So gefährlich gut schmecken Münze und Knopfbatterie

Babys stecken alles in den Mund. Aber auch nach der oralen Phase geraten Dinge in den kindlichen Verdauungstrakt, die dort nichts zu suchen haben. Wie eine US-Studie jetzt zeigt, hat die Häufigkeit von Fremdkörperingestionen bei Kindern unter sechs Jahren in den letzten zwei Jahrzehnten insgesamt deutlich zugenommen. Kleine Kinder testen alles auf Geschmack und Essbarkeit, vor allem, wenn es eine knallige Farbe hat oder funkelt. Spitzenreiter in dieser Disziplin sind die Ein- bis Dreijährigen mit ihrer unbändigen Neugier auf die Welt. Sie machen rund 62% der Kinder unter sechs Jahren aus, die einen Gegenstand verschlucken, der nicht in den Magen gehört. Im Rahmen einer retrospektiven Analyse auf der Basis von Daten des National Electronic Injury Surveillance System (NEISS) haben Danielle Orsagh-Yentis vom Nationwide Children’s Hospital in Columbus, Ohio, und Kollegen untersucht, wie sich die Zahlen für Fremdkörperingestionen bei Kindern innerhalb von 21 Jahren landesweit verändert haben. Empfehlung der Redaktion Dr. Thomas Hoppen im Interview 11.10.2018 | Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2018 | Video-Artikel | Online-Artikel Fremdkörperingestion: Richtig retten, bis das Notfallteam kommt Ein Kind mit Verdacht auf Fremdkörperingestion kommt in die Praxis. Wie gehen Sie vor? Dr. Thomas Hoppen verdeutlicht, wann Esmarch-Handgriff, Rückenschläge und Thoraxkompression zum Einsatz kommen – und wann es Zeit ist, das Kind in die Klinik zu überweisen. Basis der Untersuchung war eine Stichprobe von 29.893 Fällen aus etwa 100 Kliniken, die auf das gesamte Land hochgerechnet wurde. Demnach wurden im Zeitraum zwischen 1995 und 2015 insgesamt 759.074 Kinder unter sechs Jahren mit Verdacht auf Fremdkörperingestion in US-amerikanischen Notfalleinrichtungen vorgestellt. Dabei war die Zahl der verschluckten Gegenstände von 22.206 im Jahr 2005 auf 42.928 im Jahr 2015 gestiegen. Orsagh-Yentis und Kollegen errechneten eine Steigerung um jährlich 4,4% (von 9,5 auf 18/100.000 Kinder). Unter den Patienten befanden sich mehrheitlich Jungen, und die Gruppe der Einjährigen war am stärksten vertreten. Rund 90% der Patienten konnten nach der Untersuchung wieder nach Hause entlassen werden. Die meisten verschluckten Gegenstände verließen den Körper auf natürlichem Weg. Vor allem Geldstücke werden auf Essbarkeit geprüft Bei der Mehrzahl der einverleibten Objekte handelte es sich um Geldstücke (1995: 67% vs. 2015: 59%). Insgesamt 79,7% Patienten, die während des Studienzeitraums stationär behandelt werden mussten, hatten Münzen verschluckt. Im Vergleich zu Kindern mit anderen Gegenständen im Verdauungstrakt mussten die Geldschlucker 2,5-mal häufiger in der Klinik bleiben. Der Anteil verschluckter Spielsachen ist über die Gesamtzeit hinweg konstant bei 12% geblieben. Meist waren es Dreijährige, bei denen Spielzeug oder Teile davon in falsche Bahnen gerieten (21,3%), und in fast jedem zweiten Fall handelte es sich dabei um Murmeln. Äußerst beliebt (7%) waren bei Kindern bis zu einem Jahr auch Schmuckstücke, insbesondere Ohrringe, die in dieser Kategorie in jedem dritten Verdauungstrakt gefunden wurden. Auch nicht gerade selten gerieten Batterien, meist Knopfbatterien, auf falsche Wege – hier ist eine extreme Steigerung zu verzeichnen. Während es sich im Jahr 1995 bei 0,14% aller Fremdkörper um Batterien handelte, machten sie im Jahr 2015 einen Anteil von 8,4% aus. Sie waren der zweithäufigste Grund, warum Kinder mit Fremdkörperingestion stationär behandelt werden mussten. Wenn sie in den Ösophagus geraten, können sich Hydroxylradikale bilden, die Verätzungen verursachen sowie Nekrosen, Perforation und Strikturen nach sich ziehen. Aber die Kleinen schreckten auch nicht davor zurück, Magneten (2,2%), Nägel, Schrauben und sonstige Kleinteile aus dem häuslichen Werkzeugkasten in den Mund zu stecken. Und selbst die Weihnachtsdekoration, der Haarschmuck oder Küchengeräte waren vor dem kindlichen Wissenshunger nicht sicher. Die meisten dieser Unfälle ereigneten sich zuhause. Sie könnten nur vermieden werden, so die Studienautoren, indem all die kleinen verschluckbaren Dinge außerhalb der Reichweite kleiner Kinder aufbewahrt würden. Neben der dazugehörigen Öffentlichkeitsarbeit sollten auch Pädiater die Eltern von Kleinkindern immer wieder auf diese Gefahren aufmerksam machen. In Deutschland gibt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz folgenden Tipp: „Überprüfen Sie nicht nur das Spielzeug sondern auch die Gegenstände, die sich in der Umgebung Ihres Kindes befinden auf lösbare Teile (zumindest bis zu einer Größe von ca. 45 mm) und entfernen Sie diese lösbaren Teile. (Lose bzw. lösbare Saugnäpfe an Spielzeugen müssen nach Nr. 8.32 der EN 71 Teil 1 einen Durchmesser von mindestens 44,5 mm aufweisen)“

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