Rolle der Chemoimmuntherapie bei fitten CLL-Erkrankten neu definiert

Bei fitten Personen mit fortgeschrittener chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) ist die Chemoimmuntherapie immer noch eine gängige Therapieoption. Die GAIA/CL13-Studie verglich diese Therapie mit Kombinationen aus zielgerichteter und Antikörper-Therapie. An der Studie nehme fitte Patient*innen mit behandlungsbedürftiger CLL teil, die keine Hochrisikomerkmale wie TP53-Mutation oder Deletion 17p aufweisen. Randomisiert erhielten 237 eine Therapie mit Rituximab plus Venetoclax (RV), 229 mit Obinutuzumab plus Venetoclax (GV), 231 Obinutuzumab plus Venetoclax und Ibrutinib (GIV) und 229 eine Chemoimmuntherapie (CIT) entweder mit sechs Zyklen Fludarabin/Cyclophosphamid/Rituximab (FCR) bei einem Alter von ≤65 (n=150) oder Bendamustin-Rituximab (BR) bei höherem Alter (n=79). Wie Prof. Dr. Barbara Eichhorst von der Universitätsklinik Köln erläuterte, wurde Venetoclax jeweils in zwölf Zyklen gegeben und zu Beginn von 20 mg auf 400 mg langsam aufdosiert [1]. Ibrutinib wurde vom ersten Tag an eingesetzt und konnte bei minimaler Resterkrankung nach zwölf Zyklen bis zu insgesamt 36 Zyklen weiter verabreicht werden. Das betraf nur 10% der Patient*innen, sagte sie. Primäre Endpunkte beide erreicht Der erste koprimäre Endpunkt der Studie wurde bereits letztes Jahr erreicht [2]: GV war CIT bezüglich des Erreichens einer nicht messbare minimale Resterkrankung (uMRD) in Monat 15 überlegen. Die uMRD-Rate lag mit GV bei 86,5%, mit CIT bei 52,0% (p<0,0001). Auch mit GIV war die uMRD-Rate höher als mit CIT (92,2% vs. 52,0%; p<0,0001). Dagegen war sie in der RV- und CIT-Gruppe ähnlich (57,0% vs. 52,0%; p=0,317). Der zweite koprimäre Endpunkt, ein signifikanter Unterschied im progressionsfreien Überleben (PFS) zwischen GIV und CIT, wurde in der von Eichhorst vorgestellten Interimsanalyse nach median 38,8 Monaten ebenfalls erreicht. Das mediane PFS war in der GIV- und GV-Gruppe noch nicht erreicht und lag in der RV-Gruppe bei 52,3 Monaten und in der CIT-Gruppe bei 52,0 Monaten. Die 3-Jahres-PFS-Rate betrug mit GIV 90,5%, mit GV 87,7%, mit RV 80,8% und mit CIT 75,5%. Statistisch war GIV signifikant der CIT überlegen (Hazard Ratio [HR] 0,32; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,19–0,54; p<0,000001). Auch das PFS in der GV-Gruppe war signifikant besser als das in der CIT-Gruppe (HR 0,42; 95% KI 0,26–0,68; p<0,0001). Dagegen unterschied sich das PFS mit RV nicht signifikant von dem mit CIT (HR 0,79; 95% KI 0,53–1,18; p=0,183). Das lässt laut Eichhorst vermuten, dass es auf die Wahl des CD20-Antikörpers ankommt. Jüngere mit IGHV-Mutation: CIT nicht unterlegen Etwa 40% der Patient*innen in den vier Studienarmen wiesen eine IGHV-Mutation auf. In dieser Subgruppe unterschieden sich die 3-Jahres-PFS-Raten in Abhängigkeit von der Therapie nicht wesentlich voneinander. Wurden nur die unter 65-Jährigen mit mutiertem IGHV betrachtet, war die CIT (FCR) den Kombinationen GV und GIV nicht unterlegen und am schlechtesten schnitten diejenigen ab, die RV erhalten hatten. Dagegen fand sich ein deutlicher PFS-Unterschied bei den verschiedenen Kombinationen bei Patient*innen mit unmutiertem IGHV-Status: Die 3-Jahres-PFS-Rate betrug mit GIV 86,6%, mit GV 82,9%, mit RV 76,4% und mit CIT 65,5%. Unterschiedliche Toxizität Insgesamt war die Therapiedauer mit zielgerichteter Therapie langer. Dennoch waren unerwünschte Ereignisse (UE) des Grads ≥3 in den Armen CIT, GV und GIV ähnlich häufig und nur bei RV etwas weniger ausgeprägt. Bei RV waren auch ernste UE weniger häufig, vor allem Infektionen und febrile Neutropenien (FN). Infektionen des Grads ≥3 betrafen 20,4% der Patient*innen im CIT- und 22,1% der Patient*innen im GIV-Arm. FN des Grads ≥3 waren mit CIT am häufigsten (11,1%). Hypertonie als typische UE von Ibrutinib trat im GIV-Arm bei 5,6% der Patient*innen auf, in den anderen Armen bei 1,4%–2,1%. 2,7% der Patient*innen entwickelten unter GIV ein Vorhofflimmern. Im CIT-Arm traten mehr sekundäre Malignome auf (48 vs. 29 bei GIV, 27 bei GV und 24 bei RV). Vor allem solide Tumore und weißer Hautkrebs waren bei CIT häufiger als in den übrigen Gruppen. Eichhorst konstatierte, GIV und GV seien im Vergleich zu einer CIT überlegene Therapieoptionen für fitte Patientinnen und Patienten mit nicht vorbehandelter CLL. Sie riet aber aktuell noch zur Zurückhaltung beim Einsatz der Tripelkombination GIV, da mit Ibrutinib doch eine zusätzliche Toxizität einhergeht. Empfehlung der Redaktion Kongress der European Hematology Association Kongressdossier zum EHA 2022 Aktuelle Berichte vom europäischen Hämatologie Kongress finden Sie in unserem Kongressdossier. Darin: neue Erkenntnisse zur Synergie zwischen Ibrutinib und Venetoclax bei CLL oder Daten zur Reproduktionsrate von Hodgkin-Lymphom-Überlebenden. Außerdem zeigt eine Registerstudie, welches CAR-T-Zell-Produkt bei r/r DLBCL wirksamer ist. Basierend auf: Late breaking oral, LB2365: TIME-LIMITED VENETOCLAX-OBINUTUZUMAB +/- IBRUTINIB IS SUPERIOR TO CHEMOIMMUNOTHERAPY IN FRONTLINE CHRONIC LYMPHOCYTIC LEUKEMIA (CLL): PFS CO-PRIMARY ENDPOINT OF THE RANDOMIZED PHASE 3 GAIA/CLL13 TRIAL ,27th Congress der European Hematology Association, 15.-17. Juni 2022, virtuell

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