamt 26.767 Personen, die nach zweifacher eGFR-Bestimmung die Diagnose CKD im Stadium 3 erhielten, war diese Erkrankung zum Zeitpunkt der Indexmessung noch nicht kodiert [6]. Dass bei einem erheblichen Teil der Patientinnen und Patienten die CKD gerade in frühen Stadien unerkannt bleibt, sei ein immenses Versorgungsproblem, betonte Prof. Dr. Julia Weinmann-Menke, Mainz. Denn durch sekundärpräventive Therapien ließen sich sowohl die renale als auch die kardiovaskuläre Prognose verbessern – aber dazu muss die CKD bekannt sein. 2. Eine frühe Diagnose der CKD ist entscheidend für eine erfolgreiche sekundärpräventive Therapie. Hausärztinnen und Hausärzte nehmen dabei eine Schlüsselposition ein. Dass es sich bei der fehlenden Awareness für die CKD um ein ernstzunehmendes Problem handelt, zeigen auch die Ergebnisse einer aktuellen, populationsbasierten Kohortenstudie aus Kanada. Identifiziert wurden sämtliche Personen mit entweder schwerer CKD mit einer eGFR <30 ml/min bzw. metastasiertem Karzinom oder nicht metastasiertem Karzinom. Nach fünf Jahren waren 45,4% der CKD-Patientinnen und -Patienten verstorben. Damit lag die Mortalitätsrate in etwa zwischen den Personen mit metastasierter (66,1%) und nicht metastasierter Krebserkrankung (23,4%) (Abb. 3) [7]. Abb. 3: Überlebenswahrscheinlichkeiten bei metastasierter und nicht metastasierter Krebserkrankung sowie chronischer Nierenkrankheit (modifiziert nach [7]) Springer Medizin Verlag GmbH × 3. Niereninsuffizienz ist ein „silent killer“. Eine CKD ist aufgrund der kardiovaskulären Mortalität so tödlich wie Krebs – aber es lässt sich etwas dagegen unternehmen. Zweiter Schritt: gezielt nach Nierenschäden suchen Ein Bewusstsein für die CKD zu entwickeln, ist das Eine. Sie dann auch tatsächlich zu diagnostizieren, ist das Andere. Erster Schritt zur Diagnose sei das Screening, betonte Prof. Dr. Walter Zidek, Berlin. Zwar habe es in der Vergangenheit schon zahlreiche CKD-Screening-Studien gegeben. Das ganze Thema müsse aber durch die Einführung neuer (Früh-)Therapien wie insbesondere der SGLT2-Inhibitoren neu diskutiert werden – medizinisch, aber auch ökonomisch: „Der Einsatz von SGLT2-Hemmern revolutioniert unsere Vorstellungen zur Kosteneffektivität des CKD-Screenings“, so Zidek. Der Einsatz von SGLT2-Hemmern revolutioniert unsere Vorstellungen zur Kosteneffektivität des CKD-Screenings.“ Prof. Dr. Walter Zidek, Berlin Ein Problem dabei ist, dass die diesbezüglichen Leitlinien nicht durchweg aktuell und daher nicht einheitlich bzw. teilweise nicht umfassend genug sind. Beispielsweise beschränke sich die Leitlinie der DEGAM aus dem Jahr 2019 hinsichtlich des Screenings auf jährliche eGFR-Bestimmungen bei Personen mit Diabetes mellitus, betonte Sandow, sowie auf das Angebot einer (einmaligen) eGFR-Bestimmung und einer Urinuntersuchung auf Eiweiß und Albumin bei Erstdiagnose einer Hypertonie. Verwiesen wird außerdem auf die DMP Typ-2-Diabetes und KHK, die jeweils regelmäßige – bei Typ-2-Diabetes jährliche, bei KHK halbjährliche – eGFR-Bestimmungen vorsehen. Eine Bestimmung der UACR werde von der DEGAM derzeit erst bei einer eGFR <60 ml/min explizit empfohlen [8]. Dies greife aber aus zwei Gründen zu kurz, betonten die Expertinnen und Experten. Denn zum einen gebe es wesentlich mehr Risikokonstellationen für eine CKD als nur Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie bzw. KHK [9]. Auch Menschen mit anderen Risikofaktoren seien Zielgruppen für ein CKD-Screening in der hausärztlichen Praxis. 4. Bei erhöhtem CKD-Risiko* sollte in der Hausarztpraxis ein Screening auf chronische Nierenkrankheiten erfolgen. Bei deutlich erhöhtem Risiko sollte das Screening regelmäßig erfolgen. *Ein erhöhtes CKD-Risiko liegt vor bei Diabetes, Hypertonie, kardiovaskulären Erkrankungen, Alter >65 Jahren, Adipositas (BMI >35), (familiäre) Vorgeschichte für Nierenkrankheiten. Gut zu wissen: UACR-Test über die hausärztliche Praxis problemlos möglich Genauer als ein Schnelltest auf Albumin mittels Urinstreifen ist der UACR-Test. Mit diesem Test wird das Verhältnis von Albumin- und Kreatininkonzentration im Urin gemessen. Die Patientinnen und Patienten befüllen zuhause ein Urinröhrchen mit Morgenurin und bringen es in die Praxis, das Praxisteam leitet die Probe an das Labor weiter [24]. tomschoumakers / stock.adobe.com × Das zweite Problem der S3-Leitlinie der DEGAM aus dem Jahr 2019 sei, dass die Urinuntersuchung kein obligater Teil des Screenings ist und nicht näher spezifiziert wird. „Optimalerweise sollte die eGFR-Messung auch in der Hausarztpraxis mit einer UACR-Messung kombiniert werden“, betonte Weinmann-Menke (Kasten). Das ist auch eine klare Empfehlung der KDIGO-Organisation [10], die seit vielen Jahren die maßgeblichen internationalen Leitlinien für die Nephrologie formuliert. Die Kombination der beiden Nierenparameter führt dazu, dass deutlich weniger Patientinnen und Patienten mit früher CKD übersehen werden. Gerade im jüngeren Alter wird, beispielsweise bei Glomerulonephritiden, oft erst die Albuminausscheidung auffällig, bevor die eGFR sinkt. Aber auch bei älteren Menschen lässt sich die CKD-Diagnostik durch Hinzunahme der UACR deutlich verbessern [4]. In keinem Fall verlassen sollten sich Ärztinnen und Ärzte allein auf den Kreatininwert. Denn dieser kann noch normal sein, wenn die Albuminausscheidung schon zunimmt – und er kann selbst dann noch normal sein, wenn die eGFR schon sinkt. Das ist der so genannte „kreatininblinde Bereich“. 5. Zum Screening sollten eGFR und UACR bestimmt werden. Bei alleiniger eGFR- oder Kreatininbestimmung werden viele Frühfälle übersehen. 6. Die Bestimmung der Nierenfunktion sollte Teil des normalen kardiovaskulären Risiko-Screenings sein. Eine klare Festlegung auf eine Kombination von eGFR und UACR im Screening-Kontext speziell bei Personen mit Diabetes gebe es auch in einem aktuellen, gemeinsamen Positionspapier von KDIGO und der US-Diabetes-Fachgesellschaft ADA, betonte Prof. Dr. Monika Kellerer, Stuttgart. KDIGO und ADA empfehlen beim Typ-1-Diabetes ab fünf Jahren nach Diagnose und bei Typ-2-Diabetes sofort ab Diagnose jährliche Messungen sowohl der eGFR als auch der UACR [11]. 7. Menschen mit Diabetes sollten in ein DMP eingeschrieben werden. Bei ihnen sollten stadienabhängig alle 3–12 Monate eGFR (, Kreatinin) und UACR bestimmt werden. Dritter Schritt: leitliniengerecht diagnostizieren Was die definitive Diagnosestellung einer CKD nach pathologischem Screening-Ergebnis angeht, gilt in Deutschland wie international, dass zwei Nierenwerte im Abstand von drei Monaten erforderlich sind, um eine CKD zu diagnostizieren. Illustriert hat das die KDIGO in ihrem Screening- und Diagnose-Algorithmus (Abb. 4) [10]. Abb. 4: Flowchart für CKD-Screening und CKD-Diagnose, angelehnt an die KDIGO-Leitlinie 2020 (modifiziert nach [10]) Springer Medizin Verlag GmbH × 8. Nach pathologischem Screening-Ergebnis erfordert die definitive Diagnose einer CKD die zweimalige Messung einer eGFR 300 mg/g oder bei einer eGFR <30 ml/min sowie bei einer eGFR <45 ml/min mit UACR von 30–299 mg/g“, betonte Kellerer (Abb. 5). Abb. 5: Definitive Diagnosestellung der chronischen Nierenkrankheit und Kritierien für die Überweisung in die Nephrologie (modifiziert nach [10, 11]) Springer Medizin Verlag GmbH × Seitens der Nephrologinnen und Nephrologen im TREAT-CKD-Projekt wurde betont, dass im deutschen Versorgungssystem angestrebt werden sollte, jeden Patienten und jede Patientin mit CKD zumindest einmal in der Nephrologie vorzustellen. Dort kann besser als in der Hausarztpraxis entschieden werden, bei wem eine Glomerulonephritis denkbar und eine Nierenbiopsie indiziert ist: „Das können wir organisieren. Ziel ist ja nicht, die Betreffenden alle drei Monate zu sehen, sondern die Situation abzuklären“, so Weinmann-Menke. 9. Zur Abklärung der Ursache sollte der Hausarzt bzw. die Hausärztin den Patienten oder die Patientin in die Nephrologie überweisen, u. a. um reversible und therapierbare Ursachen zu erkennen. Jede Patientin bzw. jeder Patient mit einer CKD sollte optimalerweise einmal fachärztlich untersucht werden. 10. Zur Verlaufsbeobachtung einer CKD werden Kontrolluntersuchungen von eGFR und UACR, Blutdruck (ggf. ergänzt um HbA1c, Lipide) 1–4 mal im Jahr empfohlen. Vierter Schritt: evidenzbasiert behandeln Frühzeitiges Screening auf CKD und leitliniengemäße diagnostische Abklärung der Erkrankung sind deshalb so wichtig, da sich das Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten bei der CKD zuletzt stark verbreitert hat: „Die Progression lässt sich medikamentös heute deutlich besser bremsen als zuvor“, sagte Dr. Jürgen Flohr, Leipzig. An erster Stelle stehe aber weiterhin der Lebensstil, betonte der Allgemeinmediziner. Wichtigste Maßnahmen seien die Rauchentwöhnung, eine ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige sportliche Aktivität nach individueller Belastbarkeit im Umfang von mindestens 150 min pro Woche. Auch eine Reduktion der Natriumaufnahme (<2 g/d, entsprechend <5 g/d NaCl) sei hilfreich, sofern umsetzbar. Die besten Änderungserfolge beim Lebensstil ließen sich erzielen, wenn die Patientinnen und Patienten sorgfältig aufgeklärt und mit Informationsmaterialien versorgt würden, die sowohl die Bedeutung des Lebensstils als auch der Adhärenz herausstellten. Hierbei gelte es, auch die jeweiligen Grund- und Begleiterkrankungen individuell zu berücksichtigen. Die zweite therapeutische Priorität bei allen CKD-Patientinnen und -Patienten sei die medikamentöse Behandlung, so Flohr. Dies gelte in mehrfacher Hinsicht: Zum einen sollten nephrotoxische Medikamente vermieden und die individuelle Medikation, sofern möglich, so umgestellt werden, dass die Niere wenig belastet wird. Zum zweiten gelte es, Komorbiditäten wie einen Diabetes oder eine arterielle Hypertonie sowie Fettstoffwechselstörungen optimal und gemäß den jeweiligen Leitlinienempfehlungen einzustellen. Zum dritten schließlich müsse eine möglichst effektive und frühzeitige, progressionsverzögernde Therapie initiiert und adhärent eingenommen werden. 11. Gute Risikofaktoreinstellung muss hohe Priorität haben. Blutdruck einstellen: 120–130/70–80 mmHg (>80 Jahre: <130–140 mmHg systolisch), Blutzuckerkontrolle optimieren, Lipidwerte leitliniengerecht einstellen (eGFR <60 ml/min: LDL-Ziel <70 mg/dl; eGFR <30 ml/min: LDL-Ziel <55 mg/dl). Neue Therapieoptionen verlangsamen die Progression Bei der progressionshemmenden Therapie seien in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt worden, sagte Prof. Dr. Thorsten Feldkamp, Rendsburg-Eckernförde: „Wir sind bei der Progressionshemmung besser geworden, wir können heute etwas tun.“ Lange Zeit waren Hemmstoffe des Renin-Angiontensin-Systems (RAS) die einzige Therapie, für die eine Progressionshemmung nachgewiesen war. Ihnen zur Seite stellten sich in den letzten Jahren die SGLT2-Hemmer sowie bei vorliegendem Diabetes ein nsMRA. Die SGLT2-Hemmer haben durch große CKD- und Herzinsuffizienz-Studien in den nephrologischen und kardiologischen Leitlinien einen festen Platz als kardiovaskulär und renal protektive Therapien bekommen – unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes. Feldkamp nannte für die Indikation CKD die DAPA-CKD-Studie mit Dapagliflozin [12, 13] sowie die EMPA-KIDNEY-Studie [14] mit Empagliflozin. Dapagliflozin wurde 2021 für die Indikation CKD zugelassen, bei Empagliflozin wird die Zulassung 2023 erwartet. DAPA-CKD war eine Phase-III-Studie mit 4.304 Teilnehmenden, die entweder Dapagliflozin 10 mg einmal am Tag oder Placebo erhielten. Primärer Endpunkt war ein Komposit aus anhaltendem Abfall der eGFR um mindestens die Hälfte, terminaler Nierenkrankheit oder renalem oder kardiovaskulärem Tod. Hier gab es über einen Zeitraum von im Median 2,4 Jahren eine Reduktion um 39% (Dapagliflozin: 9,2%, Placebo: 14,5%). Die Prognoserelevanz der Therapie illustriert u.a. der sekundäre Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität und Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzinsuffizienz. Es ergab sich eine Reduktion um fast 30%. Die EMPA-KIDNEY-Studie habe die Datenlage zu den SGLT2-Inhibitoren bei der CKD verbreitert und vertieft, betonte Feldkamp. Mittlerweile gibt es eine Metaanalyse, die die SGLT2-Hemmer-Studien zusammenführt [15]. Sie zeige, dass das Signal in Richtung Prognoseverbesserung über die Subgruppen hinweg stabil und insbesondere auch ohne begleitende Diabeteserkrankung klar zu erkennen sei, so Feldkamp: „Die entscheidende Botschaft ist: Wir können die Progression hemmen und wir sollten es auch tun.“ Therapie der CKD: Optionen zur Progressionsverlangsamung RAS-Blockade mittels ACEI/ARB für alle Patientinnen und Patienten mit Hypertonie sowie bei Normotonie begleitet von Albuminurie >300 mg/g oder diabetischer Nephropathie mit Albuminurie >30 mg/g [19, 20]. SGLT2-Hemmer, der eine renale oder kardiovaskuläre Schutzwirkung gezeigt hat. SGLT2-Hemmer sind zur Behandlung der CKD indiziert (derzeit zugelassen: Dapagliflozin, Forxiga®) und verlangsamen die Progression der CKD, das Erreichen einer terminalen Nierenkrankheit sowie auch das Risiko eines kardiovaskulären oder renalen Todes [12, 13, 21]. Ein nsMRA kann bei Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes bei persistierender Albuminurie und Serumkalium ≤5,0 mmol/l erwogen werden [22, 23]. Ein GLP-1-RA kann bei Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes zum Erreichen des individuellen glykämischen Ziels oder bei persistierender Albuminurie erwogen werden [22]. Die Progression lässt sich medikamentös heute deutlich besser bremsen als zuvor.“ Dr. Jürgen Flohr, Leipzig Dass die Progression bei der CKD unbedingt gehemmt werden sollte, gilt umso mehr, da CKD-Patientinnen und -Patienten mit und ohne Diabetes ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen tragen und SGLT2-Inhibitoren in mehreren Herzinsuffizienz-Studien ihr Potenzial in der kardiovaskulären Prävention unabhängig vom Diabetes unter Beweis gestellt haben. Auf diese kardiovaskuläre Datenlage ging Prof. Dr. Felix Mahfoud, Homburg/Saar, abschließend genauer ein. Der Kardiologe betonte, dass die Komorbidität CKD bei chronischer Herzinsuffizienz mit bis zu knapp 60% extrem häufig sei [16]. Umgekehrt gebe es aus CKD-Kohorten klare Daten, die zeigten, dass die kardiovaskuläre Ereignisrate sowohl mit fallender eGFR als auch mit steigender UACR kontinuierlich zunehme (Abb. 6) [17]. Abb. 6: Kardiovaskuläre Ereignisrate bei mehr als 600.000 Patientinnen und Patienten mit chronischer Nierenkrankheit aus 24 Kohorten in Abhängigkeit von der eGFR und der UACR (modifiziert nach [17]) Springer Medizin Verlag GmbH × Mahfoud stellte auch eine aktuelle Publikation vor, die noch einmal von etwas anderer Seite den engen Zusammenhang zwischen Herz und Niere, gewissermaßen das kardiorenale Krankheitskontinuum, illustriert. Die Arbeit aus den Niederlanden hat sich dem Zusammenhang zwischen Albuminurie und dem Herzinsuffizienz-Marker NT-proBNP gewidmet, und sie konnte anhand einer Herzinsuffizienz-Kohorte und einer Validierungskohorte die Albuminurie als einen Marker für systemische Kongestion („Stauung“) bei der Herzinsuffizienz etablieren [18]. Das sei ein weiteres starkes Argument dafür, insbesondere bei kardiologischen Patientinnen und Patienten auf Nierenschäden gezielt zu screenen, betonte Mahfoud: „Bei uns erhalten alle Patientinnen und Patienten bei Aufnahme eine UACR-Messung.“ Bei jeder Kontrolluntersuchung von CKD-Patientinnen und -Patienten sollten Arzneimitteltherapie bzw. Medikationsplan (nephrotoxische Medikamente), Gewicht, Blutdruck und Impfstatus überprüft werden. Laborkontrollen sollten mit Blick auf die Elektrolyte und eine mögliche Anämie erfolgen. Literatur Jager KJ et al., Nephrol Dial Transplant 2019, 34:1803–1805 Mills KT et al., Kidney Int 2015, 88:950–957 Gergei I et al., J Public Health 2017, 25:223–230 Girndt M et al., Dtsch Ärztebl Int 2016, 113:85–91 Szczech LA et al., PLoS ONE 2014, 9:e110535 Schneider M et al., KI Reports 2022, 7(2) Suppl, S93, doi: 10.1016/j.ekir.2022.01.231 Tonelli M et al., JAMA Netw Open 2022, 5:e2144713 DEGAM S3-Leitlinie Nr. 22, Stand: 6/2019, AWMF-Registernr. 053-048 www.mayoclinic.org/diseases-conditions/chronic-kidney-disease/symptoms-causes/syc-20354521 (letzter Zugriff: 9.2.2023) Shipak MG et al., Kidney Int 2021, 99:34–47 de Boer IH et al., Diabetes Care 2022, 45:3075–3090 Heerspink HJL et al., New Engl J Med 2020, 383:1436–1446 Heerspink HJL et al., Nephrol Dial Transplant 2020, 35:274–282 EMPA-KIDNEY Collaborative Group, N Engl J Med 2023, 388:117–127 Baigent C et al., Lancet 2022, 400:P1788–1801 McAliste FA et al., Circulation 2004, 109:1004–1009 Kalantar-Zadeh K et al., Lancet 2021, 398:786–802 Boorsma EM et al., Eur Heart J 2023, 44:368–380 https://kdigo.org/wp-content/uploads/2020/10/KDIGO-2020-Diabetes-in-CKD-GL.pdf (letzter Zugriff: 13.3.23) https://kdigo.org/wp-content/uploads/2017/02/KDIGO_2012_CKD_GL.pdf (letzter Zugriff: 13.3.23) Fachinformation Forxiga®, aktueller Stand https://kdigo.org/wp-content/uploads/2022/10/KDIGO-2022-Clinical-Practice-Guideline-for-Diabetes-Management-in-CKD.pdf (letzter Zugriff: 13.3.23) Fachinformation Kerendia®, aktueller Stand www.ukw.de/medizinische-klinik-i/nephrologie/aktuelle-meldungen/detail/news/kennen-sie-ihr-abcde-profil-1/ (letzter Zugriff: 13.3.23) Abkürzungsverzeichnis ACEI=Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitor; ADA = American Diabetes Association; ARB=Angiotensin-Rezeptor-Blocker; BMI = Body-Mass-Index; CKD = chronische Nierenkrankheit; DAPA-CKD = Dapagliflozin and Prevention of Adverse Outcomes in Chronic Kidney Disease; DEGAM = Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin; DEGS1 = Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland – Welle 1; DMP = Disease-Management-Programm; eGFR = geschätzte glomeruläre Filtrationsrate; EMPA-KIDNEY = The Study of Heart and Kidney Protection With Empagliflozin; GLP-1-RA = Glucagon-like-Peptide 1-Rezeptoragonist; HbA1c = Hämoglobin A1c; KDIGO = Kidney Disease: Improving Global Outcomes; KHK = koronare Herzerkrankung; LDL = Lipoprotein niedriger Dichte; nsMRA = nicht steroidaler Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist; NT-proBNP = N-terminales pro brain natriuretic peptide RAS = Renin-Angiotensin-System; REVEAL-CKD = Prevalence and Consequences of Undiagnosed Chronic Kidney Disease; RKI = Robert Koch-Institut; SGLT2 = Natrium-Glucose-Transporter 2; UACR = Urin-Albumin-Kreatinin-Ratio Forxiga® 5 mg Filmtabletten, Forxiga® 10 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Dapagliflozin Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: 1 Filmtablette Forxiga® 5 mg enthält Dapagliflozin-(2S)-Propan-1,2-diol (1:1) (1 H2O), entsprechend 5 mg Dapagliflozin. 1 Filmtablette Forxiga® 10 mg enthält Dapagliflozin-(2S)-Propan-1,2-diol (1:1) (1 H2O), entsprechend 10 mg Dapagliflozin. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Lactose, Crospovidon, Siliciumdioxid, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid, Macrogol 3350, Talkum, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O. Anwendungsgebiete: Indiziert bei Erwachsenen und Kindern im Alter von 10 Jahren und älter zur Behandlung von unzureichend kontrolliertem Typ-2-Diabetes mellitus in Ergänzung zu einer Diät und Bewegung als Monotherapie, wenn Metformin aufgrund einer Unverträglichkeit als ungeeignet erachtet wird; zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung des Typ-2- Diabetes. Zu Studienergebnissen im Hinblick auf Kombinationen von Behandlungen, die Wirkung auf die Blutzuckerkontrolle, kardiovaskuläre und renale Ereignisse sowie die untersuchten Populationen, siehe Abschnitte 4.4, 4.5 und 5.1 der Fachinformation. Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung: Es wird eine Anfangsdosis von 5 mg empfohlen. Wenn diese gut vertragen wird, kann die Dosis auf 10 mg erhöht werden. Herzinsuffizienz: Indiziert bei erwachsenen Patienten zur Behandlung der symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz. Chronische Niereninsuffizienz: Indiziert bei erwachsenen Patienten zur Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Hypoglykämie (bei Anwendung mit einem Sulfonylharnstoff oder Insulin). Häufig: Vulvovaginitis, Balanitis und verwandte Infektionen des Genitalbereichs, Harnwegsinfektionen, Schwindel, Hautausschlag, Rückenschmerzen, Dysurie, Polyurie, erhöhter Hämatokrit, verminderte renale Kreatinin-Clearance zu Behandlungsbeginn, Dyslipidämie. Gelegentlich: Pilzinfektionen, Volumenmangel, Durst, Verstopfung, Mundtrockenheit, Nykturie, vulvovaginaler Pruritus, Pruritus genitalis, erhöhtes Kreatinin im Blut zu Behandlungsbeginn, erhöhter Harnstoff im Blut, Gewichtsreduktion. Selten: diabetische Ketoazidose (bei Typ 2 Diabetes). Sehr selten: nekrotisierende Fasziitis des Perineums (Fournier-Gangrän), Angioödem, tubulointerstitielle Nephritis. Weitere Hinweise: siehe Fachinformationen. Pharmazeutischer Unternehmer: AstraZeneca GmbH, Friesenweg 26, 22763 Hamburg, E-Mail: azinfo@astrazeneca.com, www.astrazeneca.de, Servicehotline für Produktanfragen: 0800 22 88 660. Stand: 01/2023. DE-54368/23 Impressum Experten-Workshop „TREAT CKD – Transform Evidence into Action – Erstellung eines Praxisleitfadens CKD “, 4. und 5. Februar 2023, virtuell Bericht: Philipp Grätzel von Grätz, Berlin Artikel als Beilage in „Die Innere Medizin“ 5/2023, „MMW – Fortschritte der Medizin“ 9/2023 Mit freundlicher Unterstützung der AstraZeneca GmbH, Hamburg Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Anne Kathrin Steeb Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. KeyCard-Download: Chronische Nierenkrankheit (CKD) in der Primärversorgung PDF-Download: Praxisleitfaden zur chronischen Nierenkrankheit: Von der Evidenz in die Praxis - Hausärztliche Versorgung bei chronischer Nierenkrankheit

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