Laut WHO gehört Deutschland mit 42,4 % körperlich Inaktiven weltweit zu den Ländern, in denen in den letzten Jahren am meisten die Bewegungsarmut zugenommen hat [8]. Bisherige Bewegungsprogramme erreichen entweder bereits sportlich aktive Menschen oder sind nicht so angelegt, sodass ein Übergang in den regelmäßigen Sport gelingt [16]. Insbesondere Männer fühlen sich vom meist angebotenen Gesundheitssport wenig angesprochen [13].
Ziel der Studie
Die vorliegende Studie stellt ein neuartiges Bewegungskonzept für gesunde und zuvor körperlich inaktive Senior*innen vor und untersucht, ob die Teilnehmer*innen auch nach dem Projekt weiterhin sportlich aktiv bleiben, indem sie die Breitensportangebote von lokalen Vereinen annehmen. Weiterhin soll herausgefunden werden, welche Sportangebote bevorzugt werden und inwiefern es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt.
Methodik
An der Studie nahmen 107 Teilnehmer*innen zwischen 60–82 Jahren (70 w), welche per Zeitungsannonce rekrutiert wurden, teil. Das Konzept beinhaltet ein 24-Wochen-Programm mit 2 Trainingseinheiten (à 90 min) pro Woche. Neben einer Fitnesseinheit pro Woche, werden am zweiten Trainingstermin Schnupperkurse zu speziellen Breitensportangeboten durch die lokalen Sportvereine präsentiert. Gründe für die bisherige sportliche Inaktivität, den aktuellen Sportmotiven und die weiterführende sportliche Aktivität durch die Wahl eines Sportangebotes wurden schriftlich befragt.
Ergebnisse
Von den Teilnehmer*innen sind nach Ende des Bewegungsprogramms alle in den regelmäßigen Sport übergangen. 93 Senior*innen sind durch Mitgliedschaften in die lokalen Sportvereine gewechselt, die restlichen 14 Senior*innen führen den Sport selbstständig fort. Dabei wurden neben den typischen Alterssportangeboten wie Senioren- oder Gesundheitssport auch Breitensportarten gewählt. Vor allem im Kegeln, Badminton und Bosseln sind Männer mit 20–30 % der Teilnehmer häufiger in den Sportkursen vertreten als Frauen.
Schlussfolgerung
Die positive Resonanz des vorgestellten Bewegungskonzepts zeigt, dass die nachhaltige Bindung von gesunden aber körperlich inaktiven Senior*innen an den Sport durch eine zielgruppenspezifische Anpassung der Sportangebote in den Vereinen hinsichtlich ihrer Vielfalt und Intensität erfolgversprechend ist.
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Einleitung
Durch den demografischen Wandel hat sich nicht nur die Altersstruktur, sondern auch das Altersbild verändert. Ältere Menschen sind heutzutage aktiver und mobiler als noch vor wenigen Jahrzehnten [18].
Gesundes Altern wird durch die Fähigkeit bestimmt, sowohl geistige als auch körperliche Fähigkeiten aufrechtzuerhalten [2]. Als negative Facetten des Altersbildes dominieren Vorstellungen wie körperliche Funktionseinbußen, Krankheit und Gebrechlichkeit [4]. Doch durch eine optimale medikamentöse Einstellung haben viele alterstypischen Krankheitsbilder heutzutage keine gesundheitlichen Einschränkungen im Alltag mehr zur Folge und der Anteil an Personen mit einer guten funktionalen Gesundheit hat zugenommen [6]. Es ist bekannt, dass körperliche und sportliche Aktivitäten der Schlüssel für Gesundheit und Wohlbefinden sind [9].
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Viele ältere Menschen motivieren sich dabei nicht nur aus Gründen der Gesundheitserhaltung zur sportlichen Aktivität, sondern möchten neue soziale Kontakte durch den Sport knüpfen. Zudem ist der Aspekt der Leistung nicht zu vernachlässigen, da ältere Menschen sich ebenfalls mit Gleichaltrigen vergleichen bzw. auch neue Bewegungserfahrungen sammeln wollen [7, 19]. Diesem können v. a. altersgerechte Breitensportangebote gerecht werden. Beispielsweise können Spielsportarten zu Verbesserungen der sportartspezifischen Technik, aber auch zu Verbesserungen allgemeiner Koordinations‑, Reaktions- sowie Gleichgewichtsfähigkeit, Beweglichkeit, Ausdauer und Kraft beitragen [1, 15]. Bekannt ist auch, dass ältere Männer nur selten im reinen Gesundheitssport zu finden sind [13, 19].
Im Jahr 2016 war ca. 42,2 % der deutschen Bevölkerung sportlich inaktiv [8]. Neben dem sogenannten Präventionsdilemma stellt die sehr hohe Drop-out-Rate von Inaktiven ein weiteres Problem dar, denn 60 % aller Sporteinsteiger haben ihre Aktivität in den ersten 6 Monaten abgebrochen, da die psychischen und physischen Barrieren zu hoch waren [10, 16]. Insbesondere gestaltet sich die Implementierung und Habituation des Sports aufgrund konkurrierender Alltagsaktivitäten am schwierigsten [5].
Es besteht die Herausforderung, ein sportartspezifisches, altersgerechtes Angebot mit moderatem bis hohem Aktivitätsniveau zu unterbreiten. Allerdings sollte Leistungsorientierung zugunsten von Fitness- und Gesundheitsorientierung nachrangig sein. Bisherige Angebote erreichen meist eine andere Zielgruppe der bereits körperlich aktiven Älteren, jungen Inaktiven oder spezifischen Risikogruppen, die ein Konzept mit niedriger Belastungsintensität beinhalten. Darüber hinaus gibt es keine Follow-up-Daten zur Nachhaltigkeit von Interventionen hinsichtlich sportlicher Aktivität, wie es in aktuellen systematischen Übersichtsarbeiten analysiert wurde [11, 12, 14, 17].
Ziel der vorliegenden Studie ist die Entwicklung und Überprüfung eines niedrigschwelligen Bewegungskonzepts, in dem sowohl die Belastungsanforderungen an die Zielgruppe gesunder sportlich inaktiver Senior*innen angepasst sind als auch ein leichter Zugang zum regelmäßigen Sport in lokalen Sportvereinen mit Breitensportangeboten ermöglicht wird.
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Methodik
Konzeptvorstellung
Das Projekt „otto VEREINt aktiv 60+“ wird seit März 2022 in einem städtischen Standort erprobt und basiert auf der Zusammenarbeit mit den lokalen Sportvereinen. Die Bewegungseinheiten finden zu festen Trainingszeiten und in den Sporthallen der Universität statt. Vierteljährlich starten neue Sportgruppen und die praktische Umsetzung des Projekts ist bis Ende 2024 angesetzt.
Die Teilnehmer*innen (TN) führen für 24 Wochen 2 Bewegungseinheiten à 90 min pro Woche in festen Sportgruppen von maximal 20 TN durch. Während des 6‑monatigen Bewegungsprogramms wird nicht nur alterstypischer Seniorensport durchgeführt, sondern ebenso ein vielfältiges Spektrum an Breitensportangeboten offeriert. Die Senior*innen (SEN) absolvieren einmal die Woche ein Fitnesstraining unter der Leitung lizensierter Trainer*innen und zudem eine „Schnupperstunde“, die von den Übungsleiter*innen (ÜL) der Sportvereine durchgeführt wird. Hier sind u. a. Breitensportarten wie Kegeln, Tischtennis, Badminton, Karate oder Fußball vertreten. Im Fitnesstraining werden die Bereiche Koordination, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit abgedeckt. Lediglich die Bereiche der Schnelligkeit bzw. Schnellkraft werden hier außer Acht gelassen, um einen altersgerechten verletzungsarmen Sport zu gewährleisten. In den Schnupperstunden der Sportvereine geht es um die Grundelemente und Techniken oder spielerische Übungen der verschiedenen Sportarten, die auf Anfängerniveau vermittelt werden, sodass hier keine Vorkenntnisse oder ein bestimmter sportlicher Leistungsstand erwartet werden.
Um den Beginn der sportlichen Aktivitäten für die Neu- bzw. Wiedereinsteiger möglichst leicht zu gestalten, wird mit den Trainingsgruppen immer niedrigschwellig gestartet und die Belastungsnormative erst im Laufe des Programms gesteigert.
Das Bewegungsprogramm verfolgt dabei gleichzeitig mehrere Ziele:
1.
Verbesserung der körperlichen Fitness sowie die funktionale Gesundheit der TN.
2.
Vermittlung von Freude an der Bewegung als Sportmotiv sowie einer neuen positiven Selbstwahrnehmung des eigenen Körperbildes.
3.
Nachhaltigkeit des Sporttreibens. Damit soll ein aktiverer Lebensstil durch regelmäßige Sportaktivität, bestenfalls eine Bindung an einen Sportverein, erfolgen. Mögliche lokale Sportangebote werden direkt von den Vereinen vorgestellt.
4.
Öffnung der Sportvereine für neue zielgruppenspezifische Sportangebote, insbesondere in den Breitensportarten. Nicht nur die Intensität von Gesundheits- und Seniorensport kann angepasst werden, auch Breitensportangebote können für ältere Senior*innen als Neu‑/Wiedereinsteiger konzipiert werden.
Stichprobe
Die vorliegende Studie bezieht sich auf den Zeitraum von Februar 2022 bis Juni 2023. Hier konnten bisher 107 SEN (w: n = 70, m: n = 37) im Alter zwischen 60–82 Jahren das 6‑monatige Bewegungsprogramm mit einer regelmäßigen Teilnahme (> 75 %) absolvieren. Die Rekrutierung erfolgte über lokale Zeitungsannoncen. Aus sportbiografischer Sicht wurde auf eine gleichmäßige Verteilung der Inaktivitätsjahre pro Altersgruppe geachtet: Jeweils ca. 20 % der SEN gaben an, seit Beginn der Coronapandemie sportlich inaktiv zu sein, seit mehr als 5 Jahren, seit mehr als 10 Jahren, seit mehr als 20 Jahren oder aber noch nie regelmäßig sportlich aktiv gewesen zu sein.
Neben sportlich aktiven SEN wurden auch Menschen mit einer sehr starken bzw. akuten Funktionseinschränkung, wie Apoplex oder Herzinfarkt von der Studie ausgeschlossen. Nur SEN mit einer ärztlichen Unbedenklichkeitserklärung wurden in die Studie einbezogen.
Datenerhebung
Mittels eines selbsterstellten Anamnesefragebogens (Fragebogen 1) wurden vor Beginn des Bewegungsprogramms die individuellen Gründe der bisherigen sportlichen Inaktivität der SEN erhoben. In einem Feedbackfragebogen (Fragenbogen 2) sind alle Projekt- und Trainingsplanungen sowie deren Umsetzungen aber auch Veränderungen im Alltag der TN direkt nach Abschluss des Projekts (6 Monate) festgehalten. Die Nachhaltigkeit der sportlichen Aktivität der TN nach der Intervention wurde durch einen Fragebogen (Fragebogen 3) eruiert. Dabei wurden die Anmeldungen in lokalen (Sport‑)Vereinen einen Monat nach Programmende protokolliert. Festgehalten wurde nicht nur der wöchentliche Umfang des Sporttreibens, sondern auch die Auswahl des Sportangebots. Um den Erhalt der sportlichen Aktivität zu analysieren, wurden die SEN im Rahmen des Retentionstests sechs Monate nach Projektende nochmals befragt. Es liegen Daten der ersten Sportgruppen von 87 TN (w: n = 57) vor. Da es aktuell keine validierten und standardisierten Fragebögen für dieses Konzept gibt, wurden alle Fragebögen mit subjektivem Maße durch Items verschiedener evaluierter Fragebögen und ihrer Frageformen und -formulierungen sowie die Antwortskalierungen erstellt und neben funktionellen motorischen und kognitiven Testverfahren angewendet. Die Antwortdaten wurden in Form von Häufigkeitsverteilungen in Excel für jedes Item einzeln ausgewertet.
Ergebnisse
Gründe sportlicher Inaktivität
Im Anamnesebogen beantworteten die SEN die Frage nach den Beweggründen der bisherigen sportlichen Inaktivität durch Mehrfachantworten (Abb. 1). Unter den vielen Gründen der Sportabstinenz gaben mehr als die Hälfte der TN (n = 60) an, dass fehlende Motivation der Grund sei. Interessant und für das beschriebene Bewegungskonzept ausschlaggebend sind die folgenden Gründe der bisherigen Inaktivität: das Finden einer passenden Sportart, einer altersgerechten Gruppe bzw. eines Vereins im Wohnumfeld.
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Feedback zum Bewegungskonzept nach dem Projekt
Von den 107 Projektteilnehmer*innen gaben 89 SEN in Form von Mehrfachantwortmöglichkeiten an, dass sie wegen der Gruppe zum Sport gekommen sind und ihnen der Einstieg in den Sport durch die Teilnahme gleichaltrigen SEN mit demselben Fitnessniveau und sportlichen Vorkenntnissen deutlich erleichterte. 59 SEN empfanden nie Druck in den Bewegungseinheiten und etwa 22 SEN haben sich aufgrund desselben Ausgangsniveaus in der Gruppe eher zugetraut, neue Bewegungen bzw. Sportarten ausprobieren. Lediglich 2 TN empfanden es nicht so. Zu keinem Zeitpunkt fühlten sich die TN unter Druck gesetzt oder unwohl in der Gruppe.
Zur Konzipierung des Projektes und der Gestaltung der 6‑monatigen Trainingsplänen nahmen 85 der 89 TN die Trainingseinheiten als sehr abwechslungsreich und spannend wahr, lediglich ein TN empfand die Gestaltung als langweilig. 72 SEN haben durch das Projekt sportlich gesehen neue Erfahrungen gesammelt und ebenso 72 SEN auch neue Bekanntschaften geschlossen. Des Weiteren gaben 65 TN an, sich durch das halbjährliche Bewegungsprogramm fitter zu fühlen. Diese Veränderungen wurden scheinbar auch vom sozialen Umfeld der TN wahrgenommen. In einer Frage, ob die SEN Feedback von ihrem direkten Bezugsfeld dazu erhalten haben, ob sie sich seit der Durchführung des Bewegungsprogramms verändert haben, stimmten 65 SEN in mehrfacher Sicht zu. Sie wirken fitter, positiver und motivierter auf ihr Umfeld. Bei 24 SEN wurde keine Veränderung festgestellt.
Bewegungsaktivität über das Bewegungsprogramm hinaus
Alle Projektteilnehmer*innen sind regelmäßig sportlich aktiv geblieben. Von den 107 TN des Projekts haben insgesamt 93 SEN (w: n = 60; m: n = 33) nach dem Projekt Mitgliedschaften in Sportvereinen beantragt. Dabei sind 55 % (59 SEN) in mehr als einem Sportverein und 32 % (34 SEN) in einem der Sportvereine Mitglied geworden, die im Rahmen des Bewegungsprogramms als Schnupperkurs vorgestellt wurden. 14 SEN (13 %) betreiben regelmäßig private Sportaktivitäten, wie Nordic Walking. Die Stichprobe der SEN (n = 87), die bereits den Retentiontest absolviert haben, gaben alle an, dass sie auch ein halbes Jahr später noch den gewählten Sportaktivitäten kontinuierlich nachgehen.
Um Rückschlüsse auf den wöchentlichen Trainingsumfang der SEN zu ziehen, teilten von den 93 Vereinsmitgliedern mit, dass 42 % (n = 48) einen Kurs à 60 min/Woche, 46 % (n = 35) 2 Kurse und 12 % (n = 10) sogar > 3 Kurse/Woche besuchen. Die 14 TN, die ihre Sportaktivitäten ohne einen Verein durchführen, trainieren im Schnitt ca. 90 min/Woche. Neben dem regelmäßigen Sport werden auch unregelmäßige sportliche Aktivitäten absolviert. Hier wurden neben individuellen Bewegungsaktivitäten, wie Schwimmen, Fahrradfahren und Laufen, auch Kleingruppenaktivitäten angegeben, die zu den Breitensportangeboten des Projekts gehören.
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Wahl der Sportangebote
Interessant sind die Angaben bei der Wahl von teilweise mehrfachen Sportangeboten nach Beendigung des Bewegungskonzepts (Abb. 2). Von den aus der Studie in einen Verein eingetretenen SEN (n = 93) führen 76 TN alterstypische Sportangebote wie Gesundheitssport, Seniorensport oder Gymnastik aus. 7 SEN sind im Reha-Sport, 5 SEN im Aqua-Fitness und 2 beim Kraftsport im Fitnesscenter tätig. Darüber hinaus nehmen 49 TN regelmäßig an Breitensportarten teil. Am beliebtesten sind dabei Badminton/Federball (n = 17), Bosseln (n = 14), Kegeln/Bowling (n = 11) sowie Tanzen (n = 7). Für die drei erstgenannten Sportarten haben sich prozentual mehr Männer als Frauen entschieden. Neben der grundlegenden Stärkung der motorischen Fähigkeiten durch alterstypische Sportangebote der Vereine wurden ebenso Breitensportarten gewählt, die einen spielerischen und wettkampforientierten Charakter aufweisen.
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Sportmotive
Die Ergebnisse zur Wahl der Motive im Sport (Abb. 3) zeigen, dass v. a. die Gesundheit im Fokus der SEN steht. Zudem gaben mehr als die Hälfte der TN an, dass sie sich aufgrund der Fitness, dem Spaß an Bewegung sowie dem Erhalt von kognitiven Fähigkeiten, aber auch der Gruppendynamik am Sport teilnehmen. Frauen scheint es im Gegensatz zu Männern außerdem wichtig zu sein, Kontakte im oder durch den Sport zu knüpfen, die Figur und ihr Aussehen zu optimieren und eine Routine im Wochenprogramm zu erhalten. Des Weiteren bestätigt sich bei Frauen das Motiv der Ästhetik von Bewegungen. Männer hingegen haben sich mit 35 % der Stimmen deutlich öfter als Frauen für das Motiv des Wettkampfs als möglicher Leistungsvergleich entschieden.
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Diskussion
Das Projekt „otto VEREINt aktiv 60+“ weist viele positive Effekte im Bereich der Bewegungsförderung für inaktive gesunde SEN auf. Neben der gelungenen Nachhaltigkeit des Bewegungskonzepts, indem die SEN weiterhin sportlich aktiv blieben, konnte belegt werden, dass die spezifische Zielgruppe einem anderen Altersbild als in der Vergangenheit entsprechen und somit auch belastbarer bzw. für die regelmäßige Durchführung von Breitensportarten geeignet ist. Dieser Ansatz geht darüber hinaus, was Eifert [3] hinsichtlich der Veränderung des Altersbildes und des aktiven Alterns beschreibt, da in dieser Studie die Belastungsintensität (Anzahl der Wiederholungen und zeitliche Länge der Pausen) der Bewegungseinheiten für die Zielgruppe der gesunden SEN noch höher angesetzt werden kann. Auch im Alter 60+ sind SEN daran interessiert, sich neuen sportlichen Herausforderungen zu stellen und Bewegungstechniken auszuprobieren und zu erlernen. Neben den erfassten Daten zur Verhaltensänderung der SEN durch subjektive Fragebögen werden in der Studie weitere leistungsphysiologische, motorische und kognitive Untersuchungen durchgeführt und ausgewertet.
Vorteile des vorliegenden Bewegungskonzepts sind einerseits, dass die sozialen und psychosozialen Barrieren zur regelmäßigen körperlichen Aktivität durch die Homogenität der TN bzgl. des Fitness- und sportlichen Erfahrungsstandes sehr geringgehalten sind, die zuvor als Gründe der sportlichen Inaktivität galten. Laut Feedbackfragebogen kam keine Angst vor Versagen oder Drucksituationen im Training bei den TN auf. Andererseits lernen die SEN durch die Schnupperstunden mögliche lokale Sportvereine, deren Sportangebote und Übungsleiter*innen kennen, sodass der Übergang zum regelmäßigen Sport mittels einer Mitgliedschaft im Verein erleichtert wird.
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Gesunde ältere SEN, die lange Zeit sportlich inaktiv waren, führen den Sport nicht nur aus Motiven der Gesundheit oder der kognitiven Funktionserhaltung durch, sondern finden ebenso die Freude an der Bewegung wieder, das den Angaben von Schmid et al. [15] entspricht. Durch dieses Konzept zur Bewegungsförderung können die sportlichen Interessen der SEN auch nach langer sportlicher Abstinenz wieder geweckt werden. Hierbei sind die Voraussetzungen der Trainingsplanung durch die sportlich gesehene Homogenität der Gruppe optimal und nehmen den SEN den Druck beim Ausprobieren neuer Bewegungsaufgaben. Darüber hinaus konnte aufgrund des Zeitraums von 24 Wochen eine Änderung des Bewegungsverhaltens in Übereinstimmung mit Fuchs [5] bzgl. der Implementierung vom regelmäßigen Sporttreiben im Alltag nachgewiesen werden. Um zu überprüfen, ob die SEN auch 12 Monate nach Beendigung des Bewegungsprogramms sportlich aktiv sind, werden weitere Befragungen geplant.
Limitationen
Folgende Änderungen hinsichtlich des Studiendesigns wären sinnvoll, um den Effekt der nachhaltigen Bindung an den Sport dieses Bewegungskonzepts genauer überprüfen zu können:
Trainingsgruppen mit jeweils nur Gesundheitssportangeboten oder nur Breitsportarten gegenüberstellen,
weitere gängige Breitensportangebote von lokalen Vereinen integrieren,
das Nachholen von krankheitsbedingtem Ausfall bestimmter Sportangebote, sodass alle TN exakt die gleichen Sportarten durchlaufen.
Schlussfolgerung
Das Programm hat gezeigt, dass die Sporttreibenden auch nach den 6 Monaten weiter sportlich aktiv waren. Beachtenswert ist, dass 93 SEN durch Mitgliedschaften in örtlichen Sportvereinen eingetreten sind während die verbleibenden 14 eigenständig sportliche Aktivitäten durchführen. Die Auswahl der Sportarten reicht über typische Alterssportangebote wie Senioren- oder Gesundheitssport hinaus und umfasst auch Breitensportarten. Durch die Vielfalt der Angebote, konnten auch viele Männer zu einem regelmäßigen Sporttreiben motivieren werden. Interessanterweise sind Männer den Disziplinen Kegeln, Badminton und Bosseln 20–30 % häufiger beigetreten, als Frauen. Diese Ergebnisse bieten Einblicke in die erfolgreiche Integration älterer Erwachsener in breitgefächerte sportliche Aktivitäten und zeigen Geschlechtsunterschiede in der Präferenz bestimmter Sportarten auf. Damit wird gezeigt, dass gesunde SEN 60+ Interesse an der Vielfalt sportlicher Aktivitäten haben und v. a. das Breitensportarten auch von zu vor Inaktiven, ausgeübt werden können. Dafür muss es einen geeigneten Einstieg für diese Zielgruppe in das Sporttreiben angeboten werden, was das Bewegungskonzept geschaffen hat.
Fazit für die Praxis
Momentan mangelt es an belastungsintensiven Sportangeboten oder Angeboten, die dem Interesse der Zielgruppe entsprechen.
Diesem Problem sollte durch zielgruppengerechte Konzeptionen neuer Angebote begegnet werden und die Trainingsmethodik als Inhalt für Aus- und Weiterbildung von ÜL-Lizenzen im Breitensport sowie sportartübergreifenden Lizenzen Anwendung finden.
Dafür wäre ein Austausch zwischen Sportvereinen und Institutionen der Bewegungsförderung notwendig.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
A. Schumacher, M. Krumpolt, L. Sannemann und K. Witte geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Das Studienvorhaben wurde von der medizinischen Ethikkommission der Universität Magdeburg geprüft und befürwortet (Nr. 3/22) sowie im deutschen Register für klinische Studien registriert (DRKS00030853). Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Probanden liegt eine Einverständniserklärung vor.
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